Protokoll der Sitzung vom 22.01.2003

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Weil ihr nicht wolltet!)

Wir haben uns in Niedersachsen in weiten Bereichen der Politik den Luxus der Langsamkeit geleistet. Das ist nicht in Ordnung. Daran krankt das Land auch noch jetzt.

(Beifall bei der CDU)

In gewisser Weise betreiben Sie eine Art Fassadenpolitik. Seit 13 Jahren tünchen Sie immer wieder nur vorne die Fassade und harken Sie den Vorgarten. Wenn man aber hinter die Fassade guckt, dann findet man nur alte Strukturen, wenig Veränderungen und wenig Innovation für dieses Land.

(Beifall bei der CDU)

So kann man wohl Wettbewerbe wie etwa „Unser Dorf soll schöner werden“ gewinnen, man kann auf diese Weise aber nicht das Land voranbringen.

(Beifall bei der CDU)

Nun zum Abbau der Bürokratie im Lande. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang immer an eine Aussage des früheren Ministerpräsidenten Glogowski: 6 000 Vorschriften und Erlasse sollen in Niedersachsen abgeschafft werden. - Ich darf einmal um die Erfolgsbilanz bitten. Wer kann heute sagen, dass diese 6 000 Vorschriften tatsächlich abgebaut worden sind? Alle im Lande wissen, wo es im Lande hapert und was gemacht werden muss. Hierzu hat die CDU konkrete Vorschläge unterbreitet: ob es die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ist, die Vereinfachung des Steuerrechtes, die Stärkung der Finanzkraft der Kommunen, die Zurückdrängung der Schwarzarbeit, der Abbau der Bürokratie - ich habe es bereits erwähnt

- und die Entlastung des Mittelstandes, was aus meiner Sicht ein sehr wichtiger Punkt ist.

Ein Satz muss noch gesagt werden: Die Steuererhöhungsorgie muss ein Ende haben.

(Beifall bei der CDU)

Die Diskussion, die Herr Müntefering nach dem Motto „den Konsum zurückfahren und die Einnahmen des Staates erhöhen“ entfacht hat, muss im Lande ein Ende haben. Welch fundamentale Fehleinschätzung für eine erfolgreiche Politik in diesem Land!

Ich möchte jetzt auf eine Äußerung des Herrn Finanzministers eingehen, meine Damen und Herren. Der Finanzminister ist in Achim gewesen und hat auf die Frage, wie man die Zukunft der Kommunen in Niedersachsen auch in der Partnerschaft mit dem Mittelstand und dem Handwerk positiv gestalten könne, geantwortet: Irgendwo muss das Jammern doch einmal ein Ende haben. Die Kommunen sollen erst einmal ihre eigenen Einnahmen ausschöpfen. Und als konkrete Beispiele hat er die Erhöhung der Kindergartengebühren und die Erhöhung der Gebühren für Sporthallennutzung genannt. Wenn das das einzige Rezept ist, um die Kommunen in Niedersachsen voranzubringen, dann ist und bleibt das ein Trauerspiel, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Für einen Minister im Kabinett Wulff würde sich bei einer solchen Aussage ein Menschheitstraum verwirklichen: Er würde nämlich fliegen!

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Ein Menschheitstraum verwirklicht!)

Ich komme zu negativen Beispielen, die von der Landesregierung - ich meine, zynisch und ungerecht - in den Raum gestellt werden. Der Ministerpräsident war in Aurich bei einem Unternehmen zu Besuch, das in Insolvenz gegangen ist. Dabei sah er sich veranlasst, Folgendes zu sagen: Noch kein Unternehmen sei daran Pleite gegangen, dass es einen Betriebsrat besessen habe. Immer hätten die Unternehmer die Firma an die Wand gefahren.

(Zustimmung von Plaue [SPD])

Er wisse sehr wohl, dass nicht die Unternehmer, sondern die Arbeitnehmer die Zeche zahlen würden, wenn es darum gehe, Geld in die Sanierung zu stecken.

(Beifall bei der SPD - Adam [SPD]: Auch richtig!)

Diese und die weiteren Ausführungen sind nach meiner Überzeugung Entgleisungen ersten Ranges. Dafür sollte sich der Ministerpräsident bei zehntausenden von Unternehmen in Niedersachsen entschuldigen.

(Lachen bei der SPD - Plaue [SPD]: Stimmt die Aussage, oder stimmt sie nicht? - Weitere Zurufe von der SPD)

- Herr Plaue, ich weiß gar nicht, weshalb Sie so lachen. Wissen Sie, weshalb ich jetzt lache? - Ich sage es Ihnen jetzt: Ihr örtlicher Abgeordneter von der SPD hat sich in Aurich von der Aussage des Ministerpräsidenten distanziert.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Hören Sie doch auf!)

- Herr Plaue, wissen Sie, wie die Situation ist?

Herr Kollege Dinkla, die fünf Minuten Redezeit sind um.

