Protokoll der Sitzung vom 26.01.2000

Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir uns auch mit der Rolle beschäftigen, die Herr Glogowski in diesen unterschiedlichen Aufsichtsratsfunktionen ausgeübt hat. Ich will Ihnen in diesem Zusammenhang auch sagen, wie befremdlich es auf unsere Fraktion wirkt, dass Sie dem Landtagsabgeordneten Glogowski jetzt wieder den Sitz im Aufsichtsrat der Norddeutschen Landesbank zugebilligt haben. Herr Plaue, Sie haben gerade in der vorherigen Debatte gesagt: Im Unterschied zur CDU wird in Niedersachsen aufgeklärt. - Aber der Eindruck, der an dieser Stelle entsteht, ist ein ganz anderer. Im Vorfeld der parlamentarischen Untersuchung, ja sogar im Vorfeld der Arbeit des von Ihnen so hoch geschätzten Sonderermittlers erteilen Sie Generalpardon.

(Beifall bei den GRÜNEN - Plaue [SPD]: Ich bin gar nicht in der Funk- tion, um hier Generalpardon zu ertei- len!)

Der Eindruck, der entsteht, ist Folgender: Es interessiert Sie gar nicht mehr, ob Herr Glogowski möglicherweise, was ja Teil des Untersuchungsauftrages ist, seine Aufsichtsratsfunktion bei den Stadtwerken Braunschweig dazu genutzt hat, die Rechnungslegung für die so genannte Edelsause nach unten zu korrigieren. Es entsteht der Eindruck, dass es Sie gar nicht mehr interessiert, ob es stimmt, dass es sogar Versuche aus der Staatskanzlei gegeben hat, die ordnungsgemäße Abführung überschießender Beträge aus Aufsichtsratsvergütungen an die Landeskasse zu verhindern, dass durch das Aufsichtsratsmitglied also mehr als 10.800 DM behalten werden. Wir meinen zumindest aus unserer Sicht: Solange solche Fragen nicht beantwortet sind - zum Punkt Braunschweiger Edelsause hat Herr Herbst noch nicht einmal einen Auftrag -, ist es eine notwendige Personalentscheidung, das Aufsichtsratsmandat bei der NORD/LB zumindest nicht mit Herrn Glogowski zu besetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Ich will Ihnen auch sagen, dass mich die Auswirkungen eines solchen Beschlusses, die Auswirkungen einer solchen Personalentscheidung sehr beschäftigen. Ich glaube nämlich, dass Sie mit Ihrer Entscheidung Herrn Glogowski in seiner bizarren Annahme bestärken, dass Verfehlungen unterhalb der Ebene des CDU-Parteispendenskandals einen Rücktritt von politischen Ämtern eigentlich nicht mehr zu begründen vermögen.

(Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE])

Ich möchte nun noch gern etwas zu der Verkleinerung des Ausschusses sagen. Der Kollege Busemann hat das bereits angesprochen. Der 18. Parlamentarische Untersuchungsausschuss wäre, so meine ich, wohl der erste - jedenfalls hatten wir das seit langer Zeit nicht -, bei dem einer antragstellenden Fraktion

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Arroganz der Macht!)

von der Landtagsmehrheit das Stimmrecht verweigert wird. Diese Mehrheit argumentiert, man wolle einen möglichst kleinen und deshalb effektiven Untersuchungsausschuss. Das kann man nur ernst nehmen, wenn man unterstellt, dass der eine zusätzliche Sozialdemokrat unser Arbeitstempo nennenswert verlangsamen würde.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Ich darf Ihnen sagen, dass ich angesichts des Aufklärungsinteresses, das die niedersächsische SPD in dieser Frage bisher an den Tag gelegt hat, diese Befürchtung jedenfalls nicht teile.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Was Sie betreiben, ist keine Arbeitsökonomie, sondern das ist schlichtweg das parlamentarische Muskelspiel einer halbstarken Landtagsmehrheit. Ich glaube, Sie überschätzen den Verdruss, den Sie uns damit bereiten, und Sie unterschätzen den Eindruck von Kleinmut und Unfairness, den Sie in der Öffentlichkeit damit hinterlassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU - Plaue [SPD]: Wenn Sie uns halbstarkes Verhalten vorwerfen, dann muss ich kindliches Verhalten zurückwerfen!)

