Protokoll der Sitzung vom 21.11.2002

Jahren ist die Verkehrleistung auf unseren Binnenwasserstraßen um fast 20 % gestiegen und soll bis zum Jahr 2015 nochmals um mehr als 30 % steigen. Ich gehe davon aus, dass diese Prognose gerade wegen der EU-Osterweiterung und der daraus resultierenden Zunahme der Warenströme noch nach oben hin korrigiert werden muss. Straße und Schiene können diesen zunehmenden Verkehr nicht mehr aufnehmen. Außerdem ist es wirtschafts- und umweltpolitisch gewollt, mehr Verkehr von der Straße auf die Wasserstraße zu verlagern.

Die Bereisungen des Ausschusses und der Arbeitskreise zu den Stichkanälen am Mittellandkanal und deren Häfen sowie zum Dortmund-Ems-Kanal und zur Mittelweser haben uns klar gezeigt, dass unverzügliches Handeln geboten ist; denn es gibt schon heute erhebliche Wettbewerbsnachteile.

Ich möchte Ihnen dies am Beispiel des Hafens Hildesheim nochmals klar machen. Dies gilt gleichermaßen auch für Osnabrück, für HannoverLinden und für Misburg. Nachdem der Mittellandkanal für das Großmotorgüterschiff ausgebaut worden war und die Schiffe dort jetzt auch voll abgeladen fahren können, kann noch nicht einmal das Europaschiff mit 80 m Länge, 9,50 m Breite und 2,50 m Tiefgang den Hafen anlaufen, da der Tiefgang auf 2,20 m festgelegt worden ist und nicht überschritten werden darf. Der Stichkanal ist vor mehr als 80 Jahren in der Hauptsache für Schleppkähne mit bis zu 2,10 m Tiefgang gebaut worden. Der Hildesheimer Hafen hat deshalb einen erheblichen Wettbewerbsnachteil und schon Etliches an Tonnage verloren - allein in den letzten Jahren etwa 200 000 t pro Jahr -, weil die Häfen Hannover, Peine und Salzgitter-Beddingen, die in unmittelbarer Nachbarschaft liegen, von voll abgeladenen Schiffen angefahren werden können.

In den letzten Jahren haben wir erhebliche Summen in unsere landeseigenen Seehäfen investiert und sie für die Zukunft fit gemacht. Wir tun dies auch weiter. Diese Investitionen sind aber nur dann sinnvoll, wenn auch die Hinterlandanbindung entsprechend angepasst ist. Die Gespräche mit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion haben ebenfalls ergeben, dass die Planungen einen sehr behutsamen Ausbau mit wenig Flächenbedarf und so umweltschonend wie irgend möglich vorsehen. So werden die Ausbaustrecken nur selten verbreitert. Für größere Schiffe wird auch Einbahnverkehr vorgesehen. Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, Einfluss auf die Bundesregierung zu

nehmen, damit sie die Wasserstraßeninfrastruktur in Niedersachsen verbessert; denn es handelt sich dabei ausschließlich um Bundeswasserstraßen. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Herr Kollege Dr. Biester, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Buß, lassen Sie mich bitte mit der Frage beginnen: Gemeinsamer Antrag, ja oder nein? Wir müssen diesem Antrag bescheinigen, dass er ein nicht unbedingt brandneues Thema aufgreift, sondern das, was hier besprochen wird, ist bereits wiederholt besprochen worden. Es ist nur nie vorangebracht worden. Das ist also ein bekanntes Thema in einer Art und Weise, die sich gut liest. Das will ich gar nicht bestreiten. Aber auch hier gilt das Gleiche, was auch für das heute Morgen schon einmal diskutierte Thema Verwaltungsreform gilt. Das war zwar auch alles richtig, aber gleichwohl entstand bei den Abgeordneten ein gewisser Frust, weil wir es seit Jahren sagen, aber noch gar nichts getan worden ist. Das gilt auch für dieses Thema. Wir reden immer wieder darüber, wie wichtig die Binnenwasserstraßen sind, dass wir da etwas tun müssen, dass sie ausgebaut werden müssen, weil wir ansonsten Nachteile haben. Aber wir stellen fest: Der Zustand ist, wie er ist, nämlich zum Teil so beklagenswert, wie Sie es hier völlig zu Recht dargestellt haben.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns den Sinn des vorliegenden Antrags einmal zu vergegenwärtigen versuchen, dann sollten wir uns am Besten einmal die Landkarte vorstellen. Im Westen liegen die ARA-Häfen Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen. Sie liegen am Rhein mit einem optimalen Binnenwasserstraßenanschluss über den Rhein auch in den Mittellandkanal. Im Osten liegt Hamburg an der Elbe mit dem Elbeseitenkanal. Das ist nicht ganz so optimal wie die Rheinschiene. Es gibt dort aber immer noch vernünftige Binnenwasserstraßenanschlüsse, um auch von dort in den Mittellandkanal zu gelangen. Dazwischen liegen die niedersächsischen und bremischen Häfen, bei denen es leider völlig anders aussieht. Wir haben den Hafen Emden, der am Dortmund-Ems-Kanal liegt. Das ist keine optimale Anbindung. Zu den

