Dann habe ich durch die Ökosteuer 1,20 DM in die Rentenkasse eingezahlt. Wenn der Kollege Bontjer aus Aurich kommt, fährt er 250 km hin und 250 km zurück. Dann hat er 50 Liter Sprit verfahren und hat 7,50 DM eingezahlt.
(Bontjer [SPD]: 30 Liter! Mein Auto braucht 5 Liter! - Heiterkeit - Weitere Zurufe - Glocke der Präsidentin)
- Sehr schön. - Sie sehen: Ein und derselbe Tatbestand macht bei mir 1,20 DM und beim Kollegen Bontjer - bei 30 Litern - 3,60 DM aus. Dies wirkt sich also ganz unterschiedlich aus.
Wenn Sie dann bedenken, dass wir etwa hundert Mal hierher fahren müssen, zweimal die Woche mindestens, dann habe ich am Ende des Jahres 120 DM bezahlt und er 360 DM.
Nun ist das für einen Landtagsabgeordneten völlig egal. Das will ich wohl zugeben. Aber es gibt andere, und zwar sehr viele, die ebenfalls aus beruflichen Gründen fahren müssen. Sie müssen vielleicht 20 km, 30 km, 50 km oder 60 km zur Arbeit fahren, weil wir alle von ihnen Flexibilität erwarten, weil wir sagen: Wenn du einen Arbeitsplatz haben willst, musst du deine Füße auch einmal vor die Füße setzen und kannst nicht erwarten, dass du ihn bei dir auf dem Sofa findest. In einem Flächenland wie Niedersachsen ist das ein erhebliches Problem. Sie bestrafen die, die flexibel sind, und Sie bestrafen die, die weit fahren müssen.
Herr Kollege Möllring, der Kollege Möhrmann möchte Ihnen eine Frage stellen. Das möchten Sie sicherlich zulassen.
Herr Möllring, können Sie mir einmal vorrechnen, wie sich das für die von Ihnen genannten Betroffenen bei der 50-Pfennig-Erhöhung der Regierung Kohl ausgewirkt hat?
Herr Möhrmann, danke für diese Zwischenfrage. Ich wäre noch darauf zu sprechen gekommen. Diese Erhöhungen sind alle einstimmig durch den Bundestag gegangen, mit Zustimmung der SPD.
Natürlich ist es ein Unterschied, ob ich die Steuer darauf erhebe, um Straßen zu bauen und die Infrastruktur, die diese Fahrzeuge nutzen, zu errichten. Dann ist es auch im Prinzip gerechtfertigt.
Wir haben auch im Rahmen der deutschen Einheit die Benzinpreise erhöht. Was im Moment im Osten gezahlt wird, ist aber auch Infrastruktur. Das ist nicht Aufbau Ost, sondern die verdammte Pflicht und Schuldigkeit. Wenn in MecklenburgVorpommern eine Bundesstraße 50 Jahre später als in Niedersachsen gebaut wird, dann ist das keine Bevorzugung des Ostens, sondern einfach Nachholbedarf, und das sollten Sie endlich anerkennen.
Ich will Ihnen eines sagen: Wer sich hier hingestellt hat wie ihr damaliger Ministerpräsident und gesagt hat „Die sollen sich selber krumm machen“, der ist doch nicht würdig, darüber zu reden.
Ich will noch eines sagen: Herr Plaue hat vor zwölf Jahren noch der IHK geschrieben, er werde nie wieder zu einem Neujahrsempfang gehen, weil dort die Forderung nach der Wiedervereinigung
erhoben worden ist. Diese Briefe müssen Sie sich einmal heraussuchen. Und dann reden Sie über so etwas!
(Lebhafter Beifall bei der CDU - Reckmann [SPD]: Unsinn! - Wenzel [GRÜNE]: Wollen wir jetzt weiter über die Ökosteuer reden?)
Ministerpräsident Sigmar Gabriel war ja vor wenigen Tagen am Telefon der „Bild“-Zeitung. Dann wird ja immer abgedruckt, was gefragt und was gesagt worden ist.
(Reckmann [SPD]: Genau so reden Sie auch, wie es in der „Bild“-Zeitung steht! - Zuruf von der SPD: Ein Organ der CDU! - Lachen bei der SPD)
- Es hat doch Herrn Gabriel keiner gezwungen, zur „Bild“-Zeitung zu gehen und sich dort ans Telefon zu setzen. Es ist doch nicht meine Schuld, dass Herr Gabriel zur „Bild“-Zeitung geht, weil er sagt „Ich brauche wieder einmal einen positiven Artikel über mich“, und ich dann daraus zitiere, und Sie beschimpfen die „Bild“-Zeitung. Das müssen Sie doch mit der Pressestelle der Staatskanzlei abmachen.
Er hat gesagt: Auf Dauer kann der Benzinpreis nicht gehalten werden. Auch die Kilometerpauschale hilft leider nur denen, die Arbeit haben. Dem ist im Prinzip nichts hinzuzufügen.
