Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

Die Strategie einer Bank kann nicht durch einen Entschließungsantrag fixiert werden.

(Zuruf von Rolfes [CDU])

Nach dieser richtigen Feststellung verwundert es nun aber doch ein wenig, dass heute noch ein Antrag der Grünen eingebracht wird. Konsequenterweise müssten beide Oppositionsfraktionen unserem Antrag zustimmen. Nach der Rede von Herrn Rolfes ist meine Hoffnung auf so viel Vernunft allerdings stark getrübt.

(Beifall bei der SPD)

Zur Einbringung des Antrags der Fraktion der Grünen spricht jetzt Herr Kollege Golibrzuch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, ist der Einstieg der NORD/LB in die Berliner Bankgesellschaft gescheitert. Wir verfolgen allerdings mit einem gewissen Unbehagen, dass sich insbesondere Teile des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes offenbar noch nicht mit diesem Ergebnis abfinden können. Die Schwierigkeiten, die es jetzt in Berlin im Bieterverfahren gibt, und der Ausstieg einer amerikanischen Investorengruppe sollten nicht dazu führen, dass die Diskussion, inwieweit die NORD/LB im Verbund mit dem Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverband hier einsteigen könnte, wieder auflebt. Das Land Niedersachsen hat über seine Beteiligung an der NORD/LB weiß Gott genug Geld in diesem Engagement verloren.

Frau Kollegin Stief-Kreihe, natürlich sind wir nicht gegen eine Erhaltung des Sparkassenplatzes Berlin. Wir sind allerdings dagegen, dass dann, wenn es dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband nicht gelingt, ein tragfähiges Konsortium zu schmieden, die NORD/LB und der Niedersächsische Sparkassen- und Giroverband allein ins Risiko geschickt werden, wie es angedacht und geplant war. Darauf zielte unsere Kritik.

Die NORD/LB ist nach unserer Auffassung für die künftigen Aufgaben und die Risiken der nächsten Jahre noch nicht gut aufgestellt. Die Umsetzung der Brüsseler Vorgaben muss dazu führen, das öffentlich-rechtliche und das private Geschäft zu trennen. Aufgrund des geringen Geschäftsvolumens der NORD/LB wird es nicht möglich sein, dies nach dem Vorbild der Westdeutschen Landesbank in zwei eigenen Instituten zu organisieren. Will man sich öffentlich-rechtlich verselbständigen, dann benötigt man Fusionspartner. Das könnte z. B. die Hamburgische Sparkasse sein, die Haspa. Warum sie aus dem Konsortium hinauskomplimentiert wurde, als es darum ging, in Berlin ein entsprechendes Angebot abzugeben, haben wir nicht verstanden.

Die NORD/LB wird Schwierigkeiten haben, sich mittel- und langfristig allein am Markt zu behaupten. Das wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn es darum geht, das öffentlich-rechtliche Geschäft in einem selbständigen Institut zu organisieren.

In diesem Zusammenhang wollen wir überprüfen - ich meine, das ist auch Aufgabe eines Aufsichtsrates -, ob das richtig gewesen ist, was in der Vergangenheit als Expansionsstrategie insbesondere

im so genannten Ostseeraum, aber auch teilweise im weltweiten Geschäft passiert ist. Da geht man nach unserer Überzeugung nicht nur den eigenen mittelständischen Kunden aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt bei den Geschäften hinterher. Da geht es nicht nur darum, die Bank entsprechend der Öffnungszeiten der Börsen 24 Stunden am Tag geöffnet zu halten. Wenn man genauer hinschaut, was z. B. die Niederlassung der NORD/LB in New York macht, dann stellt man fest, dass dort auch öffentliche Bauvorhaben, Brückenbau- und Straßenbauprojekte finanziert werden, die ausdrücklich nicht von niedersächsischen Unternehmen finanziert werden. Unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung und der Risikostreuung ist das vielleicht sinnvoll. Es stimmt aber nicht, dass es hier darum geht, landespolitische Interessen von niedersächsischen Firmen zu verfolgen, sondern ein bisschen angelehnt an das WestLB-Modell geht es auch darum, sich als Reservespieler auf dem Weltmarkt zu betätigen.

