Protokoll der Sitzung vom 21.11.2002

das ohnehin aussichtslos ist. Das ist zusätzlich zu den Einsparmaßnahmen, von denen sie sich betroffen fühlen, natürlich eine starke Demotivation. Sie fühlen sich überfordert und unzureichend auf die Aufgaben vorbereitet, die ihnen übertragen werden. Dieser Zustand muss behoben werden.

Wir meinen, mit der Einrichtung eines festen Personalentwicklungspools - wir nennen ihn kurz „PEP“ - könnte diese im wahrsten Sinne des Wortes ungesunde Entwicklung gestoppt werden. In Anbetracht dessen, dass von den Landesbeschäftigten eine Reformdividende erwirtschaftet wird, die in den vergangenen Jahren im Durchschnitt mehr als 1 % des Personalkostenbudgets beinhaltet hat, wäre hiermit auch nicht die von der Landesregierung und der SPD-Fraktion befürchtete erneute Einsparlawine oder die von unserem Antrag bzw. unserem Ansinnen zu befürchtende zusätzliche Arbeitsverdichtung zu erwarten, sondern die Beschäftigten hätten im Gegenteil endlich die Sicherheit, dass von dem, was durch ihr Engagement, durch die Übernahme zusätzlicher Aufgaben eingespart wird, tatsächlich ein garantierter Anteil an den Mitteln zurückfließt, mit denen sie verlässlich wirtschaften können. Das ständige In-die-TascheGreifen vonseiten des Finanzministers im laufenden Haushaltsjahr würde durch das Parlament ausgeschlossen, wenn wir bei der Beschlussfassung über den Haushalt einen festen Haushaltstitel, einen Anteil aus dem Personalkostenbudget bilden und politisch festlegt.

Die Entnahme zusätzlicher Personalentwicklungsmittel aus dem Personalkostenbudget ab 2004 rechtfertigt sich damit, dass die bisherigen Erfahrungen eine eher vorsichtige Ausschöpfung der Budgets durch die Ressorts belegen. Dies geschah überwiegend zulasten der Beschäftigten, die dadurch mit einer überproportionalen Arbeitsverdichtung konfrontiert waren. Denn die Hälfte der Reformdividende floss ja immer dem Finanzminister zu. Ursächlich hierfür sind Unsicherheiten im Umgang mit dem neuen Planungsinstrument Budget, die, wie wir das einschätzen, bis zum Jahr 2004 behoben sein dürften.

Dementsprechend kann ab diesem Zeitpunkt mit der anteiligen Finanzierung des PEP aus dem Gesamtansatz des Personalentwicklungsbudgets begonnen werden, ohne dass dies zu zusätzlichen Belastungen für den Landeshaushalt führen würde oder dadurch Arbeitsplatzabbau gesondert induziert würde. Mit Hilfe des PEP sollen dringend erforderliche Maßnahmen in den Bereichen Perso

nalentwicklung, Gesundheitsförderung und Gleichstellung durchgeführt werden. Dabei entspricht bei einer Bindung von 1 % des Personalkostenbudgets die Förderquote noch längst nicht dem, was in der Privatwirtschaft üblich ist.

Wenn wir auch heute keine Mehrheit für unseren innovativen und für das Personal sehr wichtigen Vorschlag erhalten, glaube ich, ist ja wohl allen im Hause klar, dass das für uns nur auf Wiedervorlage für Februar nächsten Jahres liegt. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Kollege Sehrt, bitte schön!

(Frau Meyn-Horeis [SPD] begibt sich zum Rednerpult)

- Herr Kollege Sehrt hatte sich zuerst gemeldet. Aber ich habe kein Problem damit. Wenn Sie das gerne möchten - -

Frau Kollegin, ich überlasse Ihnen gerne den Vortritt. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit jetzt fast zwölf Jahren erleben wir hier im Landtag überhaupt keine Haushaltsrede und auch keine Regierungserklärung, die sich nicht mit Verwaltungsmodernisierung, Staatsmodernisierung, Beamtenplänen, Budgetierung und allen diesen Dingen befassen. Das hören wir von morgens bis abends, wenn hier im Landtag diskutiert wird. In den vergangenen zwölf Jahren haben sich noch niemals so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrem eigenen Arbeitsplatz, den Abläufen ihrer eigenen Arbeit und damit, ob es sich rechnet, ob es günstig ist oder ob man möglicherweise neue Wege beschreiten sollte, beschäftigt. Auch das ist in dieser Fülle noch nie so erfolgt. Wir haben noch nie so viele Papiere, Zeitschriften, Stellungnahmen und Gutachten bekommen. So viel Geld ist noch nie ausgegeben worden.

Wenn man das alles Revue passieren lässt und ein Resümee zieht, dann stellt man fest: Es sind eigentlich die gleichen Felder, die wir untersucht haben. Es geht erstens immer darum, dass diejenigen, die die politische Verantwortung haben, eine beschäftigungspolitische Verantwortung sehen, zweitens darum, dass Personal eingespart wird, drittens darum, dass wir kundenorientiert arbeiten

müssen, viertens darum, dass wir die Mitarbeiter motivieren und schulen müssen, sodass sie eine besonders gute Motivation haben, fünftens darum, dass jede Dienststelle eine strategische Planung macht, und sechstens darum, dass all dies kostengünstig ist. Das sind immer die gleichen Voraussetzungen. Jeder schreibt vom anderen ab. Jeder benutzt nur ein neues Wort, eine neue Formulierung dafür. Das finden Sie immer wieder.

