Protokoll der Sitzung vom 11.12.2002

Fakt ist auch: Wenn eine Stelle jetzt frei wird, darf sie nicht wiederbesetzt werden. Dabei geht es um eine Größenordnung von 11,3 Vollzeiteinheiten.

Das muss man sich einmal vorstellen, gerade in der jetzigen Situation. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

Wenn der Bereich innere Sicherheit bei den Einsparmaßnahmen außen vor bleiben soll, dann frage ich mich, warum Sie den Verfassungsschutz ausdrücklich ausklammern.

Der Innenminister hat dazu gesagt, man könne durchaus noch einmal beim Finanzminister nachfragen und vielleicht auch eine Ausnahmegenehmigung bekommen. - Meine Damen und Herren, wenn das gerade in diesem sehr sensiblen Bereich so gewollt ist, dann sollten Sie nun wirklich unserem Antrag zustimmen und den Verfassungsschutz aus dem Haushaltsführungserlass, der auch nach der Verabschiedung des Nachtragshaushalts weiter Geltung hat, herausnehmen. Dann hätten wir Klarheit, und dann müssten wir uns über diese Dinge nicht mehr unterhalten. Sie haben es jetzt in der Hand, hier Klarheit zu schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich Ihnen noch einmal die Situation vor Augen führen, obwohl Sie sie sicherlich kennen. Es gab in jüngerer Vergangenheit Terroranschläge auf Urlaubsziele in Kenia und in Djerba. Wir wissen, welche Bedrohung durch islamistische Extremisten entsteht. Ich darf auch in Erinnerung rufen, dass erst kürzlich Tonbandaufnahmen veröffentlicht worden sind, auf denen Osama bin Laden und dessen Stellvertreter nachdrücklich bekräftigt haben, dass nicht nur die USA, sondern vor allem auch Deutschland und Frankreich bedroht sind.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund müsste man doch eigentlich ganz anders diskutieren. Sogar der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, August Hanning, hat inzwischen öffentlich gesagt, dass auch in Deutschland von einer höheren Gefährdung ausgegangen werden muss. Verschiedene Terrorexperten gehen davon aus, dass die Sicherheitslage zurzeit so angespannt ist wie noch nie seit dem 11. September 2001.

Meine Damen und Herren, wie haben die anderen Bundesländern darauf reagiert? - Ich darf immer wieder daran erinnern, dass in Bayern über 400 Mitarbeiter beim Verfassungsschutz tätig sind. Ähnlich sieht es in Baden-Württemberg, aber auch in Nordrhein-Westfalen aus: Dort ist die Anzahl der Mitarbeiter beim Verfassungsschutz erheblich höher als in Niedersachsen. In Niedersachsen ha

ben Sie das Personal beim Verfassungsschutz von 1990 bis 2001 immer weiter abgebaut, von insgesamt 361 Stellen in 1990 auf 217 Stellen in 2001. Dann sind wieder zehn Stellen dazugekommen. Bayern, Baden-Württemberg und die anderen Länder haben angesichts dieser Bedrohungslage bis zu 50 Mitarbeiter eingestellt, um genau diese Gefährdung besonders im Auge zu haben und dafür zu sorgen, dass wir gerade in diesem Bereich eine vernünftige Aufklärung bekommen. Sie haben hier zwar zehn Stellen geschaffen, stellen diese aber jetzt indirekt wieder zur Disposition. Das ist etwas, was die Bürgerinnen und Bürger überhaupt nicht verstehen.

Meine Damen und Herren, deshalb abschließend: Wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, dass Sie beim Verfassungsschutz nicht kürzen wollen, dann gibt es für Sie heute nur eine Entscheidung: dass Sie unserem Antrag zustimmen. Nur dann, wenn der Verfassungsschutz aus dem Haushaltsführungserlass herausgenommen wird, ist klar, dass Sie im Bereich der inneren Sicherheit nicht sparen wollen.

Ich bin gespannt, wie Sie sich heute dazu verhalten. Auf jeden Fall wird klar, ob Sie den Verfassungsschutz - zumindest einige Stellen - weiterhin zur Disposition stellen oder ob Sie hier Klarheit schaffen, indem Sie unserem Antrag zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt wird Frau Kollegin Wörmer-Zimmermann dazu Stellung nehmen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Schünemann, ich hätte mir gewünscht, dass die Enquete-Kommission, an deren Arbeit Sie ja maßgeblich beteiligt waren, sich auch einmal mit dem Umgang mit Entschließungsanträgen in zweiter Beratung befasst hätte, die eigentlich nach der ersten Beratung erledigt sind.

Es mag ja sein, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, dass Sie einen Sinn darin sehen, alle Behauptungen in zweiter Beratung zu wiederholen, obwohl Sie inzwischen genau wissen, dass sie falsch sind.

(Schünemann [CDU]: Was habe ich denn Falsches gesagt?)

Ich bin allerdings der Meinung, Herr Kollege Schünemann, dass wir durch eine solche Prinzipienreiterei bei der Abarbeitung von Themen nicht nur das Interesse der Bevölkerung an der Politik aufs Spiel setzen.

(Möllring [CDU]: Was hat er denn Falsches gesagt?)

Nein, meine Damen und Herren von der CDUFraktion, Sie sorgen mit diesen unnötigen Diskussionen für eine Verlängerung der Plenartage und schränken die Produktivität des Landtages hierdurch stark ein.