Die ausufernden EDV-Kosten innerhalb der Landesbank sind uns ein besonderer Dorn im Auge. Deshalb haben wir das auch in unseren Entschließungsantrag aufgenommen. Ich kann Ihnen sagen, das bin ich leid. Seit Jahren höre ich im Beirat der NORD/LB auf die Nachfrage, warum es schon wieder zweistellige Zuwachsraten im EDV-Bereich gebe, immer nur die Antwort, es sei heutzutage eben so, dass man da so viel investieren müsse; das schlage sich dann auch in solchen Wachstumsraten, die ja eine Kostenbelastung darstellen, nieder. Wir sind der Auffassung, dass das nicht so sein muss. Wir stellen auch die Frage, ob die Norddeutsche Landesbank im Verbund mit den Sparkassen und den sparkasseneigenen Dienstleistern, wie der dvg, tatsächlich so gut am Markt aufgestellt ist, wie es immer behauptet wird.

Um die Kosten zu reduzieren, geht es im Wesentlichen darum, in der Abwicklung von Geschäften große Mengen, große Lose zu organisieren. Wir sehen nicht ein, warum in dem Bereich permanent Inzucht betrieben werden muss, indem man sich lediglich der eigenen Institute und Tochtergesellschaften innerhalb des Verbundes bedient. Wir halten eine Kooperation zumindest im Bereich der so genannten Back-Office-Geschäfte, also bei den Abwicklungskosten, vielleicht auch mit Dienstleistern der Geschäftsbanken und der Genossenschaftsbanken für möglich. Auch die haben das Kostenproblem. Auch die werden von den EDV-Kosten gedrückt. Insofern halte ich es für

sinnvoll, jenseits einer Verschmelzung von Verbünden oder von einzelnen Instituten, im Abwicklungsbereich sehr viel stärker zu kooperieren. Es muss möglich sein, diese Kosten zu senken.

Ähnliches gilt für die Personalkosten. Nach Jahren der Kritik ist bei der NORD/LB jetzt ein bisschen Vernunft eingekehrt. Wenn ich die Presse zur Bilanzkonferenz richtig lese, tritt man in diesem Bereich jetzt endlich auf die Bremse und argumentiert man nicht immer mit der Anpassung der Sterbetafel, wenn es darum geht, die ausufernden Personalkosten zu rechtfertigen.

Im Ergebnis sind wir also der Auffassung, dass das Berliner Engagement der NORD/LB beendet werden sollte. Wir halten nach wie vor natürlich knapp 11 % der Anteile. Wir betrachten das allerdings als Investment. Wir haben kein Interesse daran, die Diskussion um einen Einstieg wieder aufleben zu lassen. Wir wollen die Verbundkosten überprüfen und die EDV-Kosten senken. Die NORD/LB muss sich als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut wieder sehr viel stärker den Interessen der mittelständischen Betriebe in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt verpflichtet fühlen. In der Vergangenheit gab es hier große Probleme und Unzufriedenheit, insbesondere in den neuen Ländern. Das ist Ihnen allen bei der schwierigen Diskussion um die Neufassung der Staatsverträge, bei der Umsetzung von Monti 1, klar geworden. Sie wissen, inwieweit das in die Gesetze Eingang gefunden hat. Sachsen-Anhalt hat sich da fast quer gestellt. Das ist ein Ausdruck dafür, dass die NORD/LB ihr Kerngeschäft vernachlässigt hat, nämlich die mittelständische Wirtschaft in ihrem Regionalfeld zu unterstützen. Das wollen wir nicht. Hierin sehen wir die Zukunft der Landesbank. Dazu wollen wir sie gerne mit einem Beschluss des Landtags verpflichten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bevor wir zur Abstimmung kommen, muss ich die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen. Sie ist gegeben.

