Protokoll der Sitzung vom 17.02.2000

Ich erwähnte bereits, dass 1999 in den USA 12 Milliarden Dollar online umgesetzt worden

sind. Im Jahr 2002 sollen es bereits 41 Milliarden Dollar sein. Bereits heute werden in den Vereinigten Staaten 10 % aller Flugtickets und 20 % aller Bücher auf diese Weise verkauft.

Auch in Deutschland kommt der Verkauf per Internet in Schwung. In 1999 wurde hier ein Umsatz von 2,7 Milliarden DM verzeichnet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, inzwischen stehen alle Zeichen in Sachen Internet/online auch in Deutschland auf steilem Wachstumskurs. Zu diesem Ergebnis kommt die von der Verlagsgruppe „Milchstraße“ im Januar dieses Jahres herausgegebene Publikation „Online-Nutzung, E-Commerce: Status und Trends“. Danach sind derzeit in Deutschland 17 % der Bevölkerung zwischen 14 und 64 Jahren - das sind ca. 8,6 Millionen Personen - online. Weitere 3,4 Millionen sind potentielle Internet-Nutzer, die in absehbarer Zeit online gehen wollen. Damit steht Deutschland zwar nicht an der europäischen Spitze, nimmt aber nach meiner Einschätzung einen guten Mittelplatz ein.

Aber die deutschen Online-Nutzer sind immerhin eine bemerkenswerte Teilmenge der mehr als 100 Millionen Reisenden durch den weltweiten Cyberspace. Boris Becker hat es dem staunenden oder auch vielleicht amüsierten Publikum vorgemacht - Sie wissen es: „Bin ich drin? Ach ja, ich bin drin.“ -: die Leichtigkeit, mit der jedermann auf die weltweite elektronische Reise gehen kann - ganz nach Belieben zum Einkaufen, um die schnelle Post per E-Mail abzuschicken oder zu empfangen, um sich in eine internationale Talkshow einzuchatten, um einfach die globale Spielwiese für sich zu erobern oder um das Wissen der Welt aus scheinbar unerschöpflichen Datenbanken nutzbar zu machen. Das Internet, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist voll davon.

Aber wir wissen es alle: Unsere Gesellschaft befindet sich mitten in einer technologischen Revolution. Information und Wissen sind heute der Rohstoff, der über die internationale Wettbewerbsfähigkeit entscheidet. Informations- und Kommunikationstechnologien durchdringen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Aber auch die Privatsphäre, der soziale und kommunikative Lebensbereich der Menschen, wird immer mehr von Multimedia geprägt. Ein Beleg dafür ist, so meine ich, die explosionsartige Ausdehnung des Internet.

Eingangs, meine sehr geehrten Damen und Herren, verwies ich auf die steil ansteigenden Umsätze im elektronischen Handelsgeschäft. Aber gerade auch in vielen anderen Unternehmensbereichen sind Multimedia-Anwendungen heute nicht mehr wegzudenken. Wertschöpfungsprozesse im Industrieund Dienstleistungssektor, angefangen bei der Logistik im Einkauf über die Herstellung bis zu Vertrieb und Marketing, werden mithilfe von Informationssystemen effizienter, produktiver, automatisierter und rationeller. Hier liegt ein großes Potential, nicht nur für die Anwender, sondern gerade auch für die Anbieter der neuen Technologien. Profitieren werden von diesen Chancen aber nur diejenigen, die bereit sind, alte Strukturen und Verfahren zu überdenken und sich den Herausforderungen des Informationszeitalters zu stellen.

(Behr [CDU]: Habt ihr das endlich auch erkannt?)

- Schon lange! - Die Prognosen dazu sind optimistisch. Im Bereich der Medien- und Kommunikationswirtschaft entstehen derzeit neue Arbeitsplätze, und in den nächsten Jahren werden, und zwar in einem sehr rasanten Tempo, weitere entstehen. Diese Arbeitsplätze, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden allesamt sehr, sehr hochwertig sein.

Aber schon jetzt werden auch die Stimmen derjenigen lauter, die auf den dramatisch anwachsenden Mangel an Fachkräften in den Informations- und Kommunikationsberufen verweisen. Nach Schätzung des Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik haben wir heute schon 100.000 freie Stellen in der Bundesrepublik Deutschland. Prognosen zufolge wird dieses Problem des Fachkräftemangels in den IT- und Medienberufen innerhalb der nächsten Jahre zunehmen. Experten rechnen damit, dass allein in Deutschland in den nächsten fünf Jahren mehr als 300.000 Fachkräfte fehlen werden.