(Möllring [CDU]: Dann gehen Sie doch nach Hause! Sie brauchen ja nicht zu reden!)

- Herr Schünemann, hören Sie doch einfach einmal ruhig zu!

Ich will Ihnen anhand der Fakten begründen, worum es geht. Sie unterstellen schon in der Überschrift Ihres Antrags - das haben Sie heute wieder gemacht -, dass es beim niedersächsischen Verfassungsschutz Sicherheitslücken bei der Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus gibt. Im Text behaupten Sie, dass mit dem Haushaltsführungserlass vom 27. August, der Sie ja immer noch ärgert,

(Schünemann [CDU]: Zu Recht!)

die Einsparung von elf Stellen beim Verfassungsschutz beschlossen worden ist, nur weil Sie da Anfang September mal was läuten gehört haben. Heute behaupten Sie das wieder.

Herr Schünemann, ich habe es Ihnen schon beim letzten Mal gesagt: Mit dieser Art von Anträgen wollen Sie Ängste bei den Menschen schüren und ihnen vorgaukeln, dass die innere Sicherheit in Niedersachsen gefährdet ist.

Dass keine Stellen gestrichen sind, ist Ihnen schon mit der Presseerklärung des Innenministers vom 12. September deutlich gemacht worden.

(Schünemann [CDU]: Können denn die drei Stellen wieder besetzt wer- den?)

Die zehn Stellen zur Intensivierung der Beobachtung des islamistischen Extremismus nach den Terroranschlägen im Jahr 2001 wurden bereits am 1. Juni mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt und stehen nicht zur Disposition, wie Herr Schünemann uns hier wieder vormachen will.

Mit dieser Personalaufstockung, insbesondere durch die Einstellung mehrerer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit arabischen und türkischen Sprachkenntnissen, wurde die Arbeit des Verfassungsschutz im Bereich der Auswertung deutlich gestärkt. Damit ist der Wille der Landesregierung und auch des Parlaments, angesichts der Bedrohungslage im Bereich des extremistischen Islamismus einen deutlichen Arbeitsschwerpunkt zu setzen, ausgeführt worden.

Kollege Schünemann, bei entsprechender Lesekompetenz hätte diese Information auch schon längst bei Ihnen angekommen sein müssen,

(Möllring [CDU]: Das war jetzt ein Tiefschlag!)

und Sie hätten sich nach meiner Meinung das Einbringen Ihres Entschließungsantrags sparen können.

Frau Kollegin Wörmer-Zimmermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich wollte meine Rede gern zu Ende führen.

Sie gestatten sie nicht.

(Schünemann [CDU]: Das habe ich mir schon gedacht!)

Spätestens aber nach der ersten Beratung im Plenum und der ausführlichen Beratung am 9. Oktober im Innenausschuss müssen auch Sie gemerkt haben, dass Ihr Antrag ins Leere greift, und Sie hätten ihn als erledigt zurückziehen müssen. Aber das tun Sie nicht.

(Schünemann [CDU]: Er ist noch nicht erledigt!)

Nein, Sie bleiben auch heute wieder trotz aller Aufklärung bei Ihren alten Behauptungen, wie wir es ja eben erlebt haben.

(Schünemann [CDU]: Das stimmt doch auch!)

Dieses Verhalten, Kollege Schünemann, zeigt mir, dass es bei Ihnen nicht nur mit der Lesekompetenz schlecht bestellt ist,

(Heiterkeit bei der SPD)

sondern dass auch Ihre Zuhörkompetenz sehr stark eingeschränkt ist.

(Schünemann [CDU]: Was ist denn mir Ihrer Kompetenz? Bisher haben Sie überhaupt nichts widerlegt! - Möllring [CDU]: Sie haben doch bis- her gar nichts gesagt! Reine Luftbla- sen! Kommen Sie doch einmal zur Sache!)

Es muss so sein, Herr Schünemann, denn anders kann ich mir nicht erklären, dass Sie nach wie vor davon reden, dass durch die Personalbudgetierung Sicherheitslücken beim Verfassungsschutz entstanden sind.

(Möllring [CDU]: Reine Luftblasen, die man Ihnen aufgeschrieben hat! - Schünemann [CDU]: Kein Argu- ment!)

- Dass Sie nicht zuhören, merke ich jetzt auch schon wieder. - Sie gehen weiterhin von falschen Voraussetzungen aus, obwohl der Minister im September-Plenum ausführlich die personelle Situation des Verfassungsschutzes nach dem Haushaltsführungserlass erklärt hat und Ihre Fragen auch im Ausschuss von Vertretern des Ministeriums lang und breit beantwortet wurden.

(Schünemann [CDU]: Was habe ich denn nun Falsches gesagt?)

Ich werden Ihnen jetzt sagen, was an dem, was Sie sagen, falsch ist. Nach wie vor sehen Sie nicht den Unterschied zwischen der Streichung von Stellen im Stellenplan des Haushalts und Stellen, die aufgrund natürlicher Abgänge eine Zeit lang nicht besetzt werden.

(Möllring [CDU]: Die nicht besetzt sind! - Schünemann [CDU]: Die sind doch gesperrt! Die können nicht wie- der besetzt werden!)

- Darauf komme ich gleich noch zurück.