Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

einen Liter Normalbenzin 14 Minuten arbeiten musste, sind es heute ca. 5 bis 6 Minuten – das ist weniger als die Hälfte. Auch ein internationaler Vergleich innerhalb der EU zeigt, dass die Preise für Benzin in den meisten Ländern höher liegen. Als ich vor zwei Wochen in Holland war, habe ich erfahren, dass die Tankstellen in Grenznähe erhebliche Schwierigkeiten haben, weil die Holländer in Deutschland tanken.

(Frau Körtner [CDU]: Haben Sie denn heute schon getankt, Herr Kollege? – Rolfes [CDU]: Offensichtlich!)

Im Übrigen ist auch die Behauptung der CDU falsch, die Belastung der privaten Haushalte bei den Heizölkosten sei durch die Ökosteuer verursacht. Vielmehr wurden Öl und Gas für Heizzwecke bei der Ökosteuer gerade niedriger belastet. Trotzdem haben sich die Ölpreise innerhalb eines halben Jahres um fast 50 % erhöht. Das zeigt eindeutig, dass nicht die Ökosteuer, sondern Preiserhöhungen der Ölförderländer und der Ölkonzerne für das gegenwärtige Preisniveau ursächlich sind.

Auch die häufig infrage gestellte Lenkungswirkung der Ökosteuer sollte nicht unterschätzt werden. Das gestiegene Umweltbewusstsein bei den Verbrauchern hat in kurzer Zeit dazu geführt, dass der Markt von preisgünstigen Dieselfahrzeugen leergefegt ist.

Die Zulassungszahlen der Pkw sind im Mai entgegen den Behauptungen der CDU wieder erheblich gestiegen. Im Gegensatz zu Opel ist VW als niedersächsisches Unternehmen gerade auf die Produktion von Dieselfahrzeugen mit geringem Verbrauch gut vorbereitet.

Auch der vom Kollegen Heineking propagierte Biodiesel wird sicherlich bessere Absatzmöglichkeiten bekommen. So weit das Speditionsgewerbe Wettbewerbsnachteile beklagt, gibt es dafür viele Gründe. Auch wir sind bereit, darüber konstruktive Gespräche zu führen.

Die Ökosteuer kann jedenfalls nicht vordergründig allein dafür verantwortlich gemacht werden, zumal bereits auch acht andere EU-Staaten ähnliche Steuern eingeführt haben.

Auch den Einwänden der Landwirtschaft ist im Wesentlichen bei der Weitergewährung der Gasölbeihilfe und den zukünftigen Regelungen Rechnung getragen worden.

Der große Erfolg der Ökosteuer zeigt sich aber insbesondere bei der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Die erhebliche Senkung der Rentenbeiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber hat den Faktor Arbeit billiger gemacht. Herr Eichel hat gestern gerade darauf hingewiesen, dass der Bund inzwischen 137 Milliarden DM in die Sozialversicherung einzahlt, im Gegensatz zu den 60 Milliarden DM, die früher die CDU geleistet hat.

(Schack [SPD]: Hört, hört!)

Sie sind den umgekehrten Weg gegangen: Sie haben immer mehr Kosten auf die Sozialversicherungen abgewälzt, die damit gar nichts zu tun hatten, und dadurch die Arbeit immer teurer gemacht.

(Oestmann [CDU]: Das kann ja schon von den Zahlen her gar nicht stim- men!)

Dadurch sind die hohen Arbeitslosenzahlen zustande gekommen.

(Beifall bei der SPD)

Sogar der Präsident des DIHT, Herr Stihl, erwartet in zwei Jahren weniger als 3 Millionen Arbeitslose.

(Zuruf von Möllring [CDU])

Das Wirtschaftswachstum wird entgegen der Annahme der CDU nicht geschwächt, sondern steigt zurzeit um ca. 3 %. Die Steuern sinken, und die Familien haben durch höhere Kindergeldzahlungen mehr Geld in den Taschen. – Das sind die harten Fakten, die auch die Bürgerinnen und Bürger aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen zur Kenntnis nehmen werden. Ich bin guter Hoffnung, dass Sie sich nicht durch falsche populistische Versprechungen von der CDU verdummen lassen werden.

(Zuruf von der CDU)

Den Antrag der CDU-Fraktion halten wir in der Sache für unrichtig und finanziell unseriös. Wir werden ihn deshalb ablehnen.

