„Wer eine Enquete-Kommission einsetzt, der sorgt dafür, dass wir frühestens Ende des Jahres 1995 Ergebnisse vorliegen haben, die uns in die Lage versetzen werden, mit der Realisierung der Verwaltungsreform zu beginnen.“
Meine Damen und Herren, hätten wir doch wenigstens schon 1995 erste erfolgreiche Ergebnisse in der Verwaltungsreform vorgelegt bekommen und nicht erst heute mit entscheidenden Schritten begonnen.
Stattdessen wurde zunächst einmal in allen Bereichen der Landesverwaltung planlos, konzeptionslos und orientierungslos drauf los reformiert. Heute wissen wir: Hätten wir uns schon 1994 im Lande Niedersachsen ein wenig mehr Zeit genommen für eine gründliche Analyse, für eine gründliche Aufgabenkritik staatlicher Dienstleistungen - was ist notwendig oder verzichtbar im Rahmen staatlicher Vorsorge? -, hätten wir externen Sachverstand einer Enquete-Kommission genutzt und deren Ergebnisse auch zur Grundlage unseres Handelns gemacht, anstatt politischen Aktionismus zu betreiben, anstatt sich in einer Vielzahl unkoordinierter Einzelprojekte überwiegend mit sich selbst zu beschäftigen, dann müssten wir heute nicht erkennen, dass wir in Niedersachsen in Sachen Verwaltungsreform eine Menge Zeit vertan haben.
Bestes Beispiel: der im Sommer 1996 eingesetzte Sachverständigenrat „Verwaltungsreform“. Nach nicht einmal einem Jahr - im Februar 1997 - kündigte dieser Sachverständigenrat - allen voran Herr Rieger - seine weitere Mitarbeit auf. Warum wohl, müsste man sich fragen. - Weil die unangenehmen Versagen der Landesregierung deutlich geworden sind: Versagen, Verzetteln und Verzögern in der Personalpolitik, in der Finanzpolitik sowie bei einer durchgreifenden und konzeptionellen Verwaltungsreform. Das haben Ihnen 1997 Herr Rieger und auch Herr Schlebusch ins Stammbuch geschrieben. Die Wahrheit war dem damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Bundeskanzler Schröder einfach nicht angenehm. Er wollte dieses Thema vor dem Wahlkamp 1998 in Niedersachsen schlicht nicht haben. Das ist die Realität.
Herr Rieger hatte doch Recht. Die Sachverständigenkommission hatte doch Recht. Schuldendienst und Personalkosten des Landes Niedersachsen werden - wie damals angekündigt - im Jahr 2020 rund 75 % des Landeshaushalts ausmachen, weil es der Landesregierung nicht gelingt, die Nettokreditaufnahme zu senken, die Personalausgabenquote von deutlich mehr als 45 % ebenfalls zu senken
oder aber die ungelöste Frage der drastisch steigenden Versorgungsausgaben in den Griff zu bekommen.
Meine Damen und Herren, in vier Regierungserklärungen, die ich hier innerhalb von sechs Jahren erlebt habe, haben wir von Ihnen gebetsmühlenartig von der zentralen Bedeutung der Verwaltungsreform für die Zukunftsfähigkeit des Landes Niedersachsen und von den vielen Erfolgen, die Sie auf diesen Gebieten erzielt haben, gehört. Ich darf einmal den ehemaligen Ministerpräsidenten Glogowski zitieren:
Das sagte der ehemalige Ministerpräsident gegenüber der Fachzeitschrift „Markt intern“. Auf meine Nachfrage hin erklärte uns die Landesregierung aber, dass die Umsetzung dieser Maßnahme eigentlich noch überprüft werden müsse. Wir seien noch lange nicht so weit. Man wisse auch gar nicht, um welche 2.500 Vorschriften es sich handele.
