Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Möllring, Ihr Antrag hat einen entscheidenden Fehler. Vorne heißt es: Die Autoindustrie und viele andere Branchen gehen in die Knie und leiden ganz fürchterlich unter der Ökosteuer. - Am Ende des Antrags steht dann aber, die Ökosteuer sei ein reines Abkassiermodell und völlig wirkungslos. Völlig wirkungslos! - Angesichts dessen frage ich mich: Wie kann es denn sein, dass auf der anderen Seite die Autoindustrie in die Knie gehen soll?
- Darf ich bitte ausreden? - Herr Möllring, ich sehe auch, dass die CDU eine schwere Zeit hinter sich hat.
Wirklich, körperlich konnte ich da manches mal gut mitfühlen. Sie haben da einiges hinter sich gelassen. Sie haben da auch einige Personen, die jetzt nicht mehr so wohl gelitten sind. Aber nicht alles, was diese Menschen vertreten und entwickelt haben, sollte jetzt so einfach an die Seite gelegt werden. Ihr ehemaliger Fraktionsvorsitzender Schäuble war oder ist ein scharfer Analytiker. Man täte ihm Unrecht, wenn man alles, was er gesagt hat, einfach in die Tonne packen würde. Ich will jetzt einmal ein kurzes Zitat anführen. Er hat gesagt:
„Gegenwärtig wird durch unser Steuer- und Abgabensystem - wider alle ökonomische Vernunft - das besonders teuer gemacht, wovon wir gegenwärtig im Überfluss haben: Arbeit. Dagegen ist das, woran wir - zumal unter globalen Gesichtspunkten - eigentlich sparen müssten und dessen Knappheit uns immer deutlicher vor Augen tritt in einem Zeitalter, in dem bei jeder Entscheidung auch ökologische Gesichtspunkte eine Rolle spie
len müssen, viel billiger: Energie und Rohstoffe. Ökonomisch wie ökologisch sinnvoller wäre es, im Mix der Produktionsfaktoren menschliche Arbeit billiger zu machen und im Gegenzug den Verbrauch von Rohstoffen und Energien zu verteuern.“
Das ist die eine Seite der Medaille, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Ökosteuer ist ein berechenbarer Faktor - für jede Bürgerin und jeden Bürger sowie für die Unternehmen. Die aktuell hohen Benzinpreise sind jedoch ganz wesentlich auch dem Eurokurs und den Gewinnsteigerungen der Ölkonzerne - siehe letzter Spiegelstrich - geschuldet.
Alle Regierungen haben sich unter Abwägung von Vor- und Nachteilen für den Weg der steuerlichen Belastung von Mineralöl entschieden. Ich habe einmal eine kurze Grafik mitgebracht. Sie, Herr Möllring, wissen sicherlich, wie viel die CDUFDP-Regierung zum Benzinpreis beigetragen hat und wie viel auf die Ökosteuer entfällt.
Das sind Zahlen, an denen auch Sie so einfach nicht vorbeikommen. Es besteht aber ein Unterschied: Wir haben den Menschen das Geld über die Rentenversicherung zurückgegeben.
Herr Kollege Wenzel, der Kollege Biallas möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Möchten Sie dies gestatten?
Tut mir Leid. Ich möchte meinen Redebeitrag zu Ende bringen. Danach werde ich gern bereit sein, auf Fragen einzugehen. - Noch eines: Die Menschen haben mehr Geld im Portemonnaie, weil sie niedrigere Steuern und niedrigere Rentenversicherungsbeiträge bezahlen müssen. Wir haben außerdem mehr Freiheitsgrade. Jeder Einzelne kann für
sich selbst entscheiden, was er mit seinem Geld im Portemonnaie machen will. Er kann dafür mehr Benzin kaufen. Er kann aber auch auf ein Fahrrad oder auf ein neues Auto sparen. Er kann davon schließlich aber auch essen oder ins Kino gehen. Wir haben mehr Freiheitsgrade und außerdem mehr Geld im Portemonnaie. Niemand zwingt jemanden dazu, dafür nur Benzin zu kaufen.
Ich möchte jetzt noch einen letzten Gedanken äußern, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Ökosteuer ist Innovations- und auch Beschäftigungsmotor. In diesem Zusammenhang noch ein Zitat des Umweltbevollmächtigten des Vorstandes von DaimlerChrysler. Der sagt ganz deutlich:
„Ich bin kein Feind der Ökosteuer. Höhere Preise für Treibstoffe können auch eine Quelle für Innovation sein.“
Ich sage Ihnen eines: Der Clean-Air-Act in Kalifornien, ein Instrument, das wesentlich schärfer greift als die Ökosteuer, hat dazu geführt, dass in Kalifornien, in den USA insgesamt und in Kanada bei der Entwicklung der Brennstoffzelle, bei der Entwicklung alternativer Technologien, die zukünftig die fossilen Treibstoffe ersetzen können, ein Schub ausgelöst wurde. Heute sind die USA und auch Kanada in diesem Bereich Technologieführer. Das hat dieses Instrument gebracht.
