Protokoll der Sitzung vom 16.02.2000

Etwas hat mich heute Morgen allerdings irritiert, Frau Kollegin Pothmer. Sie haben den Eindruck erweckt, als hätten wir diesen Antrag bereits im September mit der Maßgabe abgelehnt, im Februar etwas vorzulegen. Dem ist nicht so gewesen. Ich hoffe, dass ich das hier deutlich gemacht habe.

Die SPD-Fraktion steht hinter den MentoringProjekten und wird dem Antrag heute zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht die Kollegin Frau Pothmer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem der Bericht zum NGG vorliegt, stehen wir vor der Entscheidung, ob wir vor der Ignoranz gegenüber diesem Gesetz, die in diesem Bericht zum Ausdruck kommt, kapitulieren oder ob wir tatsächlich bereit sind, einschneidende Maßnahmen zu ergreifen. Unser Vorschlag, ein MentoringProgramm für die Landesregierung aufzulegen, ist eine geeignete Maßnahme, um Frauenförderung außerhalb der Regelungen dieses Gesetzes voranzubringen.

(Frau Lau [SPD]: Das haben wir nie bestritten!)

- Ich habe auch nicht gesagt, dass Sie das bestritten haben.

Ich freue mich, dass die SPD-Fraktion jetzt Zustimmung signalisiert hat.

(Frau Hemme [SPD]: Das haben wir auch im Ausschuss getan!)

Ich will nun aber doch noch auf das eingehen, was Frau Hemme gesagt hat. Wie sich jetzt zeigt, ist es durchaus möglich, einen Antrag zum Thema Mentoring auf den Weg zu bringen und gleichzeitig in einem anderen Antrag andere, zusätzliche Maßnahmen vorzuschlagen. So haben wir auch im Ausschuss argumentiert.

(Frau Hemme [SPD]: Nein!)

Niemand von uns hat signalisiert - auch Sie nicht -, dass uns die Ergebnisse des Berichtes in irgendeiner Weise überrascht hätten. Aber wir können doch nicht warten, bis der Bericht vorliegt, und so lange die Hände in den Schoß legen. Der Vorstand der SPD-Fraktion hat jetzt entschieden, dass es keinen Grund gibt, einen Antrag, der eine Einzelmaßnahme beinhaltet, mit der Begründung abzulehnen, dass man erst ein komplettes Programm vorlegen muss. Die SPD-Fraktion hat sich in Frauenfragen bisher nun wirklich nicht durch Maximalismus ausgezeichnet. - Also, das, was jetzt passiert, ist überhaupt kein Problem; es scheint möglich zu sein und findet auch unsere Zustimmung. Darüber bin ich froh.

Meine Damen und Herren, auch ich bin nicht der Auffassung, dass wir allein mit dem Mentoring nun alle Probleme lösen können. Ich habe in der heutigen Aktuellen Stunde noch einige andere Maßnahmen angesprochen, die umgesetzt werden müssten.

Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass wir bei den Maßnahmen, die jetzt zu ergreifen sind, auch die Veränderungen, die es im Bereich des öffentlichen Dienstes gegeben hat, bzw. die strukturellen Veränderungen in der Landesverwaltung berücksichtigen müssen. Dabei spielt die Verwaltungsreform eine zentrale Rolle. Ich bin der Auffassung, dass wir die Chancen, die die Verwaltungsreform auch für Frauen bietet, besser nutzen müssen. Wir brauchen eine völlig andere Verknüpfung von Frauenförderung und Verwaltungsreform, so wie es auch in dem Böckler-Gutachten vorgeschlagen worden ist.

Ich möchte auch noch einmal das Thema „Budgetierung“ ansprechen. Ich frage mich, warum wir die veränderte Form der Mittelzuweisung an die einzelnen Dienststellen nicht auch zur Frauenförderung nutzen sollten. Das wäre kostenneutral, wird schon jetzt bei den Fachhochschulen praktiziert und soll zukünftig auf die Universitäten übertragen werden. Jetzt ist doch unsere Fantasie gefragt, diese Veränderungen nicht zu blockieren, sondern sie zur Frauenförderung zu nutzen.

Noch einmal: Ich bin keine Gegnerin des Gender Mainstreaming, aber ich glaube, dass Gender Mainstreaming nicht erfolgreich sein kann, wenn dafür keine finanziellen und personellen Ressourcen vorhanden sind. Von keinem anderen Projekt wird verlangt - auch nicht von der Verwaltungsreform -, dass sie „umsonst und draußen“ passiert.

