Protokoll der Sitzung vom 27.01.2000

die Kraftfahrer auch im Unterelberaum bereits hinreichend bestraft worden sind.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir jetzt noch eine Anmerkung. Herr Wenzel, Sie treten hier im Landtag immer wieder mit klugen Ratschlägen zur Verkehrspolitik im Unterelberaum auf. In der letzten Landtagssitzung haben Sie einen Antrag eingebracht, in dem Sie Bremervörde mit „f“ geschrieben haben. Das zeigt Folgendes: Sie sind mit den Fragen unserer Region nicht befasst. Wir brauchen keine Ratschläge von Grünen aus Göttingen, die zudem hier noch so auftreten, als ob sie vom Hamburger Senat persönlich bestellt worden wären. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Zu diesem Tagesordnungspunkt erhält der Kollege Schwarzenholz bis zu zwei Minuten Redezeit. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die Anträge der CDU aus den letzten Wahlperioden daraufhin untersuchte, welche Autobahnen, welche Straßen gebaut werden sollten, dann frage ich mich - Frau Zachow, das geht an Ihre Adresse -: Agenda 21, Nachhaltigkeit, Klimaschutz, wie passt das alles eigentlich zusammen?

Wenn man das alles sieht, was danach zugenagelt werden soll, was danach zugepflastert und betoniert werden soll, was danach für Verkehr produziert werden soll, und wenn man dann noch sieht, welchen Anteil der Verkehr an der Klimabelastung hat, dann frage ich Sie - Sie als Partei, damals als Regierungspartei, haben die Rio-Verträge unterschrieben -: Wie wollen Sie denn lokal, regional, im Lande diese Klimaschutzziele einhalten, wenn Sie immer wieder für zusätzliche Autobahnen plädieren? Das können Sie niemandem erklären.

Nach dieser Logik, nach der Sie eben vorgegangen sind und dem Kollegen Wenzel entgegengehalten haben, er komme aus Göttingen und dürfe deshalb bei Ihnen nicht mehr mitdiskutieren, wird dadurch, dass Sie jedes Mal für ein Teilstück eine Rechtfertigung finden, ein großes Verkehrsnetz entstehen; auf der anderen Seite ist Deutschland, was die Erreichung der globalen Ziele angeht, auf diesem Wege dabei, auf europäischer Ebene einen ständigen Vertragsbruch im Umweltrecht zu begehen. Dafür tragen Sie mit dieser Sankt-Florians-PrinzipPolitik nach dem Motto „Ich brauche überall meine

Autobahn“ die Verantwortung. Sie haben keine Antwort auf die Frage, wie Sie dazu beitragen wollen, dass der Verkehr so entwickelt wird, dass die Klimaschutzziele, denen Sie sich selbst verpflichtet haben, eingehalten werden können.

Ich empfinde dies als eine Politik - das gilt insoweit natürlich auch in Richtung der SPD -, die ohne Perspektive ist, mit der weder eine vernünftige Mobilität organisiert wird noch akzeptable umweltpolitische Zielsetzungen erreicht werden. Insoweit ist das bei der SPD nicht anders, wenn Sie vielleicht auch nicht ganz so laut schreien und nicht jede dieser Autobahnen fordern. Aber auch Sie bleiben mit Ihren Ausführungen, die Sie eben gemacht haben, die Antwort auf die Frage schuldig, wie Sie es erreichen wollen, dass der Schadstoffausstoß im Verkehrsbereich in Niedersachsen bis zum Jahre 2005 um 25 % reduziert werden soll. Aber auch für Sie gilt die rechtliche Verpflichtung, die wir international eingegangen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat nun Minister Aller. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich habe hier Herrn Dr. Fischer zu vertreten, der krank geworden ist. Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung.

Ich habe mit großem Interesse die Debatte verfolgt und möchte für mich den Eindruck daraus wie folgt zusammenfassen:

Erstens. Die Wortbeiträge der CDU waren in der Tendenz für diese Verkehrsmaßnahme. Herr Wenzel hat ausdrücklich gesagt, er spreche für sich - so habe ich das jedenfalls verstanden -, und hat hier ein regionalpolitisches Verkehrskonzept vorgestellt, das mit der Thematik des überregionalen Verkehrs relativ wenig zu tun hat.

(Wenzel [GRÜNE]: Das stimmt nicht!)

