Protokoll der Sitzung vom 12.09.2000

(Glocke des Präsidenten)

Was erklärt denn der? Der sagt, wenn die Sozialabgaben reduziert würden, dann sei auch er für die Ökosteuer. Das ist Ihr Fraktionsvorsitzender im Bundestag, der das erklärt hat. Haben Sie das vergessen?

Ich frage mich also, wie Ihr Verhältnis zur Ökosteuer ist. Ihre Parteiführung sagt, wenn es in Sonntagsreden zum Thema passt oder wenn sie sich im Bereich der Umweltpolitik profilieren will, sie wolle die Ökosteuer. Wenn es aber eng wird, wenn den Leuten die Wahrheit gesagt werden muss, d. h. erklärt werden muss „Wir stehen zur Ökosteuer; die Belastungen sind hart, aber wir müssen diesen Weg weitergehen“, dann kneifen Sie, dann verabschieden Sie sich aus der Verantwortung. Wenn Sie glauben, dass Sie mit diesem Politikmodell in Niedersachsen zukunftsfähig sind, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass Sie das offensichtlich nur selbst glauben.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich möchte ein Letztes sagen, Herr Präsident. Dann komme ich auch zum Schluss. - Bei der Steuerreformdebatte haben wir sehr konstruktive Vorschläge der CDU zur Finanzierung vernommen. Damals hat die CDU, die sich neuerdings zur Lobbyistenpartei der Autofahrer entwickelt hat,

gefordert, zur Gegenfinanzierung der Steuerreform - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - die Kilometerpauschale von 70 Pf auf 50 Pf zu reduzieren und Pendlern erst ab einer Strecke von 15 km überhaupt eine Kilometerpauschale zu gewähren. Sie müssen sich einmal fragen,

(Glocke des Präsidenten)

was das für das Land Niedersachsen, für die Entwicklung des ländlichen Raums hier bedeutet hätte.

(Beifall bei der SPD - Unruhe bei der CDU)

Sie sehen, meine Damen und Herren, irgendwann holt Sie die Vergangenheit in diesen Fragen immer wieder ein.

Herr Abgeordneter, kommen Sie zum Schluss!

Ja, ich komme zum Schluss. - Es wäre ehrlicher, wäre auch für das Parlament und für die Parteien in diesem Parlament vernünftiger, wenn wir in Sachen Ökosteuer endlich zu einer gemeinsamen Linie fänden, die wir von Ihnen dann nicht mehr nur in Sonntagsreden vernehmen könnten. Wenn die CDU zur Verantwortung zurückfände, diese Gesellschaft zukunftsfähig zu gestalten und eine neue Energieversorgung gemeinsam mit uns einzuleiten, und zwar mit der Ökosteuer, dann wären auch Sie zukunftsfähig.

Nun ist genug!

Da das aber nicht passiert, meine Damen und Herren - -

Nun ist genug!

- - - kann ich nur feststellen: - -

Nun ist genug!

- - - Mit Ihnen können wir in dieser Frage nicht rechnen. Das ist bedauerlich.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Herr Abgeordneter Wenzel für die Grünen!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle mir vor, wie sich der Kollege Wulff und der Kollege Möllring in ihren Limousinen von ihren Chauffeuren zu den Barrikaden auf der A 2 fahren lassen, wie Herr Wulff dann aussteigt, sich vor brennenden Autoreifen die Lederjacke anzieht und auf einen umgestürzten LKW klettert, kurz bevor er seine Brandrede hält.

(Heiterkeit bei der CDU - Möllring [CDU]: Das ist übrigens ein guter Vorschlag!)

Meine Damen und Herren von der CDU, da Sie verbal immer gegen jede Form von Extremismus und auch gegen Nötigung, Landfriedensbruch und Erpressung eintreten, würden ich mir dieses Bild dann doch gern anschauen. Ich bin gespannt, Herr Wulff, wie das in den nächsten Tagen mit Ihnen noch weitergeht und was für eine Karriere Sie auf der A 2 machen - und das, lieber Herr Wulff, lieber Herr Möllring, wider besseres Wissen, gegen die eigene Überzeugung

(Zurufe von der CDU)

und in Widerspruch zu dem Grundsatzprogramm Ihrer Partei! Beim letzten Mal haben wir hier Herrn Schäuble zitiert, der sich in bewundernswerter Klarheit in diesem Zusammenhang geäußert hat und im Gegensatz zu dem heutigen Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU deutlich gemacht hat, dass man im Zweifel auch einmal vorangehen und die richtigen Schritte tun muss, wenn es notwendig ist.