Im Zuge des Wahlkampfs gibt es jetzt noch besondere Entschließungen. Eine Entschließung ist beispielsweise von den Grünen vorgeschlagen worden.

(Hagenah [GRÜNE]: Die ist schon alt! - Zuruf von der SPD: Sie ist ziemlich alt!)

- Sie wirkt sich ja jetzt vor den Wahlen aus. Das macht man ja strategisch richtig: Man bringt sie im Mai ein, sodass sie im November/Dezember, kurz vor der Landtagswahl im Februar, besprochen werden kann.

Dieser Antrag ist aber so kompliziert geschrieben, Herr Hagenah, dass selbst diejenigen Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, die ihn lesen und auswerten sollten, ihn nicht richtig verstanden haben.

(Frau Leuschner [SPD]: Sie sollten ihn auch auswerten!)

Deswegen haben die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion einen eigenen Antrag formuliert, den die Kollegin jetzt nicht noch einmal erläutern kann, weil sie sich aus taktischen Gründen zu spät gemeldet hat.

(Adam (SPD): Sie sind zusammen gekommen, aber Sie waren schneller!)

Dieser Antrag ist wirklich eine echte Plattitüde. Diejenigen, die das noch nicht gelesen haben, kann ich nur bitten, sich die Drucksache herauszunehmen. So viele Selbstverständlichkeiten in einem Entschließungsantrag habe ich in den ganzen 21 Jahren, in denen ich hier im Landtag bin, überhaupt noch nicht erlebt.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD - Plaue [SPD]: Dann lies dir mal deine eigenen Anträge durch!)

Wir werden diesen Entschließungsantrag nicht mittragen. Den werden Sie allein tragen müssen. Herr Plaue, Sie haben das unterschrieben.

(Plaue [SPD]: Das ist ein guter An- trag!)

Das Ergebnis, das Sie unterschrieben haben, zeigt, an welchem Ende Sie zum Schluss dieser Legislaturperiode sind. Ich möchte Ihnen einmal vorlesen, was Sie beschließen wollen:

„Der Landtag stellt fest, dass die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten über die Leistungsfähigkeit der niedersächsischen Landesverwaltung mit den ihr obliegenden Aufgaben entscheidet.“

(Zustimmung bei der SPD)

„Daher gilt es, die Leistungsbereitschaft und -bereitschaft der Beschäftigten zu erhalten und zu fördern.“

(Zustimmung bei der SPD)

„Der Landtag ist der Auffassung, dass insbesondere Personalentwicklung vor dem Hintergrund einer sich stetig wandelnden Verwaltung dazu beitragen kann, die Beschäftigten in der Landesverwaltung zu befähigen, den ebenso unaufhaltsamen wie kontinuierlichen Veränderungsprozess aktiv mitzugestalten.“

(Zustimmung bei der SPD)

Mit solchen Plattitüden geht das, was Sie beschließen wollen, weiter. Dann klatschen Sie sogar noch. Herr Plaue, es ist wunderbar, dass Sie solche Allgemeinheiten beschließen wollen.

(Plaue [SPD]: Sehen Sie das anders?)

Das sind Selbstverständlichkeiten in einer deutschen Verwaltung. Das brauchen Sie nicht in einen Entschließungsantrag zu schreiben.

(Plaue [SPD]: Das ist komisch, was Sie hier erzählen! Draußen erzählen Sie etwas anderes!)

Herr Plaue, nun möchte ich Ihnen noch etwas anderes sagen. Sie haben gestern Ihren Kollegen Möhrmann vorgeschickt,

(Adam [SPD]: Das war eine Superre- de!)

der darauf hingewiesen hat, welches Wahlprogramm Sie gemacht haben. Ich möchte darauf eingehen. In Ihrem Landtagswahlprogramm ziehen Sie auch eine Bilanz. Ich möchte Ihnen einmal die Bilanz vorlesen, die Sie gezogen haben - ich habe mir das aus dem Internet geholt -, die Sie in Ihrem Wahlkampfprogramm am letzten Sonntag verabschiedet haben. Darin heißt es:

„Sparen

Niedersachsen hat auch in der Vergangenheit mit großem Erfolg gespart.“

(Plaue [SPD]: Ja!)

„Wir haben seit 1994 mit der Verwaltungsreform rund 12 000 Stellen im Landesdienst abgebaut.“

(Plaue [SPD]: Hört, hört!)

Sie verschweigen aber, dass Sie seit 1990 regieren und von 1990 bis 1994 - mit Beteiligung der Grünen - 10 000 zusätzliche Stellen geschaffen haben, die Sie dann in den nächsten acht Jahren abgebaut haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie nennen das Sparen, was Sie da gemacht haben. Sie verschweigen das aber.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das waren die Lehrerstellen, die Sie immer ein- gefordert haben!)

Dann schreiben Sie:

„Ohne Kürzungen bleiben Schulen, Hochschulen, innere Sicherheit und Justizvollzug.“

(Plaue [SPD]: So ist es!)

Sie schreiben „innere Sicherheit“ und nicht „Polizei“, Sie meinen aber Polizei. Nehmen wir doch einmal den Stellenplan von 1990 und den Stellenplan von 2002. Dann gucken wir einmal, wie viele Polizisten Sie mehr eingestellt haben. - Sie haben gekürzt!