Protokoll der Sitzung vom 10.05.2000

Es gibt die weitere interessante Situation, dass wir die größten Schwierigkeiten nicht etwa im gesamten Land haben, sondern sich diese Schwierigkeiten im Lande differenziert darstellen. Ich nenne insoweit nur die Bereiche Göttingen/Südniedersachsen und Oldenburg. Hier muss man natürlich nach den Ursachen fragen. Es gibt mehrere Erklärungen bzw. Verdachtsmomente dafür. Es gibt den einen deutlichen Hinweis, dass wir es mit einem massiven Verteilungskampf zu tun haben. Wir haben zweitens offensichtlich zur Kenntnis zu nehmen, dass einige Ärzte ihr Verordnungsverhalten oder -nichtverhalten offensichtlich als politisches Kampfinstrument gegen die jetzige Bundesregierung verstehen. Anders ist z. B. die Kampagne der Kinderärzte in Südniedersachsen, die ich als unmoralisch und ganz schlimm empfinde, nicht mehr zu erklären.

(Beifall bei der SPD)

Anscheinend haben wir es auch mit Wahlkampf zu tun, aber mit einem anderen Wahlkampf als dem, den wir darunter vermeintlich verstehen. Wir haben es zu tun mit einem Wahlkampf innerhalb der Kassenärztlichen Vereinigung um die Nachfolgeregelung des Herrn Dr. Strahl. Auch deshalb tun sich hier einige KV-Bezirke besonders hervor, wenn es darum geht, ihre Ärzte gegen die Patienten zu positionieren. Dieses Verhalten kann man jedenfalls anders kaum noch deuten. Ich meine, dass man seinen innerbetrieblichen Wahlkampf auch anders führen kann und ihn anders führen muss als auf den Rücken von Patientinnen und Patienten.

(Zustimmung von Elsner-Solar [SPD])

Es gibt anscheinend auch deutliche Ablenkungsmanöver hinsichtlich der Notwendigkeit wirtschaftlicher Verordnungsweisen. Die können natürlich nicht außer Kraft gesetzt werden, weil überall dort, wo es medizinisch notwendig ist, ein Rechtsanspruch besteht. Nur es darf keine Gefäl

ligkeitsverordnungen geben. Wer sich einmal die Statistik über die Situation im Lande anschaut, der kann schon Verdachtsmomente hegen, dass es diese gibt.

Meine Damen und Herren, ich habe im Übrigen den Eindruck, dass auch die Manövriermasse, Heilmittel gegen Arzneimittel auszuspielen, in einigen Praxen eingesetzt wird, weil das Arzneimittelbudget deutlich überschritten wird, während im Heilmittelbereich unter Missachtung der medizinischen Notwendigkeit offensichtlich deutlich gespart wird.

Wir haben auch Briefe bekommen, in denen von Patienten darauf aufmerksam gemacht wird - auch das finde ich problematisch -, dass Ärzte zwischenzeitlich in ihren Praxen physiotherapeutische Leistungen abgeben. Es mag sein, dass man dies nicht verhindern kann. Aber wir haben unter Namensnennung der Ärzte erfahren, dass beispielsweise gesagt wurde: Lieber Patient, wenn Sie diese krankengymnastische Behandlung nicht in meiner Praxis durchführen lassen, gebe ich Ihnen die Verordnung nicht. Das ist kein Einzelfall. Auch dies sind Auswüchse im Gesundheitswesen, die wohl niemand von uns politisch akzeptieren kann. Hier müssen wir gemeinsam deutlich gegenhalten.

Das sind die Ergebnisse der Anhörung. Der Entschließungsantrag, den wir Ihnen heute vorlegen, fordert zu folgenden Konsequenzen auf:

Erstens. Da es nicht ihr originärer Aufgabenbereich ist, bitten wir die Ministerin, im Rahmen einer Moderation das Gespräch mit den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung zu führen, um noch einmal aufzuklären, welche Verwerfungen es im Jahre 1999 gegeben hat und welche Folgerungen hieraus für das Jahr 2000 zu ziehen sind. Wir haben Mai, und es gibt für das Jahr 2000 keine Richtgrößenvereinbarung. Dies verunsichert natürlich weiter.

Unsere Bitte an Frau Merk lautet also - ich weiß, Frau Merk hat dies zwischenzeitlich terminiert -, schnellstens das Gespräch mit diesen beiden Partnern, die sich häufig mehr als Kontrahenten verstehen, zu suchen und hier im Interesse der Patienten zu helfen.