(Behr [CDU]: Die fehlen jetzt schon!)

Wenn auch Experten mit der Angabe von genauen Zahlen eher vorsichtig sind, so räumen sogar Skeptiker ein, dass ohne Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien Arbeitsplätze verloren gehen.

Vor diesem Hintergrund, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen wir auch unseren Antrag „Förderung der Internet-Wirtschaft“ verstanden wissen. Natürlich wissen wir, dass wir damit in

Niedersachsen kein Neuland betreten. Ich verweise auf das seit 1997 laufende und sehr erfolgreiche Gemeinschaftsprojekt „Multimedia-Initiative Niedersachsen“ des Wirtschaftsministeriums und der Deutschen Telekom AG.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Ohne diesen Punkt wäre es eine gute Rede gewesen!)

Über die Zugangsplattform „Niedersachsenonline.de“ findet eine Vernetzung vielfältiger Multimedia-Anwendungen statt. Die angebotenen Links zu den Telekooperationen mit der Automobilindustrie und auch dem Handwerk, zu regionalspezifischen Onlinediensten, Verkehr, Medizin, Bildung, Wissenschaft und Kultur bieten den Anwendern den direkten und schnellen Zugriff auf die niedersächsischen Informations-, Zusammenarbeits-, Kommunikations- und auch Einkaufsangebote. Sie können sich, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, auf der nächsten CeBIT hier in Hannover von diesem erfolgreichen Projekt der Niedersächsischen Landesregierung direkt überzeugen. Viele von Ihnen sind ja sogar schon - wie ich festgestellt habe, indem ich einfach einmal das Handbuch durchgeblättert habe - inline.

(Heiterkeit)

- Entschuldigung, online; aber „inline“ ist ja manchmal auch gut! - Klicken Sie sich einfach ein. Schauen Sie doch ruhig einmal nach, was sich auf der Plattform „Niedersachsen-online.de“ so tut. Seien Sie neugierig, klicken Sie sich einfach ein. Das ist eines der Prinzipien. - Dieses Projekt zeigt den guten niedersächsischen Weg in den Cyberspace auf.

Auf der Multimedia-Initiative Niedersachsen kann und muss nach meiner Meinung aufgebaut werden. Dabei wird es vordringlich darauf ankommen, dass die Ausbildungs- und Fortbildungsangebote für Berufs- und Beschäftigungsfelder im E-Commerce-Bereich ausgebaut werden. Die Zusammenarbeit mit den Schulen, den Hochschulen und den Tarifpartnern wird dabei sicherlich unerlässlich sein.

Wir begrüßen ganz besonders die Initiative der Deutschen Telekom AG, dass alle 44.000 öffentliche Schulen in Deutschland künftig kostenlos im Internet surfen können. Besonders erfreulich ist nach meiner Meinung, dass es unsere niedersächsischen Schülerinnen und Schüler sind, die noch keinen ISDN-Internetanschluss haben, die dann

mit einem Turbostart auf die Datenautobahn geschickt werden.

(Frau Litfin [GRÜNE]: Aber Sie müs- sen auch sehen, dass sie die passenden PCs kriegen! Mit zehn Jahre altem Schrott kann man das nicht machen!)

- Gut, schauen wir mal! 75 Millionen DM wird der Ministerpräsident dafür sicherlich auch in die Hand nehmen; zumindest ist das nachzulesen. Das ist verkündet worden.

(Lachen bei der CDU - Frau Pawelski [CDU]: Herr Aller lacht sich kaputt! - Wulff (Osnabrück) [CDU]: Papier ist geduldig!)

Weiter wird es darauf ankommen, alle möglichen Innovationspartnerschaften zu initiieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, freuen wir uns - das Sie das tun, habe ich Ihren Zwischenrufen entnehmen können - auf spannende Beratungen in den Ausschüssen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Es ist nie zu spät!)

