Protokoll der Sitzung vom 23.01.2003

Im Übrigen gehört natürlich auch dazu, dass die Kommunen ihre eigenen Forderungen nach Aufgabenabbau ernst nehmen. Ich denke dabei an die Diskussion „Hartz-Konzept contra kommunale Beschäftigungspolitik“. Wenn es gute Alternativen gibt, muss man sich auch von Aufgaben trennen können.

Ein letzter Satz zu den CDU-Forderungen - zu den fehlenden Gegenfinanzierungen möchte ich an dieser Stelle gar nichts mehr sagen -:

(Schünemann [CDU]: Was haben wir denn beantragt?)

Ihr Anspruch, mit den Finanzproblemen besser fertig zu werden, kann zum Teil auch daran gemessen werden, was sich in den CDU-regierten Gemeinden und Landkreisen in Niedersachsen abspielt. Von „besser“ ist da meilenweit nichts zu sehen.

(Schünemann [CDU]: Das ist nun wirklich nicht wahr! - Busemann [CDU]: Wo leben Sie eigentlich?)

Schlimmer ist aber noch, Herr Schünemann, dass Ihre Sorge um die Kommunen so lange nicht glaubwürdig ist, wie Sie alle Berliner Maßnahmen, die Entlastungen für die Kommunen bringen würden, blockieren und ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Schüne- mann [CDU]: Welche denn?)

Das gilt insbesondere für das Kürzungspaket bei den Steuersubventionen. Das wissen Sie sehr genau.

Mein Fazit: Zu echten Reformen sind große Volksparteien allein nicht in der Lage. Das ist zurzeit nur mit grünem Antrieb möglich.

(Beifall bei den GRÜNEN - Lachen bei der SPD und bei der CDU - Plaue [SPD] - zur CDU -: Jetzt lachen wir mal gemeinsam!)

Vielen Dank. - Der Kollege Schünemann hat jetzt das Wort

(McAllister [CDU] spricht mit Schü- nemann [CDU] - Zuruf von der SPD: Der will nicht!)

- und sollte sich von seinem Generalsekretär nicht so sehr beeindrucken lassen.

(Zuruf von der SPD: Das verstehe ich, Herr Präsident!)

- Jedenfalls in diesem Zusammenhang nicht. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Lagebeschreibung sind wir uns in diesem Hause, glaube ich, einig: Die finanzielle Situation der Kommunen ist wirklich katastrophal. Die kommunale Selbstverwaltung in Niedersach

sen ist gefährdet. Worüber wir uns allerdings nicht einig sind, ist die Frage, wie wir aus dieser Krise wieder herauskommen. In Bezug auf den Änderungsantrag, den die SPD-Fraktion vorgelegt hat, kann ich Herrn Klein nur zustimmen und sagen: Das bewirkt gar nichts. Denn man sagt nur: In Berlin kann man etwas machen; hier im Landtag kann man gar nichts machen. - Meine Damen und Herren, wir haben die Verantwortung für die Kommunen, und die sollten wir auch wahrnehmen.

(Beifall bei der CDU)

Das einzig Substanzielle, das in diesem Antrag steht, besteht darin, dass man auf die Kommission zur Gemeindefinanzreform unter dem Vorsitz von Finanzminister Eichel in Berlin verweist. 1998 sollte diese Kommission schon einberufen werden. Einberufen wurde sie schließlich im Mai 2002.

(Plaue [SPD]: Immerhin!)

Ich frage Sie: Wie oft hat diese Kommission denn getagt, Herr Plaue?

(Plaue [SPD]: Wann haben Sie denn eine Kommission einberufen? Was haben Sie denn gemacht?)

Das war zweimal; das letzte Mal im Oktober 2002.

(Plaue [SPD]: 16 Jahre gepennt!)

Der dritte Termin ist überhaupt noch nicht vereinbart worden. Bis zum heutigen Tage ist noch nicht einmal der Arbeitsauftrag verabschiedet worden. Das Konnexitätsprinzip soll nämlich überhaupt nicht behandelt werden. Und so etwas fordern Sie hier in diesem Antrag! - Darauf hat man sich in der Kommission gar nicht geeinigt. Ebenso sind ein Aufgabenabbau und eine Aufgabenkritik überhaupt nicht vereinbart worden. Meine Damen und Herren, diese Kommission zur Gemeindefinanzreform hat noch gar nicht angefangen zu arbeiten. Und dann wollen Sie deren Arbeit loben? - Sie sollten sich von Ihrem Finanzminister besser berichten lassen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich ist es richtig, dass wir die Landkreise und die Kommunen gerade von der Sozialhilfe entlasten müssen. Aber wenn das so ist, dann müssen wir die Schritte dahin gemeinsam beschließen. In Bezug auf diese Gemeindefinanzreform ist noch überhaupt nichts auf den Weg gebracht worden. Gerade in Niedersachsen stellt sich die finanzielle

Situation der Kommunen so dar, dass es eigentlich fünf nach zwölf ist. Es ist überhaupt noch nichts geregelt. Ich kann mich noch daran erinnern, als hier der Innenminister einen Vorstoß unternommen und gesagt hat: Wir müssen jetzt tatsächlich ein Leistungsgesetz machen, um die Kommunen von der Sozialhilfe zu entlasten. - Bis zum heutigen Tage ist daraus - ich denke etwa an eine Bundesratsinitiative - gar nichts geworden. Nichts hat er gemacht!

