Protokoll der Sitzung vom 21.11.2002

(Frau Körtner [CDU]: „Verlässlich- keit durch Unterricht“ heißt das! )

Die Antwort, bitte!

Da bietet sich im Augenblick immer das Land Hessen an. Es ist so schön, wenn man das miteinander vergleicht. Sie haben dort inzwischen auch - nennen das auch so - Grundschulen mit verlässlichen Zeiten. Sie haben nach uns angefangen, haben eine ähnliche Pflichtstundenzahl - etwas weniger als wir -, in den 25 Pflichtstunden ist auch der Englischunterricht enthalten, sie haben aber keine Vertretungsreserve für Ihre Schulen eingesetzt. Deshalb haben die Schulen eben das Problem, die Verlässlichkeit darzustellen.

Es ist bei uns erstmalig gelungen - das zeigt diese Umfrage des Landeselternrates -, den Unterrichtsausfall sofort zu bekämpfen, nämlich noch am gleichen Tag oder spätestens am zweiten Tag. Ich

finde, das ist eines der großartigsten Ergebnisse dieser Umfrage.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Stratmann! Dann Herr Busemann zur zweiten Frage.

Frau Ministerin, wie beurteilen Sie die Aussage der SPD-Landtagskandidatin für den Bereich Northeim, die am 14. November gesagt hat: „Wir alle - und auch ich persönlich - würden viel lieber die Volle Halbtagsschule behalten.“?

(Lachen bei der SPD)

Frau Jürgens-Pieper!

Da ich dieses Zitat nicht kenne, kann ich es nicht kommentieren. Ich würde jedenfalls an solch einer Stelle vorsichtig sein. Aber die Sache kann ich durchaus kommentieren.

Inzwischen ist doch klar, dass unsere Vollen Halbtagsschulen zwar ein sehr gut ausgestattetes Konzept hatten - Sie wissen, es waren gegenüber der normal ausgestatteten Grundschule immerhin 30 % Stunden mehr -, dass dieses Konzept aber aus finanziellen Gründen nicht in die Fläche zu bringen war - das ist der eine Punkt -, dass sie aber, da sie keine Vertretungsreserve in dieser organisierten Form hatten, wie wir sie jetzt haben, den Unterrichtsausfall und die Verlässlichkeit nicht in diesem Ausmaß hinbekommen haben wie jetzt die Verlässliche Grundschule.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der besondere Vorteil dieses Konzepts.

(Klare [CDU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

- Herr Klare, Sie sind doch derjenige, der im Gegensatz zu anderen regelmäßig mit im Kultusausschuss sitzt. Dort lagen in der Zeit, als es nur die Vollen Halbtagsschulen gab, immer Petitionen dazu vor, dass Unterrichtsausfall stattgefunden hat, und es wurden über die 30-prozentige Ausstattung

hinaus noch Stunden gefordert. Wissen Sie, warum? - Weil das Instrument, Lehrerstunden dort hineinzugeben, die dann eingesetzt werden, nicht zur Verfügung steht, wenn der Unterrichtsausfall eintritt. Das funktioniert nicht. Sie brauchen die Flexibilität über die Vertretungsreserve und über die Möglichkeit der Stundenverträge.

Sie wissen ganz genau, wir haben in Niedersachsen eine Erfindung gemacht, die bundesweit endlich den Unterrichtsausfall in den Griff bekommt. Sie wissen genau, wir werden das in den Klassen 5 und 6 fortsetzen. Wir haben dafür das Geld. Wenn Sie für die Vermögensteuer stimmen, dann werden wir das auch noch weiter fortsetzen können - bis zur Klasse 10.

(Beifall bei der SPD)

Das würde uns besonders freuen. Ich kenne von Ihnen nur Forderungen zu Lehrerstellen, aber keine Konzepte, die z. B. das Problem Unterrichtsausfall in den Griff bekommen. Sie sind inzwischen bei einem Stand von 8 500 Stellen. Wir verfolgen das sehr genau und geben Ihnen jetzt bei jeder Diskussion im Landtag den Zwischenstand bekannt.

(Beifall bei der SPD)

Frau Steiner! Dann folgt Frau Körtner.

Frau Ministerin, in Anbetracht dessen, dass Sie vorhin die zweite Frage von Kollegin Litfin nicht beantwortet haben, welche Erkenntnisse die Landesregierung über das Ausmaß des Ausfalls von Förderunterricht hat, frage ich jetzt einmal andersherum: Welche Erkenntnisse liegen Ihnen in Bezug auf die Zahl der Verlässlichen Grundschulen vor, an denen in welchem Ausmaße Förderunterricht ausfallen muss, weil stattdessen die Lehrer - oder im Wesentlichen die Lehrerinnen - zu Vertretungen herangezogen werden?

Frau Jürgens-Pieper!

Sie wissen ganz genau: Wenn es aufgrund der Ausstattung - diese ist an der Verlässlichen Grundschule relativ hoch - die Möglichkeit gibt, Doppel

besetzungen zu machen, dann soll dort auch Doppelbesetzung stattfinden.

(Klare [CDU]: Es gibt doch keine Doppelbesetzungen!)

- Bei 103 % kann man gelegentlich auch Doppelbesetzungen machen.

(Klare [CDU]: Sagen Sie mir eine einzige Schule, wo das stattfindet!)