Zweites Beispiel: 5.527 Stellen werde die Landesregierung bis 2003 über so genannte Zielvereinbarungen abbauen und dadurch jährlich 450 Millionen DM einsparen. 7.072 Stellen habe man bereits bis 1998 abgebaut. Auf Nachfrage hin wird dann durch das Finanzministerium jedoch einschränkend eingeräumt, dass es sich dann wohl doch nur um 123 Millionen DM jährlich handeln werde. In dieser Legislaturperiode könnten bis 2003 darüber hinaus dann wohl doch nur 1.870 Stellen monetär wirksam abgebaut werden können. Im Stellenabbau bis 1998 sind noch nicht erbrachte kwVermerke ebenso enthalten wie noch 726 Stellen aus der so genannten 58er-Regelung. Relativiert werden muss die Gesamtzahl für die Zeit bis 1998 noch einmal um die 1.380 Stellen, die Sie im Bereich Wissenschaft und Kultur entsprechend haben einsparen lassen. Dabei handelt es sich nicht um wirklichen Stellenabbau; denn da konnte man sich damals entscheiden, ob man Stellen abbaut oder entsprechend an anderer Stelle einspart. Insofern ist all das, was Sie uns hier immer wieder als Erfolge weismachen wollen, mit größter Vorsicht zu genießen.
Der Reformarbeitsmarkt tritt auf der Stelle. Die landesweite Einführung der Baan-Software ist gescheitert. An Beratungsunternehmen werden in Niedersachsen horrende Millionenaufträge für
Gutachten vergeben, die man offenbar überhaupt nicht benötigt. Die gestern diskutierte Altersteilzeit wird mindestens 3 bis 4 Millionen DM an jährlichen Folgekosten nach sich ziehen. Bis heute hat im Übrigen noch niemand in diesem Hause darüber gesprochen, dass dem Land Niedersachsen durch dieses Altersteilzeitgesetz noch einmal 16 Millionen DM an Einkommensteuereinnahmen verloren gehen. Es ist also ein schönes teures Gesetz, das wir uns da in der Umsetzung für Niedersachsen leisten. Die zukünftigen Versorgungslasten des Landes Niedersachsen durch das Altersteilszeitgesetz kann heute niemand definitiv beziffern. Eines aber wissen wir: Die Versorgungslasten des Landes Niedersachsen werden im Laufe dieser Legislaturperiode auf fast 4 Milliarden DM und die Personalausgaben des Landes Niedersachsen laut Mittelfristiger Planung auf fast 19 Milliarden DM steigen.
Meine Damen und Herren, der neue Ministerpräsident, Herr Gabriel, hat Anfang Januar erklärt - am 8. Januar war es genau -, er wolle wieder Schwung in die Verwaltungsreform hineinbringen; mit den Gewerkschaften habe er sich schon abgesprochen, und insbesondere die Mittelinstanz solle noch einmal überprüft werden. Ja, nur zu, Herr Ministerpräsident! Fangen Sie an, aber nicht nur zu prüfen, sondern auch zu handeln, aber bitte schön auf der Grundlage einer ausreichenden Datenbasis! Einige Dinge liegen natürlich schon vor, aber eine Enquete-Kommission wird Sie da unterstützen können, wenn Ihnen am Ende einmal der Mut fehlen sollte. Wenn der neue Ministerpräsident - wie seine Vorgänger auch - neuen Schwung in die Verwaltungsmodernisierung, in die Staatsmodernisierung in Niedersachsen bringen will und ihm einmal die Kraft fehlt, seine eigenen Vorschläge auch umzusetzen, sich einmal so richtig ins eigene Fleisch zu schneiden, gemäß Herrn Plaue bis auf den Knochen hinunter, dann sollte eine Enquete-Kommission ihm dabei hilfreich zur Seite gestellt werden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon Argumente genannt, die gegen die Einsetzung einer solchen EnqueteKommission sprechen, bzw. gezeigt, dass ein vorher gebrachtes Argument doch nicht so geeignet ist. Es wird Sie deshalb nicht überraschen, wenn ich feststelle, dass die SPD-Fraktion die Einsetzung einer Enquete-Kommission für unnötig hält.
