Eine weitere große Gruppe unter den Zuwanderungen - neben denen, die über Asyl einwandern bilden die Spätaussiedler und ihre Familienangehörigen. Auch ihre Zahl ist in den letzten Jahren etwas zurückgegangen. Sie liegt jährlich bei ungefähr noch 100.000 Personen.
Ebenfalls für einen Daueraufenthalt wandern die Angehörigen deutscher und ausländischer Familien ein. Ihre Zahl wird mit 100.000 jährlich angenommen. Genaue statistische Erhebungen gibt es allerdings nicht. - Herr Eveslage, dem Vorhaben der Bundesregierung auf Erweiterung der Möglichkeiten des Familiennachzugs stehen alle Bundesländer sehr skeptisch gegenüber, auch das Land Niedersachsen.
Weiterhin werden nach einer Absprache der Regierungschef des Bundes und der Länder aus dem Jahr 1990 jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion aufgenommen. Seit 1990 sind insgesamt rund 130.000 Personen dieses Personenkreises bei uns zugewandert.
Vorübergehend - das ist Ihnen auch bekannt - wird Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen in Deutschland Schutz vor Kriegshandlungen in ihren Heimatländern gewährt. Bei diesen in den letzten Jahren eingereisten Flüchtlingen insbesondere aus den Staaten des früheren Jugoslawiens handelt es sich um rund 600.000 Personen. Nachdem die Kriegsflüchtlinge aus Kroatien und Bosnien bereits weitgehend zurückgekehrt sind, halten sich derzeit überwiegend - darüber haben wir heute Morgen schon gesprochen - noch diejenigen Menschen in Deutschland auf, die zum großen Teil aus dem Kosovo geflüchtet sind.
Ebenfalls erhalten Arbeitnehmer bestimmter Berufsgruppen aus Nicht-EU-Staaten ein befristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland, davon ein großer Teil als Saisonarbeitskräfte.
Wenn man die Entwicklung bei den Zuwanderungsgruppen in den letzten Jahren betrachtet, dann ist festzustellen, dass die Zahl insgesamt rückläufig ist. Am stärksten ist die Zahl der Asylbewerber zurückgegangen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden rund 19.000 registriert. Bei unveränderter Entwicklung wäre damit die
Gesamtzahl der Asylbewerber im achten Jahr rückläufig. In diesem Jahr würde die Zahl sogar weniger als 80.000 betragen. Es gibt somit aus unserer Sicht keinen dringenden Handlungsbedarf für eine Änderung des Grundrechts auf Asyl. Die gegenwärtige Formulierung des Grundrechts in Artikel 16 a ist Ergebnis, wie Sie wissen, des so genannten Parteienkompromisses zu Asyl und Zuwanderung aus dem Jahre 1992, durch den eine jahrelang sehr emotional und streitig geführte Diskussion abgeschlossen wurde. Mit der Änderung zum 1. Juli 1993 ist die Inanspruchnahme erheblich eingeschränkt worden, und zwar insbesondere durch die Verweisung auf die Inanspruchnahme der Schutzgewährung in sicheren Drittstaaten. Tatsächlich hat die Änderung des Asylverfahrensrechts auch zu einem spürbaren Rückgang der Zahl der Asylbewerber bis heute geführt.
Kernpunkt des deutschen Asylrechts ist auch nach der Grundgesetzänderung seine Ausgestaltung als individuelles Grundrecht. Das heißt: Asylbegehrende haben einen Rechtsanspruch auf individuelle Prüfung ihres Gesuchs und können im Falle der Ablehnung die Verwaltungsgerichte anrufen. - Die neue Technik zeigt mir jetzt mit dem roten Licht, so vermute ich, dass ich bald zum Ende kommen muss, obwohl ich die Hälfte meiner vorbereiteten Ausführungen noch nicht vorgetragen habe.
Vielen Dank, Herr Präsident, für den Hinweis. Ich will Ihnen das gleichwohl nicht in der ausformulierten Form vortragen, sondern versuchen, meine persönliche Haltung zu dem Problem in kurzen Worten zusammenzufassen.