Zweitens sind wir der Auffassung, dass das sektorale Budget möglichst schnell durch ein Globalbudget abgelöst werden muss, um eine bessere Manövriermasse zu haben.

Drittens. Wir sind bei der Frage der Regresse der Auffassung, dass die Zahlen vom ersten und zweiten Quartal 1999 nicht eingerechnet werden können, weil die rechtliche Grundlage erst ab dem dritten Quartal 1999 gilt. Auch das würde die potentielle Regresssituation erheblich verändern, und zwar in diesem Falle zugunsten der Ärzte.

Viertens. Solange wir keine Globalbudgets haben, fordern wir eine Trennung des Arznei- und des Heilmittelbudgets, damit Heilmittel nicht gegen Medikamente und umgekehrt ausgespielt werden können und damit das Verordnungsverhalten entsprechend ausgerichtet wird, so wie ich das eben vorgetragen habe.

Fünftens. Wir sind der Auffassung, dass an die Stelle der Richtgrößen Praxisbudgets treten sollten. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch gleich sagen: Wir halten die im Bundesgesetz vorgesehene Kollektivhaftung a) für nicht durchsetzbar und b) auch für falsch.

(Frau Pawelski [CDU]: Ja!)

Wenn sich ein Arzt in seinem Verordnungsverhalten wirklich wirtschaftlich und patientenorientiert verhält und sein Budget nicht ausschöpft, kann es nicht sein, dass er dafür bestraft wird, dass sein Kollege auf Gedeih und Verderb verordnet. Dies ist systemwidrig. Deshalb halten wir es für wesentlich sinnvoller, zu sagen: Er erhält ein Praxisbudget, mit dem er auskommen muss. Aber ich sage genauso deutlich: Kommt er damit nicht aus, hat er, da das Budget nicht reduziert, sondern aufgestockt ist, ein Regressproblem, und zwar ein Einzelregressproblem.

(Frau Pawelski [CDU]: Nur, dann hat er es eben selbst!)

- Dann hat er es eben selbst. Insofern bitten wir hier auch um eine Korrektur des Bundesgesetzes.

Zu den Richtgrößen habe ich bereits etwas gesagt. Wir stellen uns vor, dass diese für 2000 schnellstens vereinbart werden und dass die Praxisbesonderheiten, die im Nachhinein herausgerechnet werden, schon von vornherein berücksichtigt werden. Denn auch dies führt zu erheblicher Verunsicherung.

Unsere abschließende Bitte ist, dass bei diesen Verhandlungen die Heilmittelerbringer mit am Tisch sitzen müssen, damit sie ihre Position mit

einbringen können; denn sie haben substantiell eine Menge dazu beizutragen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch einmal sagen: Wir haben dieses Problem in den letzten sechs Monaten im Fachausschuss sehr häufig sehr einvernehmlich diskutiert. Ich glaube, was diese Punkte betrifft, sind wir auch nicht auseinander. Ich hoffe, dass hier schnell eine Lösung gefunden werden kann. Im Vordergrund hat der Patient zu stehen, nicht die Interessen von Standesorganisationen. Ich hoffe, dass dies mit dem Entschließungsantrag zusätzlich untermauert werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Schwarz. - Meine Damen und Herren, nächste Rednerin ist die Kollegin Pawelski. Bitte sehr, Frau Pawelski!

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Ich sehe schon im Vorfeld eine große Übereinstimmung zu diesem Thema. Das ist gut, weil dies ein sehr wichtiges Thema ist. Kranken Menschen dürfen notwendige medizinische Hilfeleistungen nicht vorenthalten werden. Dies ist ein Grundsatz unseres Sozialstaates, meine Damen und Herren. Wir haben und wir wollen kein britisches System, in dem nach Nützlichkeiten oder nach ökonomischen Kriterien abgewogen wird, ob z. B. ein alter Mensch noch eine künstliche Hüfte, einen Herzschrittmacher, einen Bypass oder sonstiges erhält. Solche Verordnungen wollen wir nicht. Deshalb gibt es bei uns grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf die Versorgung mit notwendigen Heilmitteln.