Ich sage das im Bewusstsein dessen, dass wir vor gut eineinhalb Jahren selbst über ein solches Instrument nachgedacht haben, um die Bemühungen um die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung zu unterstützen; die Auswirkungen auf die parlamentarische Arbeit und auf das Budgetrecht des Parlaments sollten ebenso untersucht werden, wie Anforderungen an die Landesregierung formuliert werden sollten. Das war aber, wie gesagt, zu einem Zeitpunkt, als Regierung und Parlament am Anfang des Weges standen und vieles noch unklar und vielleicht auch unwägbar erschien. Trotzdem ist diese Anregung damals nicht aufgegriffen worden. Umso weniger ist erkennbar, warum nun, nachdem so viel Zeit vergangen ist, eine solche Kommission mit großem Aufwand eingesetzt werden sollte. Diese Frage stellt sich vor allem vor dem Hintergrund der Tatsachen, dass Ziel und Weg jetzt schon sehr viel genauer definiert sind und dass vor allem mit dem Gesetzentwurf zur Änderung der LHO die entscheidenden Vorgaben gemacht sind. Diesen Gesetzentwurf zu beraten und zum Gesetz zu machen ist nun Sache des Parlaments und nicht Aufgabe eines außerparlamentarischen Gremiums.
Neben der Frage nach dem Sinn einer EnqueteKommission ist auch die Frage nach den Auswirkungen zu stellen, die die Schaffung eines solchen Gremiums hätte. Mit Sicherheit würde bis zur - ich sage einmal - Funktionsreife des Gremiums viel Zeit vergehen. Wir alle, besonders die Mitglieder des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht, wissen, wie schwierig es bisher war, Konsens herzustellen, und wie lange wir über einzelne Dinge gestritten haben.
Die in dem Antrag angesprochenen Aufgaben zu regeln ist die selbstverständliche Pflicht zweier ständiger Ausschüsse des Landtags, des Ausschusses für Haushalt und Finanzen und des Ausschus
ses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht. Andere Ausschüsse sind ebenfalls betroffen und werden an den Entscheidungsprozessen beteiligt werden, so wie das auch in der Vergangenheit schon geschehen ist. Diese Erfahrungen waren sicherlich der Grund dafür, dass die eingangs erwähnte Überlegung, eine solche Kommission einzusetzen, damals nicht umgesetzt wurde.
Jetzt noch eine Enquete-Kommission daneben zu stellen würde die Arbeit in unangemessener Weise verzögern und die Erfolge der Umsetzung in weite Ferne rücken. Unser Ziel muss es aber sein, schnell zu Ergebnissen zu kommen, um zum einen der Pflicht zu genügen, das im Haushaltsgrundsätzegesetz verankerte neue Haushaltsrecht schnellstmöglich umzusetzen,
um zum anderen unsere selbst gesteckten Ziele der Verwaltungsreform und Staatsmodernisierung zu verwirklichen. Die Einsetzung einer Kommission zum jetzigen Zeitpunkt würde uns einiges kosten, zum einen Zeit bis zur Umsetzung und zum anderen auch Geld, gemessen nämlich an unseren eigenen Erwartungen, durch die Modernisierung Sparerfolge zu erzielen, Geld also, das uns dann im Haushalt fehlen würde.
Damit stellt sich die Frage, welchen Nutzen die Kommission hätte. Im Antrag wird wörtlich die Sicherung der Etathoheit des Parlaments als vordringliche Aufgabe genannt. Die Etathoheit zu erhalten sehen selbstverständlich auch wir als unabdingbar an; nur: Das ist wohl keinem Parlamentarier abzusprechen. Die Frage ist aber: Wodurch sollte das Budgetrecht des Parlaments gefährdet sein? - Mit Sicherheit nicht durch die Bestimmungen des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung der LHO; im Gegenteil: Durch die Vorlage dieses Gesetzentwurfs wird erkennbar, wie die veränderten Bedingungen sein werden. Ich erinnere dazu nur an § 17 a Abs. 1. Darin heißt es:
„Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sind durch Gesetz oder den Haushaltsplan festzulegen.“
Also: Wer legt hier etwas fest, wenn nicht das Parlament? - Das gilt dann auch für die Hafenwirtschaft und die Ausgaben dort.
Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen wird alle noch stritten Fragen auch mit dem Landesrechnungshof beraten und das Ganze zu einem Erfolg führen.