Wir jedenfalls, Herr Plaue, sehen das sportlich und begreifen Ihr Vorgehen für unsere Arbeit im Untersuchungsausschuss als zusätzliche Motivation.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Der Kollege Groth hat das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Sozialdemokraten möchte ich zunächst Folgendes feststellen: In dem Untersuchungsausschuss wird es unser Anliegen sein, die erhobenen Vorwürfe und die Sachverhalte, die dazu gehören, aufzuklären, zu bewerten und dann die Entscheidungen zu treffen, die eventuell geboten sind. Sie sind, anders als wir, in der Lage - auch Ihre heutigen Beiträge haben das wieder deutlich gemacht -, Bewertungen schon vorzunehmen, bevor Sie Sachverhalte aufgeklärt haben.

(Zuruf von Oestmann [CDU])

Da haben Sie uns einiges voraus. Wir meinen, auch wenn wir die vorhergegangene Debatte mit einbeziehen, dass es gut wäre, wenn wir uns auf den Grundsatz „erst Sachaufklärung und dann Bewertung“ verständigen würden. Herr Golibrzuch, Sie sind dazu nicht in der Lage.

(Zuruf von Frau Pothmer [GRÜNE])

Sie haben das in der Antragsgemeinschaft mit der CDU-Fraktion auch durch die Art und Weise bewiesen, in der Sie beantragt haben.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Abstrafaktion!)

Sie haben unter Abschnitt I. Sachaufklärung und Bewertung durcheinander gebracht, wie dies bei keinem Antrag auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses in diesem Landtag jemals zuvor geschehen ist. Was Sie abgeliefert haben, war dringend zu korrigieren. Wir sind der Auffassung, dass wir im Untersuchungsausschuss erst untersuchen und dann bewerten, aber nicht das Spiel fortsetzen, was Sie auch heute wieder angeboten haben, nämlich vorweg zu bewerten.

Die Landesregierung und die SPD-Fraktion waren der Meinung, dass die sich in der Woche vom 20. bis 26. November häufenden Vorwürfe der Untersuchung bedürften. Wir waren der Auffassung, dass das auch mit einem Sonderermittler zu machen gewesen wäre. Wir und auch die Landesregierung wollten jemanden haben, der regierungsfern ist, der objektiv sein kann und der die Sachverhalte untersuchen, aufklären und abarbeiten kann. Wir bedauern, dass Sie nicht zunächst die Ergebnisse dieser Untersuchung abgewartet haben. Wir gehen nämlich davon aus, dass viele Ihrer Bewertungen in sich zusammenfallen werden und wir erst nach der Untersuchung durch Herrn Herbst und seinen Kollegen wissen, was vielleicht tatsächlich noch als untersuchungswerter Sachverhalt übrig bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Dazu waren Sie nicht bereit. Dazu hätten Sie unseres Erachtens aber sehr gut bereit sein können, nachdem Gerhard Glogowski nach der Kritik die politische Konsequenz gezogen hatte, auch um das Amt zu schützen, nämlich nachdem er zurückgetreten war. Unseres Erachtens hätte es ausgereicht, wenn ein Sonderermittler die erhobenen Vorwürfe sauber abgearbeitet hätte.

(Frau Pruin [CDU]: Unseres Erach- tens nicht! - Zuruf von Lindhorst [CDU])

- Herr Lindhorst, innerhalb der CDU wählen Sie - es liegen ganz andere Sachverhalte vor

(Lindhorst [CDU]: Ich habe mit den Grünen gesprochen!)

mir Herrn Herzog, Herrn Tietmeyer und Herrn Kirchhof Sonderermittler. Sie machen innerhalb der CDU genau das Verfahren auf, das die Landesregierung ausgewählt und Ihnen vorgeschlagen hatte. Sie messen mit zweierlei Maß.

(Möllring [CDU]: Nein!)

