Protokoll der Sitzung vom 22.11.2002

war wirklich eine Erbsünde. Darunter leiden wir auch heute noch.

Ich will das einmal ganz drastisch sagen: Der frühere Ministerpräsident und jetzige Bundeskanzler Gerhard Schröder hat, was die Unterrichtsversorgung anbelangt, schon „unser Oma ihr klein‘ Häuschen“ verfrühstückt, und sein Erbe, Ministerpräsident Gabriel, frisst jetzt auch noch die Saatkartoffeln, was die Zukunftschancen unserer Kinder in diesem Land anbelangt.

(Beifall bei der CDU - Frau Goede [SPD]: Was ist denn das für ein Vo- kabular?)

Die Anzahl der Lehrerstunden pro Schüler hat sich gegenüber dem Schuljahresbeginn 1989 um fast 12 % verschlechtert und die Schüler-LehrerRelation um fast 19 %. Selbst die statistische Unterrichtsversorgung hat sich zum Schuljahresbeginn 2002/2003 gegenüber dem Vorjahr trotz niedrigem Niveau noch verschlechtert.

Frau Ministerin, ich konnte die Antwort auf die Mündliche Anfrage noch nicht lesen, aber offenbar kommen Sie nun langsam um die Ecke und sagen, wir müssen etwas tun, weil es langsam peinlich wird. Ich sage das, was wir fordern. Deshalb ist die dauerhafte Verankerung der 700 Lehrerstellen auf zusätzlichen Stellen im Rahmen eines Nachtragshaushalts 2003 und der Mipla des Landes unverzichtbar,

(Dr. Domröse [SPD]: Stellt doch ei- nen Antrag! Ihr habt es doch für die nächste Sitzung in der Hand!)

um die Zukunftschancen der jungen Generation in Niedersachsen auf der Basis einer gesicherten Unterrichtsversorgung fördern zu können.

(Dr. Domröse [SPD]: Bitte für die nächste Sitzung! Dann werden wir den Antrag beraten!)

- Herr Dr. Domröse, Sie haben es wahrscheinlich immer noch nicht verstanden. Ich will Ihnen Begabung nicht absprechen. Aber was hier teilweise wirklich an Dummheit rüberkommt - Dummheit ist auch eine natürliche Begabung -, ist nicht mehr zu ertragen.

(Beifall bei der CDU - Dr. Domröse [SPD]: Seien Sie ein bisschen vor- sichtiger mit Ihren Äußerungen!)

Frau Ministerin, gerade jetzt erleben wir, wie die gebrochenen Wahlversprechen von Rot-Grün in Berlin das Vertrauen - -

Frau Kollegin, Ihnen ist bekannt, dass ich temperamentvolle Damen mag, in jeder Hinsicht. Aber hier im Parlament müssen Sie bestimmte Begriffe außen vor lassen. Ich weiß ja, wie schnell einem das passiert; mir ist das ja vorgestern auch so gegangen. Aber bitte versuchen Sie es!

Herr Präsident, dann nehme ich das zurück. Ich bin immer davon ausgegangen, dass jeder sein Recht auf Dummheit hat, und deswegen habe ich das gesagt.

(Dr. Domröse [SPD]: Für Sie gilt das ganz besonders!)

Wenn man Bürgerinnen und Bürger, wenn man Eltern, Schüler und Lehrer so schamlos benutzt, um eigene Wahlchancen zu verbessern, Frau Ministerin, wenn man mit den Zukunftschancen von jungen Menschen so leichtfertig umgeht, dann reicht es meines Erachtens nicht, dass dieser Landtag das nur missbilligt. Aber nicht einmal das wird er mit den Stimmen der durchaus biegsamen SPD-Fraktion tun. Ich bin sicher, Frau Ministerin, dass Sie und diese Landesregierung in nicht allzu ferner Zeit von Ihrem eigenen verantwortungslosen Handeln eingeholt werden. Denn - das sage ich Ihnen auch aus eigener Erfahrung - die Eltern in Niedersachsen werden Ihnen zeigen, dass sie sich nicht benutzen lassen, dass sie sich nicht ausnutzen lassen. Deswegen werden Sie auch von den Eltern in diesem Lande am 2. Februar 2003 die Quittung für Ihre Tricksereien und Täuschungen bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin Jürgens-Pieper, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn in diesem Landtag die Einstellung von 700 Lehrkräften zum 1. November als verantwortungslos bezeichnet wird, dann, finde ich, ist das schon ein ganz starkes Stück.

