Protokoll der Sitzung vom 17.02.2000

Wir werden also im Ausschuss gefordert sein, die Finanzierung zu überdenken. Wir müssen ganz realistisch erörtern, wie viel Geld wir zur Verfügung stellen können, was die Landesmedienanstalt mit ihren Mitteln machen soll. Ich kann nur sagen, dass wir von der SPD große Probleme haben werden, über die 8 Millionen DM oder 9 Millionen DM hinauszugehen, die bis jetzt für diese Projekte zur Verfügung gestellt werden, sollte sich der Landtag entscheiden, dass es NKLs und OKs auch in Zukunft geben soll.

Es gibt nur eine Möglichkeit, wenn wir keine Werbung zulassen wollen, wie es Absicht der SPD ist. Wir müssen dann überlegen, wie wir mit den 8 Millionen DM bis 9 Millionen DM umgehen, wie viel Projekte man dann zulassen kann, was realistisch ist. Auch die Grünen kommen nicht darum herum, sich dieser Frage zu stellen.

Sie berufen sich auf Artikel 5 des Grundgesetzes. Es ist doch wohl ein Witz zu sagen, dass Artikel 5 des Grundgesetzes es erforderlich macht, dass wir in Niedersachsen Bürgermedien an möglichst vielen Standorten zulassen. Artikel 5 des Grundgesetzes ist auch gewährleistet, wenn es keine Bürgermedien gibt.

Ich sage abschließend noch einmal: Unsere positive Einstellung zu den Bürgermedien ist da. Wir werden das realistisch diskutieren. Wir wissen auch, dass an vielen Stellen in Niedersachsen bei OKs und NKLs hervorragende Arbeit geleistet wird. Wir werden das in unseren Beratungen berücksichtigen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat jetzt der Kollege McAllister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Harms, ein Blick ins Gesetz erleichtert meistens nicht nur die Rechtsfindung, sondern hätte uns allen in diesem Fall auch zu einem besseren Verfahren verholfen. § 37 des Landesrundfunkgesetzes legt die Versuchsziele für die nicht

kommerziellen Lokalfunksender und die Offenen Kanäle fest. Nach dem gesetzlichen Auftrag muss festgestellt werden, inwieweit diese Ziele erreicht oder nicht erreicht worden sind.

Kollege Reckmann hat zu Recht davon gesprochen, dass uns die wissenschaftliche Begleituntersuchung, die drei Jahre nach Beginn des Modellversuchs über die Landesmedienanstalt der Landesregierung und dann dem Landtag vorgelegt wird, noch gar nicht zur Verfügung steht. Bis zum 30. März muss sie vorliegen. Das heißt, wir reden hier im wahrsten Sinne des Wortes über ungelegte Eier. Vielleicht kennen Sie bereits den Bericht. Wir zumindest kennen ihn nicht. Wir können ihn auch noch nicht kennen, weil wir noch nicht den 30. März erreicht haben.

Deshalb wäre es sinnvoller gewesen, wenn Sie mit Ihrem Antrag noch etwas gewartet hätten. Dann hätten wir in ein geordnetes Verfahren eintreten können, so wie es das Landesrundfunkgesetz vorsieht, das auch Sie im Übrigen beschlossen haben.

Frau Harms, ich will eines vorab sagen. Sie haben neulich schon einmal bei der Benennung des Vertreters der Grünen in der Landesmedienanstalt nicht ins Gesetz geschaut. Da wollten Sie die Vorgabe umgehen, dass Sie eine Frau benennen müssen. - Ich rate Ihnen den Blick ins Gesetz generell für Ihre medienpolitische Arbeit.

Wir werden im Ausschuss, wenn der Bericht vorliegt, die Stärken und die Schwächen der Modellprojekte diskutieren. Wir sollten die Empfehlungen der Wissenschaftler sehr ernst nehmen, sollten finanzielle Spielräume festlegen, Auftrag und Anforderungen an die Bürgermedien formulieren und vor allem auch in Zukunft chancengleich lizenzieren. Sie haben Recht, bis zum Ende des Jahres 2000 sollten wir im Medienausschuss eine Entscheidung getroffen haben, damit die bisherigen Betreiber finanzielle, rechtliche und politische Planungssicherheit haben.

Dass Sie den Bericht nicht ernst nehmen, zeigt, dass Sie gewisse Ergebnisse in Ihrem Antrag bereits vorwegnehmen. Auf die möchte ich kurz eingehen.

