Protokoll der Sitzung vom 21.06.2000

Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Herr Minister Oppermann gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Golibrzuch hat gesagt, dass die Fraktion der Grünen den gemeinsamen Antrag unterstützt, weil nichts Falsches darin steht. Das heißt aber noch lange nicht, dass das, was Sie gesagt haben, richtig ist, Herr Golibrzuch. Sie sind nicht richtig informiert. Wenn Sie sagen, der Ministerpräsident habe heute Morgen so lobenswerte Initiativen wie „Schulen ans Netz“ erwähnt, und es gebe nichts Vergleichbares für die Hochschulen, dann haben Sie völlig Recht. Wissen Sie, woran das liegt? – Die Hochschulen sind längst im Netz drin.

(Beifall bei der SPD)

Das Internet ist im Bereich der Wissenschaft erfunden worden. Frau Saalmann hat das bereits ausgeführt. In dem Zeitraum 1997 bis 2003 beträgt das Investitionsvolumen 125 Millionen DM. Das leistungsfähigste Wissenschaftsnetz in Deutschland ist das Wissenschaftsnetz Nord. Darin ist Niedersachsen sozusagen das Kernstück. Wir stecken auch noch zweistellige Millionenbeträge in das Intranet, weil es nichts nützt, eine Datenautobahn zwischen den verschiedenen Wissenschaftszentren Norddeutschlands zu haben, aber nur einen Trampelpfad innerhalb der Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Wir sind den Schulen sozusagen schon drei Schritte voraus. Das liegt in der Tradition des Internets, das aus dem Militär kommt und als Erstes weltweit von den Hochschulen angewendet worden ist. - So viel zu Ihrer Einschätzung.

Ich freue mich, dass über diesen Antrag Konsens besteht und dass im Übrigen sachlich darüber diskutiert worden ist. Das Thema Multimedia an den Hochschulen ist sehr wichtig. Ich kann einmal verdeutlichen, was für ein Markt dort entsteht. Der Sun-Geschäftsführer Ed Zander hat prognostiziert, dass der Bildungsmarkt im Internet von knapp 200 Millionen DM im Jahre 1998 auf 5,5 Milliarden DM im Jahre 2003 anwachsen wird. Dort entsteht also ein gewaltiger Markt.

Selbstverständlich können die Länder nur die Infrastrukturkosten finanzieren, aber nicht die Übersetzung des gesamten Lehrangebots in multimediagerechte Lernmodule. Das werden in wachsendem Umfang Private tun. Ein Markt von 5,5 Milliarden DM entsteht dort. Für die Leistungen, die dort angeboten werden - dabei wird es sich um hochwertige Leistungen handeln – werden Entgelte gezahlt werden müssen, weil private Investoren diese Investitionen aufbringen. Mit anderen Worten: Das Internet bringt uns einen Bildungsmarkt – unabhängig davon, ob wir das so wollen oder nicht, und auch unabhängig davon, was wir im Landtag beschließen. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

Dieser Markt bringt Bildungsleistungen von hoher Qualität. Natürlich kann das Internet die Präsenzveranstaltung nicht ersetzen. Kein Chat im Internet kann den direkten Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden ersetzen. Wo es derzeit schon Vorlesungen im Internet gibt, kommen die Leute auch zu Präsenzveranstaltungen. Es gibt immer

Kombinationen, und das ist gut so. Aber dennoch werden die Grenzen zwischen akademischer Erstausbildung und Weiterbildung, zwischen Fern- und Präsenzstudium und zwischen den Lehrenden und Lernenden immer weiter verschwimmen, und vor allen Dingen wird die virtuelle Hochschule die nationalen Grenzen einschleifen. Wir bekommen internationale Hochschulen, die internationale Lehrleistungen einkaufen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir – das ist in der Vereinbarung mit den Hochschulen durch Kabinettsbeschluss inzwischen abgesichert – in den nächsten sechs Jahren 50 Millionen DM für Multimedia bereitstellen. Das ist ein enormes Investitionsvolumen, das den Hochschulen helfen wird, sich für den anstehenden Wettbewerb fit zu machen.

Mit der zentralen Evaluationsagentur gibt es auch eine Einrichtung, die die Lehrmodule auf die Qualität hin überprüfen kann, sodass gesichert ist, dass wirklich nur Gutes auf dem Markt kommt. Es gibt auch ein Highlight: Wir haben internationale Partner, die uns dabei helfen, erstklassige Qualität zu produzieren. Keine geringere als die Universität von Stanford wird gemeinsam mit Niedersachsen und anderen internationalen Partnern das Learning Laboratory Lower Saxony (L3S), zu dem die Universität Hannover, die TU Braunschweig und die TU Clausthal sowie die Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig gehören, im Rahmen des Kurt-Schwitters-Forum auf dem EXPO-Gelände realisieren. Das wird sicherlich auch ein Zentrum mit einem so großen Potential, dass dort zahlreiche Unternehmensgründungen möglich sein werden.

