Protokoll der Sitzung vom 21.06.2000

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen uns natürlich auch darauf vorbereiten, dass die Kontrollrechte des Parlaments immer weniger möglich sind. Das ist ein sehr wichtiger Punkt.

Wenn wir über die Einführung einer neuen Haushaltsordnung und über Budgetierung nachdenken, brauchen wir natürlich auch Vorschläge, wie wir unsere Kontrollrechte weiterhin wahrnehmen können. Hierfür begrüße ich die Enquete-Kommission auf jeden Fall.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns so schnell wie möglich zu Entscheidungen kommen. Lassen Sie uns auch mutig sein und durchaus darüber nachdenken, ob wir das Parlament nicht verkleinern könnten. Wir als CDU haben dazu ja bereits klare Beschlüsse gefasst. Wir haben gesagt, dass 135 Abgeordnete für ein Flächenland wie Niedersachsen ausreichend sind. Aber wir müssen diese Abgeordneten dann auch vernünftig ausstatten. Deshalb war unser Vorschlag - ich hoffe, dass dieser in der Enquete-Kommission aufgenommen wird -, dass wir jedem Abgeordneten einen Mitarbeiter an die Hand geben können, wie es in anderen Bundesländern der Fall ist. Nur in Schleswig-Holstein und in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen wird den Abgeordneten lediglich eine Schreibkraft zur Verfügung gestellt. Nein, meine Damen und Herren, weniger Abgeordnete, aber eine professionellere Arbeit, das muss ermöglicht werden. Wir müssen auch den Mut haben zu sagen, dass das vielleicht ein wenig mehr Geld kostet. Aber das können wir durchaus verkaufen, wenn wir den Mut haben, das Parlament insgesamt zu verkleinern.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die Arbeit der Enquete-Kommission. Wir haben darauf gedrängt, dass wir schnell zu Ergebnissen gelangen und uns nicht erst zum Ende der Legislaturperiode Ergebnisse vorliegen. Wir haben gesagt, dass die Ergebnisse spätestens in einem Jahr auf dem Tisch liegen müssen, damit wir noch in dieser Legislaturperiode zu einem attraktiveren Parlament gelangen.

Meine Damen und Herren, die Bevölkerung schaut auf die Abgeordneten. Wir müssen unsere Arbeit vernünftig machen. Wir müssen uns vernünftig darstellen. Wir müssen vor allem auch den Mut haben, Berichte vonseiten der kommunalen Spitzenverbände, vonseiten des Landesrechnungshofes und von anderen im Parlament anzuhören. Das kann nicht nur in Ausschüssen, hinter verschlossenen Türen stattfinden. Das sind wichtige Dinge. Wir sollten diese Debatten hier im Parlament führen. Dafür sollten wir uns öffnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Öffnen des Parlamentes bedeutet also, dass die Reden hier im Parlament nicht nur von Abgeordneten, sondern auch von anderen geführt werden. Es macht aber wenig Sinn, dass wir uns nur öffnen und nur irgendwelche Parallelveranstaltungen durchführen. Das müssen wir nach meinem Dafürhalten etwas zurückführen. Hier sind die Entscheidungen zu treffen. Dafür sollten wir sorgen. Ich hoffe, dass die Enquete-Kommission vernünftige Beschlüsse fassen wird. Wir werden jedenfalls aktiv daran mitarbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Schröder hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einrichtung von Kommissionen gilt in der Politik als sicherstes Mittel, ein ungeliebtes Thema zu beerdigen. Diesen Verdacht kann man hier durchaus haben. In der letzten Wahlperiode ist eine sehr ausführliche Diskussion zur Parlamentsreform an der Verweigerungshaltung der SPD gescheitert, und auch in dieser Wahlperiode sind alle Reformansätze für eine wirkliche Reform des Landtages bisher an der Verweigerungshaltung der SPD gescheitert.