In Punkt 2 fordern Sie eine Zusammenlegung von NKL und OK zu einem neuen Typ „Bürgermedien". Ich sage aus Sicht der Union, dass wir diesen Vorschlag wohlwollend diskutieren werden. Grundsätzlich ist es richtig, dass nichtkommerzieller Lokalfunk und Offene Kanäle nicht als

unterschiedliche Einrichtungen wahrgenommen werden.

Aber ich habe mit einer Formulierung in Ihrem Antrag schon Probleme. In Punkt 2 sprechen Sie von Elementen der Zugangsoffenheit und in Punkt 6 von einer prinzipiellen Zugangsoffenheit. Also entweder oder! Entweder die Bürgermedien sind zugangsoffen für alle, oder sie sind es nicht. Dadurch, dass Sie einen Filter vorschlagen - prinzipiell, Elemente usw. -, habe ich ein wenig die Befürchtung, dass hier politisch versucht wird, zu filtern, was hineinkommen darf und was nicht hineinkommen darf. So stellen wir uns Bürgerfunk für jedermann und für alle nicht vor.

(Frau Harms [GRÜNE]: So findet er ja auch nicht statt!)

In Punkt 3 - Nicht-Kommerzialität - stimme ich Ihnen zu. Auch wir als Christdemokraten stehen Werbung und Sponsoring in diesem Bereich sehr kritisch gegenüber.

In Punkt 4 - Festlegung der lokalen Berichterstattung - stimmen wir Ihnen zu, ebenso in Punkt 5, Förderung der Medienkompetenz.

Kollege Reckmann hat zu Recht davon gesprochen, dass Sie in puncto Finanzierung sehr schwammig geblieben sind. Sie sprechen von einer tragfähigen und funktionsgerechten Finanzierung, ohne auch nur einen Vorschlag zu machen, wie das stattfinden soll. Wenn wir uns einig sind, dass Werbung und Sponsoring in Bürgermedien nichts zu suchen haben, gibt es nur noch die Alternative nach mehr staatlichem Geld. Und da haben wir in der Tat die Quadratur des Kreises vor uns.

(Pörtner [CDU]: Sehr richtig!)

Sie verlangen den Fortbestand der vorhandenen Einrichtungen und gleichzeitig die Lizenzierung weiterer Sender. Wir wissen aber, dass es nur einen bestimmten Kuchen zu verteilen gibt. Sie werden also entweder deutlich sagen müssen, ob Sie die Rundfunkgebühr erhöhen wollen oder ob Sie eine zusätzliche Finanzierung möglicherweise durch Steuermittel erreichen wollen. Ich will zumindest sagen, dass Niedersachsen das Land ist, das am meisten Geld für Bürgermedien gibt. Ich kann mir zurzeit eine Erhöhung der Finanzmittel nur sehr schwer vorstellen.

(Plaue [SPD]: Sehr richtig!)

In Punkt 11 reden Sie vom Fortbestand der vorhandenen Sender. Auch hier sollten wir erst einmal die wissenschaftliche Begleituntersuchung abwarten. Haben denn alle Projekte die Versuchsziele des § 37 Abs. 2 und 3 erreicht? Wieso stellen Sie von vornherein einen Freibrief für alle Sender aus? Ich vermute, dass Sie die Untersuchung kennen und dass es möglicherweise auch eine Einrichtung im Großraum Hannover gibt, der Sie hier einen Freibrief ausstellen möchten.

(Frau Harms [GRÜNE]: Welche mei- nen Sie denn? Haben Sie vielleicht ei- nen politischen Filter?)

Wir müssen also klären, ob sich alle Projekte bewährt haben und alle Versuchsziele erfüllt worden sind.

Ich schaue gerade in die Runde und sehe auch einige Kommunalpolitiker aus dem Emsland. Wir haben im Arbeitskreis Beispiele gesehen, wie man auf kreativen Wegen eine zusätzliche Finanzierung der Bürgermedien erreichen kann. Die EmsVechte-Welle wird hervorragend vom Landkreis Emsland, vom Landkreis Grafschaft Bentheim, von der Stadt Lingen unterstützt. Ich meine, auch das sind Wege.

Natürlich kann das nicht überall der Fall sein. Um zu erreichen, dass die Kommunen die Bürgermedien unterstützen, muss man natürlich erst einmal Landkreise und Kommunen mit dem finanziellen Spielraum ausstatten, der ihnen zusteht. Leider verhindern Sie das hier im Hause. Aber nicht umsonst sind ja zurzeit die Prozesse in Bückeburg anhängig.