(Zustimmung bei der SPD)

Fragen Sie einmal die Menschen in diesem Land, ob sie es für notwendig gehalten haben oder nicht, dass wir das zum 1. November getan haben! Sie ärgern sich doch nur darüber, dass wir es getan haben und dass Sie damit ein Problem im Wahlkampf haben. Herrje noch mal, Frau Körtner, blasen Sie sich an einer solchen Stelle doch nicht so auf!

(Zurufe von der CDU)

- Jetzt frage ich Sie einmal: Wie verantwortungslos ist es eigentlich, hier seit 2000 Anträge zu stellen und den Leuten vorzumachen, dass 8 500 Stellen geschaffen werden könnten, ohne einen einzigen Deckungsvorschlag zu unterbreiten? Erst redet der finanzpolitische Sprecher zum Haushalt, und dann kommen die Bildungspolitiker und reden etwas völlig anderes. Koordinieren Sie sich doch erst einmal in Ihrer Fraktion, um überhaupt wahlkampffähig zu werden! Das ist doch das Hauptproblem bei Ihnen.

Wir haben 700 Einstellungen zum 1. November vorgenommen.

(Zuruf von Frau Körtner [CDU])

- 700 Einstellungen! Die Leute sind da. Das ist ja gerade Ihr Problem. Die sind da, die unterrichten, und die werden auch nicht wieder entlassen, wie Sie das suggerieren. Das ist völliger Unsinn. Die haben unbefristete Verträge. Diese 700 Leute sind jetzt im Schuldienst. Und warum haben wir das gemacht? - Weil es sinnvoll und eben nicht verantwortungslos ist. Es ist verantwortungsvoll, jungen Leuten sofort ein Angebot zu machen, wenn sie in den Seminaren fertig sind. Der 1. November war ein schwieriger Termin, aber er war notwendig, weil genau zu diesem Zeitpunkt, nämlich am 30. Oktober, die Leute aus den Seminaren gekommen sind. Die mit den richtigen Fächerkombinationen haben wir in die Schulen genommen, und die Schulen haben das eingearbeitet. - Jetzt müssen Sie mir einmal sagen, was daran verantwortungslos ist.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Busemann?

Ich möchte am Stück vortragen.

Wie Sie möchten!

Jetzt komme ich zu Ihrem Entschließungsantrag. Der Entschließungsantrag der CDU-Fraktion beruht, weil die Haushaltstechnik überhaupt nicht verstanden worden ist, auf falschen Behauptungen; das muss ich hier so sagen. Die Landesregierung hat eben nicht vor, 700 Stellen zu streichen, wie Sie das sagen. Und Einstellungen streichen wir schon gar nicht, wie Sie das in Ihrem Antrag nennen. Lehrereinstellungen streichen? - Nein, wir haben welche vorgenommen, nämlich 700.

Die Missbilligung wegen Stellenstreichung und die Forderung nach Verankerung der Stellen im Nachtragshaushalt und in der Mipla sind gegenstandslos, weil diese Stellen, die wir hier in Anspruch genommen haben, im Haushalt sind. Das haben Sie offensichtlich nicht verstanden, und das habe ich Ihnen in der Antwort auf eine Mündliche Anfrage bereits erklärt.

(Busemann [CDU]: Demnächst neh- men Sie dann 700 weniger in An- spruch!)

Sie haben die Haushaltssystematik nicht verstanden. Das kann nur daran liegen, dass die Bildungspolitiker bei Ihnen offensichtlich nicht mit den Finanzpolitikern reden.

(Ehlen [CDU]: Bei Ihnen denn?)

Die 700 Stellen, auf denen die 700 Einstellungen zum 1. November dieses Jahres vorgenommen wurden, befinden sich also im Stellenhaushalt und in der Mipla. Das Kultusministerium hatte sie intern für Lehrereinstellungen gesperrt, um die Mittel zur Finanzierung der Altersteilzeitzuschläge zu verwenden. Das ist der Sachverhalt, den ich hier zu erklären habe.

Angesichts der Lage auf dem Lehrerarbeitsmarkt - das habe ich eben deutlich gemacht - und der Konkurrenzsituation mit den anderen Ländern - wir haben vorhin Ihre Klage über den Lehrermangel im ländlichen Raum gehört - haben wir diese Sperrung intern zum 1. November aufgehoben, zumal die Mittel für die Altersteilzeit anderweitig in unserem Haushalt erwirtschaftet werden können. Da diese Erwirtschaftung zwar für kurze Zeit, nicht aber für einen ganzen Jahresbetrag

möglich ist, werden die notwendigen Beträge im Nachtragshaushalt für 2003 verankert.

Das können Sie in der Mipla nachlesen. Auch insofern finde ich es stark, dass Sie von Täuschung reden. Wir haben in der Mipla ganz bewusst offen gelegt, dass wir diese Beträge einsetzen wollen.

