Protokoll der Sitzung vom 12.05.2000

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welches sind die Gründe, die Bezirksregierung Braunschweig mit der Wahrnehmung des Luftrettungsdienstes zu beauftragen?

2. Welche fachliche Kompetenz haben die einzelnen Mitglieder der vom Ministerium neu eingesetzten Vergabekommission?

3. Mit einer Überprüfung des Rettungsdienstgesetzes durch die EU-Kommission hat die Landesregierung offenbar nicht gerechnet. Nun macht sie die Überprüfung dafür verantwortlich, dass die Vergabekommission noch zu keinem Ergebnis gekommen ist. Warum ist es der Vergabekommission nicht möglich, zu einem Ergebnis schon vor Überprüfung durch die EU-Kommission zu kommen?

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 14.09.1999 (Az.: 11 M 2747/99) ausgeführt, dass für den Betrieb der 6. Rettungshubschrauberstation "Christoph Niedersachsen" ein neues Auswahlverfahren durchzuführen ist. Hierzu ist eine Projektgruppe gebildet worden, deren Arbeit derzeit ausgesetzt ist, da die rechtliche Grundlage des Auswahlverfahrens, das Niedersächsische Rettungsdienstgesetz (NRettDG) , auf seine Vereinbarkeit mit dem EURecht überprüft wird.

In der Antwort des zuständigen EU-Kommissars Bolkestein vom Januar 2000 auf die Anfrage eines baden-württembergischen EU-Abgeordneten wird ausgeführt, dass die EU-Kommission der Frage der Vereinbarkeit der Landesrettungsdienstgesetze in Niedersachsen und in 13 anderen Bundesländern mit der EU-Richtlinie 92/50/EWG vom 18.06.1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nachgehe. Dies ist auf Nachfrage des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales von der Vertretung des Landes Niedersachsen bei der EU im Februar 2000 bestätigt worden. Im März 2000 ist vom zuständigen Kommissions-Mitarbeiter gegenüber der Niedersächsischen Landesvertretung bei der EU erklärt worden, es bestehe ein „Anfangsverdacht“, dass die Rettungsdienstgesetze der Länder nicht mit EU-Recht vereinbar seien. Im Mai ist auf nochmalige Nachfrage mitgeteilt worden, die Kommission habe bereits ein entsprechendes Schreiben an die Bundesregierung gerichtet, mit dem diese um Stellungnahme bis zum 29. Mai gebeten worden sei. Eine Beteiligung

der Länder durch die Bundesregierung ist bislang noch nicht erfolgt.

Die Ankündigung des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales, Zuständigkeiten für den Luftrettungsdienst in Niedersachsen vom Ministerium auf die Bezirksregierung Braunschweig zu übertragen, ist in Abstimmung mit dem Niedersächsischen Innenministerium erfolgt.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu 1: Die geplante Verlagerung von Verwaltungstätigkeiten betrifft Teilaufgaben der Luftrettung, die nicht ministeriellen Charakter haben. Das Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales bleibt als oberste Landesbehörde für das Rettungswesen zuständig. Personelle Veränderungen sind mit der Aufgabenverlagerung nicht verbunden. Die Aufgaben sollen zur Bezirksregierung Braunschweig verlagert werden, da dort bereits Vorortaufgaben im Bereich des Luftverkehrs wahrgenommen werden.

Zu 2: Die in der Vorbemerkung angesprochene Projektgruppe hat insgesamt fünf Mitglieder. Diese vertreten die Gebiete Flugmedizin (Bundeswehr), Haushaltswesen, Hubschrauberbetrieb, Kartellrecht, öffentliches Auftragswesen, Rechtskunde und Wettbewerbswesen.

Zu 3: Erst nach Einbeziehung der Länder durch die Bundesregierung zu dem in der Vorbemerkung angesprochenen Schreiben der EU wird es möglich sein festzustellen, ob sich die dargestellten Bedenken der EU auf die Vereinbarkeit der für das Auswahlverfahren zum Betrieb der 6. Rettungshubschrauberstation maßgeblichen Regelung des § 5 NRettDG mit dem Unionsrecht beziehen und ob sie gegebenenfalls begründet sind. Das Auswahlverfahren soll daher derzeit nicht fortgeführt werden, sondern ruht.

