Protokoll der Sitzung vom 21.06.2000

Einen Satz möchte ich hier zitieren, Frau Saalmann. Sie haben Ihre Rede damit geschlossen, dass Sie sagten:

„Wir nehmen Ihren Antrag, Frau Trost, gerne zum Anlass, die Leistungen unseres Landes darzustellen und gemeinsam mit Ihnen über die Weiterentwicklung zu diskutieren.“

(Frau Körtner [CDU]: Es ist aber bei den Heidschnucken geblieben!)

Es war sehr schön, dass wir weiter diskutiert haben. Insbesondere begrüße ich bei dem gemeinsamen Änderungsantrages eines jetzt schon: Zu Beginn des Antrages wird keine Lobesarie nach dem Motto gesungen: Der Landtag begrüßt die bisherigen Leistungen der Landesregierung. Vielmehr beginnt dieser Antrag mit dem Satz: „Die Landesregierung wird aufgefordert....“

(Zustimmung von Frau Körtner [CDU])

Dass dieser Änderungsantrag etwas anders lautet als unser Ursprungsantrag, ist logisch. In 17 Monaten hat sich auch hier im Lande Niedersachsen das eine oder andere weiterentwickelt, zum Teil auch losgetreten durch unsere Initiative.

(Beifall bei der CDU)

Weiterhin hat die Technik eine rasante Entwicklung genommen. Das kann man nicht mit der normalen technischen Entwicklung vergleichen. Sie wissen selbst, dass es im E-CommerceBereich, im Internetbereich, im Multimediabereich wesentlich schneller vorangeht als bei der allgemeinen technischen Entwicklung.

Lange wurde darauf gewartet, dass die diversen Erkenntnisse aus Gutachten etc. vorliegen, sodass wir dann endlich im Frühjahr zu einem gemeinsamen Antrag kamen. Wir hatten in unserem Antrag die gemeinsame Zusammenarbeit angemahnt. Dies wird nun auch von der SPD unterstützt und zum Teil auch schon umgesetzt, so z. B. hinsichtlich der Ziffer 1 des letzten Spiegelstriches, mit dem die Landesregierung dazu aufgefordert wird, eng mit der von der Landeshochschulkonferenz eingerichteten Beratergruppe für Multimedia in Lehre, Forschung und wissenschaftlicher Weiterbildung zusammenzuarbeiten. Dies ist auf einem guten Weg.

Herr Gabriel hat heute Morgen in seiner Regierungserklärung gesagt, dass inzwischen mehr als 400 Unternehmen, Handwerksbetriebe und Organisationen in einem Verbundvorhaben Multimediainitiativen zusammengefasst sind. Eines habe ich dort allerdings vermisst. Das gebe ich jetzt an Herrn Minister Oppermann weiter. Weder Forschung noch Entwicklung oder die Hochschulen werden in diesem Zusammenhang genannt. Ich finde es fatal, wenn Multimedia nur außerhalb dieses Bereiches stattfindet und gerade das innovative Potential in diesen Bereichen, das wir ja haben, nicht genutzt wird.

(Beifall bei der CDU)

Der Aufgabenbereich einer neuen Multimediainitiative ist in der Staatskanzlei angesiedelt. Auch das steht in dieser „Erfolgsstory“ des Landes Niedersachsen, und zwar - wer es nachlesen möchte - auf Seite 9.

Herr Minister Oppermann, ich hoffe nur, dass Sie genügend Einfluss nehmen, damit dies nicht ausschließlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten

gesehen wird, sondern auch unter hochschulpolitischen. Aus Ihrer Antwort auf eine Anfrage vom 8. Oktober 1998 - diese habe ich in meiner Rede damals auch schon zitiert - geht hervor, dass Sie Modelllösungen für die Entwicklung virtueller Hochschulen entwickeln wollen. Von solchen Modelllösungen habe ich allerdings immer noch keine Kenntnis. Ich muss wohl noch eine Kleine Anfrage stellen. Vielleicht legen Sie sie dann vor. Denn freiwillig werden wir hierüber nicht unterrichtet.

Heute Morgen hieß es weiter, Aufgabe sei es, Antworten für die kommenden zehn Jahre zu finden. Herr Oppermann, folgen Sie bitte dieser Aufforderung, und nutzen Sie die Chancen, nutzen Sie das Potential, nutzen Sie die vorhandene Motivation.

