Protokoll der Sitzung vom 28.01.2000

(Beifall bei der CDU)

Zurzeit ist es offenbar so, dass wir in diesem Bereich an den allgemein bildenden Schulen ein Drittel Deckung haben, z. B. im Bereich des Internet-Anschlusses. Wir haben also eine gewaltige Aufholjagd vor uns. Dabei ist es auch nicht sonderlich ermutigend - man könnte das auch als peinlich empfinden -, dass uns kürzlich der Staatssekretär des Finanzministeriums mitteilte, dass eine eventuelle weitere Multimedia-Initiative des Landes nicht in diesem, sondern erst im Jahr 2001 beginnen könnte und sollte. Dazu hat der „rundblick“ mit Recht geschrieben: Computer als Windei. - Das ist das, was uns die Landesregierung auf diesem Gebiet bietet.

Das alles hat auch etwas mit Ausbildungs- und Fortbildungsfragen zu tun. Wo ist jetzt die Regelung hinsichtlich von Fortbildungsmaßnahmen zugunsten der Lehrerinnen und Lehrer? Anderswo hören wir schon von einem Internet-Führerschein. Das halte ich für eine feine Sache. Wo sind wir auf dem Gebiet denn aktiv, Frau Ministerin? Was dürfen wir hierbei denn erwarten? Köstlicherweise war in der „HAZ“ in den letzten Tagen, bei der man das Problem erkannt hatte, in einem Artikel zu lesen: Die meisten Lehrer sind eher in das Netz gestolpert. Bislang haben sie mehr von den Schülern gelernt als umgekehrt. Wer es ernst meint mit der Bildungsoffensive, der muss im großen Stil bei der Schulung der Pädagogen anfangen. – Deswegen müssen wir unbedingt etwas in diesem Bereich machen. Daher meine ich, dass die Mittel - in welcher Höhe auch immer - in den Haushalt des Jahres 2000 hineingehören. Dafür muss ein Nachtragshaushalt her. Wir brauchen keine vagen Ankündigungen für 2001 und danach, und dann kann man einmal sehen. Diesen Stil lassen wir hier nicht durchgehen, sondern dabei passen wir ganz schön auf.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man denn schon an den Nachtragshaushalt herangehen muss, dann sollte man sich auch einige andere Reformprojekte anschauen und sich einmal selbst eingestehen: Verlässliche Grundschule – bislang kein Mittelansatz. Was ist mit den regionalen Integrationskonzepten? Was ist mit Ganztagsschulen? Wo ist der Mittelansatz dafür? Zurzeit holpert das von Loch zu Loch: Hier werden zwei neue Löcher gemacht, und damit werden alte Löcher gestopft. Die Strategie „Loch an Loch, und hält doch“ kann hier nicht aufgehen. Also ist das wieder ein Argument dafür, dass wir in Wahrung der Belange zu einem vernünftigen Nachtragshaushalt kommen müssen.

Ich komme zum Thema der Verlässlichen Grundschule, Frau Ministerin. Ich meine, dass Sie mit dem Öffentlichkeitsanspruch nicht ganz korrekt umgehen, wenn Sie die Kosten z. B. in der „Braunschweiger Zeitung“ vom 20. Januar mit 85 Millionen DM etwas missverständlich angeben. Wir sind doch wohl über den Punkt hinweg. Verlässliche Grundschule heißt 177 Millionen DM. Das haben Sie auch hier im Landtag bestätigt. Die 177 Millionen DM haben Sie angekündigt, aber Sie haben das eigentlich nicht umgesetzt. Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung erwähnt: 85 Millionen DM entsprechen ungefähr 1.000 Lehrern. Das heißt ja nicht, dass dafür 1.000 Lehrer kommen müssen. Aber wir haben die Verlässliche Grundschule doch heute. Was nützen uns dann Etatansätze für 2001? Ich meine, dass dabei im laufenden Jahr etwas passieren müsste. Nur mit Einsparungen und Umschichtungsmaßnahmen kriegen Sie, Herr Fasold, das Ganze doch nicht hin.

Wenn jetzt 500 neue Standorte für die Verlässliche Grundschule im Gegenwert von etwa 40 Millionen DM hinzukommen sollen – wir sind ja bei Haushaltsfragen -, wie soll das dann laufen, wenn dafür keine Mark in den Haushalt eingestellt worden ist? Wir verstehen unter Verlässlichkeit im Haushaltswesen auch, dass das tatsächlich im Haushalt steht. Oder soll ein Kannibalismus nach dem Motto laufen „Wir machen das schon einmal und ziehen die anderen Stellen aus dem System heraus und schaffen damit neue Löcher“? Das kann doch so wohl nicht richtig sein!

Ich möchte noch einige Sätze zur Verlässlichen Grundschule sagen. Wir als CDU haben in der

Debatte darüber einiges an Korrekturen durchgedrückt.

(Fasold [SPD]: Das ist die erste Rede, die ich überhaupt nicht verstehe!)

- Darf ich um Ruhe bitten? - Sie können über Verlässliche Grundschule so oder so denken, aber auch eine Verlässliche Grundschule - was immer man davon auch hält - kann nur dann funktionieren, wenn die Unterrichtsversorgung stimmt. Sie stimmt an allen Ecken und Enden nicht. Ich wage hier die Prognose - jetzt kommen 500 neue Standorte hinzu; das Ganze soll insgesamt an allen Standorten stattfinden -, dass Sie das im Bereich des Vertretungsunterrichtes mit noch so vielen Billigkräften nicht vernünftig hinkriegen werden. Das prognostiziere ich Ihnen schon heute.

(Beifall bei der CDU)

Wenn es denn funktionieren würde, würde ich sagen: Mein Gott, über Betreuungsmodelle kann man mit uns reden. Aber ich sage auch heute, und dabei sind wir misstrauisch genug: Die Frage der Betreuung stellt auch ein haushaltsmäßiges Problem dar. Wenn Sie das nicht geregelt bekommen, traue ich Ihnen jederzeit zu, dass Sie die Betreuungskosten nach unten - z. B. auf die Kommunen wegdrücken. Wir werden genau beobachten, was Sie auf dem Gebiet machen werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ein Nachtragshaushalt ist auch immer eine Chance, manche Dinge haushaltstechnisch zu korrigieren. Herr Ministerpräsident, ich fand das gar nicht so schlecht: Am 31. August - damals waren Sie noch Fraktionsvorsitzender - hatten Sie einen ganz guten Artikel in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, in dem Sie z. B. sagten, Lernmittelfreiheit nach dem bisherigen Modell könne so wohl nicht mehr richtig sein, und wir müssten zu sozialen Staffelungen und zu Lernmittelzuschüssen kommen. - Warum setzen Sie das nicht um? Nutzen Sie doch auch die Möglichkeit eines Nachtragshaushalts, um in diesem Bereich die notwendigen Umstellungen durchzuführen. Bislang hat die Lernmittelfreiheit à la SPD eine halbe Milliarde DM in den letzten Jahren gekostet. So manche Mark ist dabei auch verplempert worden. Warum steuert man nicht um und kommt z. B. im Interesse der Einstellung von mehr Lehrern zu anderen Modellen? Dazu kann ich nur sagen: Ich bin enttäuscht.

Des Weiteren ist es ganz interessant – es fehlen 3.000 Lehrer; bei den meisten geht es um Wiedereinstellungen für pensionierte Lehrer, eigentlich geht es nur um 500 -, sich den „Presse-Spiegel“ des Kultusministeriums anzusehen: Mehr Politik wagen für Niedersachsen - mit Bild und Unterschrift von Sigmar Gabriel. Darin heißt es: Ein neuer Aufbruch für Bildung gibt den Jungen bessere Zukunftschancen. Alle frei werdenden Lehrerstellen werden wiederbesetzt und 2.000 zusätzliche Stellen geschaffen. - Das ist ja mal ein Wort, mein lieber Schwan. Aber wo sind sie denn? Wo stehen sie im Haushalt? Wir sind sehr darauf gespannt, wie sich das entwickelt.

Ein weiterer Grund, sich haushaltsmäßig auf die sichere Seite zu begeben: Wenn man mehr für Bildung tun möchte - für Einstellungen usw. -, kann ich nur sagen - Herr Plaue ist gerade auch nicht da; er hat den Wahnsinnsschock von einem 2,5-Milliarden-Loch und dem, was dann noch so droht, bereits verkündet -, wenn man das ernst nimmt und sich Sorgen um die Bildung macht, ist man umso besser beraten, die notwendigen Investitionen rechtzeitig in die Haushalte einzustellen. Denn sonst gibt es ein böses Erwachen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich kann mich über Herrn Plaue nur wundern - ich bin gleich fertig -, wenn er sagt: Die Bundesregierung ist dafür verantwortlich, dass wir einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen können. - Er hat noch gar nicht gemerkt, dass es dort vor eineinhalb Jahren einen Wechsel gegeben hat. Außerdem ist man in Niedersachsen für einen verfassungskonformen Haushalt schon selbst verantwortlich - mit allen Belangen, die noch dazugehören.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, hören Sie also auf mit der Politik der großartigen Ankündigungen, Presseerklärungen, Anzeigen und dem, was Sie noch alles machen wollen.

(Zuruf von Frau Goede [SPD])

Wenn Sie denn konkret Lehrereinstellungen und dergleichen mehr vornehmen wollen, dann packen Sie das in einen rechtskonformen Haushalt. Dann können wir Ihnen auch glauben. Wenn Sie das nicht machen, ist Misstrauen angesagt. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU - Fasold [SPD]: Die muss ich nachlesen, die Rede! – Gegenruf von Frau Vockert [CDU] Vizepräsident Gansäuer: Frau Kollegin Litfin, bitte schön! Frau Litfin (GRÜNE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen ankündigen, dass meine Fraktion den Antrag der CDU-Fraktion unterstützen wird.

(Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE] und Beifall bei der CDU)

Es wäre doch auch seltsam, wenn wir anderes täten, denn er entspricht im Wesentlichen dem Antrag, den wir bereits im Oktober-Plenum vorgelegt haben und von dem wir im DezemberPlenum wollten, dass er wegen der veränderten Situation noch einmal in den Ausschüssen beraten wird.

Wir wollen nach wie vor einen Nachtragshaushalt, Kollege Meinhold und Kollege Fasold. Wir wollen ihn aber nicht etwa wegen der Lehrer- und Lehrerinnenstellen, sondern an dieser Stelle sind wir mit dem Verfahren, das die Landesregierung bzw. die klugen Haushälter im Kultusministerium oder in der Staatskanzlei gefunden haben, auch einverstanden. Ich meine, es ist ein haushaltstechnisches Verfahren, das gewählt werden kann. Ich habe auch das Vertrauen, dass der Ministerpräsident - so jung er auch ist, und so jung er erst im Amt ist - es sich gar nicht leisten kann, dieses gegebene Versprechen nicht nachvollziehbar einzuhalten.

Ich meine, dass das haushaltstechnische Verfahren, das gewählt worden ist, u. a. um Stellen zu besetzen, die etatisiert, aber faktisch unbesetzt sind, weil deren Inhaber oder Inhaberinnen im Familienurlaub sind, in Ordnung ist. Damit kann meine Fraktion leben.

(Fasold [SPD]: Sie versteht wenigs- tens etwas von der Sache, Herr Buse- mann!)

Wir wollen aber den Nachtragshaushalt, weil wir weiterhin wollen, dass im Jahr 2000 die Nettokreditaufnahmeermächtigung zurückgeführt werden. Wir wollen weiterhin erreichen, dass wir zusätzliche Ausgaben auf dem Gebiet der Krankenhauswahlleistungen vermeiden, so wie wir das in unse

rem Antrag vom Oktober verlangt haben. Denn wir wissen, dass auf das Land Niedersachsen finanziell ab 2001 noch schwerere Zeiten zukommen werden, als dies in den letzten Jahren der Fall war. Wir sind der Meinung, dass man hierfür gar nicht genug vorsorgen kann. Denn wir müssen auch dafür gewappnet sein, dass ab 2001 und in den Folgejahren die zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer auch weiter bezahlt werden können, sodass dann nicht die Landesregierung dazu übergehen muss, durch Pensionierung frei werdende Stellen wegfallen zu lassen. Diese Gefahr sehen wir vorprogrammiert, wenn nicht durch einen Nachtragshaushalt eine Konsolidierung des Landeshaushalts, also auch eine Rückführung der Verschuldung, stattfindet. Dabei bleiben wir.

Kollege Busemann, noch etwas zu Ihren bildungspolitischen Ausführungen:

(Fasold [SPD]: Wo waren die denn? Die gab es doch gar nicht!)

Ich meine, Multimedia ist wirklich unser gemeinsames Anliegen. Wir wollen, dass alle Schulen Internet-Anschlüsse bekommen. Wir wollen, dass alle Schüler und Schülerinnen möglichst viel Zugang zu PCs und in das Internet haben. Das ist eine dringende Zukunftsaufgabe, die wir, wie ich meine, an dieser Stelle gemeinsam angehen und erledigen sollten.

Ich meine nach wie vor, dass es uns überhaupt nicht weiter hilft, uns gegenseitig immer nur Vorwürfe zu machen, sondern lassen Sie uns doch einmal überlegen, ob sich nicht Leute mit entsprechender Reputation aus unseren Fraktionen oder aus der Landesregierung zusammentun und gemeinsam Unternehmen in Niedersachsen, die etwa PCs herstellen und vertreiben, aufsuchen und anfragen sollten, ob sie nicht bereit sind, unseren Schulen weiterzuhelfen und damit aber auch abzusichern, dass sie entsprechend gebildete und ausgebildete Nachwuchskräfte für ihre Unternehmen bekommen. Darüber, Kollege Busemann, sollten wir gemeinsam nachdenken, und wir sollten aufhören, einander vorzuwerfen, dass wir immer nur das Falsche machen.

Noch etwas zur Lernmittelfreiheit, Herr Kollege Busemann: Ich stimme mit Ihnen überein und habe das auch immer gesagt, dass ich für eine soziale Staffelung bin. Aber wenn wir die geringen Beträge, die gegenwärtig noch im Haushalt enthalten sind, ansehen, werden wir gemeinsam zu dem

Ergebnis kommen, dass wir die noch vorhandenen Mittel für eine anständige soziale Staffelung brauchen und dass wir dadurch dann leider keine Mittel für zusätzliche Lehrer und Lehrerinnen erwirtschaften können, so schön das auch wäre. Denn die Lernmittelfreiheit reicht doch hinten und vorne nicht. Die Klassen müssen doch wirklich jahrelang mit denselben Büchern arbeiten, weil die Schulen mit den ihnen zugewiesenen Budgets die Klassensätze der neuen Bücher nicht anschaffen können. Die Fotokopiekosten steigen ins Unermessliche. Was die Kinder - auch wenn sie nicht in der Oberstufe sind - nebenbei als Lektüre anschaffen müssen, läppert sich auch inzwischen ziemlich gewaltig, weil den Schulen gar nichts anderes übrig bleibt, als das Material auch durch die Eltern der Kinder bezahlen zu lassen. Das ist also leider keine Stelle mehr zum Sparen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Kollege Meinhold, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon ein bisschen merkwürdig, was man hier erlebt.

(Hoppenbrock [CDU]: Ja!)

In dem Antrag der CDU-Fraktion heißt es:

„Die Landesregierung wird aufgefordert, umgehend einen umfassenden Nachtragshaushalt und eine neue aktuelle Mittelfristige Finanzplanung vorzulegen...“

(Zustimmung bei der CDU)

Wir hören uns heute Morgen ein bildungspolitisches Sammelsurium ohnegleichen an. Ich habe mich immer gefragt, wann eigentlich jemand auf den Haushaltsantrag zu sprechen kommt, den Sie hier vorgelegt haben. Es wäre sehr wahrscheinlich angemessener gewesen, den finanzpolitischen Sprecher Ihrer Fraktion reden zu lassen. Aber es geht Ihnen gar nicht um den Nachtragshaushalt, es geht auch gar nicht um die mittelfristige Finanzplanung, sondern es geht nur darum, einen Anlass zu finden, das, was in der Regierungserklärung im

Dezember angekündigt worden ist, noch einmal mies machen zu können.

Es ist schon etwas komisch: Einerseits freut sich Herr Busemann darüber, dass neue Lehrer eingestellt werden; andererseits kommt dann immer wieder seine Äußerung: Aber ich glaube dem nicht, aber ich glaube dem nicht, aber ich glaube dem nicht.

(Frau Körtner [CDU]: Das sind Erfah- rungen! - Weitere Zurufe von der CDU)

Das ist aber keine Glaubensveranstaltung hier im Landtag, meine Damen und Herren von der Opposition,

(Beifall bei der SPD)