Ich will daran erinnern, dass wir bereits in der allerersten Sitzung dieses Landtages in dieser Wahlperiode eine Fülle von Vorschlägen unterbreitet haben, wie die Arbeit im Landtag lebendiger und aktueller gestaltet werden könnte, z. B. durch Redezeitkontingente für die Fraktionen, durch Schwerpunktdebatten, durch kürzere Fristen, durch öffentliche Ausschusssitzungen oder dadurch, dass wir den Fraktionen mit einem Jour fixe ermöglichen, ihnen wichtige Themen auf den Vormittag zu legen, um so eine größere Öffentlichkeit zu erreichen. Alle diese Vorschläge sind im Geschäftsordnungsausschuss nie intensiv diskutiert worden, und seit geraumer Zeit tagt dieser Ausschuss überhaupt nicht mehr. Nebenbei bemerkt: Dieser Ausschuss könnte wohl als einer der ersten abgeschafft werden, und die wenigen verbleibenden Aufgaben - z. B. in Immunitätsangelegenheiten - könnten wir einem neuen Leitungsgremium des Landtages, das die Aufgaben des bisherigen Ältestenrates und Präsidiums wahrnimmt, übertragen.

Meine Damen und Herren, es kann wohl keinen Zweifel daran geben, dass eine Reform des Landtages an Haupt und Gliedern notwendig ist. So wie es ist, kann und darf es nicht weitergehen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Nehmen wir den heutigen Sitzungstag als Beispiel. Zunächst gab es über mehrere Stunden eine Regierungserklärung nebst Aussprache, bei der hinterher auch viele Zuhörer nicht wussten, warum diese Regierungserklärung heute und in diesem Umfang, mit Redebeiträgen bis zu einer Stunde Dauer, notwendig war. Für mich war das jedenfalls ein hochgradig ritualisierter Schlagabtausch zwischen dem Ministerpräsidenten und den drei Fraktionsvorsitzenden, und von ein paar rhetorischen Glanzstückchen einmal abgesehen ist dieser Schlagabtausch zwischen vier Personen meist ermüdend vorhersehbar bis hin zum Rückgriff auf Auseinandersetzungen, Erfolge und Niederlagen, die vor vier oder fünf Wahlperioden einmal wichtig gewesen sind.

Danach hatten wir die Dringlichen Anfragen. Die CDU hatte ihre gleich zurückgezogen, weil alles, was sie noch hätte fragen können, aufgrund eines Geschäftsordnungstricks der SPD-Fraktion von gestern Morgen bereits Stunden zuvor - und zwar im Wortsinne - erschöpfend abgehandelt worden war.

Bei der Anfrage der SPD ging es um einen sicherlich bedauerlichen Einzelfall in Uelzen. Aber selbst bei wohlwollender Betrachtung fällt es mir schwer, in diesem bedauerlichen Einzelfall einer 100-Jährigen in Uelzen ein Thema dringlicher landespolitischer Bedeutung zu sehen.

Die Anfrage meiner Fraktion hatte sicherlich ein für Landwirte und Verbraucher interessantes Thema zum Gegenstand. Aber ob es uns gelungen ist, die politische Brisanz gentechnisch manipulierten Saatgutes für die niedersächsische Landwirtschaft rüberzubringen, will ich einmal dahingestellt sein lassen.

Vom Ablauf einmal ganz zu schweigen, dass wir die Hälfte der Zeit damit verbringen, vom Sitzplatz zum Podium zu gehen und die Minister sozusagen ständig in Bewegung bleiben, anstatt einfach einmal zwei oder drei Saalmikrofone anzuschaffen und die Minister hier vorne stehen zu lassen.

Danach gab es den üblichen bunten Strauß von Anträgen, alle über den gleichen zeitlichen Leisten von 35 Minuten geschlagen, gleichgültig, ob das Thema komplex oder überschaubar ist, gleichgültig, ob das Thema alle Menschen im Lande bewegt oder nur Stoff zum Nachlesen für einige wenige Spezialisten liefert.