Wir als CDU werden die weitere Entwicklung auf jeden Fall verfolgen und hoffen, dass es gut ausgeht. Denn eines möchte ich nicht. Bei der Eröffnung der Länderwoche auf der EXPO wurde teilweise auch ins Englische und ins Französische übersetzt. „Die Flachheit des Landes Niedersachsen“ wurde mit „la platitude niedersaxonne“ ins Französische übersetzt. „Plattitüde“ heißt laut Duden einfach nur: nichts sagende, abgedroschene Redewendung, Plattheit. Das möchte ich unserem Land nicht zumuten. - Danke.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Saalmann, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe gerade in Richtung CDU gesagt, dass ich es nicht verstehen könne, wenn das Anliegen das Richtige ist, aber die CDU die guten Anträge ablehnt, weil sie ihre durchsetzen will und dies nicht schafft. Bei dem Antrag zu virtuellen Hochschulen in Niedersachsen sind wir einmal gemeinsam einen anderen Weg gegangen. Zu Anfang, als dieser Antrag eingebracht wurde, befand sich ja noch reichlich Schärfe in der Diskussion. Die CDU hat bei der ersten Beratung den Eindruck erweckt, Niedersachsen sei, was den Multimediaeinsatz in den Hochschulen, also in Wissenschaft, Lehre und Forschung, angehe, ein Niemandsland, ein weißer Fleck auf der Landkarte; allenfalls gebe es ein

bisschen, aber dies würde uns eigentlich schon wieder zum Schlusslicht der Nation machen.

(Widerspruch bei der CDU)

- Doch, so war damals der Tenor, Frau Mundlos.

(Frau Mundlos [CDU]: Glanzlichter sind es auch heute noch nicht!)

- Frau Mundlos, ich glaube, mit der Bilanz, die wir heute ziehen können, können wir uns schon sehen lassen. Wir haben in diesem Bereich durchaus Erfolge gehabt.

Ich habe schon damals deutlich gemacht, dass wir mitnichten sehen, dass Niedersachsen das Schlusslicht der Nation wäre. Schon bei der ersten Beratung des CDU-Antrages konnten wir mit Erfolgen aufwarten. Im Laufe der Beratungen hat sich wohl für uns alle - das fand ich ganz interessant - die Erkenntnis herausgebildet, dass es in Niedersachsen im Bereich Multimedia in Lehre, Forschung und Studium eine ganze Menge gibt.

(Frau Mundlos [CDU]: Das haben wir den Professoren zu verdanken!)

- Nein, das haben wir nicht nur den Professoren zu verdanken, Frau Mundlos, sondern auch einem von der Landesregierung eingesetzten Landesarbeitskreis Multimedia, der seit 1997 ausgesprochen erfolgreich gearbeitet hat. Das ist einfach so. Er hat Projekte ausgesucht und beurteilt, er hat Initiativen gestartet, koordiniert, beraten und vieles mehr, was dazugehört, um in diesem Bereich eine fruchtbare Landschaft ins Leben zu rufen.

Inzwischen ist es so, dass in Niedersachsen von 1997 bis 2003 für diesen Bereich im Haushalt des MWK 124 Millionen DM eingesetzt worden sind bzw. werden. Das ist meiner Meinung nach kein Pappenstiel.

(Frau Mundlos [CDU]: Erst nehmen Sie es den Hochschulen weg, dann geben Sie es den Hochschulen wie- der!)

- Frau Mundlos, darauf komme ich gleich noch zu sprechen. - Weil wir von der SPD der Auffassung waren, dass das Thema virtuelle Hochschulen, also Multimedia in Lehre, Forschung und Studium, ein nicht zuletzt auch für den Standort Niedersachsen und auch für die Konkurrenzfähigkeit unserer Hochschulen ausgesprochen wichtiges und bedeutsames Thema ist, haben wir nicht gesagt, dass wir

den Antrag der CDU-Fraktion einfach nur ablehnen, weil er uns nicht so richtig gefällt, sondern wir haben gesagt: Ein wichtiges Thema. Da wollen wir mitreden. Das wollen wir mitbesetzen. - Daraufhin haben wir einen Änderungsantrag erarbeitet, den wir letztendlich gemeinsam beschlossen haben. Das halte ich für einen ausgesprochen guten und auch sachlichen Umgang mit einem so wichtigen Thema. Manchmal wünsche ich mir, dass hier so etwas häufiger passieren würde.