Wie ich bereits sagte, halte ich eine Änderung des Grundgesetzartikels derzeit für nicht erforderlich. Wenn wir im Rahmen der europäischen Harmonisierung, die ich für erforderlich halte, für die auch die europäischen Beschlüsse gefasst worden sind, tatsächlich zu dem Ergebnis kommen sollten, dass unsere gesetzlichen Bestimmungen einem solchen Vorhaben entgegenstehen, was nicht automatisch zu sehen ist, meine Damen und Herren, dann wäre ich bereit, mit mir darüber diskutieren zu lassen, Herr Eveslage, weil die Schutzgewährung durch Artikel 16 a eine Entsprechung in der Genfer
Flüchtlingskonvention findet, sodass der Schutz der Flüchtlinge dann auch ohne den Artikel 16 a gewährleistet wäre. Aber ich würde im Sinne auch der Ausführungen von Frau Stokar einen solchen Grundgesetzartikel nicht ohne Not infrage stellen, sondern würde nur dann dazu tendieren, wenn wir anderenfalls nicht zu einer europäischen Harmonisierung kämen. Das ist meine Auffassung.
Ich sehe also zurzeit nicht, dass wir von uns aus gesetzgeberisch tätig werden sollten. Vielmehr müssen wir das gemeinsam mit dem Bund auf europäischer Ebene verhandeln, weil wir ja auch durch den Gipfel von Tampere den Auftrag haben, das in ein paar Jahren gemeinsam zu entwickeln. Erst dann müssen wir zu solchen Überlegungen kommen. Ich halte es also für verfrüht, jetzt Gesetzesinitiativen in Gang zu setzen. Im Übrigen bin ich auch im Gespräch mit unserer Bundestagsfraktion über die Frage, wie wir die betreffende Diskussion vorantreiben und dabei auch zu gemeinsamen Zielen kommen. Das wird auf Bundesebene eine Rolle spielen. Wir werden uns daran in dem von mir skizzierten Sinne beteiligen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir kommen damit zur Ausschussüberweisung. Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen - gegenüber dem, was Ihnen vorliegt, mit einer Änderung -, den Antrag zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für innere Verwaltung und zur Mitberatung an den Ausschuss für Rechtsund Verfassungsfragen, den Ausschuss für Sozialund Gesundheitswesen, den Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen und den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen. - Widerspruch dagegen sehe ich nicht.
Meine Damen und Herren, entgegen unseren Erwartungen ist es mit diesem Tagesordnungspunkt also doch etwas schneller gegangen. Das lässt sich manchmal eben nicht vorhersehen. Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit im Rahmen einer etwas längeren Mittagspause, als dies ursprünglich vorgesehen war. Um 14.30 Uhr sehen wir uns wieder.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, Sie haben Ihre Mittagspause angenehm verbracht und dass es Ihnen geschmeckt hat. Wir fahren in unserer Tagesordnung fort mit
Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung: Steuerreform: einfacher, gerechter, niedriger - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1581
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe einmal in der Koalitionsvereinbarung von SPD und Grünen von 1998 nachgeschaut. Darin steht: „Ziele der großen Steuerreform sind die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, mehr Steuergerechtigkeit und eine deutliche Vereinfachung des deutschen Steuerrechts.“ Zur ökologischen Steuerreform steht darin: „Die ökologische Steuerund Abgabenreform ist ein marktwirtschaftliches Instrument moderner Technologie- und Industriepolitik. Sie fördert den Strukturwandel und schafft neue Arbeitsplätze.“ Das, meine Damen und Herren, ist nach meiner Einschätzung politische „Lyrik pur“ und meilenweit von der Realität entfernt, über die wir jetzt diskutieren.
Diese Steuerreform ist kein großer Wurf. Ihr Konzept ist missglückt. Sie bringt Deutschland nicht an die Spitze und hat gerade bei der Besteuerung des Mittelstandes unglaubliche Gerechtigkeitslücken.
Die scheinbar tolle Entlastung, die Minister Eichel immer wieder für die nächsten Stufen bis 2005 signalisiert, wird bei genauer Betrachtung weitgehend durch die Steuerzahler selbst finanziert und bezahlt. Insofern ist diese Steuerreform unabhängig von all den handwerklichen Fehlern auch noch ein gigantisches Täuschungsmanöver. Statt Vereinfachung und Bereinigung ist dies wie z. B. bei der Neuregelung der 630-DM-Arbeitsverhältnisse eher ein „bürokratischer Overkill“, der hier auf den Weg gebracht wird.
an dem ein Normalbürger oder ein Handwerksmeister in der Lage ist, seine Steuererklärung selbst abzugeben.
