Protokoll der Sitzung vom 23.01.2003

(Schünemann [CDU]: Was habe ich denn versprochen?)

und meinen, Sie könnten sozusagen ohne Rücksicht auf Verluste aus dem Landeshaushalt die Millionen herausschneiden und den Bund auffordern, er möge das tun, was Sie fordern. Sie werden begreifen müssen, Herr Schünemann, dass die Auseinandersetzung um die Gemeindefinanzreform viel weiter reicht, als Sie das mit Ihrer schlichten Oppositionsrhetorik versuchen hier darzustellen.

(Schünemann [CDU]: Was habe ich denn hier versprochen, Herr Finanz- minister?)

Wäre das anders, Herr Schünemann, hätten Sie die 16 Jahre unter Kohl nicht verstreichen lassen

(Widerspruch bei der CDU)

und die notwendige Gemeindefinanzreform vorangetrieben.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt sitzen Ihre Leute in einer Kommission, die von der von SPD und Grünen geführten Bundesregierung eingerichtet worden ist. Sie sitzen gleichberechtigt mit den kommunalen Spitzenverbänden am Tisch - was es vorher nie gegeben hat

(Schünemann [CDU]: Sie müssen erst mal tagen!)

und sind in der Lage, dort mit der Wirtschaft, den Gewerkschaften und den Ländervertretern eine Konzeption zu entwickeln.

(Schünemann [CDU]: Sie müssen doch mal tagen!)

Was Sie konsequent nicht zur Kenntnis nehmen, weil das Ihr Weltbild zerstören würde, ist, dass diese Kommission zwei wesentliche Schwerpunkte gesetzt hat. Der eine betrifft die zentrale Frage auf der Einnahmeseite: Wie geht es weiter mit den rund 50 Milliarden DM - 25 Milliarden Euro Gewerbesteuer? - Da verweigern Sie die Aussage, weil Sie nicht wissen, ob Sie das eine Modell oder das andere unterstützen sollen, aus Angst darüber,

dass Sie sich mit der einen Gruppe oder mit der anderen anlegen könnten.

(Schünemann [CDU]: Im SPD-Antrag steht auch nichts darüber!)

- Wir haben uns geäußert.

(Schünemann [CDU]: Im SPD-Antrag nicht! Wo denn?)

Ich sitze ja für die Landesregierung und auch im Sinne der SPD dort. Ich habe mich auch mehrfach öffentlich dahin gehend geäußert, dass völlig klar ist, dass wir die Fortschreibung der Gewerbesteuer mit verbreiterter Basis haben wollen. Sie haben gekniffen, weil Sie Angst vor der einen oder der anderen Gruppe haben. Deshalb haben Sie gar keine Meinung.

(Zustimmung bei der SPD - Schüne- mann [CDU]: Das stimmt nicht!)

Das Zweite betrifft die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe. Da geht es darum - das wissen Sie genau -, die Hartz-Konzeption, die Sie ja im Grunde auch abgelehnt haben, in einen Diskussionsprozess, der läuft, mit einzubeziehen.

(Möllring [CDU]: Hat Aller denn ei- nen Listenplatz?)

In der Frage der Konnexität, mein lieber Kollege Schünemann, sind wir uns, wenn es um das Wort geht, immer einig. Wenn es aber darum geht, konkret etwas darunter zu packen, sind Ihre Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Bundesländern längst nicht so forsch wie Sie hier. Sie werden begreifen müssen, dass man bisweilen über den Tellerrand gucken muss, wenn man Mehrheiten organisieren will.

Die Kommission ist nicht alles; das sage ich ganz ausdrücklich. Nur, wir in Niedersachsen haben eines der flexibelsten kommunalen Finanzausgleichsgesetze, das auf die Schwankungen auf der Einnahmeseite und auf die Schwankungen bei der Finanzausstattung der Kommunen reagiert.

(Schünemann [CDU]: Immer nach unten!)

Dieses Gesetz haben Sie beklagt, weil es angeblich nicht genug für die Kommunen bereitstellt und ungerecht ist.

(Schünemann [CDU]: Das ist ja Fakt!)

Die Backpfeife, die Sie vom Staatsgerichtshof bekommen haben, ist immer noch auf Ihrer Wange zu sehen.

(Beifall bei der SPD)

Trotzdem laufen Sie im Wahlkampf immer noch mit dem Versprechen umher, 500 Millionen pro Jahr für die Kommunen in diesem Land zur Verfügung zu stellen. Sie haben aber nicht einmal 100 Millionen in Ihrem 100-Tage-Programm bereitgestellt, um die Sofortprogramme, die Sie ständig ankündigen, auch nur andeutungsweise zu finanzieren.