Wir haben in diesen Änderungsantrag allerdings einen etwas anderen Tenor hineingelegt. Wir sagen, dass die Landesregierung auf dem Weg, den sie beschritten hat, weitergehen soll. Sie soll weiterhin ihre Unterstützung gewähren, auch durch den Innovationspakt. Das ist ja schon geschehen. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass diese 10 Millionen DM, die im Rahmen des Innovationspaktes gerade für diesen besonderen Bereich Multimedia vom Jahr 2002 an zur Verfügung stehen werden, von den Hochschulen außerordentlich begrüßt werden. Allerdings dürfen wir nicht glauben, meine Damen und Herren, dass der im Bereich Multimedia erforderliche Mitteleinsatz den ganzen Hochschulbetrieb auf Dauer billiger machen wird. Das ist ein Irrglaube. Alle Bildungsexperten sagen, dass nichts billiger wird. Das Studium kann flexibler werden. Man kann eventuell zu Hause studieren. Der Präsenzunterricht an den Hochschulen wird aber auch in Zukunft nicht wegfallen. Man geht unter Bildungsexperten davon aus, dass in zehn Jahren immer noch ein Drittel aller Studenten herkömmlich studieren wird. Mehr als die Hälfte aller Studenten wird jedoch zweigleisig fahren, also virtuell und real. Somit wird man die herkömmlichen Strukturen, das Personal, die Technik, die Gebäude, die gesamte Infrastruktur weiter vorhalten müssen. Zu diesen Kosten hinzu kommen noch die Ausgaben für all das, was an technischer Ausrüstung und Personal eingesetzt werden muss. Für diese neuen Multimediatechniken braucht man nämlich auch zusätzliches Personal. Darüber hinaus dürfen wir nicht vergessen, dass sich die Innovation im Multimediabereich unglaublich schnell vollzieht. Das heißt, wenn ich heute einen Rechner kaufe, dann ist er schon morgen oder spätestens übermorgen veraltet und muss ersetzt werden.

Nach einer gemeinsamen Studie der Bertelsmannund der Nixdorf-Stiftung kostet ein einziger Online-Studiengang 3 Millionen bis 10 Millionen DM pro Jahr. Insofern kommen hier auf uns wirklich

hohe Kosten für ein voll ausgebautes Multimediasystem zu.

Das Fazit also ist: Es müssen zusätzliche Millionenbeträge eingesetzt werden. Diese Beträge müssen schließlich auch irgendwo herkommen. Dabei muss bedacht werden, dass die staatlichen Mittel nicht unendlich, sondern endlich sind. Diese Mittel müssen immer aus den öffentlichen Haushalten kommen. Auch der Wissenschaftsrat sagt in seinen Empfehlungen aus dem Jahr 1998:

„Mittel- bis langfristig wird auf die Hochschulen auch die Herausforderung zukommen, ohne eine nennenswerte Steigerung der öffentlichen Mittel zusätzliche Ressourcen für diesen Bereich bereitzustellen. Daher müssen sie gleichzeitig Wege finden, im Rahmen der globalen Mittelbewirtschaftung durch Schwerpunktsetzung sowie durch eine neue Form der Verbindung privater und öffentlicher Mittel die Entwicklung multimedialer Lehrformen zu fördern.“

Also: Auch die Hochschulen werden in der Zukunft gefordert sein, zusätzlich zu den öffentlichen Mitteln aus dem Globalhaushalt etwas aus Drittmitteln, aus privaten Mitteln hinzuzutun.

Aus unserer Sicht ist auch noch etwas anderes ganz wichtig, was sich auch im Änderungsantrag findet. Die Hochschulen werden in Zukunft aufgefordert sein, den Bereich Multimedia in Lehre und Forschung mit in ihre Entwicklungsplanung aufzunehmen. Es kann also nicht sein, dass den Hochschulen von der Landesregierung, vom MWK vorgegeben wird, was sie zu tun oder zu lassen haben, sondern das wird von den Hochschulen selbst erarbeitet werden und in der Entwicklungsplanung landen müssen, um dann umgesetzt zu werden.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich noch einmal für die konstruktive Zusammenarbeit. Ich finde es ausgesprochen erfreulich, dass wir hier heute diesen gemeinsamen Antrag zur Abstimmung stellen können.