Ich kann nur empfehlen, dass SPD-Politiker die markigen Aussagen zur Vereinfachung des Steuerrechts, Herr Wegner, endlich ad acta legen. Das kann bei und nach dieser Steuerreform wirklich kein Mensch mehr ernst nehmen.
Wie sieht nun die Wirklichkeit im Hinblick auf die Eckpunkte der Finanzierung der Steuerreform aus? – Die Steuereinnahmen sprudeln. Das geschätzte Volumen für 1999 beträgt 907 Milliarden DM, 70 Milliarden DM mehr als im Steuerjahr 1998. Ich bin überzeugt, dass die neueste Steuerschätzung in den nächsten Tagen ein weiteres erhebliches Plus bringen wird.
In den Jahren 2001 und 2002 sollen die Steuereinnahmen nach Schätzungen ca. 1.050 Milliarden DM betragen. Die Steuereinnahmen erhöhen sich ja dramatisch, obwohl die SPD in Berlin regiert. Das Fördergebietsgesetz läuft aus - die Auswirkungen zeigen, dass daraus im Ergebnis erheblich höhere Steuereinnahmen resultieren -, und die Konjunktur zieht an. Dies ist erfreulich. Die sprudelnden unerwarteten Mehreinnahmen, die ja auch einen Spielraum für eine echte Steuerreform bieten würden, werden stillschweigend einkassiert. Viele Steuerzahler werden bald bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von 98.000 DM und nicht mehr ab 116.000 DM mit dem Höchststeuersatz beglückt.
- Herr Wegner, Sie wissen genau, welche Auswirkungen das hat: Man wird häufiger und früher zur Kasse gebeten. – Die Ökosteuer wird auf Bundesebene ab 2003 Einnahmen von ca. 33 Milliarden DM einbringen, die aber nicht - wie versprochen - voll zur Absenkung des Rentenversicherungsbeitrages verwendet werden. Ca. 15 Milliarden DM davon fließen still und heimlich in den
Arbeitnehmern und Arbeitgebern werden nach diesem System Entlastungen vorenthalten. Dieser Überschuss aus der Ökosteuer verschwindet klammheimlich im Bermudadreieck des Bundeshaushaltes. Die Ökosteuer ist nach meiner Einschätzung - dazu stehe ich weiterhin - ein Abkassiermodell und ein Marterinstrument mit umweltpolitischem Deckmantel.
Dass sich, meine Damen und Herren, gestern Abend der DB-Vorstandsvorsitzende Herr Mehdorn in einer Erklärung darüber beklagte, dass die Einnahmen zurückgehen und er ein Minus von 68 Millionen DM im ersten Quartal auszuweisen hat, ist auch eine Folge der Tatsache, dass die Bundesregierung bei dem umweltfreundlichen Verkehrsträger eine Ökosteuer kassiert.
Wer mir das erklären kann, der soll bitte einmal hier nach vorne kommen und das inhaltlich darlegen. Das ist nicht nachzuvollziehen.
Ich sage hier zu der AfA: Die Gegenfinanzierung mit 15 Milliarden DM ist auch ein Punkt, der mit diskutiert werden muss. Weiter in der Diskussion: Die neue Schwerlasterabgabe summiert sich auf 3,4 Milliarden DM.
Meine Damen und Herren, eines ist auch klar: Die Landesfinanzminister haben ja bereits ein neues Ziel signalisiert. Sie wollen die Erhöhung der Erbschaftssteuer. Nach dem Motto „Wo Rauch ist, ist auch Feuer“ bin ich sicher - wenn sich die Finanzminister auch noch so krampfhaft bemühen, die aufflammende Diskussion zu beenden -,
Diese wenigen Punkte machen deutlich, dass insbesondere die kleinen Unternehmer mit dieser Steuerreform endgültig über den Tisch gezogen werden. Sie sollen sich artig beim Finanzminister für vermeintliche Entlastungen bedanken, die sie bei genauer Betrachtung weitgehend selbst finanzieren.