Ich will jetzt aber noch eines sagen, weil auf der anderen Seite immer wieder die Mär erzählt wird: Dafür senken wir aber die Rentenbeiträge. - Ich möchte Ihnen die Zahlen einmal nennen. 1998 gab es die Ökosteuer noch nicht. 1999 sind 8,9 Milliarden DM durch die so genannte Ökosteuer eingenommen worden. Da auf die Ökosteuer auch Umsatzsteuer gezahlt werden muss, hat sich der Gesamtbetrag auf 10,3 Milliarden DM erhöht. Davon sind beim Bund - da die Kommunen mit etwa 2 % und die Länder mit 47 % an der Umsatzsteuer beteiligt sind - 9,5 Milliarden DM verblieben. Davon ist 1999 kein Pfennig in die Rentenkassen geflossen.
Im Jahr 2000 sind beim Bund - wegen der knappen Redezeit lese ich jetzt nur noch das vor 18,6 Milliarden DM verblieben. In die Rentenkasse werden 2,6 Milliarden DM eingezahlt. Im Jahr 2001 verbleiben beim Bund 24,4 Milliarden DM.
- Das alles sind Zahlen, die die Regierung geplant hat. Das alles sind Perspektivzahlen der Regierung. Diese Zahlen erfinde ja nicht ich. - 8,6 Milliarden DM davon sollen in die Rentenkassen eingezahlt werden. Im Jahr 2002: 30 Milliarden DM bzw. 13,9 Milliarden DM. Im Jahr 2003 - dann wird der Schlusspunkt erreicht sein - werden es 35,8 Milliarden DM bzw. 19,3 Milliarden DM sein. Das heißt, dass nicht einmal die Hälfte bei der Rente ankommen wird. Trotzdem müssen alle zahlen. Das ist also eine Abzocksteuer, nicht aber eine Ökosteuer oder eine Rentensteuer.
Die Verbände, die Handwerksbetriebe, das Kraftfahrzeuggewerbe, aber auch der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen schreiben doch nicht nur um des Schreibens willen. Die sehen doch, was bei ihnen los ist. Die mittelständischen Betriebe sterben leise. Da ist keiner, der auf die Straße geht. Da ist kein Ministerpräsident, kein Bürgermeister, kein nichts. Wenn die mit ihren 15 Mitarbeitern Pleite machen, den Laden aufgeben oder nach Polen ausflaggen, dann wird das mit Bedauern hingenommen. Mitunter wird es noch in den amtsgerichtlichen Nachrichten im Handelsregister gelesen. Dann ist es das gewesen. Inzwischen hat es hunderte von Betrieben kalt erwischt. Sie schreien nicht groß, sondern machen den Laden einfach dicht und gehen weg.
Sie müssen doch Folgendes sehen: Die 6 Pfennig der ersten Stufe haben je Lkw und Jahr zu Mehrbelastungen in Höhe von 2.800 DM geführt.
Ich will Ihnen das sagen. Das ist wie beim Bau. Da wird die Ingenieurleistung in Deutschland erbracht. Die Subunternehmen werden aus Polen geholt. Die Arbeiter kommen aus Rumänien. Das wird beim Kraftfahrzeuggewerbe demnächst genauso sein.
- Das hat doch damit nichts zu tun. Das hat vielmehr damit etwas zu tun, dass in den Niederlanden und anderswo den Unternehmern die gesamte Kraftfahrzeugsteuer erstattet wird. Sie haben zum Teil Recht, wenn Sie darauf hinweisen, dass die Sozialabgaben und die Nebenkosten sehr hoch sind. Warum aber flaggen die Leute denn in diesem Jahr aus und haben 1999 ausgeflaggt? Die Sozialabgaben waren schon immer hoch. Jetzt ist der Rentenbeitrag gerade etwas gesunken. Vorher haben sie nicht ausgeflaggt. Jetzt aber flaggen sie aus. Das ist ein deutlicher Hinweis. Das sagen auch die Fachleute. Auch Herr Heineking wird dazu gleich noch etwas sagen.
Weil ich weiß, dass die SPD gleich noch darauf hinweisen wird, wie teuer der Sprit im Ausland ist und so weiter und so weiter, will ich einmal darauf aufmerksam machen, dass das eigentlich Interessante hierbei ist, welchen Anteil der Staat an diesem Preis hat.
Bisher lagen wir mit einem Staatsanteil von 65 % genau im Mittelfeld; genau zwischen Italien und den Niederlanden, wenn man einmal alle EUStaaten nimmt. Durch die Ökosteuer sind wir inzwischen aber hinter das Vereinigte Königreich auf Platz 2 vorgerückt. Dort beträgt der Staatsanteil 75 %. Bei uns sind es 70,5 %. Nach dem nächsten Schritt werden wir dann aber bereits an der Spitze stehen. Am Ende werden wir bei weit mehr als 80 % stehen, was sozial nicht mehr vertretbar ist.
Ich kann die Leute verstehen, die dieses Plakat hier drucken: „Früher waren wir Benzinverkäufer. Heute sind wir Steuereintreiber. Die Mineralölgesellschaften.“ - Vielen Dank.