Meine Damen und Herren, es ist daher kein Wunder, dass das Interesse an diesen Formen ritualisierter Politik wahrnehmbar abnimmt. Verschärft wird die drohende Ansehenskrise des Parlamentes durch eine gefährliche Parallelentwicklung. Neben diesen erstarrten Formen der politischen Auseinandersetzung haben wir es nämlich in mehrerer Hinsicht mit einem galoppierenden Bedeutungsund Kompetenzverlust des Landtages zu tun; einige Beispiele sind bereits genannt worden. Wir haben zunächst die aktuellen Entwicklungen im Haushaltsrecht. Was bedeutet heute eigentlich noch das Budgetrecht, das vornehmste und älteste Recht eines Parlamentes, angesichts budgetierter Globalhaushalte, in denen in einigen Jahren steht „vermischte Sach- und Personalausgaben des Ministeriums: x Millionen DM, gegenseitig deckungsfähig“? Was ist daran noch Budgetrecht?

Was bedeutet die Gesetzgebungskompetenz des Landtages in einer Situation, in der uns eine zunehmende Regelungsdichte auf europäischer Ebene zwingt, z. B. bestimmte Grenzwerte aus EU-Verordnungen in Wasserrechtsnovellen auf Punkt und Komma umzusetzen? - Was bedeutet

eigentlich die Gesetzgebungskompetenz des Landtages bei Staatsverträgen, die insbesondere im medienpolitischen Bereich eine zunehmende landespolitische Bedeutung haben, bei denen wir als Landtag nur noch Ja oder Nein sagen können und nicht ein Jota ändern können? - Was bedeutet eigentlich die Kontrollfunktion des Landestages bei neuen Arbeitsformen der Exekutive in der Regierungskoordination zwischen Ländern, Ministerpräsidenten, Fachministerkonferenzen? - Jede Entscheidung der Innenministerkonferenz, jede Entscheidung der Kultusministerkonferenz ist nach meiner Überzeugung politisch bedeutsamer als jeder gut gemeinte Entschließungsantrag in diesem Hause.

Meine Damen und Herren, ich habe die Hoffnung, dass wir einige Antworten auf diese Fragen in der Enquete-Kommission finden werden und dass wir, wenn wir viel Glück haben, das eine oder andere vielleicht auch noch bis zum Ende dieser Wahlperiode umsetzen können. Erwarten kann ich das, insbesondere was den Bereich der Parlamentsarbeit angeht, nach den bisherigen Erfahrungen jedoch kaum. Aber hoffen, meine Damen und Herren, hoffen darf ich doch immer. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der CDU)

Herr Kollege Möhrmann hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass wir über diese gemeinsame Entschließung sofort abstimmen werden. Der Landtag hat sich ein ganz wichtiges Ziel gesetzt und einen hehren Anspruch erhoben. Ob dies erreicht werden kann, wissen wir alle nicht. Ich kann Ihnen nur sagen, dass schon andere Landtage und auch der Bundestag solche Kommissionen eingesetzt haben. In Kenntnis deren Ergebnisse tagen wir auch heute. Die Dinge, die sich als erfolgreich erwiesen haben, sind umgesetzt worden. Wir sind als niedersächsisches Parlament führend, was die Debattenlage, den Landtag und die Mitwirkung des Landtages angeht. Von daher gibt es meines Erachtens zwei Punkte, die ich zu Beginn kurz ansprechen möchte.

Wir gehen nicht mit einem fertigen Ergebnis in die Enquete-Kommission. Wir sagen also nicht, Re

form ist nur dann Reform, wenn das herauskommt, was wir vorher gedacht haben, sondern wir sind der Auffassung, dass wir in der Enquete-Kommission Zeit und Gelegenheit haben sollten, die Probleme eindeutig zu diskutieren. Ich will das einmal an einem Beispiel verdeutlichen: Der Kollege Schröder hat eben beklagt, dass die Debatte von heute Morgen aus seiner Sicht nicht so gelaufen ist, wie sie hätte laufen können. Es war aber ein Schwerpunkt. Es war der Schwerpunkt der Regierungserklärung zu einem Thema, das der Ministerpräsident gesetzt hatte. Woher nehmen Sie den Optimismus, dass es so viel anders wird, wenn die Fraktion X oder Y einen Schwerpunkt setzt, und dass es dann so wird, wie Sie es als Fortschritt begreifen würden? Von daher kann man natürlich über solche Schwerpunktsetzungen reden, aber es ist immer abhängig von den Handelnden und von der Sichtweise derjenigen, die das zu beurteilen haben.

