Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion wird mit Sicherheit nicht die Blockadepolitik des Bundesrates wiederholen, die vor 1998 betrieben worden ist. Das heißt im Klartext, dass wir nicht das machen werden, was Ihr Deserteur aus Saarbrü
Ich glaube, dass die CDU-Fraktion auf Bundesebene schon deutlich machen wird, dass sie in ihre Überlegungen die Verantwortung für den Standort Deutschland einbezieht, denn es gibt zweifellos eine gesamtstaatliche Verantwortung, insbesondere für das Gelingen der Steuerreform. Das ist überhaupt keine Frage, und das will ich hier auch überhaupt nicht leugnen.
Die Steuerreform hätte allerdings längst umgesetzt werden können, wenn die Verweigerung im Bundesrat vor 1998 nicht betrieben worden wäre,
und wir hätten auch längst die daraus resultierenden Vorteile für den Standort Deutschland verwirklichen können. Diese Blockade, diese Verweigerung hat den Standort Deutschland belastet und hat für die Steuerzahler auch viel Negatives bewirkt.
Ich bewerte aber jetzt einmal den Status quo und bemerke dazu, dass sich an der negativen Einschätzung des rot-grünen Steuerpaketes durch die CDU nichts ändert. Das, was jetzt vorliegt, ist sozial unausgewogen, bürokratisch und arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiv. Deshalb hat die Bundesregierung es jetzt auch in der Hand, ob die berechtigten Anliegen der Union im Zuge der Arbeit des Vermittlungsausschusses aufgenommen werden. Denn wir unterbreiten diese Vorschläge ja nicht aus parteitaktischem Kalkül, sondern wir bringen Vorschläge ein, die auch auf Fachkompetenz beruhen. Das habe ich vorhin schon gesagt. Die Kritik der Fachwelt wie auch die der Verbände zieht sich ja wie ein roter Faden durch Anhörungen, die im Bundestag veranstaltet worden sind, bis hin zu anderen externen Gutachtern. Ich will in diesem Zusammenhang nur die Namen von Professor Bareis, Professor Wenger und Professor Siegel nennen, die auch jetzt wieder in einem sehr aktuellen Aufruf, unterstützt von 78 Wissenschaftlern und festgemacht am Beispiel des Systemüberganges vom Vollanrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren, sagen, dass das nicht in Ordnung ist. Ich meine, dass man diese Kritik nicht einfach mit einen Federstrich vom Tisch wischen kann.
Ich will an einigen wenigen Punkten noch einmal die Position der CDU verdeutlichen. Der Anspruch auf Steuervereinfachung - ich will das ganz bewusst in Erinnerung rufen - wird mit der vorgelegten Reform eklatant verfehlt.
In weiten Bereichen ist der Entwurf der Steuerreform ein Beschäftigungsprogramm für Steuerberater und Rechtsanwälte.
Mit einem gewissen Genuss - das muss ich allerdings dazu sagen - zitiere ich aus einem wohl geordneten Archiv den „Wunstorfer Stadtanzeiger“ vom 8. März 1996, in dem über den damaligen sicherlich auch noch jetzigen - Steuerexperten Herrn Aller gesagt wird: „Er sprach sich dafür aus, dass immer konfuser werdende Steuersystem drastisch zu vereinfachen.... Dann ist im Gegenzug auch der Staat in der Verantwortung, das Steuersystem durchschaubar und gerecht zu gestalten. Dieser Verantwortung entziehe sich der Bundesfinanzminister konsequent.“
Ich frage mich, was Sie eigentlich aus der politischen Verantwortung heraus bewirkt haben im Hinblick auf das, was Sie als drastische Vereinfachung schon 1996 angemahnt haben. Da ist in weiten Bereichen nach wie vor Nulltarif.