Anlage 19

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr auf die Frage 24 der Abg. Frau Pawelski und des Abg. Decker (CDU):

Erlass zum Ausschluss von unzuverlässigen Bewerbern von der Teilnahme am Wettbewerb

Die Landesregierung sieht in einem Erlassentwurf vor, dass Bewerber oder Bieter, die

eine so genannte schwere Verfehlung begangen haben, in ein Unzuverlässigkeitsregister eingetragen und bei öffentlichen Aufträgen von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden können, wobei der Ausschluss grundsätzlich für zwölf Monate erfolgen soll. Der Nachweis einer schweren Verfehlung soll erbracht sein, wenn aufgrund der vorliegenden Tatsachen keine vernünftigen Zweifel an der schweren Verfehlung bestehen, wobei diese Feststellung durch die auftragvergebende Stelle zu treffen ist. Ausdrücklich ist im Entwurf hervorgehoben, dass es hierzu nicht zwingend eines rechtskräftigen Urteils, eines Bußgeldbescheides oder eines Geständnisses bedarf.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Hält sie den vorliegenden Erlassentwurf, wonach Sanktionen verhängt werden können, selbst wenn kein rechtskräftiges Urteil ergangen ist oder ein Bußgeldbescheid oder ein Geständnis vorliegt, mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen für vereinbar?

2. Auf welcher Grundlage könnte eine langfristige Vergabesperre eingeführt werden, zumal sowohl die VOB/A als auch die Baukoordinierungsrichtlinie nur einen Ausschluss von einem konkreten Vergabeverfahren vorsehen?

3. Unternehmen befürchten aufgrund der unbestimmten Regelungen des Erlassentwurfes, schon bei geringstem Anlass Gefahr zu laufen, vom Wettbewerb ausgeschlossen zu werden. Kann die Landesregierung genau definieren, welche Vergehen konkret den Ausschluss rechtfertigen können?

Die Zuverlässigkeit von Bewerbern und Bietern ist wesentliches Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Sowohl nach der VOB, der VOL als auch der VOF können sie von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden, wenn sie „nachweislich eine schwere Verfehlungen begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Auftragnehmer in Frage stellt“ (§ 8 Nr. 5 c VOB/A).

Die von der Landesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe „Korruptionsbekämpfung“ hatte in ihrem Bericht unter anderem auch die Einführung eines sogenannten „Unzuverlässigkeitsregisters“ vorgeschlagen. In diesem Register sollen für 12 Monate die Fälle verzeichnet werden, in denen niedersächsische Vergabestellen Unternehmen von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen haben (§ 8 Nr. 5 VOB/A). Die Registrierung dient dem Zweck, in Niedersachsen Vergabestellen vor der Vergabeentscheidung Kenntnis davon zu geben, wenn der in Aussicht genommene Auftragnehmer

in anderen Vergabeverfahren vom Wettbewerb ausgeschlossen wurde.

Die Einführung dieses Unzuverlässigkeitsregisters soll mit dem in der Anfrage erwähnten Erlass geregelt werden. Der Erlass befindet sich zur Zeit in der Ressortabstimmung,

Der Erlass zum Unzuverlässigkeitsregister ist so konzipiert, dass lediglich die Entscheidungen nach § 8 Nr. 5 VOB/A registriert werden. Er enthält dementsprechend keine Regelungen zum Ausschluss selbst. Der Ausschluss erfolgt vielmehr wie auch bislang schon auf der Grundlage der einschlägigen Regelungen in der VOB. Die Feststellung, dass der Nachweis einer schweren Verfehlung schon dann erbracht ist, wenn keine vernünftigen Zweifel an der schweren Verfehlung bestehen und nicht zwingend eines rechtskräftigen Urteils oder Bußgeldbescheides bedarf, deckt sich voll inhaltlich mit der Regelung der VOB/A. Auch nach ihr muss kein rechtskräftiger Bußgeldbescheid oder ein Urteil vorliegen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

1. Ja.

2. Die Registrierung bedarf keiner gesonderten Rechtsgrundlage. Sie stellt keine Vergabesperre dar. Jede Vergabestelle entscheidet auf der Grundlage der Vergabebestimmungen in eigener Verantwortung über den Ausschluss vom Wettbewerb.