Ich glaube, wenn wir ernsthaft versuchen würden, Gender Mainstreaming in dieser Form umzusetzen, wäre das ein weiterer Beitrag zur Förderung von Frauen.

Die Vorschläge, die wir morgen am Beispiel des SPD-Antrags diskutieren wollen, haben aus meiner Sicht noch einen erheblichen Mangel und müssen noch durch andere ergänzt werden. Ich hoffe, dass wir das im Ausschuss tun können. Für mich zeigt sich daran auch, wie ernst es die SPD-Fraktion nach der Vorlage dieses Berichts tatsächlich mit der Frauenförderung meint.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU spricht die Kollegin Frau Grundmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Mentoring ist ein neues Instrument der Personalentwicklung und der Weiterbildung, das sich gezielt an Frauen richtet. In vielen Betrieben der Privatwirtschaft und in öffentlichen Einrichtungen wurde es schon zur Nachwuchsförderung für weibliche Führungskräfte eingesetzt und hat sich dort bewährt.

Die Gesellschaft braucht mehr Frauen in Führungspositionen. Es ist ja hinlänglich bekannt, dass der Grundsatz der Chancengleichheit von Frauen und Männern längst verankert ist. Auch in Niedersachsen sorgt ein Gleichberechtigungsgesetz dafür, dass die Anstrengungen, bestehende Ungleichbehandlungen zu beseitigen, eine rechtliche Grundlage haben. Dennoch bestehen auch in Niedersachsen solche erheblichen Ungleichheiten noch in hohem Maße. Viele - durchaus wohlmeinende Männer, mit denen man spricht, sagen: Aber in meiner Einrichtung arbeiten doch viel mehr Frauen als Männer. - In der Stadtverwaltung von Nienburg, meiner Heimatstadt, liegt der Anteil der Frauen beispielsweise bei weit über 50 % und wächst mit jedem Ausbildungsjahrgang.

(Pörtner [CDU]: Hört, hört!)

- So ist es, Friedel!

Aber es sind vor allem die niedrigerwertigen Positionen und Arbeitsplätze, auf denen die Frauen ihren Dienst tun,

(Zustimmung bei der CDU)

und es sind die höherwertigen Positionen und Arbeitsplätze, die die Männer einnehmen. In Nienburg beispielsweise wird nach einer im Dezember 1998 vorgenommenen Umstrukturierung der Verwaltung neben der Frauenbeauftragten nur eine einzige von 13 Organisationseinheiten von einer Frau geleitet. Anderswo im öffentlichen Dienst in Niedersachsen sieht es ähnlich aus.

(Frau Pawelski [CDU]: So ist es!)

Ob in der Gruppe der höheren Beamten oder der leitenden Angestellten, überall sind Männer nach wie vor stärker vertreten als Frauen. Je weiter man nach unten geht, desto mehr nimmt der Anteil der Frauen zu. Das kann man in der Begründung des vorliegenden Antrages sehr schön nachlesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das soll nun anders werden. Ein Mentoring-Programm wie das hier vorgeschlagene soll den Bemühungen um die Gleichstellung der Frauen und ihre stärkere Präsenz in den Führungspositionen einen positiven Impuls geben.

(Beifall bei der CDU)

Dies ist besonders notwendig, wenn man sich die überall im Lande im Gang befindliche Verwaltungsreform ansieht. Eine Studie der HansBöckler-Stiftung, auf die in der Begründung des Antrags hingewiesen wird, hat bestätigt, dass die Gleichstellungsfrage bei der Verwaltungsreform in Niedersachsen bisher keine besondere Rolle gespielt hat. Die Niedersächsische Landesregierung sollte in dieser Hinsicht eine Vorbildfunktion übernehmen. Zurzeit liegt der Anteil der Frauen unter den Landesbeschäftigten bei etwa 47 %. Es sollte das Ziel sein, den Anteil der Frauen in Führungspositionen dem Gesamtfrauenanteil in absehbarer Zeit zumindest anzunähern.

(Beifall bei der CDU)

Das lässt sich in Abstimmung mit dem niedersächsischen Konzept der Staatsmodernisierung hervorragend mit den allgemeinen Umstrukturierungsund Personalentwicklungsmaßnahmen der Verwaltungsreform verknüpfen.