Dann sollte es also möglich sein, auch in Zeiten des Vertretungsausfalls zu helfen. Sie haben gerade gehört: In Hessen ist ausschließlich diese Möglichkeit vorhanden, dass Lehrer sich selbst in der Schule helfen, den Vertretungsausfall zu bekämpfen. Es gibt dort die Vertretungsreserve nicht.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas zum Förderunterricht. In der Umfrage des Landeselternrates gibt es nur zwei Erkenntnisse. Wir haben keine darüber hinaus; das kann ich Ihnen im Augenblick leider nicht bieten. Hier ist die Frage „Zufriedenheit mit dem Förderunterricht“ nur mit Ja oder Nein zu beantworten gewesen. Daraus können Sie keine qualitativen Schlüsse oder Ähnliches ziehen. Ich habe Ihnen die Frage genannt; es gab bei dieser Befragung keine Differenzierungen.

Zusätzlich gibt es die Grafik „Förderunterricht findet statt“. Da wird deutlich - ich gehe das einmal im Schnellverfahren durch -: Förderunterricht findet statt „in der ganzen Klasse“. Wenn die Schule einen Teil der Klassen auflöst - ich habe das für Hude dargestellt - und z. B. bestimmten Leseförderunterricht erteilt, kann sie das klassenübergreifend oder jahrgangsübergreifend machen. Das würde dann in ganzen Gruppen stattfinden. Ebenso gibt es die Darstellung „extra Förderunterricht“, „in getrennten Gruppen“, „gelegentlich“ oder „nicht“. Bei „nicht“ werden in der Grafik zwischen 40 und 50 Schulen angezeigt. Hier müssen wir ansetzen; denn es kann nicht sein, dass eine Schule keinen Förderunterricht erteilt. Das Vormittagskonzept gibt das ja her. Das ist das Ideale an diesem Konzept, dass mehr Ruhe im System ist und man die Möglichkeit hat, Förderbänder zu legen, sodass für alle Klassen parallel dieser Förderunterricht erteilt werden kann, für starke und schwache Schüler in der gleitenden Differenzierung zeitweise sogar getrennt.

Frau Körtner! Dann Herr Klare zur zweiten Frage.

Frau Ministerin, vor dem Hintergrund der Aussage des Landeselternrates - der Kollege Busemann ist schon darauf eingegangen -, dass es in einigen Regionen Niedersachsens völlig ausgeschlossen ist, qualifizierte Kräfte zu finden, frage ich Sie: Wie wollen Sie denn überhaupt, nicht nur im ländlichen Bereich, nicht nur in einigen Regionen, auf einem schon jetzt leer gefegten Lehrerarbeitsmarkt künftig Vertretungskräfte finden, also bei den unzureichenden Arbeitsbedingungen und den schlechten finanziellen Konditionen? Diese Tatsache, Frau Ministerin, ist doch überhaupt nicht zu bestreiten.

(Klare [CDU]: Das wird sie aber wohl tun!)

Bitte!

Frau Körtner, Sie sprechen ein wichtiges Problem an. Wir sind inzwischen bei 8 500 Stellen angelangt.

(Klare [CDU]: Wo denn?)

Wenn Sie das vor dem Hintergrund Ihrer Aussagen sehen, dann werden Sie diese 8 500 Stellen nicht besetzen können. Das ist im Prinzip Ihre Schlussfolgerung; das finde ich interessant.

Ich habe vorhin deutlich gemacht - Frau Körtner, schauen Sie bitte in die Umfrage -, dass es hier um eine Einzelmeinung geht. Ich kann nicht bestätigen, dass es ausgeschlossen ist, eine solche Vertretungskraft zu finden. Ich weiß nicht, ob Sie die Umfrage haben; wenn nicht, stelle ich sie Ihnen gleich zur Verfügung.

Es folgt Herr Klare zur zweiten Frage. Dann Herr Bachmann.

Frau Ministerin, ich frage vor dem Hintergrund, dass der Förderunterricht auch nach dem Konzept, das Sie jetzt auf dem Tisch liegen haben, in 10oder 15-Minuten-Sequenzen in den Pausen oder vor dem eigentlichen Unterricht stattfindet, ob das

noch mit einem qualitativen, sinnvollen Förderkonzept in Verbindung zu bringen ist.

(Busemann [CDU]: Pfusch! - Zuruf von der SPD: Deswegen sind 61 % der Eltern so zufrieden!)

Frau Ministerin!

Ich habe Ihnen schon die Schule genannt, die wir gebeten haben, dieses Konzept einmal in einer Broschüre darzustellen. Das hat sie getan. Sie hat auch die Eltern und das Kollegium dazu befragt. Unter anderem steht in der Bewertung: Endlich Förderunterricht für alle möglich.

Jetzt will ich Ihnen auch sagen, wie das dort gemacht wird.

(Klare [CDU]: Ist dann meine Aussa- ge mit den 15-Minuten-Sequenzen falsch?)

- Die ist völlig falsch. Die Schule hat ein Konzept erstellt, in dem ein Förderband von 7.45 Uhr bis 8.12 Uhr gelegt worden ist, danach erfolgt ein Wechsel, und dann beginnt der Unterricht. In diesem Förderband werden Gruppen klassenübergreifend zusammengestellt, z. B. eine Deutschgruppe, die sich mit optischer Wahrnehmung, akustischer Wahrnehmung, Lautübungen und Syntheseübungen beschäftigt. Dann gibt es eine Gruppe, die den Lesefluss und die Lesegenauigkeit trainiert.

(Frau Zachow [CDU]: Mit 15 bis 18 Schülerinnen?)

Es gibt eine Gruppe, die sich mit Mathematik beschäftigt, und eine Gruppe mit stärkeren Schülern, auf deren Plan Fördern steht. Eine Gruppe macht zu der Zeit Schulsonderturnen mit Training der Grob- und Feinmotorik.