Darin werden wir uns im Besonderen mit Fragen der rechtlichen Rahmenbedingungen - nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäischer und sicherlich auch auf der globalen Ebene - auseinander zu setzen haben. Auch der Schutz der Verbraucher und Internet-Anwender wird dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Ebenso werden Steuerfragen in dem sich rasant entwickelnden Internetmarkt nicht nur gestellt werden, sondern dafür müssen auch praktikable Lösungen gefunden werden.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Abänderung der Überweisungsempfehlung des Ältestenrats beantrage ich, dass dieser Internet-Antrag federführend von dem Ausschuss für Medienfragen beraten wird. Natürlich muss er dabei eng mit dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Verkehr sowie mit dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen, dem Kultusausschuss und dem Ausschuss für Wissenschaft und Kultur zusammenarbeiten. Ich freue mich auf die sehr enge Vernetzung aller dieser Ausschüsse.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich noch zwei Mitteilungen machen.

Erstens ist mir mitgeteilt worden, dass der

Tagesordnungspunkt 26: Netz 21 - Prioritäten des Landes Niedersachsen für die Bahninfrastruktur des 21. Jahrhunderts - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1393

direkt an den Ausschuss überwiesen wird. Die Fraktionen haben darüber Einverständnis erzielt. Das ist so, nicht wahr?

(Zustimmung)

Die zweite Feststellung ist nicht minder wichtig: Der Parlamentarische Abend mit der Landwirtschaftskammer Hannover wird nun zu einem parlamentarischen Nachmittag. Er wird gegen 15.30 Uhr - vorausgesetzt wir sind dann fertig; nach dem jetzigen Ablauf scheint es so zu sein beginnen. Ich bitte, dies den Kolleginnen und Kollegen, die sich zurzeit nicht im Saal befinden, mitzuteilen, damit sie sich darauf einstellen können.

Meine Damen und Herren, wir kommen zurück zu

Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung: Förderung der Internet-Wirtschaft - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/1384

Herr Kollege Dinkla hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Knebel, wir alle haben eben förmlich bis in die letzten Haarspitzen gespürt, wie begeistert Sie vom Internet sind.

„Revolution - wie das Internet die Wirtschaft verändert“, das war die Headline der letzten Ausgabe der „Wirtschaftswoche“. Ich kann dieser Bewertung nur zustimmen. Auch wenn es im Augenblick vielleicht noch von vielen als Übertreibung ange

sehen wird: Die neue Ökonomie des Internets kann mit der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts verglichen werden. Nach meiner Überzeugung kann daraus ein neuer Wachstumsschub resultieren, wenn man diese Chancen konsequent nutzt.

Diese deutliche Mahnung und Warnung gilt auch für unser Land Niedersachsen, meine Damen und Herren. Wenn wir auf der einen Seite die weltgrößte Messe - die CeBIT - in Hannover haben, muss es uns in Niedersachsen gelingen, einen wesentlich größeren Teil des digitalen Wirtschaftswunders auch für unser Land zu binden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn die „New York Times“ triumphiert, das Internet sei Amerikas erste „globale Kolonie“, zeigt dies in Wahrheit, dass Europa, dass die Bundesrepublik und dass auch wir in Niedersachsen mehr als bislang tun müssen, um nicht noch weiter den Anschluss zu verpassen.

Aber das Internet ist auch in Europa und Japan dabei, seinen Siegeszug fortzusetzen. Der unbestrittene Rückstand zu den USA beträgt aber - dies müssen wir erkennen - etwa ein Jahr bis zwei Jahre. Die Zahl der Internet-Nutzer wird bis zum Jahre 2002 jährlich um etwa 25 % steigen.

Aber lassen Sie mich auch noch kurz einige Eckdaten nennen, um den Handlungsbedarf zu verdeutlichen. Dabei will ich auch auf die Aussage in dem SPD-Antrag eingehen, in der von 100 Millionen Nutzern des Cyberspace gesprochen wird. Diese Zahl ist eindeutig falsch, meine Damen und Herren; wir haben bereits jetzt weltweit über 200 Millionen Nutzer, und täglich schließen sich - z. B. in den USA über 80.000 - Menschen neu an das Netz an. Dies macht deutlich, welche Herausforderungen daraus auch für uns in Europa, in der Bundesrepublik und in Niedersachsen resultieren.

Ich möchte auch den hohen Anschlussgrad der skandinavischen Länder hervorheben. Dort sind über 35 % der Bevölkerung am Netz.

(Lanclée [SPD]: Dafür gibt es dort auch gute Gründe!)

Im Vergleich dazu liegt der Anschlussgrad in Deutschland bei etwa 11 bis 12 %.

Die Diskussion über „Schulen ans Netz“ zeigt uns, meine Damen und Herren, dass wir auch hier der Entwicklung etwas hinterherhinken. Herr Dr.