Verehrte Frau Harms, dann habe ich noch eine Anmerkung zu machen. Sie schreiben zum Schluss in Ihrem Antrag vor der Begründung, die Landesregierung wird aufgefordert, die „Einbindung von Gruppen, die im bestehenden Medienangebot nicht ausreichend Gehör finden", sicherzustellen. Ich würde gern von Ihnen definiert haben, was Sie mit Minderheiten meinen, die nicht ausreichend in den Medien Berücksichtigung finden. Meinen Sie damit vielleicht die Heimatvertriebenenverbände? Meinen Sie damit die Burschenschaftsstudenten? Meinen Sie damit die Landwirtschaft, die Jäger?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Sie reden immer in der Medienpolitik von guten Minderheiten und weniger guten Minderheiten. So geht das auch nicht. Das muss man mal klar fest

stellen. Wir sind sehr gespannt, wie Sie uns das im Einzelnen erläutern wollen.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Harms [GRÜNE]: In welcher Bur- schenschaft schlägt er denn?)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir als Christdemokraten halten den Bürgerfunk für eine interessante Ergänzung der niedersächsischen Medienlandschaft. Es gibt noch viel zu erörtern. Wir werden das in der gebotenen Ruhe und vor allem im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen machen und keinen Frühstart hinlegen, wie es hier die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemacht hat. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Frau Harms hat jetzt noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön!

(Möhrmann [SPD]: Welche Minder- heiten sind es denn nun? - Pörtner [CDU]: Jetzt kommt die Aufklärung über die Minderheiten! - Weitere Zu- rufe)

Herr Kollege Pörtner, ich weiß ja nicht, wie die Entwicklung der CDU weiter gehen wird,

(Unruhe bei der CDU - Pörtner [CDU]: Das haben Sie von Plaue! - Weitere Zurufe von der CDU)

aber wenn es ganz schlimm wird, dann werden Sie bei den kommunalen und bei den Bürgermedien trotzdem noch berücksichtigt werden.

(Unruhe bei der CDU - Plaue [SPD]: Jetzt bin ich wieder zufrieden, Frau Kollegin!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, diese Debatte hat eindeutig gezeigt, wie wichtig es war, dass wir mit diesem Antrag nicht länger gewartet haben. Ganz offensichtlich ist die Bereitschaft schwach, sich wirklich auf die positiven Ergebnisse der Bürgerfunkprojekte einzulassen und eine Perspektive zu planen.

Wer behauptet, dass ich das Blaue vom Himmel herunter verspräche,

(Reckmann [SPD]: Natürlich!)

der hat den Antrag nicht gelesen. Darin steht lediglich - das ist eine überlegte Formulierung -, dass die jetzt lizenzierten Modellversuchsprojekte in den Regelbetrieb überführt werden sollen.

(Reckmann [SPD]: Und die Lizenzie- rung weiterer Sender; Punkt 11!)

Das bedeutet ja, dass erst einmal gar keine andere Finanzierung möglich ist und dass man sich außerdem damit befassen muss, wie man die Lizenzierung weiterer Projekte hinbekommt.

(Reckmann [SPD]: Das stimmt nicht!)

Wenn man über Erfolgsmodelle redet, dann darf man das, was z. B. an der Ems erfolgreich ist, z. B. an der Elbe nicht dauerhaft nicht machen wollen. Ich hätte in Lüchow-Dannenberg auch gern irgendwann einmal solch ein Lokalradio, und es gibt hier wohl noch mehr Kollegen, die das ebenfalls nicht nur einigen unter uns als Privileg überlassen wollen.

(Zurufe von der CDU)

Wie wir das machen, wie wir die Gebührenfinanzierung, die heute stattfindet und die übrigens eine grüne Idee gewesen ist, aufrecht erhalten, wie wir zusätzliche Finanzierungsquellen erschließen, und zwar z. B. in den Kommunen, die von diesen Lokalradios profitieren, wie wir Mitglieder, z. B. Vereinsmitglieder, die ja auch herangezogen werden können und die übrigens auch heute schon einen Beitrag zu diesen Projekten leisten, gewinnen können, wie wir das alles so hinbekommen, dass aus einem kleinen Erfolg ein richtig großer Erfolg wird, darüber zu beraten haben wir jetzt ein Jahr Zeit. Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum alle Kollegen in den Projekten vor Ort immer beteuern, dass es jetzt dringend darum geht, eine dauerhafte Lösung zu finden, und dass in dieser Debatte hier so getan wird, als wenn es eine fixe grüne Idee wäre, dass der Landtag darüber beraten muss.