Autos bauen - bzw. ein 08/15-Auto - können mittlerweile auch die Koreaner und viele andere Staaten auf dieser Welt. Aber wenn VW als größtes niedersächsisches Unternehmen am Weltmarkt bestehen will, kann es nicht irgendein Auto bauen, sondern dann muss es absolute Weltspitze sein und technische Meisterleistungen abliefern. Das induziert die Ökosteuer, weil sie nämlich ganz leicht und sachte einen Antrieb gibt, darüber nachzudenken, wie man spritsparende Autos und alternative Antriebe entwickeln kann. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über die Ökosteuer ist schon häufig und an vielen Orten gesprochen worden.
Nur der Niedersächsische Landtag hat noch gefehlt. Dank der CDU-Fraktion dürfen wir uns jetzt mit der schlichten Forderung beschäftigen, die Ökosteuer einfach abzuschaffen – natürlich ohne jeden Vorschlag einer Gegenfinanzierung. Aber vielleicht kennen Sie von der CDU noch einige schwarze Kassen, die dafür eingesetzt werden können.
(Beifall bei der SPD – Meinhold [SPD]: Jawohl! – Heineking [CDU]: Wenn man nichts mehr weiß, wird man unsachlich!)
Das politische Ablenkungsmanöver, das Sie mit der Ökosteuer starten, ist durchsichtig, wenn auch verständlich, Herr Möllring. Wer als Partei von Finanzskandalen mit kriminellen Zügen geschüttelt wird und in 16 Jahren Regierungsverantwortung die höchsten Arbeitslosenzahlen, Schulden, Steuern, Sozialabgaben und die größte Zahl von Sozialhilfeempfängern seit Kriegsende produziert hat, der muss natürlich ablenken.
Da kommen die Kartellabsprachen der Ölförderländer und die Preistreiberei der Mineralölkonzerne gerade recht, um der Bundesregierung die Schuld für die hohen Benzinpreise in die Schuhe zu schieben. Zudem betreiben Sie hier noch das Geschäft der Mineralölkonzerne, Herr Möllring.
Die CDU hofft, dass ihr die Wähler wieder einmal auf den Leim gehen, wie bei dem mit Schwarzgeldern finanzierten Anti-Ausländer-Wahlkampf in Hessen und bei der unberechtigten Schürung von Inflationsängsten in Verbindung mit dem vorübergehenden Absinken des Eurokurses.
Die CDU musste jedoch bereits bei ihrer zweiten Anti-Ausländerkampagne im Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit der Diskussion über die Green Card erkennen, dass die Bürgerinnen und Bürger durchaus zu differenzierten Urteilen in der Lage sind. Dabei hat der Gegenwind aus der Wirtschaft und den Medien die Desinformationskampagne der CDU erschwert.
und – jetzt geht es weiter – eine Energiesteuer einführen wollten, um die Rentenbeiträge zu senken. Schäuble, Frau Merkel und auch Herr Merz haben zeitweise selbst im Bundestagswahlkampf diese Forderung vertreten. Sie setzen auf das kurze Gedächtnis der Bevölkerung.
Hinzu kommt, dass Sie die Kilometerpauschale für Pendler, die Sie angeblich so gut vertreten wollen, in Ihrem Steuerreform-Konzept wieder von 70 auf 50 Pfennig senken wollen. Diese Pauschale hat die Regierung bei der Einführung der Ökosteuer gerade im Hinblick auf die gesamte Erhöhung von fünf mal 6 Pfennig von 37 auf 70 Pfennig erhöht und damit fast verdoppelt.
Die Erhöhung der Benzinpreise durch die Ökosteuer beträgt - gemessen an den damaligen Preisen von ca. 1,50 DM pro Liter - gerade mal 20 %. Ich kann mich deshalb der Beurteilung des „Stern“ im Hinblick auf die CDU-Kampagne nur anschließen.
Auch die „Zeit“ sieht in ihrer Ausgabe vom 15. Juni in der Diskussion um die Ökosteuer die besseren Argumente bei der Bundesregierung.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch noch etwas zu der sozialen Zumutbarkeit der Ökosteuer sagen. Während ein Beschäftigter 1960 für
einen Liter Normalbenzin 14 Minuten arbeiten musste, sind es heute ca. 5 bis 6 Minuten – das ist weniger als die Hälfte. Auch ein internationaler Vergleich innerhalb der EU zeigt, dass die Preise für Benzin in den meisten Ländern höher liegen. Als ich vor zwei Wochen in Holland war, habe ich erfahren, dass die Tankstellen in Grenznähe erhebliche Schwierigkeiten haben, weil die Holländer in Deutschland tanken.