Aber, meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass es zahlreiche Klagen von Patientinnen und Patienten gibt, denen Heil- und auch Hilfsmittel nicht mehr verschrieben worden sind. Vor allem in den Bereichen Physio-, Logo- und Ergotherapien ist es zu dramatischen Rückgängen bei den Verordnungen gekommen, insbesondere in West- und Südniedersachsen. Betroffen sind nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern auch zahlreiche Leistungserbringer, die sich Sorgen um die Zukunft ihrer Praxis und damit natürlich auch um die Zukunft ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen. Da gibt es eine große Unsicherheit.

Es gibt bereits viel zu den Ursachen zu sagen. Wir haben im Ausschuss hierüber gesprochen. Auch Sie, Herr Schwarz, haben eben vieles dazu gesagt. Ich möchte das nicht alles wiederholen. Die Aushandlung der Richtgrößenvereinbarung ist in erster Linie eine Sache der Selbstverwaltung, also der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen und der gesetzlichen Krankenversicherung. Aber weil es hier um die Wahrung eines so wichtigen Rechtsanspruchs geht, müssen Sie, Frau Ministerin, als Aufsichtsministerin eine Vermittlerrolle übernehmen. Wir haben gehört, dass Sie inzwischen Gespräche mit der KVN und mit den Kassen geführt haben. Ich hoffe, dass der Weg, den Sie eingeschlagen haben, zum Erfolg führt. Sie müssen aber - diesen Rat möchte ich Ihnen geben - von Anfang an klarmachen, dass Sie bereit sind, alle Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um den Rechtsanspruch zu wahren und seine Durchsetzung zu erreichen. Hierbei haben Sie unsere Unterstützung.

Ich begrüße es, dass die KVN und die GKV in Niedersachsen die Bereitschaft signalisiert haben, Probleme nach Möglichkeit im Einvernehmen zu regeln. Meine Damen und Herren, ich sage das so deutlich, weil dies nicht selbstverständlich ist. Wir kennen ja den Streit zwischen den Zahnärzten und den Krankenkassen. Das sollte sich hier nicht wiederholen. Es ist also gut, dass es ein Einvernehmen gibt. Trotzdem muss man deutlich sagen: Jeder Vertragsarzt ist verpflichtet, die medizinisch notwendigen Verordnungen vorzunehmen. Eine Verweigerung von Leistungen gerade gegenüber Schwerkranken ist nicht zu verantworten, und diese werden wir auch nicht hinnehmen.

In den letzten Monaten haben wir eine unverantwortliche Auseinandersetzung um das Arznei-, Verband- und Heilmittelbudget von Vertragsärzten und anderen Leistungserbringern erlebt, die auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten ausgetragen wurde. Das darf sich nicht wiederholen. Die KVN hat sich inzwischen bereit erklärt, die offensichtlichen Informationsdefizite bei vielen Ärzten, von denen Sie, Herr Schwarz, auch schon gesprochen haben, z. B. hinsichtlich der Möglichkeit, Praxisbesonderheiten in Anspruch zu nehmen, zu beseitigen. Logo- und Ergotherapie sind problemlos von den Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen als Praxisbesonderheiten anerkannt worden. Da gibt es keine Probleme. Hierbei dürfte es auch keine Probleme geben. Sie sind also künstlich, hausgemacht. Die Ärzte müssen nur darüber informiert sein, und - das muss

man auch sagen - sie müssen diese Information dann auch zur Kenntnis nehmen und dementsprechend umsetzen.

Der vorliegende Antrag enthält einige Vorschläge, um das Problem in Zukunft zu vermeiden. Ich glaube, wir sind uns in vielen Punkten fraktionsübergreifend einig. Die Landesregierung ist gefordert, sich zunächst moderierend und vermittelnd einzumischen, aber - Frau Ministerin, ich sage es noch einmal - das Instrument rechtsaufsichtlicher Ausnahmen stets bereitzuhalten.

Meine Damen und Herren, es ist schon bemerkenswert, dass die SPD nunmehr von sich aus vorschlägt, auf praxisbezogene Wirtschaftlichkeitsprüfungen und individuelle Regresse für die ersten beiden Quartale des Jahres 1999 ganz oder teilweise zu verzichten. Ich bin mir nicht sicher, was Frau Pothmer als Grüne nachher dazu sagen wird, zumal Bundesministerin Fischer die Möglichkeit der Regresse als ein politisches Druckmittel gegenüber den Ärzten verstanden hat. Sie hat das immer deutlich gemacht. Wir jedenfalls unterstützen die Forderung der SPD-Fraktion.