(Busemann [CDU]: In zehn Tagen kommt der Schlussstrich!)

Zieht man einen Schlussstrich unter die Situation, dann gibt es nur festzustellen: Wir treten für die zügige Umsetzung der Pläne der Gemeindefinanzreform ein: Vorlage Mitte 2003, gesetzliche Umsetzung 2004. Wir wollen die Verstetigung und Sicherung der Einnahmen der Kommunen, insbesondere über die Gewerbesteuer. Ihre Leute polemisieren ganz aktuell gegen den Versuch, eine Mindestgewerbesteuer durchzusetzen. Das macht deutlich: Sie sind eigentlich dafür, dass es solche Steueroasen wie in Schleswig-Holstein auch in Zukunft gibt, zu denen sich die Unternehmen hin bewegen, um die Verwerfungen bei der Gewerbesteuer in diesem Lande zu nutzen und die Gewerbesteuer letztendlich nicht zu zahlen.

Wir sind gegen Verschiebebahnhöfe bei der Arbeitslosenunterstützung und bei der Sozialhilfe. Das habe ich gesagt. Wir sind unter Beteiligung und Nutzung der von Hartz auf den Weg gebrachten Instrumente auf einem konstruktiven Weg. Nimmt man das als Kernaussagen der Kommission, dann sind wir auf einem Weg, den kluge Leute aus der CDU mitgehen werden. Ob die CDU in Niedersachsen überhaupt eine Position hat, ist mir bis jetzt nicht klar geworden. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Ihnen ist vieles nicht klar ge- worden!)

Herr Minister, ich möchte nur darauf hinweisen, dass man „Backpfeifen“ nur auf der Wange, aber nicht auf der Backe sehen kann.

(Schünemann [CDU]: Das stimmt auch nur bedingt, Herr Präsident! - Althusmann [CDU]: Es kommt wirk- lich darauf an!)

- Okay. Dennoch hat Herr Möhrmann jetzt das Wort.

(Wernstedt [SPD]: Backpfeife kommt von „Backe“! Woher denn sonst?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es würde Spaß machen, dieses Thema noch zu vertiefen. Aber dazu ist die Lage der kommunalen Finanzen wirklich zu ernst.

Herr Schünemann, ich finde es gut, wenn hier Menschen reden, die selbst noch kommunale Verantwortung tragen. Wenn Sie aber unterstellen, wir hätten uns in dem Antrag nicht zu der Frage der Zukunft der Gemeindefinanzen geäußert,

(Schünemann [CDU]: Das ist so!)

dann darf ich Sie darauf hinweisen, dass der vorletzte Spiegelstrich genau das beinhaltet, was der Minister gesagt hat. Es reicht nicht, etwas zu behaupten; Sie müssen es auch belegen können.

(Schünemann [CDU]: Ich habe ge- sagt: nur Gemeindefinanzreform!)

Mir ist ein zweiter Punkt aufgefallen, Herr Schünemann. Da geht es um die Gemeindefinanzreform, um die Erweiterung der Gewerbesteuergrundlage. Das ist genau das, was er gesagt hat. Von daher sind wir an diesem Punkt schon in bisschen auseinander, Herr Schünemann. So geht das nicht. Hier fällt erneut auf, dass der Zug, in dem Sie sitzen - auch wenn er nach den Umfragen anscheinend erfolgreich ist -, immer noch die Gardinen verschlossen hat. Das hat der Ministerpräsident gestern richtig gesagt.

Ich vermisse völlig das, was wir seit Monaten und Jahren im Plenum gehört haben. Wo enthält denn das Sofortprogramm Ihren Antrag, die Bedarfszuweisungen zu erhöhen? Darin steht kein Wort davon.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie haben uns vorgeworfen, wir hätten den kommunalen Finanzausgleich damals um 500 Millionen DM geleichtert.

(Althusmann [CDU]: Geplündert!)

Sie haben gesagt, das würden Sie wieder einsetzen. Wo enthält denn das Programm oder Ihr Sofortprogramm ein Wort darüber? Kein Wort davon! Nur leere Sprüche!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es geht lustig so weiter. Sie haben angekündigt, die Gewerbesteuerumlage von 30 auf 20 % senken zu wollen.

(Zuruf von der CDU: Ja, so ist das!)

Als ich in das Programm gesehen habe, fiel mir etwas auf. Darin steht: