Protokoll der Sitzung vom 16.02.2000

(Frau Harms [GRÜNE]: Ja!)

zum Teil auch darüber groß geworden sind, also ausgerechnet diese Partei oder diese Fraktion, Vorlagen dieser Art einbringen. Weil Sie spüren, dass das so ist, dass Sie den Spagat nicht hinbekommen, beziehen Sie sich an einer Stelle auch auf das Recht auf informationale Selbstbestimmung und sagen: aber nur, so weit das nicht eingeschränkt wird. - Wie das gehen soll, ist mir ein großes Rätsel. Da werden Sie uns wahrscheinlich in den Ausschussberatungen weiter helfen.

Richtig ist, dass die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf hat, dass die Einkünfte der Abgeordneten, die sich unmittelbar und mittelbar aus der Abgeordnetentätigkeit ergeben, öffentlich gemacht werden. Daran, glaube ich, gibt es keinen Zweifel. Zweifel gibt es in der Frage, wie weit wir darüber hinausgehen sollen. Die Vorschläge, die Sie dazu machen, halte ich für wenig praktikabel.

(Frau Harms [GRÜNE]: Sie machen ja dann bessere!)

Ich halte sie auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für außerordentlich problematisch. Sie werden damit nach meiner Auffassung, wie gesagt, nicht mehr Vertrauen schaffen, sondern Sie werden damit eher Vertrauen abbauen.

Sie verweisen dann auch immer auf die amerikanischen Beispiele. Ich habe dazu in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 8. Februar dieses Jahres einen interessanten Artikel von Professor Dr. Naßmacher, Politologe aus Oldenburg, SPDMitglied, was hier nicht weiter interessieren soll, gefunden. Er hat sich mit den amerikanischen Verhältnissen beschäftigt. Ich darf einmal zitieren:

„Bereits in den Vereinigten Staaten kann und will niemand die offen gelegten Beträge gründlich analysieren. Der vielstimmige Chor der öffentlichen Informationen erzeugt keine Musik mehr, sondern nur noch Geräusch. Wer sich außerhalb des Gesetzestextes mit der Rolle des Geldes in der Politik dieser Länder beschäftigt, wird zunächst auf eine Kette von Kor

ruptionsskandalen und eine Fülle von Umgehungsmöglichkeiten stoßen. Sie alle machen deutlich, dass durch ‚symbolische Politik‘ der politische Einfluss des Geldes nur scheinbar gezähmt wurde.“

Ihre Änderungsvorschläge zum Ministergesetz sind auch nicht immer hilfreich, weil vieles bereits geregelt worden ist.

(Frau Harms [GRÜNE]: Also: Alles kann so bleiben, wie es ist!)

Aus Zeitgründen möchte ich nur noch einen einzigen Punkt nennen, den ich allerdings vermisse.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist nämlich die Frage, wann ein Regierungsmitglied aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Regierung in einem Aufsichtsrat sitzt und wann nicht. Sie wissen, dass es darüber Streit gegeben hat. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir in den anstehenden Beratungen klare Regelungen schaffen, die ich mir im Übrigen auch gut vorstellen kann. Ich kann mir nämlich vorstellen, dass es, wenn jemand schon vor Übernahme eines Regierungsamtes einem Aufsichtsrat angehört hat, keine Probleme gibt, dass aber, wenn jemand nach Übernahme eines Regierungsamtes in einen Aufsichtsrat geht, der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass er deshalb in dem Aufsichtsrat sitzt, weil er ein Regierungsamt innehat. Diese Dinge müssen wir in den nächsten Wochen besprechen. Darauf freue ich mich sehr. Ich glaube, wenn wir uns alle ein wenig am Riemen reißen, dann können wir einen wirklichen Beitrag dazu leisten, ein Stück weit Vertrauen zurückzugewinnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich hoffe, das Zurückgewinnen von Vertrauen geht auch ohne Riemen.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende dieser Debatte. Wir treten in die Mittagspause ein. Es bleibt dabei, dass wir uns um 15 Uhr wieder sehen.

(Jahn [CDU]: Ausschussüberweisung! - Gegenruf von Plaue [SPD]: Das ist so beschlossen!)

- Entschuldigung. Es ist beschlossen, dass der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und

der Ausschuss für Haushalt und Finanzen - der erste federführend und der zweite mitberatend diese Vorlage beraten. - Danke.

Unterbrechung: 13.42 Uhr.

Wiederbeginn: 15.02 Uhr.

Meine Damen und Herren! Wir wollen unsere Sitzung fortsetzen. Wir hatten sie eigentlich mit Tagesordnungspunkt 8 - „Mit Glaubwürdigkeit gegen Politikverdrossenheit: Zusagen an Butjadingen endlich einlösen“ - fortsetzen wollen, aber wie bereits bekannt gegeben, sind die Fraktionen übereingekommen, heute auf die Behandlung dieses Antrags zu verzichten und ihn erst nach einer erneuten Beratung im Fachausschuss auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen.

Wir kommen jetzt also zu

Tagesordnungspunkt 9: Einzige (abschließende) Beratung: Mentoring-Offensive für mehr Frauen in Führungspositionen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1020 Drs. 14/393 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gleichberechtigung und Frauenfragen - Drs. 14/1340

Der Antrag wurde am 5. Oktober 1999 an den Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Berichterstatterin ist die Kollegin Frau Hemme, der ich das Wort erteile.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Bericht gerne zu Protokoll geben.

(Zu Protokoll:)

Der Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der eine MentoringOffensive für mehr Frauen in Führungspositionen fordert, abzulehnen.

Die Vertreterin der Fraktion der Grünen begründete ihren Antrag im federführenden Ausschuss damit, dass die Frauenförderung trotz des Nieder

sächsischen Gleichberechtigungsgesetzes gerade auch in den obersten Landesbehörden nicht erfolgreich verlaufen sei. Deshalb müsse darüber nachgedacht werden, ob es nicht noch andere, bessere Instrumente zur Frauenförderung gebe. Die Methode des Mentoring sei inzwischen, insbesondere in der Wirtschaft, mit Erfolg erprobt worden. Mit der Etablierung eines Mentoring-Programms könnte der Gleichstellungspolitik der dringend notwendige Impuls gegeben werden, um Potentiale und Ressourcen von Frauen nicht länger brachliegen zu lassen. Wie das Ergebnis des EUProjekts „StepUpNOW“ gezeigt habe, sei es grundsätzlich möglich, die Methode des Mentoring auch im öffentlichen Dienst anzuwenden.

Die Sprecherin der SPD-Ausschussmitglieder hob hervor, dass ihre Fraktion das Mentoring grundsätzlich unterstütze. Sie verwies aber auf den zu erwartenden - Ihnen inzwischen auch vorliegenden - Bericht über die Umsetzung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes, der nach ihrer Einschätzung sicherlich noch Handlungsbedarf aufzeigen werde. Möglicherweise, so die Abgeordnete, werde das Ergebnis dieses Berichts die Ausschussmitglieder zu der Auffassung bringen, dass ein umfassenderer Maßnahmenkatalog erstellt werden müsse. Aus diesem Grunde wolle ihre Fraktion nicht eine einzige Maßnahme vorziehen, sondern zu einem etwas späterem Zeitpunkt ein ganzes Bündel von Maßnahmen entwickeln, das zum einen die Fortschreibung des Personalentwicklungskonzepts, zum anderen aber auch konkrete, auf die einzelnen Projekte zugeschnittene und für alle geltende Regeln beinhalten müsse. In dieses Maßnahmenbündel müsse dann auch das Mentoring-Konzept mit einbezogen werden.

Die Vertreterin der CDU-Ausschussmitglieder unterstützte den Antrag der Fraktion der Grünen. Ihrer Auffassung nach gehöre das MentoringKonzept in das Gender-Mainstreaming-Konzept mit hinein und stelle in diesem Zusammenhang eine Konkretisierung dar. Ihre Fraktion halte es für richtig, dass einzelne, ganz konkrete Schritte unternommen würden. Jeder Baustein zur Erhöhung der Präsenz von Frauen in Führungspositionen könne nur begrüßt werden. Sie befürchtete, dass mit der Umsetzung eines Maßnahmenbündels aufgrund des Berichtes zum Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetz sicherlich erst nach der Sommerpause begonnen werden könne. Daher hielt sie ein sofortiges Handeln aufgrund des Antrages für sinnvoll und hatte kein Verständnis für

die Aufschiebung der Entscheidung über den Antrag.

Nachdem sich keine weitere Aussprache ergab, empfahl der Ausschuss mit den Stimmen der Mitglieder der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Landtag, den Antrag abzulehnen. Der mitberatende Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht schloss sich mit gleichem Stimmverhalten der Empfehlung an.

Der Ausschuss bittet Sie, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 1340 Ihre Zustimmung zu geben.

Wenn es Ihnen, Frau Präsidentin, recht ist, würde ich auch gleich für die SPD-Fraktion Stellung beziehen.

Das war so verabredet. Bitte!

Danke, Frau Präsidentin! - Meine Damen und Herren! Das Wort „Mentor“ ist in unserem Sprachgebrauch üblich, und eigentlich ist auch klar, welche Bedeutung es hat. Das Wort „Mentoring“ kommt aus dem Englischen. Es bedeutet etwas ganz Ähnliches, in diesem Fall handelt es sich aber um ein individuelles Förderprogramm für Frauen. Mit Mentoring-Projekten ist es möglich, die individuelle Kompetenz von Frauen in den Prozess der Förderung von Frauen in Führungspositionen bzw. Positionen, in denen sie auch heute noch unterrepräsentiert sind, einzubringen.

So ganz neu sind diese Projekte nicht. Es wird inzwischen erfolgreich in der Wirtschaft angewandt. Als Beispiel wird gerne VW herangezogen. Es wird aber auch in der Verwaltung eingesetzt, ganz besonders erfolgreich, wie Sie vielleicht der Presse entnommen haben, bei der niedersächsischen Polizei. Am 1. Juli 1999 ist dem Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen dieses Projekt bei der Polizei, aber auch das mit EUMitteln geförderte Projekt „StepUpNOW“ vorgestellt worden. Beide Projekte haben gezeigt, dass sie nicht nur erfolgreich sind, sondern auch, dass der Andrang der Frauen, die darüber eine Förderung erfahren wollen, sehr groß ist. In NordrheinWestfalen, glaube ich, hat es darüber hinaus ein Mentoring-Projekt zur Förderung des Einstiegs

von Frauen in die Politik gegeben, und zwar nicht nur auf höherer, sondern durchaus auch auf kommunalpolitischer Ebene.

Meine Damen und Herren, Mentoring ist also ein erprobtes Mittel, das sich als erfolgreich erwiesen hat. Es ist allerdings nur ein Instrument zur Frauenförderung; es gibt durchaus mehrere. Wie ich schon sagte, bezieht es sich nicht nur auf höhere und auf Führungspositionen, wobei natürlich zu definieren wäre, was eine Führungsposition ist: Wenn Sie in der Fertigung bei VW im Team arbeiten und zur Teamsprecherin gemacht werden, dann ist das natürlich auch eine Führungsposition. Wir dürfen also nicht nur immer die Chefetage im Kopf haben, wenn wir von Führungspositionen reden, sondern auch andere Ebenen.

Ich denke, mit meinen Ausführungen habe ich klar gemacht, dass die SPD-Fraktion voll hinter diesen Projekten steht.

Gleichwohl empfehlen der federführende und der mitberatende Ausschuss, den Antrag abzulehnen. Das klingt zunächst einmal merkwürdig, weil ich ja gerade gesagt habe, die SPD-Fraktion stimme Mentoring-Projekten zu.

Lassen Sie mich dazu Folgendes erklären. Wir haben im Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen in dessen Sitzung am 9. Dezember - im mitberatende Ausschuss etwas später - gesagt, wir stünden grundsätzlich hinter diesen Projekten. Da allerdings in Kürze der Bericht zum NGG vorgelegt werde, sähen wir es als problematisch an, eine Einzelmaßnahme herauszulösen. Unsere Idee war es vielmehr, aus diesem Bericht ein Maßnahmenbündel zu entwickeln, in das Mentoring dann eingebunden worden wäre.

(Zustimmung von Frau Lau [SPD])

Leider fand dieser Vorschlag bei der CDU und bei den Grünen im Ausschuss keine Zustimmung. Sie befürchteten, dass der Bericht erst nach der Sommerpause vorliegen würde.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Nein! Das stimmt nicht!)

- Nicht Sie, aber unsere Kollegin Frau Schliepack hat damals befürchtet, der Bericht würde erst nach der Sommerpause diskutiert werden können. Dem ist nun nicht so.

Sie wissen, dass wir unseren Antrag dazu morgen diskutieren werden. Deshalb macht es natürlich

keinen Sinn, den jetzt in Rede stehenden Antrag abzulehnen. Also werden wir diesem Antrag heute zustimmen.

Etwas hat mich heute Morgen allerdings irritiert, Frau Kollegin Pothmer. Sie haben den Eindruck erweckt, als hätten wir diesen Antrag bereits im September mit der Maßgabe abgelehnt, im Februar etwas vorzulegen. Dem ist nicht so gewesen. Ich hoffe, dass ich das hier deutlich gemacht habe.