Erstens. Das Bundesvertriebenengesetz will gezielt deutschstämmige Spätaussiedler bevorzugen, nicht dagegen nichtdeutsche Angehörige.
Zweitens. Waren 1993 noch 75 % der aus der früheren Sowjetunion eingereisten Spätaussiedler deutschstämmig, so sind es heute nur noch 22 %. Damit aber wird der Sinn des Gesetzes auf den Kopf gestellt; denn die Zahlen belegen: Jetzt werden nicht deutschstämmige Familienangehörige bevorzugt.
Drittens. In Bezug auf die entsprechenden Gegebenheiten in den betreffenden mittel- und osteuropäischen Ländern, wie z. B. Polen, Rumänien und Bulgarien, zog der Bundesgesetzgeber bereits vor Jahren die erforderliche Konsequenz. Nur wenn Betroffene aus diesen Ländern eine Benachteiligung aufgrund ihrer deutschen Volkszugehörigkeit belegen, können sie nach den erleichternden Bedingungen des Bundesvertriebenenrechts Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland finden. Das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion allerdings ist aus sachlich nicht nachvollziehbaren Gründen nach wie vor von dieser Regelung ausgenommen. In Wahrheit könnten nach den ansonsten geltenden Kriterien des Bundesvertriebenengesetzes dann wohl nur etwa 20 000 statt der 100 000 Spätaussiedler Aufnahme in der Bundesrepublik finden.
Viertens. Ein überproportional hoher Anteil gerade der jüngeren Aussiedler hat aus mehreren Gründen erhebliche Probleme, in unsere Gesellschaft integriert zu werden und Arbeit zu finden. Vielerorts entwickeln sich so Parallelgesellschaften mit ausschließlich russischen Wurzeln. Das bedingt neue erhebliche Schwierigkeiten.
Minister Bartling hat zu Recht auf diese Problemlagen verwiesen und fordert Veränderungen. Man macht es sich sehr einfach oder hat seine ganz speziellen Gründe, wenn man das als Stimmungs
mache abtut oder gar von Diffamierung spricht, zumal die Gruppe der Spätaussiedler aus der früheren Sowjetunion die weitaus größte Zuwanderungsgruppe darstellt.
Der Innenausschuss hat die drei Landkreise Cloppenburg, Gifhorn und Osnabrück zu unserem Entschließungsantrag angehört. Man kann nicht bestreiten, im Gegenteil, man muss ausdrücklich loben, dass diese Landkreise wahrlich Erhebliches geleistet haben, um die Spätaussiedler zu integrieren. Die angehörten Kreise kommen jeweils für sich zu dem Schluss, dass diese Integration auch heute leistbar sei und dass bei gleichmäßiger Verteilung der Aussiedler eine Änderung des Bundesvertriebenengesetzes nicht erforderlich sei. Allerdings haben die Kreisvertreter bei ihrem von uns erwarteten einheitlichen Votum auch einheitlich unerwähnt gelassen, dass ihre Kreise derzeit mit einer Quote von nur 50 % der an sich zuzuweisenden Aussiedler beteiligt werden und über drei Jahre gar keine Aussiedler zugewiesen bekamen. Gerade deswegen ist die folgende Aussage, die alle drei Landkreise im gleichen Sinne machten, geradezu von elementarer Bedeutung. Sie lautet: Die derzeitige Zahl der zuziehenden Spätaussiedler bereitet den Landkreisen keine Probleme. - Die Vertreterin des Landkreises Osnabrück etwa erklärte: In diesem Umfang ist Integration - als Daueraufgabe verstanden - leistbar und führt zu positiven Entwicklungspotenzialen der Region. - Das gibt genau unsere Position wieder. Osnabrück hätte laut Schlüssel 500 Aussiedler pro Jahr aufnehmen müssen, nahm aber wegen überdurchschnittlicher Aufnahme bis 1995 in den letzten Jahren lediglich 115 Aussiedler auf. Bei den beiden anderen Landkreisen ist das Verhältnis ähnlich. Für uns lautet das Fazit deshalb: Mit der reduzierten Zahl von Aussiedlern werden unsere Kommunen fertig. Mit einer schlüsselgemäßen Zuweisung auf der Basis von 100 000 Aussiedlern pro Jahr haben sie Probleme.
Meine Damen und Herren, die bereits erwähnte üble Nachrede gegenüber dem Minister mit den Begriffen „Stimmungsmache“ und „Diffamierung“ macht deutlich, dass es den Gegnern unseres Antrages an sachlichen Argumenten mangelt. Dieser Antrag ist nicht - das betone ich ausdrücklich gegen Aussiedler gerichtet. Er ist - im Gegenteil in ihrem Sinne gestellt. Kommen die Berechtigten zu uns, so haben wir hinreichend Mittel, sie zu integrieren. Gegen die hier bereits lebenden Aussiedler richtet sich unser Antrag erst recht nicht. Auch auf sie würden mehr Mittel für die Hilfe zur
Integration entfallen. Außerdem haben wir vor den hier erbrachten, in der Regel sehr bemerkenswerten Leistungen der Aussiedlerinnen und Aussiedler hohen Respekt. Den will ich an dieser Stelle auch ausdrücklich bekunden. Im Übrigen: Vertreter von hier bereits lebenden Aussiedlern geben uns mit unserem Ansinnen ausdrücklich Recht. Damit stehen sie nicht allein. Auch die kommunalen Spitzenverbände unterstützen unsere Forderung.