Das so genannte Optionsmodell ist - ich bleibe bei meiner Auffassung - ein Anschlag auf die eigentümergeprägte Unternehmenskultur in unserem Lande, weil wirklich niemand einem Unternehmen empfehlen kann, diese Option, die ja mit tückischen Steuerfallen versehen ist, wahrzunehmen, ganz abgesehen von dem Problem der Erbschaftsteuer. Auch das wissen Sie, Herr Möhrmann. Ich habe nach wie vor die große Hoffnung, dass dieses Optionsmodell beerdigt wird; da gehört es nämlich hin. Es ist wirklich keine zukunftsweisende steuerrechtliche Lösung.
Herr Möhrmann, die Anhebung des Freibetrages für Veräußerungsgewinne - das haben Sie vorhin angesprochen - von 60.000 DM auf 100.000 DM ist nach meiner Überzeugung eine kosmetische Operation, nicht mehr. Aber es ändert insgesamt nichts an der einseitigen und inakzeptablen Bevorzugung von Unternehmen gegenüber Unternehmern. Das bleibt so, und das ist für uns nicht akzeptabel. Die Entlastung gerade kleiner und mittlerer Unternehmen durch Tarifsenkungen, insbesondere auch im Hinblick auf die dringend erforderliche Eigenkapitalbildung - das haben wir in unserem Antrag ja auch gefordert -, findet in der Steuerreform so nicht statt. Das muss man ehrlich sagen.
Sie haben noch einmal die vorgesehene Senkung des Spitzensteuersatzes auf 45 % angesprochen, die nach dem rot-grünen Entwurf ab 2005 greifen soll. Aber man muss natürlich dazu sagen: bei gleichzeitiger Absenkung des Grenzsteuersatzes auf 98.000 DM. Dies ist eine tückische Falle. Denn wer sich wirklich den Steuertarifverlauf ansieht, merkt spätestens dann, dass er im Ergebnis, wenn er in einem bestimmten Einkommensbereich ist, der Betrogene ist.
Deshalb muss einfach im Verfahrensverlauf des Vermittlungsausschusses bewirkt werden, dass man sich von dieser Festschreibung auf 98.000 DM verabschiedet und wieder deutlich über 100.000 DM kommt. Ich glaube, das wäre ein angemessener Beitrag, damit die Steuerreform in einem bestimmten Bereich von Einkommen eben nicht zu einer Riesenenttäuschung wird. Sonst wird das so kommen. Ich habe die Hoffnung, dass im Vermittlungsverfahren hier noch eine gewisse Pufferzone abgearbeitet wird und es dann zu einer Veränderung kommen kann.
Ich will das Problem der kalten Progression nicht noch einmal in epischer Breite erläutern; das habe ich bereits beim letzten Mal getan. Aber einen Punkt will ich doch ansprechen, nämlich die nach meiner Auffassung Unterschätzung der Selbstfi
nanzierung einer echten Steuerreform. Wenn Sie eine echte Steuerreform machen, können Sie nach meiner Überzeugung auch mit einer hohen Selbstfinanzierungsquote rechnen. Ich gebe gerne zu, dass es die berechtigte Sorge der Bundesländer gibt, was die Einnahmesituation anbelangt, aber alle werden mir zustimmen, dass es natürlich auch weitere Imponderabilien gibt. Die Einnahmesituation im Steuerbereich hängt beispielsweise auch davon ab, ob die Wirtschaft boomt oder nicht.
Die CDU wird sich nicht verweigern, aber bei einem Kompromiss auf Bundesebene muss im Ergebnis hier und da auch die Handschrift der CDU deutlich erkennbar sein. Nur dann kann man von einem echten Kompromiss sprechen. Jetzt ist insgesamt bei der Steuerreform nur die Schieflage erkennbar. Ich glaube, das wird so nicht akzeptiert werden können.
Die CDU setzt darauf, dass im Ergebnis vernünftige Kompromisse dabei herauskommen. Aber das, was Sie als SPD-Fraktion heute als Änderungsantrag vorgelegt haben,
ist für uns inakzeptabel. In Teilbereichen - das gebe ich gerne zu - können wir darüber nachdenken. Aber in der Bewertung insgesamt werden wir dem nicht zustimmen können.