Wir haben drei Abstimmungen vorzunehmen. Zunächst stimmen wir zu Tagesordnungspunkt 20 ab. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen, Drucksache 3939, zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 3699, ablehnen möchte, den

bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Punkt 21. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen, Drucksache 3983, zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen! - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses angenommen.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu Punkt 22. Es wird beantragt, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 3969, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen! - Die Gegenprobe! - Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 23: Einzige (abschließende) Beratung: Veräußerung von Vermögen des Wirtschaftsförderfonds (WFF) zum Zwecke der Einzahlung als Stammkapital einer zu gründenden Investitions- und Förderbank Niedersachsen GmbH; Artikel 63 der Niedersächsischen Verfassung i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2 LHO - Antrag der Landesregierung - Drs. 14/3840 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 14/3942

Der Antrag der Landesregierung in der Drucksache 3840 wurde am 7. November 2002 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass über diesen Punkt ohne Besprechung abgestimmt wird.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Nein!)

- Ich höre jetzt aber, dass der Kollege Golibrzuch dazu sprechen möchte. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden diese Beschlussempfehlung ablehnen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich meine, es ist dann gute Praxis - gleichgültig, wie der Ältestenrat befindet -, dass man diese Ablehnung wenigstens kurz begründet.

Sie wissen, dass 1991 das Land Niedersachsen durch das Fondsgesetz sein Sondervermögen aus der Landestreuhandstelle Wirtschaftsförderung, aus der Landestreuhandstelle Wohnungsbauförderung und aus der Landestreuhandstelle Agrarförderung in das haftende Eigenkapital der Norddeutschen Landesbank überführt hat. Es ging seinerzeit um eine Größenordnung in Höhe von rund 2,1 Milliarden DM, 2,2 Milliarden DM. Man hat sich damals gesetzlich im Landtag selbst gebunden und vertraglich gegenüber der NORD/LB verpflichtet, aufgrund der Bewertungsmaßstäbe, denen ein solches Kreditinstitut ausgesetzt ist, mindestens immer 1,5 Milliarden DM - umgerechnet rund 750 Millionen Euro, 760 Millionen Euro - in diesem Fonds vorzuhalten.

Seit 1994 - seit der Alleinregierung der SPD - hat man dieses Fondsvermögen aufgrund der Haushaltsprobleme des Landes Schritt für Schritt um mehrere hundert Millionen Euro abgeschmolzen. Man ist jetzt aktuell in einer Situation, in der man an dieser Obergrenze herumschrammt, die man sich verpflichtet hat, jederzeit vorzuhalten. Das ist für die NORD/LB natürlich von entscheidender Bedeutung, da man ja die eigene Geschäftstätigkeit mit einer entsprechenden Eigenkapitalquote unterlegen muss; ansonsten gibt es Probleme mit dem Bundesaufsichtsamt, der Finanzaufsicht.

Diese 1,5 Milliarden DM bzw. 750 Millionen Euro, 760 Millionen Euro werden in den nächsten Jahren absehbar unterschritten, weil bei der Aufstellung der geplanten Investitionsbank, über die wir uns im Januar-Plenum noch einmal im Detail werden streiten müssen, die Stammkapitaleinlage des Landes in Höhe von 50 Millionen Euro aus diesem Sondervermögen herausgenommen wird. Es werden Darlehensforderungen kapitalisiert, indem man diese an die NORD/LB veräußert. - Die werden sich bedanken, aber machen das natürlich aus Loyalität dem Land gegenüber. - Da dieses Geld dann aber im Sondervermögen, im haftenden Eigenkapital der NORD/LB fehlt, ist heute bereits klar, dass in den nächsten Jahren ein

direkter Nachschussbedarf aus dem Landeshaushalt für das Eigenkapital der NORD/LB entstehen wird - 2004 beginnend mit einem einstelligen Millionen-Euro-Betrag und 2005 bereits mit einem relativ hohen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag usw. Der Landesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass dies ein unverhältnismäßig teures Modell ist. Es wird noch sehr viel teurer, wenn Sie sich den Rest der Konstruktion der Investitionsbank anschauen.