Nicht mittragen werden wir - das ist allgemein bekannt; da sage ich Ihnen nichts Neues - die Forderung, ein Globalbudget einzuführen.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Das ist aber schade!)

Wir haben an dieser Stelle und auch im Ausschuss oft darüber diskutiert, dass dieser Weg, den wir selber einmal eingeschlagen hatten, nicht hilfreich ist. Die CDU-Länder haben dies im Bundesrat abgelehnt. Ich finde, wir sollten die Schlachten von gestern nicht noch einmal schlagen. Das ist Schnee von gestern. Schlagen auch Sie einen anderen Weg, einen richtigen Weg ein.

Hingegen halte ich eine Trennung von Arznei- und Heilmittelbudget, die auch Sie, Herr Schwarz, hier schon vorgeschlagen haben, für sehr überlegenswert - das ist richtig -, damit das Eine nicht auf dem Rücken der Anderen ausgetragen wird. Darüber sollten wir im Ausschuss auch mit den betroffenen Fachverbänden noch eingehend beraten.

Offen sind wir auch gegenüber jedem Versuch und Vorschlag, der das höchst fragwürdige Instrument der Kollektivhaftung der Ärzteschaft abschafft. Wir können darauf verzichten. Auch hier gibt es, glaube ich, eine große Übereinstimmung. Wir wollen das nicht. Das verunsichert die Ärzte.

Natürlich ist es richtig, die Datenlage zu verbessern, um den Ärztinnen und Ärzten ein wirksames Steuerungsinstrument an die Hand zu geben. Ich appelliere aber an die Ärzteschaft und die Krankenkassen, sich die Verantwortung für die offensichtlich schlechte Dateninformation nicht immer gegenseitig in die Schuhe zu schieben, wie dies zurzeit ja passiert. Jeder sagt, der andere sei Schuld. Ich bin der Meinung, dass hier mit etwas gutem Willen ein klärender Prozess zu führen ist. Letztendlich ziehen wir ja alle an einem Strang, auch die Ärzte, auch die KVN und die Krankenkassen.

Auch wir fordern die KVN auf, ihre Mitglieder umfassend und klar über die Richtgrößenvereinbarung zu informieren, damit es bei den Ärzten nicht weiterhin zu Schockreaktionen kommen kann, die dann wiederum zu einer massiven Verunsicherung der Patientinnen und Patienten führen. Dazu gehört allerdings auch, dass die bisherige Art und Weise der Richtgrößen-Frühinformation abgeschafft wird; denn diese hat bei vielen Ärztinnen und Ärzten nur zur Verwirrung führen können und manche geradezu zu Panikreaktionen verleitet. Hier muss ein anderes Verfahren gewählt werden, um die Ärzte vor Ort über ein angemessenes Verordnungsverhalten zu informieren.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass wir nach der großen Aufmerksamkeit, die dieses Thema in den letzten Wochen und Monaten erzielt hat, auf einem Weg sind, Verunsicherung und Missverständnisse abzubauen, und dass Schluss ist mit Fehlinformationen; denn die schaden nur. Es ist verständlich, dass es unterschiedliche Interessen im Gesundheitswesen gibt. Die muss es auch geben. Im Niedersächsischen Landtag - darüber bin ich sehr froh - sind wir uns darin einig, dass die Form der Auseinandersetzung nicht zulasten der Patientinnen und Patienten gehen darf. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Frau Kollegin Pawelski. - Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Pothmer gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz hat bereits darauf hingewiesen, dass es obwohl das Arznei- und Heilmittelbudget jetzt

noch einmal um 36 Millionen DM angehoben worden ist - bei der Verordnung von Heilmitteln erhebliche Einbrüche - wenn auch regional sehr unterschiedlich - gegeben hat. Das hat - auch das hat Herr Schwarz schon deutlich gemacht - etwas mit den niedersächsischen Besonderheiten zu tun. Das hat etwas mit dem 29-prozentigen Abschlag zu tun, den die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen miteinander verabredet haben. Viele Ärzte hatten den Eindruck, als sei die Richtgröße, die nicht auf 100 % des Budgets berechnet worden ist, sondern nur auf 71 %, identisch mit dem Budget. Das hat zu erheblichen Verunsicherungen geführt, die auch Fehlsteuerungen nach sich gezogen haben. Insgesamt deutet alles darauf hin, dass die Probleme, die wir in Niedersachsen haben - ich will hier noch einmal ganz ausdrücklich sagen: in dem Umfang nur hier in Niedersachsen -, nicht etwa das Ergebnis eines zu engen Budgets sind, sondern das Ergebnis der Vereinbarung, die Kassenärztliche Vereinigung und Krankenkassen miteinander getroffen haben.