(Beifall bei der SPD – Oh! bei der CDU)

Ich bitte für meine Fraktion darum, abweichend vom Vorschlag des Ältestenrats den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für

Haushalt und Finanzen sowie zur Mitberatung zusätzlich zu den übrigen Ausschüssen auch an den Ausschuss für Umweltfragen zu überweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Auch der Kollege Heineking hat um das Wort gebeten. Ich erteile es ihm gerne.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wenzel, lassen Sie uns doch aufhören. Wir alle wissen doch, dass die Erhöhung der Mineralölsteuer um 50 Pfennig damals dem Ausbau der Verkehrswege nach der Wiedervereinigung gedient hat, von der wir alle profitiert haben. Deshalb sollten wir das lassen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Wegner, es ist keine Kampagne, sondern die Sorge um Arbeitsplätze. Ich gebe Ihnen einmal ein paar Beispiele.

(Zuruf von Wegner [SPD])

- Vielleicht können Sie einmal zuhören! Wenn Sie an der Basis nicht so Bescheid wissen, dann hören Sie doch bitte einmal zu! - Allen ist doch bekannt, dass eine nationale Steuer im Verkehrsgewerbe Wettbewerbsverzerrungen schafft und täglich Arbeitsplätze kostet.

(Zuruf von Wegner [SPD])

- Herr Wegner, Sie müssen zuhören. Dann können Sie noch etwas lernen!

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Hinzu kommt, dass unsere Nachbarländer, die in den Verkehrsmarkt drängen, in ihren Ländern wesentlich günstigere Dieselkraftstoffpreise haben. In Polen und Bulgarien sind es mit Stichtag 30. Mai 1,09 DM, in Deutschland 1,42 DM. Das bedeutet für einen deutschen international tätigen Unternehmer im Jahr einen Nachteil von 20.000 DM. Estland, Litauen, Ukraine liegen sogar unter 1 DM, Tschechien und Türkei liegen bei 1,21 DM. Die Länder, die höhere Preise haben,

(Meinhold [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- das wollen Sie jetzt fragen! - bekommen einen 20-prozentigen Zuschuss, eine Rückvergütung.

Kollege Heineking, der Kollege Meinhold möchte Sie etwas fragen. Möchten Sie das gestatten? Nur, Sie haben keine Redezeit mehr.

(Heiterkeit - Meinhold [SPD]: Das ist ja unfair, Frau Präsidentin!)

Ich beantworte Ihnen die Frage aber gern. Er will ja nur wissen, wie es mit den Preisen in den westlichen Ländern steht, in denen die Preise höher sind. In diesen Ländern wird bezuschusst.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Meinhold [SPD]: Das wollte ich gar nicht wissen!)

- Das wollten Sie doch fragen. Das konnte man ja sehen.

Die Verlagerung auf andere Verkehrsträger hat nicht stattgefunden. Es haben eine Verlagerung der Arbeitsplätze und eine Verlagerung in die ehemaligen Ostblockstaaten stattgefunden. Das müssen wir feststellen.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich bitte den letzten Satz sagen, Frau Präsidentin. Auch in der Antwort auf eine Anfrage, die Dinkla, Heineking und Eppers gestellt haben, hat die Landesregierung unsere Befürchtungen bestätigt. Wir möchten den Ministerpräsidenten bitten, im Bundesrat endlich darauf hinzuwirken, dass nicht noch mehr Betriebe in die Pleite steuern und dass der ländliche Raum nicht weiter benachteiligt wird.

(Beifall bei der CDU - Meinhold [SPD]: Die Insolvenzen gehen zurück, Herr Heineking!)

Der Herr Finanzminister wird zu diesem Antrag nicht sprechen, weil die Begründung des Kollegen Wegner so exzellent gewesen ist.

(Beifall bei der SPD)

Das soll ich ausrichten.

Wir kommen, weil mir weitere Wortmeldungen nicht vorliegen, zur Ausschussüberweisung. Ich halte das Haus damit einverstanden, dass wir, wie die SPD-Fraktion es ändernd vorgeschlagen hat, federführend den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und mitberatend die Ausschüsse für Wirtschaft und Verkehr, für Sozial- und Gesundheitswesen und für Umweltfragen mit der Beratung beauftragen. Wenn Sie so beschließen wollen, bitte ich um Ihr Handzeichen. - Sie haben so beschlossen.

Nun folgt

Tagesordnungspunkt 40: Erste Beratung: Minister Jüttner kommt seiner Informationspflicht nicht nach - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1682

(Unruhe)