Nach einer Umfrage betreffend die gesamte Europäischen Union liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Bundesrepublik Deutschland bei 35 % und in Niedersachsen bei 20 %.

(Oh!-Rufe bei der CDU)

Das ist viel zu wenig. Die CDU-Fraktion unterstützt deshalb die Forderung der Grünen, in Zusammenarbeit mit dem Lenkungskreis Staatsmodernisierung ein Mentoring-Programm für weibliche Nachwuchskräfte in der Verwaltung des Landes Niedersachsen zu entwickeln. Dass bei der Durchführung die Landesministerien eine Vorreiterrolle haben sollten, ergibt sich schon aus der Zuordnung der nachgeordneten Einrichtungen und Verwaltungsstellen zu den einzelnen Ressorts. In der Tat käme die Installierung von MentoringProgrammen in den Ministerien einem nachdrücklichen politischen Signal gleich, das sehr positive Auswirkungen auf die Akzeptanz solcher Programme insgesamt hätte.

Das Mentoring-Programm stellt eine Konkretisierung des Konzepts des Gender Mainstreaming dar und gehört deshalb in dieses Konzept mit hinein. Eine solche Konkretisierung halten wir für überfällig, damit nicht der Eindruck entsteht, dass nach der Verabschiedung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes nun alles getan sei und man die Hände in den Schoß legen könne. Im Gegenteil: Gerade um dieses Gesetz mit Leben zu erfüllen, ist jede konkrete Maßnahme zu begrüßen, die dem Geist des Gesetzes entspricht und diesen Geist Praxis werden lässt. Das sind wir den Frauen im Lande Niedersachsen schuldig.

(Beifall bei der CDU - Pörtner [CDU]: Bravo!)

- Herr Kollege Pörtner, ich habe viel von Ihren Beiträgen hier mit eingearbeitet.

(Plaue [SPD]: Jetzt hat sie dich fertig gemacht, mein Lieber! - Heiterkeit bei der SPD)

Wichtig ist auch, dass durch die Umsetzung eines solchen neuen Programms andere Maßnahmen und Initiativen nicht gegenstandslos gemacht oder gar konterkariert werden. Deshalb muss das Mentoring-Programm sorgfältig auf andere genderbezogene Maßnahmen abgestimmt und in den breiten Mainstreaming-Kontext integriert werden. Das ist ebenso selbstverständlich wie der grundsätzliche Ansatz der Gleichstellungsmaßnahmen. Aber die CDU-Landtagsfraktion hat kein Verständnis dafür, dass diese Abstimmung und dieser Integrationsvorgang Monate oder gar Jahre in Anspruch nehmen sollen. Wie lange will man die Frauen, die verantwortungsvoll, qualifiziert und

sicherlich ebenso effizient wie die Männer ihren Dienst in der Landesverwaltung versehen, vertrösten?

(Beifall bei der CDU)

Diese Frauen haben bereits lange genug - allzu lange - auf eine greifbare Umsetzung des vor sechs Jahren verabschiedeten Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes gewartet. Jetzt brauchen sie konkrete Schritte, um die Situation der Frauen im öffentlichen Dienst zu verbessern. - Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben, Herr Kollege Pörtner.

(Beifall bei der CDU - Pörtner [CDU]: Sehr guter Beitrag!)

Frau Ministerin Merk, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen, dass Herr Pörtner ein Mann ist, der sich hervorragend für das Thema Chancengleichheit und Gleichberechtigung eignet. Ich bin sehr gespannt, ob Herr Pörtner in Zukunft nicht nur reden lässt, sondern sich auch selbst öffentlich dafür einsetzt.

Es gibt aber noch einen zweiten Mann, meine Damen und Herren, der außerordentlich zu loben ist, und das ist Odysseus.

(Frau Leuschner [SPD]: Der ist gut!)

Odysseus hatte eine glorreiche Idee. Odysseus hatte sich überlegt, dass sein Sohn in seiner Abwesenheit von einem klugen Mentor angeleitet werden sollte. Daraus haben wir heute, nach weit über 2.000 Jahren, den Begriff „Mentoring“ gebildet. Heute bezeichnet er natürlich nicht mehr die Begleitung eines Sohnes, sondern einen Prozess, mögliche Führungskräfte zu solchen zu machen, indem erfahrene und geschulte Personen ihnen ihr eigenes Wissen beibringen.