Ich möchte meinen kurzen Beitrag mit einem Zitat von August-Wilhelm Scheer, Hochschullehrer und erfolgreicher Unternehmensgründer, der sein Unternehmen an die Börse gebracht hat, schließen. Er hat in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ gesagt:

„Während die informationstechnische Erfindung der Buchdruckerkunst im 16. Jahrhundert zu einem Boom an Neugründungen von Universitäten geführt hat, wird das Internet eher zu einem Sterben der weniger profilierten Unis führen.“

Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass die niedersächsischen Hochschulen zu den Gewinnern

dieser Entwicklung gehören sollen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Mundlos hat um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 2 der vorläufigen Geschäftsordnung des Landtages gebeten. Ich erteile Ihnen bis zu zwei Minuten Redezeit. Bitte schön, Frau Mundlos!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich freuen wir uns darüber, dass Bewegung in diesem Bereich erreicht worden ist und das Ganze auf einem Konsens basiert, vor allen Dingen deshalb, weil der gesamte Multimediabereich ein außerordentlicher Wachstumsbereich ist. Allerdings haben wir niemals behauptet, dass Multimedia bzw. die virtuelle Hochschule den Hochschullehrer ersetzen wird, sondern es kommt dabei sicherlich auf die gesunde Mischung zwischen Präsenz und virtueller Hochschule an.

Im internationalen Wettbewerb sind wir natürlich ganz besonders gefordert. Ob allerdings die Universität Stanford der Maßstab ist, Herr Minister, oder vielleicht wieder das MIT, sollten wir einmal dahingestellt sein lassen.

Fakt ist, dass es möglich ist – das ist erfreulich – gemeinsame Anträge zu produzieren. Wir werden uns positiv einbringen und sehen, wie dieser Antrag zu einer schnelleren Entwicklung im virtuellen Bereich der Hochschulen führen und Niedersachsen weiter voranbringen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, meine Damen und Herren. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über den vorliegenden Antrag. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur in der Drucksache 1694 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 25: Zweite Beratung: a) Besteuerung von Veräußerungsgewinnen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1481 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1512 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/1513 - b) Steuerreform: einfacher, gerechter, niedriger Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1581 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 14/1695

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde einschließlich der dazu vorliegenden Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der SPD in der 47. Sitzung am 30. März 2000 sowie der Antrag der Fraktion der CDU in der 50. Sitzung am 11. Mai 2000 zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen überwiesen.

In der Beschlussempfehlung wird die Annahme der vorgelegten Anträge in einer geänderten Fassung vorgeschlagen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen daher zur Beratung. Hierfür hat sich zu Wort gemeldet Herr Kollege Möhrmann. Bitte schön, Herr Möhrmann!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben das Thema „Steuerreform“ erneut im Plenum, und wir haben nach der Rede von Herrn Wulff von heute Morgen erneut das Problem, dass er auf der einen Seite gesagt hat, er wünschte sich einen Landeshaushalt, der im Laufe der nächsten Jahre die Nettoneuverschuldung auf Null zurückführt und der sogar in der Lage wäre, den Schuldenberg des Landes Niedersachsen abzutragen. Auf der anderen Seite habe ich von Herrn Wulff gehört, dass das Angebot des Bundeskanzlers zum Bereich der Rentenversicherung, aus dem Bundeshaushalt ein Volumen in Höhe von über 14 Milliarden DM zusätzlich zu finanzieren, um private Vorsorge möglich zu machen, als zu gering angesehen wird. Außerdem habe ich gehört, dass Herr Wulff hier erklärt hat, dass die Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften nicht hinreichend

sei. Ich habe viele weitere Punkte gehört, die allesamt zu weiteren Kostensteigerungen führen würden.

(Rolfes [CDU]: Ihr müsst jetzt nicht alles durcheinander bringen!)

Wenn ich mir die Vorschläge der Opposition im Bundestag und die einiger Bundesländer anschaue, dann stelle ich fest, dass viele gar nicht mehr wissen, dass eine Milliarde eine Zahl mit neun Nullen ist

(Frau Pawelski [CDU]: Ich kenne je- manden, der den Unterschied zwi- schen netto und brutto nicht kennt!)

und dass von diesen neun Nullen einiges auch auf unseren Landeshaushalt durchschlägt. Von daher kann ich nicht erkennen, welches Konzept dahinter steht.

Wenn wir uns allerdings nur auf die Diskussion im Haushaltsausschuss beschränken, dann will ich gerne konstatieren, dass wir uns inzwischen in weiten Bereichen einig sind, sodass ich mir durchaus vorstellen könnte, dass wir zu einem Konzept gelangten, das sich sehen lassen könnte, wenn nur wir es zu entscheiden hätten.

Meine Damen und Herren, es lagen verschiedene Anträge der Opposition vor. Der erste Antrag war der der Grünen zu der Frage der Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen. Wir haben diesen Gedanken aufgenommen und dazu eine Formulierung zu Papier gebracht, von der wir davon ausgehen, dass die Landesregierung im Bundesrat eine Regelung erreichen wird, die im Sinne dieser Wünsche der Grünen, aber auch im Sinne der Wünsche unserer Fraktion umgesetzt werden kann.