Eines steht fest: Durch die Novellierung der LHO wird einiges anders, aber das wollen wir auch so. Wir wollen weg von der Atomisierung der Haushaltsmittel auf tausende kleiner und kleinster Titelchen, auch wenn das jetzige System den Vorteil hat, dass der Vergleich von Soll und Ist im Haushalt sehr leicht möglich ist. Zu hohe Ausgaben sind sehr schnell zu erkennen. Nach allseits bekannter Erfahrung ist es dagegen schwieriger, geringere Ausgaben zu erkennen - das ganz einfach deshalb, weil dieser Fall so selten gegeben ist. Die Verteilung des Geldes auf so viele Schächtelchen führt zu häufig dazu - das wissen wir alle -, dass Verfügungsberechtigte darauf achten, dass am Jahresende ja nichts übrig bleibt.
Ob dabei dann alles sinnvoll ausgegeben ist, das ist die Frage, die wir uns immer wieder stellen müssen.
Übrigens zeichnet sich der niedersächsische Haushalt, so wie er jetzt gestaltet ist, durch ein besonders hohes Maß an Einzeltiteln aus. Das zu ändern ist unser Ziel. Andere Länder haben da schon mehr aufgeräumt, und dort ist nicht die Rede davon, dass die Etathoheit verloren gegangen ist. Die künftigen Kontrollmöglichkeiten halten wir für besser, vor allem die Ergebnisse für aussagekräftiger. Ausgaben werden künftig projektorientiert verbucht - weg vom Kleinklein der bisherigen Haushaltsordnung, hin zu Erfolgskontrollen. Dass die Grundsätze der Sparsamkeit weiter gelten, muss nicht betont werden.
Das notwendige Controlling findet zunächst, absolut aufgabengerecht, verwaltungsintern statt, wie das auch jetzt gegeben ist. Wir vertrauen dabei auf die sorgfältige Arbeit unserer Ministerien. Dem Parlament wird jährlich Rechnung gelegt. Damit ist neben der schon beschriebenen unbeeinträchtigten Gestaltungsmöglichkeit auch die Kontrolle über den Haushalt gegeben.
Auch die Fragen einer Reform- bzw. Sparsamkeitsdividende sind im konkreten Fall durch rechtliche Festlegungen des Parlamentes zu regeln.
Die Verwaltungsreform betreffend ist festzustellen, dass die Ziele, in gemeinsamen Diskussionen im Ausschuss für Verwaltungsreform erarbeitet, genannt sind. Verbesserte, erhöhte Motivation unserer Bediensteten erwarten wir aus der Möglichkeit, mehr zu gestalten und mehr Eigenverantwortung zu tragen.
Bei der weiteren Arbeit auf diesem Gebiet werden selbstverständlich externe Erfahrungen eingebracht werden. Das ist ganz selbstverständlich. Hierfür haben wir unsere Stabsstelle für Staatsmodernisierung in der Staatskanzlei.
Das einzige Bundesland, das eine Enquete-Kommission eingesetzt hat, ist meines Wissens das Land Hessen. Mitglieder sind dort allerdings 15 Mitglieder des Landtages aus allen Fraktionen. Externe Mitglieder gibt es nicht. Sachverständige werden nur nach Bedarf hinzugezogen - unter anderem aus Kostengründen. Wo liegen damit die Unterschiede zu der Situation in Niedersachsen? Sie liegen allein darin, dass das bei uns zuständige Gremium ein ständiger Ausschuss ist. Die Zahl der Mitglieder ist die gleiche wie in Hessen.
Den Vorwurf, dass hinsichtlich des Stellenabbaus nicht das erfüllt werde, was vorausgesagt worden ist, hören wir immer wieder.
Denn der Stellenabbau ist angesagt und wird so, wie angesagt, durchgeführt. Wir sind aber nicht der Meinung, dass wir Landesbedienstete entlassen sollten. Damit dauert manches etwas länger, als wir es gern hätten. Man kann das natürlich immer wieder wiederholen. Es wird dadurch aber nicht bedeutender und nicht wahr.