Die Grünen lehnen unseren Antrag aus aus ihrer Sicht nachvollziehbaren Gründen ab. Die im Innenausschuss deutlich gewordene Ablehnung seitens der CDU-Fraktion ist allerdings sachlich für uns nicht nachvollziehbar. Unter Verdrehung von Fakten zieht die CDU gegen das Zuwanderungsgesetz zu Felde. Hier nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben Sie die Möglichkeit, sachlich gerechtfertigt Zuwanderung zu begrenzen. Sie können ruhigen Gewissens unserem Antrag zustimmen. Aber sie werden es wohl nicht tun. Ein Schelm, wer sich böses dabei denkt, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits die Überschrift des Antrags der SPD-Fraktion ist irreführend.
Es soll der Eindruck hervorgerufen werden, dass der Antrag auf eine Verbesserung der Integration von Spätaussiedlern gerichtet ist. Es ist offenkundig, dass es der SPD-Fraktion allein darum geht, aus wahltaktischen Gründen Stimmung gegen Spätaussiedler zu machen.
Dies liegt auf der Linie von Justizminister Pfeiffer, der im Landtag die Aussiedler als Stimmvieh für die CDU und als Nährboden für die Kriminalität beschimpft hat.
Statt dieser Stimmungsmache sollte sich die Landesregierung verstärkt um eine bessere Integration der Aussiedler bemühen, denn in diesem Bereich
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn sie einen Blick in die Geschichte werfen und aus der Geschichte lernen wollen, dann sollte man über das Leid der den Aussiedlern vorhergehenden Generationen bestens informiert sein. Ein wesentliches Defizit bei der Integration von Spätaussiedlern hängt zunächst mit der verfehlten Politik der rotgrünen Bundesregierung zusammen.
Durch das rot-grüne Zuwanderungsgesetz wird die Sprachförderung, die für die Integration elementar ist, auf insgesamt 600 Stunden reduziert - ein nach Meinung aller Experten unzureichender Umfang. Zudem hat die rot-grüne Bundesregierung die Haushaltsmittel für den gesamten Bereich der Sprachförderung im Jahr 2002 im Vergleich zu den Vorjahren nicht unerheblich gekürzt.
Diese Kürzungspolitik von Rot-Grün und das nachteilige Zuwanderungsgesetz, das keinerlei Antworten auf die drängenden Fragen der Integration bietet, sind ursächlich für die Probleme bei der Integration der Spätaussiedler.
Verschiedene CDU-geführte Landkreise wie der Landkreis Osnabrück geben ein Beispiel dafür, wie auf kommunaler Ebene Spätaussiedler erfolgreich integriert werden können. Dies hat die Anhörung im Innenausschuss eindrucksvoll bestätigt. So wurde seitens des Landkreises Osnabrück dargestellt, dass die Integration von Spätaussiedlern leistbar ist und zu positiven Entwicklungspotenzialen der Region führt.
Ursächlich hierfür sind eine aktive Sozialpolitik des Landkreises, die mit Spätaussiedlern auf der einen Seite ein aktives Beschäftigungsprogramm und den Ausbau von Beratungsangeboten bietet, aber auf der anderen Seite eine intensive Missbrauchsbekämpfung enthält. Ergänzend werden Maßnahmen zur Sprachförderung sowie zur sozialkulturellen Integration und zur Integration von Jugendlichen durchgeführt.
Damit zeigt der Landkreis Osnabrück, dass eine konsequente Umsetzung des von der CDUFraktion seit langem geforderten Prinzips des Förderns und Forderns zu positiven Ergebnissen führt.
Ich zitiere die schriftliche Stellungnahme des Landkreises Osnabrück aus der Anhörung des Innenausschusses wie folgt:
„In diesem Umfang ist Integration als Daueraufgabe gegeben, leistbar und führt zu positiven Entwicklungspotenzialen der Region. So ist der Landkreis Osnabrück nach der Bevölkerungsprognose ein junger Landkreis. 52,5 % der Bevölkerung sind unter 40 Jahren. Aufgrund dieser Altersstruktur ist das Angebot an alterspezifischen Dienstleistungen wie Kinderbetreuung, Schule, an Kinderärzten, Jugendeinrichtungen usw. durch die Kinder und Kindeskinder der Aussiedler langfristig auf einem hohen Niveau ausgelastet. Der Anteil der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler an der Gesamtzahl der HLU-Hilfeempfänger beträgt allerdings immer noch 13,9 %. Der Anteil der Spätaussiedlerinnen und -aussiedler an der Gesamtbevölkerung beträgt 7,9 %. Der Anteil sonstiger Migranten ist in der Sozialhilfe jedoch wesentlich höher. Er liegt bei 19,9 % bei einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von nur 4,5 %. Dennoch kann man feststellen, dass die berufliche Integration der Spätaussiedler bei dem begrenzt gesteuerten Zuzug gelingt und Spätaussiedler für die Wirtschaft der Region eine Bereicherung darstellen.“
Diese Einschätzung wurde bei der Anhörung im Innenausschuss auch von den Vertretern des Landkreises Cloppenburg und des Landkreises Gifhorn bestätigt. So wurde seitens des Landkreises Cloppenburg festgestellt, dass die Integration von Spätaussiedlern finanziell auch gesamtgesellschaftlich leistbar ist, wobei der Sprachförderung eine besondere Bedeutung beigemessen wurde.