Sie müssen selbst bewerten, ob es tauglich ist, das vorhin von Herrn Wulff eingeworbene neue Vertrauen in Politik herzustellen, wenn man den politischen Freund anders als den politischen Gegner bewertet.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Herr Busemann, Sie haben heute hier ausgeführt, dass Sie sich in dem Untersuchungsauftrag wiederfinden. Ich bin erstaunt, dass Sie das so unkritisch gegenüber sich selbst sagen können, denn es ist wohl unstrittig, dass der Untersuchungsauftrag erst in die Nähe von Verfassungskonformität gebracht werden musste. Sie wissen, dass der Erstantrag in weiten Teilen nicht haltbar war. Es ist interessant, dass Sie diesen Umstand ausblenden und hier lieber über Vorwürfe und Assoziationen philosophieren.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollten vom Landtag für den Ausschuss eine Generalvollmacht haben, um die Rechte des Parlamentes auszuschließen und im Untersuchungsausschuss zu bestimmen, in welche Richtung Sie ausweiten, ergänzen und fortführen. Das war nicht zulässig. Das ist korrigiert worden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Sie haben in vielen Punkten gegen die gebotene Bestimmtheit des Untersuchungsauftrages verstoßen. Fast jeder Ihrer Untersuchungsaufträge ist korrigiert worden und hoffentlich in die Nähe der Verfassungskonformität gebracht worden. Ihre Untersuchungsaufträge stimmten in weiten Punkten nicht mit geltendem Recht überein.

Herr Golibrzuch, Sie haben ausdrücklich die alten Fragen 8 und 9 hervorgehoben. Wir hatten bisher immer den Eindruck, dass es Ihnen um Kritik am Ministerpräsidenten ging. Sie wollen nun schwerpunktmäßig seine Amtszeit als Innenminister untersuchen. Das sind acht Jahre politisches Handeln von Gerhard Glogowski, in denen Sie doch gar nicht so viel Anlass hatten, ihn zu kritisieren.

(Schröder [GRÜNE]: Ununterbro- chen!)

- Sie nehme ich da gern aus, Herr Schröder. Auf Sie komme ich gleich noch einmal gesondert zu sprechen. - Sie von der CDU haben mit diesem Innenminister in der Vergangenheit doch in vielen Sachfragen politisch übereingestimmt. Nun wollen Sie diese politische Zeit zum Zentrum der Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses machen. Das ist politisch nicht ganz logisch und verlässt möglicherweise hier und da auch die Regeln des politischen Anstandes. Wenn man in einer Phase, in der er Ministerpräsident gewesen ist, meint Grund und Anlass zu haben, Kritik zu üben, dann verletzt man meines Erachtens die Regeln des

politischen Anstandes, wenn man in die Untersuchungsarbeit acht Jahre einbezieht, in denen man mit seiner politischen Arbeit eigentlich einverstanden war.

Herr Schröder, ich möchte gerne auf Sie eingehen. Ich habe mich gewundert, dass auch Sie den Antrag unterschrieben haben. Der Antrag enthielt ja Möglichkeiten der Fahndung, die etwas mit Rasterfahndung und Schleppnetzfahndung zu tun haben.

(Schröder [GRÜNE] lacht)

Es ist, wenn man den Wortlaut der alten Ziffer I. liest, schon reizvoll, dass Sie den Antrag mit unterschrieben haben. Sie würden sich hier mit Entrüstung melden, wenn ähnliche Fahndungsaufträge gegen einen Bürger dieser Republik praktiziert würden.

(Beifall bei der SPD)

Wenn diese Fahndungsmethoden aber gegen einen kritisierten Spitzenmann der Sozialdemokraten angewendet werden sollen, unterschreiben Sie die Forderung nach Schleppnetzfahndung, Rasterfahndung, wenn es die richtigen Leute treffen soll.

(Schröder [GRÜNE]: Ich glaube, Sie wissen nicht, was Rasterfahndung ist!)

- Ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür, wenn Sie davon ausgehen würden, dass ich das wohl weiß. Ich weiß aber auch, dass Sie in Ihrer Haltung in dieser Angelegenheit nicht kontinuierlich sind.

Wir haben im Ältestenrat deutlich gemacht, dass wir nach wie vor verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Fragen 8 und 9 haben. Sie betreffen in einer Weise Zeiträume, die derzeit auch nach Auffassung der Christdemokraten so weit zurückliegen, dass niemand so lange Belege über Einnahmen aufbewahrt und vorlegen kann. Sie nehmen für sich selbst in Anspruch, Belege nur ab 1993/1994 vorlegen zu müssen. Bei Glogowski wollen Sie aber, dass er Belege ab 1990 beibringt.