Uns lag des Weiteren ein Antrag der CDU vor, in dem in sechs Punkten allgemein etwas zur Steuerreform ausgesagt wurde, ohne aber etwas konkreter zu werden. Ich kann nur noch einmal Folgendes sagen: Wer denn meint, dass der Einkommensteuerhöchstsatz mit 45 % zu hoch ist, und wer diesen Steuersatz absenken will, der muss wissen, dass jeder Punkt an Senkung ein zusätzliches Loch von 250 Millionen DM im Landeshaushalt bedeutet, und der muss mir dann hier erklären, wie er diesen Ausfall finanzieren will. Wer an anderer Stelle noch mehr tun will, wie es Herr Wulff heute Morgen angekündigt hat, der muss das ebenfalls erklären. Von daher ist unser Vorschlag, den Landtag heute in einem Entschließungsantrag zu binden

und die Landesregierung aufzufordern, im Bundesrat entsprechende Initiativen zu ergreifen, meines Erachtens der richtige Weg.

Ich möchte gerne noch einige Punkte anfügen, über die wir auch in der früheren Debatte gesprochen haben. Es ging ja um die Frage der Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen, wenn Handwerksbetriebe veräußert werden, um die Alterssicherung zu gewährleisten. Hierfür sind Beispiele genannt worden, die als sehr sensationell und dramatisch geschildert wurden. Leider haben wir keine konkreten Zahlen dazu gehört. Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass es eine Studie gibt, in der 60.000 Betriebsveräußerungen untersucht wurden. 80 % dieser Betriebe erzielten einen Reingewinn in Höhe von 250.000 DM. Bis zu Reingewinnen von 500.000 DM aber ist die neue Regelung besser als die alte. Von daher kann ich nicht verstehen, warum an dieser Stelle diese Kritik geäußert wird, insbesondere wenn man zuvor 15 Jahre lang Zeit gehabt hat, etwas anderes zu initiieren.

Auch der Vorwurf, wir würden mit unserem Konzept Einkommensbezieher im mittleren Bereich zusätzlich belasten, entspricht nicht den Tatsachen. Lassen Sie mich Ihnen dazu einige Zahlen nennen: Ein Haushalt, der 50.000 DM zu versteuern hat, spart nach den Vorstellungen, die die CDU vorgelegt hat, 898 DM, nach unseren Plänen 788 DM. Ein Haushalt, der 100.000 DM zu versteuern hat, spart nach den Vorstellungen der CDU 2.524 DM und nach unseren Vorstellungen 1.698 DM. Sie sehen also, dass die Einsparungen der Haushalte größer wären, wenn man dem Vorschlag der CDU folgen würde.

Dann kommt aber die zusätzliche Auswirkung, die darin enthalten ist. Ein Haushalt, der 240.000 DM zu versteuern hat, spart nach den Vorstellungen der CDU 11.044 DM und nach unseren Vorstellungen 3.446 DM. Und da reden Sie von sozialer Gerechtigkeit!

(Beifall bei der SPD - Lindhorst [CDU]: Und wie sieht das prozentual aus? - Gegenruf von Plaue [SPD]: Reden Sie mal über Cash, Herr Lind- horst! Soziale Gerechtigkeit! Da müsste Ihnen als Sozialpolitiker doch der Kamm hochgehen!)

Meine Damen und Herren, ein Haushalt, der 400.000 DM zu versteuern hat, spart nach Ihren

Vorstellungen 25.438 DM und nach unseren Plänen 7.446 DM. Von daher befinden wir uns meines Erachtens auf einem guten Wege.

Wir hoffen, dass wir im Bundesrat eine Lösung finden, die den Landeshaushalt über die jetzt im Entwurf der Landesregierung aufgrund der Steuerreform vorgesehenen Ausfälle nicht zusätzlich belastet. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD - Heineking [CDU]: Und über die Vergünstigun- gen für die Konzerne sagen Sie nichts! - Gegenruf von Möhrmann [SPD]: Ich habe alles gesagt! Sie ha- ben nicht zugehört! - Heineking [CDU]: Ich habe alles gehört!)

Herr Dinkla, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Möhrmann, lassen Sie mich zunächst einmal damit beginnen, dass die CDU-Fraktion es bedauert, dass im Haushaltsausschuss eine Anhörung verweigert worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir hätten es wirklich gerne gesehen, wenn das, was hier als „Steuerreform“ bezeichnet wird, auch einmal durch externen Sach- und Fachverstand im Sinne eines Benchmarkings hätte geprüft werden können. Wir kennen das aber auch schon aus den Beratungen anderer Ausschüsse, dass die SPDFraktion sich insoweit strikt verweigert. Bei uns setzt sich das Gefühl fest, dass Sie den externen Sach- und Fachverstand scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Ich meine, dass wir gut beraten wären, in einzelnen Bereichen auch einmal Wissenschaftler, Fachleute, externen Sachverstand einzubeziehen und dann abzuwägen, anstatt von vornherein abzublocken. - Das als Eingangsbemerkung!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion wird mit Sicherheit nicht die Blockadepolitik des Bundesrates wiederholen, die vor 1998 betrieben worden ist. Das heißt im Klartext, dass wir nicht das machen werden, was Ihr Deserteur aus Saarbrü