Landesregierung und Mehrheitsfraktion in diesem Hause sind sich wohl darin einig, dass es darum geht, regionale Verkehre in Kenntnis der überregionalen Verkehre und deren Entwicklung auf Straße

und Schiene zu diskutieren. - Wenn wir uns verkehrspolitisch mindestens auf diesen Grundkonsens verständigen könnten, Herr Wenzel!

Gleichwohl werden wir nicht darum herumkommen, die Frage zu beantworten, wie wir über die Elbe kommen.

(Wenzel [GRÜNE]: Warum ist denn der Elbtunnel die ganze Zeit ver- stopft? Weil die ganzen Moskauer da herumfahren?)

Zweitens. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich habe im Kern keinen Dissens hinsichtlich der niedersächsischen Positionierung gesehen.

(Zuruf von McAllister [CDU])

- Ja sicher. Seitdem Sie im Bund in der Opposition sind, muss alles schneller gehen.

Ich verbinde gelegentlich Diskussionen miteinander, die innerhalb eines Tagungsabschnitts stattgefunden haben. Heute Morgen haben Sie mich eineinviertel Stunde lang befragt, wie das mit den Finanzen in Bund und Ländern aussieht. Wir haben uns darauf verständigt, dass alles ganz schrecklich ist.

(Hogrefe [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Bitte, Herr Hogrefe!

Einen Augenblick, bitte! Die Genehmigung erteile ich. - Herr Kollege Hogrefe möchte Ihnen eine Frage stellen, und Sie wollen sie offensichtlich beantworten. Dann kann der Kollege Hogrefe das auch tun. Bitte!

Herr Aller, wenn Sie es richtig verstanden hätten, dann müssten Sie zu der Folgerung gekommen sein: Die CDU will private Finanzierung, ohne öffentliche Kassen zu belasten. Das würde auch eine schnelle Realisierung der A 20 in einem absehbaren Zeitraum ermöglichen. Die CDU fordert in der Tat von der Landesregierung, dass das umgesetzt wird.

Also, ich kann die Frage darin zwar nicht erkennen, aber es war ein guter Zwischenruf.

(Heiterkeit)

Bitte sehr!

(Hogrefe [CDU]: Die Frage war, ob er es richtig verstanden hat!)

Es war auch insofern hilfreich, als dass Sie das erste Mal ohne Wenn und Aber gesagt haben, Sie wollen Straßenbau privat finanzieren.

(Hogrefe [CDU]: Ja!)

Aber nur an der einen Stelle, und dafür an der anderen nicht. Also sozusagen halbschwanger.

Nehmen wir einmal die derzeitige Planungssituation zur Kenntnis. Wir haben einen Grundkonsens, dass wir die Elbquerung wollen. Dieser Grundkonsens bestand aber schon vor zwei, vor vier und vor noch mehr Jahren. Nur, in der Zeit, als Sie hätten können, haben Sie nicht, und seitdem Sie nicht mehr können, wollen Sie richtig. Das ist der entscheidende Punkt. Darauf gebe ich Ihnen zur Antwort: Wir müssen dafür sorgen, dass folgende drei Dinge zusammen gemacht werden, Herr Hogrefe, Herr McAllister und Herr Behr.

Das Erste ist: Es gibt eine Auseinandersetzung über den Bundesverkehrswegeplan. Dessen Ausgestaltung geht auf frühere Planungen zurück. Diese Planungen, die von der alten Regierung zugestanden worden sind, sind um 80 Milliarden DM überzeichnet. Davon müssen wir ausgehen. Das heißt, die Verschärfung, welche Trasse zu welchem Zeitpunkt überhaupt finanzierbar ist, ist in der Vergangenheit angelegt, ist das Erbe, das wir jetzt abzuarbeiten haben.

(Hogrefe [CDU]: Das wissen wir al- les!)

- Ja sicher. Sie sind ja in den letzten Wochen schlau geworden, und deswegen kommen Sie auch mit solchen klugen Anträgen. - Das ist, sage ich mal, jedenfalls die Kampflinie zwischen den Ländern und zwischen den Regionen.