Gründen dafür komme ich gleich noch. Dann haben wir die Häfen an der Weser mit all den bekannten Problemen der Mittelweser. Das sind also keineswegs optimale Bedingungen. Das zeigt, dass jeder Verkehr von Gütern, die auf den Binnenwasserstraßen weiter transportiert werden sollen, sinnvollerweise über Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen abgewickelt wird, nicht aber über die niedersächsischen Häfen.

Das gilt zumindest für die größeren Schiffe, wie schon gesagt worden ist. Aber auch für die Binnenschifffahrt gilt, was auch sonst gilt: Je größer das Binnenschiff ist, desto preiswerter ist der Transport. Deshalb geht auch dort der Trend hin zu immer größeren Schiffseinheiten - nicht mehr nur noch das 110-Meter-Schiff, über das wir diskutieren, sondern in zunehmendem Maße auch Schubverbände und größere Schiffe mit einer Länge bis zu 140 m. Das schaffen die hier angesprochenen Binnenwasserstraßen Weser und Dortmund-EmsKanal nicht.

Jetzt wollen wir uns einmal sehr realistisch Ihre Forderung vor Augen führen, die Niedersächsische Landesregierung aufzufordern, auf die Bundesregierung einzuwirken, dort etwas zu verändern. Wir haben die Bereisung ja gemeinsam durchgeführt. Was hatte die Schifffahrtsdirektion zum Dortmund-Ems-Kanal gesagt? - Keine Chance! Dafür wird es keine Mittel geben! - Dieses Ergebnis der Anhörung kommt in diesem Entschließungsantrag aber überhaupt nicht zum Ausdruck.

Wie ist die Situation bei der Mittelweser? - Alle Beteiligten - auf der einen Seite Bremen, auf der anderen Seite Niedersachsen - haben sich dort sehr lange über die Frage unterhalten, wie sehr ausgebaut werden soll, insbesondere die Schleusen. Niedersachsen sagt: 110 m. Bremen sagt - nicht zuletzt, weil die Schleuse in Bremen-Hemelingen auf 140 m ausgebaut worden ist -: 140 m. - Die Beteiligten haben sich trefflich gestritten und haben sich nicht einigen können. Eine bessere Situation für den Bund gab es ja gar nicht, als zu sagen: Einigt ihr euch erst einmal darüber, wo es lang gehen soll, und dann sehen wir weiter.

Bei der Bereisung hat uns die Schifffahrtsdirektion gesagt, man sei sich nun wohl darüber einig, dass es 110 m sein sollen, dass sich das rechnen könne und dass man dies auch finanzieren könne und wolle. Wer aber einmal mit der bremischen Hafenwirtschaft spricht, der wird leider feststellen müssen, dass das nicht der Fall ist. Die bremische

Hafenwirtschaft hat sich zum Beispiel bei einer Veranstaltung in Nordenham dazu geäußert. Ich habe die Beteiligten dort gefragt. Die sagen: Nein, nein, 110 m reichen uns nicht. Ein Ausbau auf 110 m wäre in der heutigen Zeit, in der man weiß, dass die Verbände schon auf 140 m Länge zugehen, unsinnig. - Eine Einigung ist also nicht in Sicht. So lange eine Einigung nicht in Sicht ist, ist ebenso wenig auch ein Ausbau in Sicht.