Ich komme jetzt zum Ende. - Ich weiß, Herr Plaue, dass viele Unternehmen mit einem Schuss von Sarkasmus überlegen, ob sie einen Überlebenstrainingskurs bei Rüdiger Nehberg belegen sollen, damit sie diese rot-grüne Politik überhaupt noch ertragen können.

Am 2. Februar wird nicht der niedersächsische Oscar für die beste schauspielerische Leistung verliehen. Es wird darum gehen, welche Partei und welche Person kompetente Lösungen für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen anbieten können. Meine Damen und Herren, das wird die CDU sein. Wir können dessen ganz sicher sein: Niedersachsen braucht den Wechsel, und es wird ihn auch bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat sich Frau Kollegin Steiner gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn ich Herrn Dinkla herzlich zum Geburtstag gratuliere, zu seinem Redebeitrag kann ich das nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben die Aktuelle Stunde mit einem bundespolitischen Thema betitelt. So wie Sie bundespolitisch gefahren sind, sind sie auch hier gefahren - das wird sowohl durch Ihren Redebeitrag als auch durch die Vorstellung Ihres Wirtschaftsprogramms belegt: Sie gehen auf Allgemeinplätze. Sie erklären wieder, dass Sie den Mittelstand fördern würden und dass Rot-Grün im Bund die Wirtschaft ruiniert und den Mittelstand geschädigt hätte. Sie sagen, dass das Gleiche auch für Niedersachsen drohen würde.

(Möllring [CDU]: Das droht nicht in Niedersachsen! Das ist Fakt!)

Sie malen hier Bilder an die Wand, die keinen Realitätsbezug haben. Das ist das Wunderbare an Ihren Vorschlägen und Kritikpunkten: Sie ergehen sich in Sprechblasen, der Realitätsbezug lässt aber stark zu wünschen übrig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt komme ich zur Bundespolitik: Hier wird immer über den Steuer- und Abgabenstaat und die Steuerschraube geklagt, und es wird gesagt, es wird alles abgewürgt. Aber dann müssen Sie feststellen, dass die Bundesrepublik mit 21,7 % eine der niedrigsten Steuerquoten in Europa hat. Das sollten Sie sich ins Stammbuch schreiben lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das Problem liegt nämlich bei den Abgaben und nicht bei den Steuern.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

So wie wir auf Bundesebene vorgegangen sind, werden wir auch auf Landesebene verfahren. Der Mittelstand ist steuerlich entlastet worden und wird weiter entlastet werden. Die nächste Steuersenkung wird 2004 und 2005 wirksam werden. Die von Ihnen genannte Mittelstandsoffensive ist auf Bundesebene bereits von uns eingeleitet worden. Sie haben nur vage Mittelstandsstärkungsprogramme

angekündigt, aber nicht konkretisiert. Genau diese Stärkung des Mittelstandes werden wir auch in Niedersachsen konkret umsetzen. Wir haben die Landesregierung in puncto Wirtschaftspolitik nicht geschont. Aber Sie müssen irgendwann auf den Boden der politischen Vernunft zurückkommen und feststellen, dass man nicht nur alles schlechtreden und die negative Seite hervorkehren kann, um seine Kritik besser ansetzen zu können. Denn das tut dem Wirtschaftsklima und dem Standort Niedersachsen nicht gut.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir kritisieren manches, und wir würden die SPD-Regierung darauf hinweisen, dass das Mittelstandskonzept einmal ein sinnvolles Konzept war, das in letzter Zeit aber kaum noch umgesetzt worden ist.

(Möllring [CDU]: Gar nicht!)

Viele Ansatzpunkte - z. B. bezüglich des Beteiligungskapitals oder einer stärkeren Förderung des Handwerks - könnten mit unserer Hilfe in einer rot-grünen Regierung besser angegangen werden. Aber das, was Sie in Ihrem Masterplan Niedersachsen und Wirtschaftsprogramm vorgestellt haben, ist nebulös.

(Möllring [CDU]: Sagen Sie doch einmal, was Sie wollen!)

Sie kündigen Wachstumsstrategie und Entbürokratisierung an. Wir haben die Entbürokratisierung auf Bundesebene bereits eingeleitet. Genau das werden wir auch für Niedersachsen tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Highlight der letzten Woche waren die Kombilohnpläne von Herrn Wulff. Er hat gesagt: Wir entlasten die Arbeitgeber bei Einkommen bis 1 500 Euro erheblich, indem das Land die Sozialabgaben übernimmt, und das wird dann nur 2 Millionen Euro kosten. Wer aber einmal nachrechnet und sich die Beschäftigtenzahlen ansieht, weiß, dass das bei 4 500 Euro auf 1 Million Stellen 4,5 Milliarden Euro ausmachen wird. Dazu kann ich nur sagen: Wer so rechnet, dem kann ich nicht zutrauen, dass er in anderen Punkten der Wirtschaftspolitik seriös vorgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)