Herr Schurreit hat zu Recht deutlich gemacht, dass bei einer Verkehrstrasse von übernationalem Stellenwert mit Blick auf Skandinavien und Ost-West

Verkehre - Herr Wenzel hat Recht, wenn er sagt, es gibt Interessenlagen von Holland in den Osten und vieles andere mehr - die niedersächsische Positionierung in die Gesamtstruktur dieser Verkehrsregion mit einbezogen werden muss. Da haben wir gesagt: Wenn wir schneller werden wollen, dann müssen wir als norddeutsche Lobby Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen zusammenbringen, und zwar mit einem abgestimmten Konzept, das alle drei Länder tragen. Das Katastrophalste wäre es, wenn sich diese drei Länder gegenüber anderen Verkehrsregionen auseinander dividieren lassen würden.

Das Zweite ist: Wer meint, er könnte per Antrag im Landtag die Trassenfestlegung beschließen, macht einen Riesenfehler angesichts der rechtlichen Kompliziertheit, die hinter einer Diskussion um drei Varianten steht. Ich kenne das im Kleinen, Sie kennen das auch im Kleinen. Aber hier geht es um eine überregionale Magistrale, und das ist ein ganz anderes Kaliber. Deshalb bitte ich herzlich darum, dass wir die möglicherweise anstehenden Verfahren nicht mit Festlegungen auf die eine oder die andere Trasse vorbelasten. Damit würden wir uns verrennen und uns auch im Hinblick auf spätere Gerichtsverfahren taktisch falsch positionieren.

Das Dritte ist - damit komme ich auf den Kern der Sache zurück -: Wie finanzieren wir das? Da hat Herr Dr. Fischer - möglicherweise zur Überraschung der CDU - ein Verfahren eingeleitet, das in Abstimmung mit dem Bund das riesige Problem, das wir geerbt haben, vielleicht überwinden hilft, nämlich: Gibt es alternative Finanzierungskonzepte, und unter welchen Bedingungen kann man sie organisieren? Er hat in seinem Haus eine Projektgruppe eingerichtet, die alle drei Varianten überprüft, nämlich eigenfinanziert, privatfinanziert - so oder so - oder Maut. Dies ordentlich und gründlich zu untersuchen, ist vernünftig, weil wir in dieser Frage jedenfalls nicht gehetzt werden, sondern planerisch ganz andere Vorläufe haben.

Wenn Sie, Herr Hogrefe, sich eindeutig für die gesamte Fraktion und für die CDU in Niedersachsen geäußert haben, dann ist das hilfreich. Das ist ja auch eine Botschaft, die man ins Land tragen kann, dass Sie so massiv für Maut sind. Das finde ich in Ordnung, das macht es uns auch leichter, uns in der Sache zu positionieren. Herr Dr. Fischer ist da etwas vorsichtiger. Er wägt ab, an welcher Stelle und mit welchem Instrumentarium die Finanzierung sichergestellt werden kann.

Sie können noch zur Kenntnis nehmen, dass sich die Landesregierung und insbesondere der Wirtschafts- und der Finanzminister mit ihren Kollegen in Berlin natürlich der Frage widmet, wie wir angesichts der Summen, die im Raum stehen, Verkehrspolitik überhaupt noch mittel- und langfristig finanzieren können. Da will ich hinzufügen, ohne dass ich das mit meinem Kollegen besprechen konnte: Herr Wenzel, wir halten an der klaren Ansage fest, dass wir den Verkehrsmix wollen und dass das jeweilige Verkehrsangebot da, wo es sich trägt und wo es sinnvoll ist, vorrangig bedient wird. Das gilt für die Schiene, das gilt aber auch für die Straße, und das gilt für Nahverkehre auch im Sinne der Umweltgesichtspunkte, die Sie in die Diskussion eingebracht haben. Ich glaube, diese Positionierung von Minister Fischer trägt durch. Ich wäre sehr dankbar, wenn wir ein Höchstmaß an Übereinstimmung in diesem Haus erzielen könnten.

(Beifall bei der SPD und von Hogrefe [CDU])

Zwei Kollegen erbitten für ihre Fraktion jeweils zusätzliche Redezeit. Ich erteile zunächst Herrn McAllister für zwei Minuten und danach Herrn Wenzel für eineinhalb Minuten das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich danke Ihnen zunächst für Ihre Ausführungen. Zwischen CDU-Fraktion und zumindest der Landesregierung ist durchaus ein Konsens erkennbar. Bei den Ausführungen von Herrn Schurreit war ich mir zunächst nicht so sicher. Umso dankbarer bin ich Ihnen, dass Sie das hier klar auf den Punkt gebracht haben.