Im Ergebnis kann ich daher zusammenfassend sagen: Wünschenswert wäre all das, was Sie fordern. Realisiert werden kann dies bei dieser Bundesregierung angesichts der Haushaltslage des Bundes aber wahrscheinlich nicht. Damit werden die niedersächsischen Häfen auch weiterhin fürchten müssen, dass sie auch bei der Frage des optimalen Binnenwasserstraßenanschlusses in Zukunft Probleme mit einem optimalen Binnenwasserstraßenanschluss haben werden. Der Antrag ist richtig. Wir fürchten aber, dass er hier leider keine Veränderungen herbeiführen wird.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Klein ist jetzt dran. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In knapp fünf Wochen ist Heiligabend. Dann darf man sich natürlich auch einmal etwas wünschen. Das ist ja dann erlaubt. Zum Beispiel bessere Stichkanäle, erneuerte Schleusen, ausreichend Personal oder eben die Beseitigung der Wettbewerbsvorteile für den Lkw. So jedenfalls steht es in diesem Antrag. Wir wissen aber auch, dass der Weihnachtsmann, auf den wir da hoffen - also die Bundesregierung -, im Moment etwas klamm im Beutel ist. Von daher werden wir uns darauf einstellen müssen, dass in diesen Fragen, die wir ja alle einvernehmlich unterstützen, zunächst einmal das Kleckern und weniger das Klotzen angesagt ist. Aber auch damit kommt man ja voran. Damit auch die Richtung dieses Vorankommens stimmt, halten wir diesen Antrag für richtig und werden wir ihn unterstützen.

Dieser Antrag berücksichtigt auch - auch das führt dazu, dass wir ihn unterstützen können -, dass das neue Kapitel, das im Grunde genommen mit dem Hochwasser dieses Jahres und mit der Flusskonferenz aufgeschlagen worden ist, entsprechend berücksichtigt wird. Er vereinbart es sozusagen. Es

bleibt - das ist klar - aufgrund der relativen Vorzüglichkeit der Binnenschifffahrt bei einer entsprechenden Förderung dieses Transportes. Dabei ist aber auch klar, dass das nur mit naturverträglichen Schiffstransporten und mit einem behutsamen Ausbau geht. Es ist die Zeit gekommen, langsam den Systemwechsel - in nenne es einmal: eine Binnenschifffahrtswende - einzuleiten. Das heißt, dass wir dazu kommen müssen, in Zukunft die Schiffe den Flüssen anzupassen und nicht umgekehrt. Im bestehenden Kanalnetz haben wir da sicherlich andere Spielräume als in den Flussökosystemen. Aber im Grundsatz ändert es natürlich nichts daran; denn die Gesamttransportkette auf dem Wasser ist natürlich nur so stark wie ihre schwächste Stelle.

Zu diesem Systemwechsel gehören auch ehrliche Zahlen. Herr Buß, auch Sie wissen und wir alle wissen, dass nicht die Infrastruktur der begrenzende Faktor für die Binnenschifffahrt und für die weitere Entwicklung ist. Stagnation und sogar Rückgang der Transportmengen haben sehr viel mehr mit den Wettbewerbsvorteilen der Straße als mit den Wettbewerbsnachteilen der Binnenschifffahrt zu tun. Zum Teil ist es auch eine Frage des Marketings und manchmal, glaube ich, auch eine Frage von Innovation bei dem Produkt Binnenschifffahrt.

Die Bundesregierung arbeitet sicherlich aufgrund der aktuellen Finanzlage in einer Art, wie es dem Charakter der Binnenschifffahrt entspricht: ein bisschen langsam, aber planbar und zuverlässig. Damit werden wir uns wohl zunächst zufrieden geben müssen. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Antrag nicht vor. Daher schließe ich die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Häfen und Schifffahrt in der Drucksache 3857 zustimmen will, den bitte ich um eine Handzeichen. - Möchte jemand dagegen stimmen? - Drei Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Keine Stimmenthaltungen. Dann sind Sie der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 36: Zweite Beratung: a) Eckpunkte für ein Integrationskonzept für Migranten in Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/2146 b) Bundesratsinitiative zur Förderung der Integration von auf Dauer bleibeberechtigten Ausländern - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2147 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozial- und Gesundheitswesen - Drs. 14/3858

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Antrag der Fraktion der CDU wurden in der 69. Sitzung am 26. Januar 2001 an den Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Daher kommen wir jetzt gleich zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Biallas. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von der Niedersächsischen Landesregierung vorgelegte Integrationsplan - das muss man durchaus anerkennend sagen - ist in vielen Punkten zu begrüßen. In dem Antrag sind eine ganze Reihe von Handlungsfeldern beschrieben, die auch in großer Übereinstimmung notwendig sind und angefasst und realisiert werden müssen. Bei der Vielzahl der Handlungsfelder stellt sich natürlich auch die Frage, ob man das auch tatsächlich schaffen kann, nicht zuletzt auch angesichts der finanziellen Situation, über die wir hier ja schon debattiert haben, sei es auf Bundesebene, in Niedersachsen bzw. in den niedersächsischen Kommunen. Wir alle wissen - ich glaube, das kann man hier auch ganz objektiv festhalten -, dass das eine Menge Geld kosten wird. Als Beispiel möchte ich den islamischen Religionsunterricht anführen, um den es ja in den letzten Monaten etwas still geworden ist, nachdem angekündigt worden ist, man wolle das Vorhaben über einen Runden Tisch realisieren. Das haben wir auch begrüßt und halten wir seit Jahren für richtig. Aber die Frage wird sein, ob man das letztlich umsetzen kann, weil bei den islamischen Gemeinden eher die Situation besteht, dass sich die Menschen nicht mehr vereinen, sondern eher voneinander abgrenzen. Das macht die Sache schwierig.