(Beifall bei der SPD)

Vorher hat aber noch der Kollege Golibrzuch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meiner Meinung nach ist es unstrittig, dass die neuen Technologien für das Bildungssystem eine wachsende Bedeutung bekommen. Fast jeder Beruf, jedes Berufsfeld setzt dies mittlerweile voraus. Deshalb bemühen sich die öffentlichen Haushalte - das gilt sowohl für die Schulen als auch für die Hochschulen - um eine entsprechende Ausstattung der Einrichtungen und auch um eine konzeptionelle Arbeit an den Unterrichtsinhalten.

Ich bezweifele aber, dass die konzeptionelle Vorarbeit, die wir seit 1997 durch den Landesarbeitskreis Hochschulmultimedia geleistet haben, in dieser Weise fortgeführt werden kann. Ich glaube, wir laufen in Niedersachsen Gefahr, dass wir uns zu sehr auf die Schulen konzentrieren, sodass die Hochschulen dabei vernachlässigt werden. Es gibt jetzt, was ich begrüße, die Initiative „Schulen ans Netz“. Für die Hochschulen gibt es bislang jedoch nichts Vergleichbares.

Uns fehlt nicht nur die finanzielle Ausstattung, sondern es gibt auch deutliche Defizite in der konzeptionellen Arbeit. Bislang gibt es vonseiten des MWK keine Vorschläge dafür, wie man eine berufsbezogene wissenschaftliche Weiterbildung - ausgehend von den Fernstudienzentren - entwickeln könnte. Bislang hat die Wissenschaftsministerkonferenz noch keine Antwort auf die Frage gegeben, wie man mit der drohenden Rundfunkgebühr auch auf jeden Computer künftig umgehen könnte, was im Zweifel den Wissenschaftshaushalt mit einem dreistelligen Millionenbetrag belasten würde. Leider Gottes gibt es auch überhaupt noch keine Antwort auf die Frage, wie das, was wir sinnvollerweise in den vorliegenden gemeinsamen Antrag hineingeschrieben haben, an den Hochschulen umgesetzt werden soll.

Wir unterstützen diesen Antrag, weil nichts Falsches in ihm steht. Wir sehen allerdings, dass aufgrund der Kürzung der Mittel nur an den Hochschulen um 50 Millionen DM im nächsten Haushaltsjahr all das, was wir in diesen Antrag an wohlfeilen Forderungen hineingeschrieben haben, mit Sicherheit nicht umgesetzt werden kann. Von daher zwar unsere Zustimmung zu diesem Antrag, wir haben aber große Zweifel daran, dass die Landesregierung finanziell in der Lage sein wird, den Wünschen des Landtages letztendlich auch zu entsprechen.

Frau Kollegin Trost, bitte schön!

Frau Saalmann, ich muss trotzdem noch einmal ganz kurz auf Ihren Redebeitrag eingehen. Selbstverständlich begrüßen auch wir, dass ein gemeinsamer Antrag erarbeitet worden ist. Ein „Landesregierung, mach weiter so“ steht nicht in unserem Antrag. Wir haben ja so besonders begrüßt, dass es nicht heißt: Was Sie bisher gemacht haben, war gut. Jetzt macht bloß weiter so. - Hier wird die Landesregierung von allen drei Fraktionen - die Grünen unterstützen das ja mit - vielmehr einstimmig aufgefordert, dort tätig zu werden.

Ferner geht es um die finanzielle Nutzung der Multimediaaktivitäten durch die Hochschulen. Der Wissenschaftsrat hat gesagt, dass es ohne große finanzielle Aufwendungen geschehen muss. Ich habe damals in meiner ersten Rede mehrere Möglichkeiten aufgezählt, wie man dies wirtschaftlich nutzen könnte, um es zu finanzieren.

Natürlich kann das Ministerium den Hochschulen nicht vorschreiben, wie sie im Detail vorzugehen haben. Aber wenn das Ministerium keine Lenkungselemente in bestimmte Richtungen mehr hätte, dann wäre es auch überflüssig. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Herr Minister Oppermann gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!