Durch den Effekt, eine eigene Bank zu gründen, wird diese Bank Mittel am Kreditmarkt bis zum 12,5-Fachen des Eigenkapitals von 100 Millionen Euro aufnehmen können und der Wirtschaftsförderung zur Verfügung stellen. Das heißt, die Wirtschaftsfördermittel, die das Land auskehrt, werden um ein Vielfaches erhöht. Damit steigt natürlich nicht nur das Haftungsrisiko für das Land, sondern damit steigen natürlich auch die Zinssubventionen, die aus dem Landeshaushalt zu zahlen sind.

(Dr. Schultze [SPD]: Ja, das wollen wir doch!)

Im Übrigen haben wir zusätzlich auch die Verwaltungsaufwendungen, die Entgelte, die aus dem Landeshaushalt an die neue Investitionsbank zu zahlen sein werden.

In der Summe ist das eine derart gigantische Mehrbelastung für den Landeshaushalt - noch dazu mit einem nicht bezifferbaren Haftungsrisiko -, dass wir dieses Modell insgesamt ablehnen. Wir wollen zwar die Konzentration der Wirtschaftsförderprogramme, aber wir wollen sie kostengünstigerweise bei der Landestreuhandstelle der NORD/LB ansiedeln. Das ist ein absolut EUkonformes und absolut rechtmäßiges Modell, wie uns mittlerweile viele Juristen auch bei einer dreitägigen Tagung in Loccum bestätigt haben.

Abschließend will ich Folgendes festhalten: Wir wollen dieses Modell der Investitionsbank nicht. Folgerichtig lehnen wir heute diesen ersten Schritt dahin, nämlich die Kapitalisierung von Forderungen, die Einbringung des Landesanteils am Stammkapital dieser Investitionsbank, ab und werden dieser Beschlussempfehlung des Ausschusses unsere Zustimmung verweigern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt möchte noch der Kollege Wegner sprechen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, diese Äußerung der Grünen bedarf der Erwiderung. Wir sind uns wohl alle einig darüber, dass wir die Wirtschaftsförderung in unserem Lande verbessern wollen. Sie soll konzentriert werden, sie soll schneller und transparenter werden. Das steht im Vordergrund bei der Frage, wie dies organisiert werden soll. Der Vorschlag der Landesregierung, eine gesonderte Bank zu gründen, wird von uns voll unterstützt.

(Beifall bei der SPD)

Dafür ist auch die Einbringung von Eigenkapital erforderlich. Aus dem Wirtschaftsförderfonds werden Forderungen veräußert. Diese sollen in das Kapital dieser neuen Bank eingebracht werden. Wir halten auch diesen Weg für richtig, weil die Mittel hier sinnvoller angelegt und auch sinnvoller verwendet werden können. Herr Golibrzuch, es ist gerade Sinn und Zweck der Gründung der Bank, dass wir, wenn wir dieses Eigenkapital dort einbringen, auch noch ein höheres Fördervolumen zur Verfügung haben, um den Firmen in unserem Land zu helfen, und zwar heute. Deshalb sollte man jetzt nicht Bedenken aufzeigen, was Dinge angeht, die überhaupt erst ab dem Jahre 2006 eintreten könnten. Wir werden darauf dann reagieren, wenn es erforderlich ist. Aber heute halten wir dies für den richtigen Weg, weil wir heute etwas für die Wirtschaft hier im Lande Niedersachsen tun wollen.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Dinkla.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der einen Seite sind wir erfreut darüber, dass die Forderung der CDU-Fraktion, die sie seit fünf oder sechs Jahren erhebt, in diesem Bereich endlich aktiv zu werden, nun umgesetzt wird.

(Frau Goede [SPD]: Dafür sind Sie jetzt dagegen! Ganz schlüssig!)

Herr Kollege Golibrzuch, sicherlich kann man über das eine oder andere streiten. Es gibt nach wie vor Dinge, die strittig sind. Dies haben wir vorhin im Wirtschaftsausschuss thematisiert und auch prob