Die Beschlussempfehlung, die uns mit den Stimmen der SPD-Fraktion vorgeschlagen worden ist, enthält natürlich auch einen lobenden Hinweis auf das Zuwanderungsgesetz. Diesen Streit brauchen wir heute nicht mehr zu führen. Wenn das, was in der Berliner Zeitung vor etwa zwei, drei Wochen gestanden hat, richtig ist, dann gibt es wohl berechtigte Hinweise, dass dieses Gesetz aus formalen Gründen nicht in Kraft treten kann. Natürlich wird sich derjenige, der einen Antrag gestellt hat, freuen, dass er mit seinem Antrag durchgekommen ist. Das hat aber eine Konsequenz: Dann wird auch die Regelung zur Finanzierung der verschiedenen Maßnahmen nicht in Kraft treten. Wenn wir im Vorfeld allesamt vielleicht etwas schlauer gewesen wären, dann hätten wir erkannt, dass der Husarenritt, der im Bundesrat geritten worden ist, der Sache eher nicht zuträglich ist als anders herum. Mehr will ich dazu jetzt gar nicht sagen. Das wäre eigentlich schade; denn über den Tatbestand, dass wir Integrationsmaßnahmen brauchen, hat es nie eine Auseinandersetzung gegeben. Es hat nur über die Frage eine Auseinandersetzung gegeben, wie viel Zuwanderung wir vertragen können. Diesbezüglich vertreten wir die Auffassung, dass wir nicht mehr Zuwanderer in Deutschland zulassen können, als wir deren Integration realisieren können.

Was die Finanzierung durch das Landes angeht, ist vorgesehen, dass man sich in erster Linie der Erwachsenenbildungsmittel bedient. So ist uns das vorgetragen worden. Man muss natürlich wissen, welche Konsequenzen das für das ganze Feld der Erwachsenenbildung nach sich zieht. Ich will hinzufügen: Bei der Vielzahl dessen, was geplant ist, sind wir uns nicht sicher, ob diese Mittel tatsächlich für das alles reichen können. Bisher hat es dazu keine verbindliche Erklärung gegeben.

Ich möchte für die CDU-Fraktion eines deutlich sagen: Einen weiteren Griff in die kommunalen Kassen im Rahmen dieser großzügigen Planung wird es mit uns nicht geben. Das sei hier ganz deutlich gesagt.

(Beifall bei der CDU)

Nun komme ich zu unserem Antrag. Wir hatten vorgeschlagen, dass man bei der Realisierung dieser Integrationsmaßnahmen das holländische Modell berücksichtigt. Das ist ja kein CDU-Modell. Es sieht vor, dass zwischen den Zuwanderern und den Trägern der Integrationsmaßnahmen ein richtiger Vertrag geschlossen wird, in dem verbindlich

festgelegt wird, was da stattfindet. Dazu gehören natürlich auch Sanktionsmaßnahmen. Wenn jemand nicht der Pflicht nachkommt, an den Maßnahmen teilzunehmen, dann werden dort Bußgelder verhängt. Das hat sich jedenfalls nach dem, was ich weiß, als eine relativ gute Regelung bei der Durchführung erwiesen. Wenn jemand das vorsätzlich immer wieder macht, also überhaupt nicht erscheint, dann hat man auch angedroht, dass sich an dem Aufenthaltsstatus etwas ändert. Das halten wir auch für richtig. Bei uns ist das alles bisher nicht vorgesehen. Deshalb kritisieren wir das.

Ein weiterer Punkt unserer Kritik - das haben wir auch schon in der Ausländerkommission angesprochen; das muss eigentlich uns alle bewegen - ist, dass für die Ausländer, die jetzt schon hier leben, im Grunde genommen nichts vorgesehen ist. Das ist ein Fehler, weil gerade sie zum Teil dazu neigen, sich in Parallelgesellschaften zu organisieren und abzuschotten. Wir hätten uns gewünscht, dass man sich darüber mehr Gedanken macht.