Weil das so ist, haben wir sehr früh damit begonnen, die Ministerin aufzufordern, sich mit den Verantwortlichen an einen Tisch zu setzen und diese zu drängen, diese Fehler zu korrigieren und dafür Sorge zu tragen, dass die Patientinnen und Patienten tatsächlich ausreichend versorgt werden. Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich mit Blick auf den Punkt 1 des Antrags ein bisschen überrascht bin, dass er zu diesem Zeitpunkt noch kommt; denn die Ministerin hatte bereits presseöffentlich angekündigt, dass sie genau dieses tun werde. Nachfragen im Sozialausschuss haben noch einmal bestätigt, dass Termine angesetzt sind. Aber, Herr Schwarz, wenn Sie bzw. die SPD der Auffassung sind, dass wir hier mithilfe eines Entschließungsantrages noch ein bisschen nachsetzen sollen, dann bin ich gern bereit, dies hier noch einmal mit zu beschließen. Sie haben letztlich die kürzeren Drähte ins Ministerium und wissen vielleicht besser als wir, wo noch ein bisschen Druck ausgeübt werden muss, meine Damen und Herren.

Was allerdings die Punkte 2 und 3 des Antrags angeht, so habe ich da noch einen erheblichen Diskussionsbedarf. Unter Punkt 2 des SPDAntrags wird angeregt, die Regresszahlungen zumindest für die ersten beiden Quartale auszusetzen. Es ist richtig, die Richtgrößenvereinbarungen sind sozusagen rückwirkend in Kraft getreten, was meiner Meinung nach ein Problem ist. Das Budget galt aber über das gesamte Jahr, was auch bekannt

war. Das Budget ist ja der Parameter für die Regresszahlungen.

(Schwarz [SPD]: Das ist falsch! Beim Einzelregress ist es die Richtgröße!)

- Nein. Die Richtgröße ist zwar der Parameter für das Einsetzen der ersten Prüfungen. Regresszahlungen selbst werden aber nie auf der Grundlage von Richtgrößen vorgenommen. Weil das so ist, bin ich der Meinung, dass wir in Bezug auf eine weitere Amnestie hinsichtlich von Regresszahlungen vorsichtig sein sollten. Darüber sollten wir noch einmal ausführlich diskutieren. Wenn wir das ein zweites Mal machen - Sie wissen, dass wir es in Niedersachsen schon einmal gemacht haben -, dann ist das, glaube ich, bald ein sehr stumpfes Schwert, sodass wir dieses Instrument dann überhaupt nicht mehr nutzen können.

Unter dem dritten Punkt in Ihrem Antrag geht es um die Budgets und hier insbesondere darum, die sektoralen Budgets durch ein Globalbudget abzulösen. Diesen Punkt halte ich für hoch widersprüchlich. Zum Einen fordern Sie dazu auf, das Globalbudget einzusetzen, andererseits sagen Sie aber: Wir wollen das Arznei- und Heilmittelbudget ganz strikt trennen. Das leuchtet mir überhaupt nicht ein; denn damit schränken Sie die Flexibilisierung, die wir in diesem Bereich zum Teil noch haben, noch weiter ein. Wenn Sie hier sagen „bis wir das Globalbudget haben, wollen wir die Sektorierung weiter vorantreiben“, scheint mir das überhaupt nicht plausibel zu sein. Ich kann zwar verstehen, dass sich die Heilmittelerbringer aufgrund der Probleme, die wir in Niedersachsen haben, ihren Teil des Kuchens sichern müssen. Dafür habe ich Verständnis. Dieses Kästchendenken führt doch aber genau zu der Erstarrung und der Einschränkung, die Sie in Ihrer Begründung meiner Meinung nach zu Recht kritisieren. Wenn wir diesen Weg der weiteren Aufspaltung noch weiter gehen, dann ist die Gefahr sehr groß, dass demnächst auch andere Berufsgruppen kommen und wir immer kleinteiligere Budgets bekommen. Ich glaube nicht, dass das ein Weg ist, der uns voranbringt. Deshalb bin ich sehr skeptisch und würde darüber im Ausschuss sehr gern noch einmal diskutieren.