(Frau Litfin [GRÜNE]: Die Eltern werden die Mipla sicherlich lesen!)

In der Mipla haben wir einen weiteren Teilbetrag für 2004 eingesetzt. Ihr bildungspolitischer Referent hat deshalb bei uns angerufen - weil wir das offen gelegt haben - und gefragt, ob er richtig gelesen hat. Darauf habe ich ihm gesagt, dass er richtig gelesen hat: Das ist der Betrag, der da eingesetzt worden ist.

Dieses Finanzierungskonzept ist in der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Hoppenbrock aus Ihrer Fraktion vom 30. August 2002 dargestellt. Uns hier Täuschung vorzuwerfen, finde ich eine Unverschämtheit. Das muss ich schon sagen. Wir habe dieses Konzept schon in dieser Antwort offen gelegt. Das können Sie alles nachlesen. Das tun Sie aber nicht, sondern stellen solche Entschließungsanträge.

Der Stellenplan ist also nicht betroffen, sondern es geht um die Entscheidung, den für diese 700 Einstellungen erforderlichen Geldbetrag einzusetzen. Wir meinen, dass bei sinkenden Schülerzahlen nach 2004 die Finanzierung des Altersteilzeitzuschlags wieder durch Sperrung dieser Stellen erfolgen sollte.

Bei einer anderen Finanzierungsmöglichkeit - das hat der Ministerpräsident vorhin vorgetragen haben wir Sie ja nicht an unserer Seite, noch mehr für den Bildungshaushalt zu tun. Sie müssten das eigentlich längst unterstützen. Für Ihre Stellenforderungen haben Sie überhaupt keine Deckung. Sie müssten den Vorschlag des Ministerpräsidenten zur Vermögensteuer unterstützen, damit Sie überhaupt schon bei Ihren jetzigen Forderungen seriös bleiben, von den zukünftigen Forderungen ganz zu schweigen.

Darüber hinaus wirken sich folgende Maßnahmen, die in der Mipla verankert sind, natürlich auf die Qualität und Quantität der Unterrichtsversorgung aus: die Erhöhung der Förderstunden, die wir in der 5. und 6. Klasse vornehmen werden, die von uns beabsichtigte Verlässlichkeit der Förderstufe - das ist alles aufgelistet -, die Sprachfrühförde

rung. Dafür sind wir ja inzwischen gemeinsam. Das machen wir durch zusätzliche Lehrerstellen. Der naturwissenschaftliche Unterricht, die Ganztagsschulen, der Ausbau der Eingangsstufen der Grundschulen und die Verlässlichen Grundschulen sind erwähnt worden.

(Frau Körtner [CDU]: Das ist alles, was der Ministerpräsident als zusätz- lich bezeichnet! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Ich weiß, dass Sie das alles ärgert. Sie haben ja hier eine Show abgezogen, wie ich sie selten erlebt habe. Das muss ich schon sagen.

Die Landesregierung räumt damit der Sicherung der Unterrichtsversorgung einen hohen Rang ein. Sie hat damit erreicht, dass die Rahmendaten wie durchschnittliche Klassenfrequenz, Lehrer-IstStunden pro Schülerinnen und Schüler trotz einer schwierigen Finanzlage zufriedenstellend sind, und zwar auch im Bundesdurchschnitt. Sie können sich in den Statistiken der einzelnen Länder anschauen, dass wir genau im Durchschnitt liegen. Tun Sie nicht so, als wenn die Situation bei uns dramatisch und in anderen Ländern wunderbar ist! Überall gibt es ansteigende Schülerzahlen. Deshalb verändern sich diese Werte. Sie können sie hier nicht mit 1990 vergleichen, aber auch nicht in Bayern. Sehen Sie sich diese Statistiken an! Dann würden Sie das auch verstehen.

Die Landesregierung hat in dieser Legislaturperiode mit der Bildungsoffensive, wie gesagt, 2 200 zusätzliche Stellen im Stellenplan und Mittel im Umfang von 1 000 Stellen für die Verlässliche Grundschule zur Verfügung gestellt. Das bedeutet gegenüber dem Jahr 2000 eine weitere Steigerung im Bildungshaushalt. Herr Gabriel hat vorhin genau das Gleiche gesagt. Er hat nämlich aus meinen Papieren und aus seiner Rede zitiert.

(Frau Körtner [CDU]: Ja eben! Er hat ja gesagt, dass das die zusätzlichen Lehrer sind!)

- Versuchen Sie hier nicht zu skandalisieren! Es geht darum, dass wir gemeinsam eine vernünftige Unterrichtsversorgung erreichen.

(Busemann [CDU]: Das ist wahr!)