Nun will ich noch etwas zur Härtefallkommission sagen. Das haben wir auch schon in der ersten Beratung angesprochen. Die SPD hat da eine Kehrtwendung gemacht. Nach den Bestimmungen des Zuwanderungsgesetzes, das noch nicht in Kraft getreten ist, sollen diese Härtefallkommissionen zwar in den Ländern eingerichtet werden, zwingend erforderlich macht aber selbst das Gesetz das nicht. Wir waren uns mit der SPD eigentlich immer einig, dass wir das hier in Niedersachsen nicht wollen. Warum nicht? - Dadurch entsteht ein riesiger bürokratischer Aufwand, der weniger den Betroffenen nützt, als dass er zu einem Beschäftigungsverein für Mitglieder von Ausländerorganisationen wird. Das ist in allen anderen Bundesländern auch so. Ich will es noch deutlicher sagen: In Wahrheit sind die Härtefallkommissionen - jedenfalls die, die es gibt - in der Regel nichts anderes als öffentlich finanzierte Wärmestuben für Gutmenschen, die ihre persönliche Betroffenheit pflegen

(Zuruf von der SPD: Das ist ja un- glaublich!)

und sich unter Zuhilfenahme von mancherlei Tricks überlegen, wie sie die geltende Rechtsordnung aushebeln oder ad absurdum führen können.

Wir haben nie etwas anderes gesagt, als dass man sich über Härtefallregelungen im Parlament unterhalten soll, sodass man z. B. überlegt, ob mit einer

qualifizierten Mehrheit durchaus auch einmal Gerichtsurteile nicht nur überprüft, sondern auch im Sinne der Einzelnen verändert werden können. Das halte ich durchaus für überlegenswert. Aber dass wir dafür wieder eine Riesenkommission einrichten, halte ich für einen übertriebenen Schritt. Deswegen lehnen wir das ab.

(Klein [GRÜNE]: Sie könnte Sie entmachten!)

Jetzt komme ich noch zur Ausländerkommission. Dazu ist ja vorgeschlagen worden, den Namen zu ändern. Darüber kann man sicherlich reden. Das, was uns aber nicht gefällt, ist, dass vorgesehen ist, das Einstimmigkeitsprinzip aufzuheben, das wir im Moment haben. Wenn Sie einmal die Freude hätten, an einer Sitzung der Ausländerkommission teilzunehmen, dann wüssten Sie, dass das manchmal sehr interessant ist und dass da etwas berichtet wird. Aber es ist auch manches dabei, meine Damen und Herren, bei dem wir uns wundern werden, welche Flut von Anträgen auf den Landtag zukommen wird. Ich bin der Meinung, wir sollten uns dabei lieber nicht überheben. Da wird so manches Thema besprochen, von dem ich der Meinung bin, dass es geradezu lächerlich ist, und ich bin ausdrücklich froh, dass wir im Parlament bisher davon verschont geblieben sind.

Ich möchte ein Beispiel nennen. Es ist noch nicht lange her, da haben wir uns in der Ausländerkommission tatsächlich darüber unterhalten, ob das Lied von den „Zehn kleinen Negerlein“ ausländerfeindlich und rassistisch ist oder nicht. Dann wurde noch die Frage erörtert, ob womöglich das Kultusministerium alle Bücher von Amts wegen aus dem Verkehr ziehen sollte, die dieses Lied enthalten. Dann haben wir uns noch darüber unterhalten, dass das Lied von den „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ aber nicht als anstößig empfunden wird. So ist das. In der Sitzung hätte eigentlich nur noch gefehlt, dass wir die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die Existenzberechtigung von Negerküssen einleiten. Auch darüber wurde gesprochen. Das konnte gerade noch dadurch abgewendet werden, dass ich belehrt wurde, dass es Negerküsse gar nicht mehr gibt, sondern dass sie heute „Dickmanns“ heißen. Gott sei Dank, es gibt also keine Negerküsse mehr.

An diesen Beispielen können Sie sehen: Es bewahre uns jeder, der ein bisschen Verstand hat, davor, dass wir all diese Themen in den Landtag bekommen! Die Sache ist weder finanziert, noch ist sie zu

Ende gedacht. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU - Frau Merk [SPD]: Das kann ja wohl nicht wahr sein!)

Frau Kollegin Langhans, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Biallas, Ihre Äußerungen eben zur Härtefallkommission waren erschreckend unsachlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Biel [SPD]: Und für einen Theologen unwürdig! - Weiterer Zu- ruf von der SPD: Zynisch! - Gegenruf von Biallas [CDU]: Der eine so, der andere so!)