Meine Damen und Herren, man merkt es ja förmlich: Es ist natürlich bei der Einsetzung einer solchen Enquete-Kommission immer auch eine Frage von Taktik derjenigen, die dort mitdiskutieren und die natürlich etwas erreichen wollen.

Worum geht es? Es geht in der Tat darum - und deswegen finde ich, dass der Ministerpräsident heute Morgen einen ganz wichtigen Beitrag geleistet hat -, in Anbetracht der europäischen Veränderungen den Standort des Landtages und des Landtagsabgeordneten, des Parlamentariers, neu zu bestimmen und zu überlegen: In welchen Bereichen gibt es eine tatsächliche Entscheidungskompetenz? Wo haben wir nur noch so etwas wie eine Kontrollkompetenz? Gibt es vielleicht Bereiche, wo wir nur eine Mitbestimmungskompetenz haben? Wo werden wir möglicherweise nur noch informiert oder angehört? All dieses müsste wohl im Rahmen der föderalen Ordnung Deutschlands und auch im Rahmen der Europäischen Union in dieser Enquete-Kommission beleuchtet werden.

In dem Entschließungsantrag wird ein hehres Ziel geäußert: Es geht um die Kultur der Debatte. Da ist ja immer die Frage: Was versteht man eigentlich darunter? Ich erinnere mich an die Zeiten, als Wehner und Strauß im Bundestag gestritten haben. Das ist bei der Bevölkerung nicht so angekommen, wie wir es heute diskutieren. Wir sagen heute: Das war noch Parlamentarismus, wie wir ihn uns eigentlich vorstellen. Herbert Wehner war aber Anführer bei den Ordnungsrufen.

(Möllring [CDU]: War das jetzt posi- tiv gemeint oder negativ?)

Was ist eigentlich Kultur der Debatte, und wie macht man das fest? Wer betrachtet das eigentlich? Jeweils der Abgeordnete bei seiner eigenen Fraktion oder auch jemand bei der anderen Fraktion? Ich meine, auch darüber müssen wir reden. Ich glaube auch nicht, dass es dabei darum geht, die Abgeordneten zu zwingen, frei zu reden und nicht mehr abzulesen und ihnen sonst möglicherweise das Wort zu entziehen. Ich glaube auch nicht, dass es darum geht, nun festzulegen, was noch parlamentarisch ist und was nicht. Von daher glaube ich: „Kultur der Debatte“ ist ein Begriff, der an jedem Parlamentstag neu mit Inhalt gefüllt werden muss. Ich bin ganz sicher, dass es auch dann, wenn eine Debatte von Außenstehenden als eine gute Debatte betrachtet worden ist, durchaus Kritiker geben wird, die sagen werden: Das war aber nicht das, was wir wollen. Das ist nicht das, was wir unter dem Begriff „Kultur“ verstehen.

(Möllring [CDU]: Das haben wir heute bei der Regierungserklärung erlebt!)

Meine Damen und Herren, es gibt ein weiteres interessantes Thema. Wir wollen die Stellung der Abgeordneten beleuchten. Wie wäre es denn, wenn die Abgeordneten in den großen Fraktionen die gleiche Stellung hätten wie die Abgeordneten der Grünen, wenn sie z. B., auf die Person bezogen, die gleichen Redezeiten beanspruchen könnten? Wäre das dann die Stellung, die wir wollen, oder woran muss man das festmachen? Ich meine, es gibt auch in dieser Frage eine ganze Menge an Punkten zu erörtern.

Dann wollen wir darüber nachdenken, welche Anforderungen die Öffentlichkeit an uns stellt. Die Frage ist ja: Welche Öffentlichkeit meinen wir? Meinen wir die Damen und Herren oder die Schüler, die zum Zuhören hierher kommen? Meinen wir die Presse? Meinen wir das Fernsehen? Wer ist mit „Öffentlichkeit“ gemeint? Oder meinen wir unseren Wahlkreis? Auch darüber kann man wohl trefflich streiten.