Ihr Antrag ist hier und da auch, Herr Kollege Möhrmann, sehr windelweich formuliert nach dem Motto: ein Wisch-und-weg-Antrag. Deshalb werden wir dem nicht zustimmen.
rungen im Ausschuss. Wenn da etwas Kritisches gegen die Regierung vorgetragen wird, finde ich das gut. Das Problem ist, dass in dem Fall natürlich solch eine Anhörung stattfinden würde, nachdem der Vermittlungsausschuss das längst beerdigt hätte. Oder Sie alle hätten Ihren Sommerurlaub verschieben müssen.
- Nein, nein, die müssen sich ja auch ein bisschen vorbereiten auf die Anhörung. Im Übrigen hat es ja eine mehrtägige Anhörung im Finanzausschuss des Bundestags dazu geben.
Ich will Ihnen sagen, wo ich Ihnen zustimme: Ich stimme Ihnen zu bei der Frage des Optionsmodells. Die SPD doch irgendwie auch, das steht doch auch in dem Antrag. Das machen wir nicht. Ich glaube, das kommt dabei auch nicht heraus. Es wird irgendein steuerfreies Rücklagemodell geben nach dem Vorbild des Antrags aus Brandenburg.
Sie haben Recht, wenn Sie sagen: Das Halbeinkünfteverfahren verkompliziert das bisherige Steuerrecht. Ich habe aber bisher noch nicht ein ernsthaftes Argument gehört, wie Sie denn die Benachteiligung ausländischer Kapitalanleger in Deutschland anders tatsächlich verhindern wollen. Insofern ist das unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zwingend notwendig. Ich bin dankbar für jeden Vorschlag, der das in vereinfachter Form möglich macht. Aber auch die von Ihnen zitierten Experten haben dafür bisher kein praktikables Modell anbieten können.
Ich bin gern bereit, über die Frage zu reden: Was machen wir mit dem Spitzensteuersatz? Ich sage aber auch: nicht bei der Höhe der Prozentpunkte, ob 43, 44 oder 45 %. Lassen Sie uns stattdessen über die Verschiebung von Einkommensgrenzen reden. Wir müssen dann aber eine Gegenfinanzierung haben. Hermann, ich bin nicht sicher, ob das noch gilt, was Friedrich Merz vor ein paar Monaten gesagt hat, dass man als Gegenfinanzierung für die weitere Absenkung des Spitzensteuersatzes seitens der CDU eine Absenkung der Kilometerpauschale vorschlägt. Ich bin nicht sicher, ob das noch gilt, aber wir können darüber reden.
Ich will noch einen letzten Punkt erwähnen, denn es ist ja unser Antrag, der da eingearbeitet worden ist.
Wir waren strikt gegen eine Steuerfreiheit für die Veräußerungserlöse aus Beteiligungsbesitz von Kapitalgesellschaften. Diese Kritik ist mittlerweile auch von verschiedenen Bundesländern aufgegriffen worden. Auch im hiesigen Finanzministerium ist - ich glaube, mit guten Gründen - nachgewiesen worden, dass es nicht im Sinne einer solchen Regelung sein kann, dass etwa die Investmenttöchter von großen Banken dadurch mit ihren Veräußerungen steuerfrei gestellt werden. Das kann man übrigens auch mit mehr als 16 % besteuern, wie es die CDU vorschlägt. Mir ist wichtig, dass der Finanzminister an der Stelle Handlungsfreiheit im Vermittlungsausschuss hat. Ich hoffe, dass an der Stelle zusätzliche Einnahmen auch für die Länder herauskommen.
Herr Aller, wenn Sie mir versprechen, dass Sie hier jetzt nicht noch lange reden, stimmen wir Ihrem Antrag auch zu.