3. Die Voraussetzungen für den Ausschluss vom Wettbewerb sind u. a. in § 8 Nr. 5 c VOB/A geregelt, wonach Unternehmen ausgeschlossen werden, „die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt“.

In dem Erlass wird beispielhaft dargestellt, was schwere Verfehlungen im Sinne des § 8 Nr. 5 c VOB/A sind. Ich zitiere wörtlich:

„Schwere Verfehlungen im Sinne der o. g. Bestimmungen sind unabhängig von der Beteiligungsform beispielsweise

das Anbieten, Versprechen oder Gewähren von Vorteilen an Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete, die bei der Vergabe oder Ausführung von Auf

trägen mitwirken (Bestechung oder Vorteilsgewährung) sowie darüber hinaus an freiberuflich Tätige, die für die Vergabestelle tätig werden,

die Beteiligung an Absprachen über Preise und Preisbestandteile, verbotene Preisempfehlungen, Beteiligungen an Empfehlungen oder Absprachen über die Abgabe oder Nichtabgabe von Angeboten, über die Aufrechnung von Ausfallentschädigungen sowie über Gewinnbeteiligungen und Abgaben an andere Bewerber,

Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit illegaler Beschäftigung, Schwarzarbeit und Verstöße gegen gesetzlich vorgeschriebene Mindestlöhne,

Steuerhinterziehung,

weitere im Geschäftsverkehr begangene Straftaten wie Betrug, Untreue und Urkundenfälschung.“

Anlage 20

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 25 des Abg. Pörtner (CDU):

Steigende Arbeitsbelastung für Sonderschulen durch Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an anderen allgemein bildenden Schulen - Notwendige Nachfrage

Im Januar 1998 hatte ich bereits eine entsprechende mündliche Anfrage an die Landesregierung gerichtet. Meine Fragen, ob daran gedacht wird, den Förderzentren die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf statistisch zuzurechnen, die im Rahmen von Integrationsmaßnahmen außerhalb des zuständigen Förderzentrums von Sonderschullehrkräften beschult werden, und ob vorgesehen ist, den betreffenden Schulleitungen solcher Förderzentren in angemessener Form Anrechnungsstunden zu gewähren, ist von der Landesregierung in beiden Fällen bejaht worden. Konkrete Konsequenzen sind bis heute, zwei Jahre später, jedoch ausgeblieben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Angesichts der Tatsache, dass sie eine solche Anrechnung bejaht hat, warum sind bis heute konkrete Konsequenzen ausgeblieben?

2. Zu welchem konkreten Zeitpunkt werden Schülerinnen und Schüler, die von einem Förderzentrum außerhalb der Sonderschulen im Rahmen einer pädagogischen Grundversorgung oder in Integrationsklassen beschult werden, bei den zuständigen Förderzentren rechnerisch und statistisch berücksichtigt?

3. Warum ist dies bei an anderen Schulformen eingerichteten Kooperationsklassen wie z. B. Sonderschulklassen, die an einer Grundschule oder Orientierungsstufe eingerichtet werden, bereits geschehen, nicht aber bei einer pädagogischen Grundversorgung oder bei Integrationsklassen?

Die vorliegende Anfrage bezieht sich auf eine gleichlautende Anfrage vom Januar 1998 und die Beantwortung durch das Ministerium. Die Beantwortung im Januar 1998 fußte auf den Vorgaben für das zwei Jahre zuvor eingerichtete Pilotprojekt einer sonderpädagogischen Grundversorgung in Wiesmoor und bezog die ersten Erfahrungen ein.

In der Zwischenzeit wurde im Herbst 1998 die Rahmenplanung „Lernen unter einem Dach“ vorgelegt, die in einer Dialogphase bis Mai 1999 landesweit erörtert wurde. Es wurden dabei unter anderem die notwendigen Voraussetzungen für die Einrichtung von Regionalen Integrationskonzepten entwickelt. Ausgehend von diesen Genehmigungskriterien wurden im Herbst 1999 an verschiedenen Standorten Regionale Integrationskonzepte eingerichtet.