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen sehen: Was können wir denn tatsächlich auf Landesebene tun? - Das, worunter die Kommunen wirklich leiden, ist, dass wir hier - das ist auch in anderen Parlamenten so - immer über Leistungsgesetze reden, sie auch verabschieden, aber die Finanzierung nicht hundertprozentig regeln und die Kommunen immer weiter belasten. Damit können wir Schluss machen, meine Damen und Herren, indem wir hier im Landtag das Konsultationsprinzip beschließen, wie es das in Österreich gibt.

(McAllister [CDU]: Richtig!)

Die kommunalen Spitzenverbände müssen ein Vetorecht haben. Wenn man sich nicht über die Bezahlung einigt, dürfen diese Leistungen nicht kommen. Wir werden, wenn wir die Verantwortung bekommen, so etwas sofort beschließen.

(Beifall bei der CDU)

Die finanzielle Situation des Landes ist nach 13 Jahren rot-grüner bzw. roter Regierung ebenfalls dramatisch. Wir haben 42 Milliarden Euro Schulden bei einem Haushalt von 21 Milliarden Euro. Deshalb werden wir eine Zeit brauchen - das ist überhaupt keine Frage -, um die Finanzen einigermaßen in die richtige Richtung zu bringen. Aber es kann doch nicht sein, dass die Einnahmen der Kommunen heute insgesamt auf der Höhe des Jahres 1990 sind, dass aber die Ausgaben um 40 % gestiegen sind. Wenn das so bleibt, meine Damen und Herren, dann werden wir die Kommunen finanziell nie in vernünftige Bahnen lenken können.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt einige Kommunen, die wirklich nicht mehr wissen, wie sie überhaupt die Pflichtaufgaben erfüllen sollen. Denn auch dafür haben Sie die Finanzierung nicht sichergestellt. Auch aus diesem Grunde müssen wir ein langfristiges Entschul

dungsprogramm auflegen. Es geht nicht anders. Wir müssen bei den Bedarfszuweisungen etwas drauflegen; denn sonst haben die Kommunalpolitiker vor Ort überhaupt keine Möglichkeit, die kommunale Selbstverwaltung umzusetzen. Das ist das Schlimmste: Wenn die kommunale Selbstverwaltung in unserem Lande nicht mehr umgesetzt werden kann, dann gefährdet das im Prinzip die Demokratie, weil auf der kommunalen Ebene der Bürger konkret mitarbeiten kann.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen ebenfalls dazu kommen, dass wir uns zurücknehmen. Wir müssen Sicherstellungsaufträge erlassen, und wir dürfen keine kostenträchtigen Gesetze mehr verabschieden.

(Zustimmung bei der CDU)

Das sind alles Punkte, die wir sehr schnell erledigen können. Sie hatten 13 Jahre Zeit dazu.

(McAllister [CDU]: Richtig!)

Sie haben gezeigt, dass Ihnen die Kommunen wirklich nicht am Herzen liegen. Kommunalpolitik ist für uns Herzensangelegenheit.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Deshalb werden wir die kommunale Selbstverwaltung auf jeden Fall retten.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Herr Minister Aller, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn das Wort „Herzensangelegenheit“ von Herrn Schünemann von der Opposition so beklatscht wird, dann kann ich sicherlich davon ausgehen, dass Sie in Ihrem 100-Tage-Programm, das Sie ja gerade veröffentlicht haben, die massive Erhöhung der Bedarfszuweisungen ausfinanziert haben und dass Sie nicht nur an den Bund appellieren, dass er ein Infrastrukturprogramm mit Investitionen unterlegt, sondern dass die CDU-Phantomregierung inzwischen weiß, wie sie dieses Investitionsprogramm notfalls absichert, wenn der Bund das nicht leisten kann.

(Coenen [CDU]: Wir haben die Sache im Griff!)

Herr Schünemann, bei dem, was Sie hier tun wollen, geht um hunderte von Millionen Euro. Sie wissen das, und Sie machen hier eine Woche vor der Wahl immer noch die alten Versprechungen,

(Schünemann [CDU]: Was habe ich denn versprochen?)