(Zurufe von der CDU)

Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern nach der Devise handeln Sie hier. Deswegen kann ich den Hinweis auf Ihre Unterstützung hier eigentlich auch nicht ganz ernst nehmen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts weltweit steigender Nachfrage auf dem Ölmarkt erleben wir heute die Preissignale eines Marktes von einem Produkt mit endlichen Ressourcen; denn das weiß heute jedes Schulkind, dass Öl auf dieser Welt nicht unbegrenzt vorhanden ist. Dieser Markt ist zudem durch Oligopole geprägt, d. h. wenige Anbieter sind noch in der Lage, sich zusätzliche Monopolrenditen am Markt zu holen.

Was erleben wir auf der anderen Seite? Wir erleben eine CDU, die gleich herkommt und staatliche Eingriffe fordert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir erleben eine LKW-Unternehmer-Lobby, die einseitige Subventionen für eine Branche fordert, die schon heute besser dasteht als viele andere Branchen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der CDU)

- Meine Damen und Herren von der CDU, was sollen die Bahner von der DB Cargo sagen? Was sollen die Eisenbahnunternehmen sagen, die zu den Nichtbundeseigenen Eisenbahnen gehören und von denen es mehr als 250 in diesem Lande gibt?

(Unruhe bei der CDU)

Ich könnte noch viele andere Branchen nennen, meine Damen und Herren, die schon in der Vergangenheit nicht so hoch subventioniert worden sind wie die LKW-Unternehmer-Branche.

Meine Damen und Herren, die CDU fordert Planwirtschaft und die Rückkehr zum Sozialismus. Ich lache mich tot, wirklich! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Preissignale auf diesem Markt deuten aber auf eine Entwicklung hin, die ohne Alternative ist; denn Öl lässt sich nicht wieder herzaubern, Öl lässt sich nicht basteln, sondern die Ölressourcen sind endlich.

Deshalb treten wir für eine Entwicklung ein, bei der darauf gesetzt wird, dass Ökosteuer und Mineralölsteuer im verstärkten Umfang eingesetzt werden für Forschung, Entwicklung und Anwendung der Wasserstofftechnologie, der Brennstoffzelle.

Vor mir steht ein Glas Wasser. Wissen Sie, Herr Möllring, wie weit man damit in Zukunft fahren kann? - Hinten kommt es heraus, und vorher kann man es in Wasserstoff und Sauerstoff spalten.

(Möllring [CDU]: Ich weiß!)

Mit diesem Treibstoff werden in Zukunft Blockheizkraftwerke und Autos betrieben werden können.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Das ist Hightech. Wir werden daran gehen, die Ökosteuer und die Mineralölsteuer für diesen Zweck und darüber hinaus für die Entwicklung von Biodiesel und für das Dreiliterauto einzusetzen, lieber Kollege Heineking.

Meine Damen und Herren, außerdem wollen wir die Bahnpreise senken. Wir wollen die höchste Mehrwertsteuer in Europa auf die Fernverkehrspreise der Bahn halbieren. Das bedeutet 8 % Preissenkung sofort.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen diejenigen entlasten, die die hohen Heizölpreise zu erwarten haben, und zwar indem Heizungen und Altbauten saniert werden.

Das sind Dinge, die über den Tag hinausgehen und für die Menschen eine Entlastung mit sich bringen. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich komme zu meinem letzten Satz: Wenn wir all das tun, d. h. in den richtigen Bereichen investieren, dann wird die gesamte Branche - das hat schon begonnen -, ob das Energietechnik ist, ob das umweltfreundliche Autos sind, ob das die ganze Technologie ist, die dazugehört, ein Konjunkturmotor für eine ganz, ganz lange Zeit sein. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum selben Punkt spricht noch einmal der Abgeordnete Möllring. Die CDU-Fraktion hat noch sieben Minuten Redezeit.