Die genannten Beispiele aus den Landkreisen zeigen, die Integration von Spätaussiedlern ist entgegen der Auffassung der SPD-Fraktion und der Landesregierung auch ohne Gesetzesänderung möglich und leistbar, wenn sie politisch gewollt und konsequent nach dem Prinzip „Fördern und Fordern“ umgesetzt wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst im Frühjahr ist Innenminister Bartling mit dem Vorstoß, das Vertriebenengesetz auf Bundesebene zu ändern, gescheitert. Jetzt liegt mit diesem Antrag ein erneuter Versuch vor, jahrelange Versäumnisse bei der Integration auf dem Rücken von Spätaussiedlern auszutragen.
Meine Damen und Herren, es kann doch nicht so getan werden, als würden sich die Integrationsprobleme bei Aussiedlern allein dadurch reduzieren lassen, dass man weniger von ihnen ins Land lässt. Niemand stellt die Probleme in Frage, die es zweifellos mit Aussiedlern gibt. Besonders die gravierende Desintegration bei den Jugendlichen und deren Auswirkungen wie Drogenkonsum, Kriminalität und Gewalt sind ganz eindeutig Folgen einer mangelhaften Integrationspolitik.
Jahrzehnte, meine Damen und Herren, sind Spätaussiedler von SPD und CDU als bessere Zuwanderer umworben worden. Jetzt werden sie plötzlich zu unerwünschten Russlanddeutschen und zu Sündenböcken einer versäumten Integration gemacht. Was wir stattdessen brauchen, meine Damen und Herren, ist ein landesweites Integrationskonzept,
das nicht nur Sprach-, sondern auch Qualifikationsangebote unterbreitet, die an den bereits erworbenen schulischen und beruflichen Kenntnissen der Spätaussiedler anknüpfen. Gerade die jungen Aussiedler werden in den nächsten Jahren auf dem Ausbildungs- und dem Arbeitmarkt gebraucht. Die Art und Weise, wie hier eine erneute Ausgrenzungsdebatte entfacht wird, lehnen wir ab.
Meine Damen und Herren, das rot-grüne Zuwanderungsgesetz misst der Förderung der Integration eine besondere Bedeutung zu. Das macht sich an
dem Rechtsanspruch auf Integration fest, aber auch an der Teilnahmepflicht der Zuwanderinnen und Zuwanderer an Integrationskursen.
Die Landesregierung ihrerseits sollte sich der Verantwortung bewusst sein, dass es notwendig ist, mit einem guten Integrationskonzept die Teilhabe aller hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer am wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben zu verbessern. Wer sich in einem Einwanderungsland wie Deutschland zur Notwendigkeit einer guten Integrationspolitik bekennt, löst keine Probleme, indem er eine Zuwanderungsgruppe gegen eine andere ausspielt. Die Rückkehrmöglichkeiten von Spätaussiedlern aus den Staaten der GUS sind in den vergangenen Jahren ohnehin erheblich eingeschränkt worden. Wir erkennen das Verfolgungsschicksal dieser deutschen Minderheit an, und wir sprechen uns auch weiterhin für ein geregeltes Rückkehrrecht aus.
Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, Ihr Antrag ist zum jetzigen Zeitpunkt zudem wenig realistisch. Das rot-grüne Zuwanderungsgesetz konnte sich bisher in der Praxis noch nicht einmal bewähren. Und da kommen sie schon mit einem neuen Gesetzesvorhaben im Zuwanderungsbereich. Zahlreiche Ausführungsbestimmungen des Zuwanderungsgesetzes liegen erst im Entwurf vor und müssen noch im Bundesrat und im Bundestag bestätigt werden.
Wir können in diesem Zusammenhang nur hoffen, dass die CDU ihre Blockadehaltung endlich aufgibt, damit das Zuwanderungsgesetz zügig umgesetzt und angewandt werden kann.
Meine Damen und Herren von der SPD, wir halten Ihren Antrag in der Sache für nicht richtig. Wir halten auch den Zeitpunkt Ihres Antrages und die Art und Weise, wie darüber in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist, für verfehlt. Dies ist kein Thema für den Wahlkampf.