Eines ist mir in der Tat wichtig: Ich bin gern bereit, darüber nachzudenken, ob eine Dringliche Anfrage, wie sie heute Morgen von uns oder von Ihnen gestellt worden sind, oder ob Entschließungsanträge von uns oder von Ihnen allen wirklich Themen sind, mit denen sich der Landtag beschäftigen

muss. Auch da ist es doch nicht so sehr eine Frage der politischen Beurteilung, ob es ein Landesthema ist oder nicht, sondern - seien wir doch ehrlich - es ist eine Frage der politisch-taktischen Erwägung in der Fraktion, ob sie ein Thema aufspießt, auch wenn es eigentlich nur lokal von Bedeutung ist. In der Hoffnung, es werde dann doch landespolitisch bedeutsam, wird es hier oft besprochen.

Meine Damen und Herren, wir wollen das Plenum entlasten. Da stellt sich die spannende Frage: Wie kriegt man das hin? Wenn wir wirklich zu diesen Schwerpunktdebatten kommen, dann bedeutet das doch, dass wir wahrscheinlich eine ganze Menge von Anträgen in öffentlichen Ausschusssitzungen werden beraten müssen, weil wir uns im Plenum auf bestimmte Anträge oder Gesetzentwürfe konzentrieren. Wir sehen doch, wie z. B. die Öffentlichkeit die Diskussion in unseren Ausschüssen wahrnimmt. Wir müssen uns doch auch auf die Realitäten einstellen. Wer ein kommunales Mandat hat, der weiß doch, wann Ausschüsse für Menschen oder für Wahlbürger interessant sind und wann nicht. Ich meine, im Landtag wird das nicht sehr viel anders sein.

Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zur Frage der Anzahl der Abgeordneten sagen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es ist ja interessant, dass die CDU sagt: Wir sind uns einig. Wenn man aber mit Ihren Abgeordneten redet, Herr Schünemann, dann hört man häufig etwas anderes.

(Schünemann [CDU]: Das kann ich mir nicht vorstellen!)

- Das kann ich mir schon vorstellen, weil ich weiß, welche Betroffenheit entsteht, wenn es konkret darum geht, auf Wahlkreise zu verzichten oder Wahlkreise neu zu schneiden. Das ist aber nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem ist nach meiner Ansicht ein anderes. Ist es eigentlich gerechtfertigt, dass ein Abgeordneter, der in einem Ballungsraum wie z. B. Hannover wohnt, mit dem Fahrrad, über das wir ja gerade trefflich diskutiert haben, innerhalb von einer Stunde seinen Wahlkreis abfahren kann, während ein anderer oder eine andere das nicht einmal in zwei Stunden mit dem Auto schafft? Wie ist eigentlich Präsenz von Landespolitik oder Wahlkreisarbeit dann noch zu gestalten? Ich meine, dass das dabei auch eine ganz entscheidende Frage sein muss.

Es geht sogar so weit - ich wäre da durchaus offen, wenn denn Wirtschaftlichkeit bei Demokratie eine Rolle spielt, wie uns das der Bund der Steuerzahler immer einzureden versucht -, auch über die Frage zu diskutieren: Ist ein Feierabendparlament ausreichend? Ich habe die Befürchtung: Dann haben wir es in der Tat nur noch mit Parlamentariern zu tun, die sich das leisten können, und mit Parlamentariern, die wirklich aus Ballungsräumen kommen. Alle anderen würden dann keine Rolle mehr spielen.

(Möllring [CDU]: Dann würden wir jetzt erst anfangen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe nur ein paar Punkte angesprochen. Ich will aber hier noch einmal ganz deutlich sagen: Man kann in diese Enquete-Kommission mit vorgefassten Meinungen hineingehen und sagen: Wenn ich mich da durchsetzen kann, war es erfolgreich, und wenn nicht, war es ein Misserfolg. Wenn wir so an die Sache herangehen, haben wir aber ein Problem. Wir sind offen für Diskussionen, und ich hoffe, dass uns das in der Enquete-Kommission gelingen wird. Vielleicht sind wir dann ja auch Vorbild für andere Landesparlamente in Deutschland. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)