Protokoll der Sitzung vom 13.09.2000

(Zurufe von der CDU)

zu denen auch unsere landwirtschaftlichen Betriebe gehören.

Bereits durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2002 und die Steuerreform 2000, wie vom Bundestag im Mai beschlossen, wird der Mittelstand um rund 20 Milliarden DM entlastet.

Ein weiteres Entlastungsvolumen zugunsten des Mittelstandes und der Arbeitnehmer von mehr als 5 Milliarden DM bringt das von den Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Vermittlungsausschuss initiierte Verfahren. Die Absenkung des Spitzensteuersatzes ab dem Jahre 2005 von 45 % auf 43 % bringt eine zusätzliche Entlastung für die Unternehmen. Allein die vorgesehene stärkere Absenkung des Spitzensteuersatzes zum Jahre 2005 auf 42 % bedeutet eine zusätzliche Tarifentlastung von 5 Milliarden DM.

(Zurufe von der CDU)

Die außerdem vorgesehene Wiedereinführung des halben Steuersatzes für aus dem Berufsleben ausscheidende Unternehmer bedeutet für den Mittelstand eine weitere Entlastung von 2 Milliarden DM.

Insgesamt wird der Mittelstand gegenüber dem Jahre 1998 damit um gut 25 Milliarden DM entlastet. Landwirtschaft und Forst, die überwiegend mittelständisch strukturiert sind, werden an diesen Entlastungen zugunsten des Mittelstands teilhaben. Dies gilt insbesondere für die im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens beschlossene weitere Entlastung des Mittelstands wie die Erleichterung der Umstrukturierung von Personenunternehmen. Ich nenne hier noch die Beibehaltung der Anspar- und Sonderabschreibungen für Neuinvestitionen, die Anhebung des Freibetrags für die Erlöse aus der Veräußerung bzw. Aufgabe von Betrieben um 40.000 DM, nämlich von 60.000 DM auf 100.000 DM, sowie die vorgesehene Wiedereinführung des halben Steuersatzes für die Erlöse aus

der Veräußerung bzw. Aufgabe von Betrieben. Mit diesen Maßnahmen werden wichtige Anliegen von Landwirtschaft und Forst voll erfüllt.

Aber auch die kleineren land- und forstwirtschaftlichen Betriebe profitieren von der Steuerreform. Bei diesen wirken sich insbesondere die Tarifsenkungen aus. Des Weiteren kommt ihnen die Anhebung des Freibetrags für die Erlöse aus der Veräußerung bzw. Aufgabe von Betrieben sowie die vorgesehene Wiedereinführung des halben Steuersatzes zugute. Viele kleinere landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Unternehmer, die ihren Betrieb als Teil ihrer Alterssicherung sehen, können die Betriebe mit einer erträglichen Steuerbelastung einstellen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Auch die Land- und Forstwirtschaft gehören zu den eindeutigen Gewinnern der Steuerreform.

(Unruhe bei der CDU)

Die rot-grüne Bundesregierung hat eine Steuerreform auf den Weg gebracht, die dazu beitragen wird, den wirtschaftlichen Aufschwung zu festigen. Dazu gehört auch die Forst- und Landwirtschaft. Das bedeutet für unsere Landwirtschaft in Niedersachsen, dass sie ihre Spitzenstellung ausbauen kann und wird.

Aus all den vorgenannten Grünen lehnen wir den vorliegenden CDU-Antrag ab, wobei sich dieser im Übrigen in der Sache erledigt hat. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es spricht jetzt der Abgeordnete Klein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ehlen, Ihrer Einschätzung, dass es sinnvoll wäre, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen, scheint eine sehr spezielle Logik zugrunde zu liegen. Logisch wäre es meiner Ansicht nach, den Antrag zurückzuziehen; denn er ist zu 99 % erledigt. Die Fakten sind relativ deutlich: Die Sonderund die Ansparabschreibungen bleiben erhalten, der Veräußerungsfreibetrag bleibt bei 100.000 DM, der halbe Steuersatz bleibt bestehen, der Mitunternehmererlass wird zum Teil erhalten.

Ich kann nur feststellen: Die Agrarpolitiker der Berliner Koalition haben ein kräftiges Wörtchen mitgeredet

(Ehlen [CDU]: Das haben wir denen ja gesagt!)

und haben für eine Lösung gesorgt, die Augenmaß erkennen lässt.

Entsprechend ist auch die Bilanz des Berufsstandes selbst. Das Landvolk titelt: Steuerreform für Landwirtschaft besser als erwartet. - Der Chefredakteur kommentiert: Besser als geplant und schlechter als gewünscht. - Das ist ja okay. Wünsche darf jeder haben. Damit bleibt von diesem Antrag nichts übrig als die üblichen Dauerklagen, wie wir sie ja von der Landwirtschaft durchaus gewöhnt sind und wie wir sie ja auch - ich sage einmal - als unvermeidbare Hintergrundbelastung inzwischen kennen und akzeptieren.

Unterschlagen wird dabei immer wieder, wie der Kollege Brauns schon gesagt hat, dass die Landwirtschaft, wie alle anderen ja auch, von den Tarifsenkungen erheblich profitiert hat, sodass es auch dort in der Tat zu Entlastungen kommt.

Meine Damen und Herren, Ziel dieser Steuerreform war der Subventionsabbau, Ziel waren Steuervereinfachungen, und Ziel waren wirtschaftsfördernde Entlastungen bei Arbeitnehmern, Mittelstand und Industrie. Diese heikle, aber unvermeidliche Operation ist gelungen, und der Patient erfreut sich bester Gesundheit, wovor auch die Landwirtschaft selbst ihre Augen nicht verschließen kann.

Sie wollten mit Ihrem Antrag die Landwirtschaft in Niedersachsen erhalten. Ich konstatiere: Es gibt keinen Betrieb, der durch rot-grüne Landwirtschaftspolitik seine Existenz verloren hat. - Um Ihr zweites Agitationsfeld auch gleich anzusprechen, füge ich hinzu: Es gibt keinen Betrieb, der durch rot-grüne Naturschutzpolitik

(Na! bei der CDU)

in den Ruin getrieben wird. - Ob die CDU das für ihre frühere Politik auch behaupten kann, wage ich, gelinde formuliert, zu bezweifeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen allerdings konstatieren - darüber sollten wir uns wirklich einmal unterhalten -, dass das, was wir beschönigend „Strukturwandel“ nennen, in

der Tat ein Problem ist. Bei unverändertem Szenario müssen wir damit rechnen, dass in der nächsten Generation zwei Drittel aller Haupterwerbslandwirte ihren Betrieb aufgeben werden.

(Zurufe von der CDU)

Da frage ich Sie einmal: Wo sind denn die Warnungen der CDU, wenn immer wieder die Ausrichtung der Landwirtschaft auf den Weltmarkt vehement gefordert wird, wobei dieser auf der anderen Seite ja einen Kostendruck erzeugt, dem viele benachteiligte Lagen überhaupt nicht standhalten können? Wo sind Sie denn tätig geworden, um dem Preisdruck der Lebensmittelketten einmal entgegenzutreten und in dieser Hinsicht etwas zu unternehmen?

(Zuruf von Oestmann [CDU])

Wann oder wo haben Sie den Verbrauchern und Verbraucherinnen einmal gesagt, dass das HöfeSterben auch etwas damit zu tun hat, dass sie nur 14 % ihres Familienbudgets für Nahrungsmittel ausgeben und ausgeben wollen?

(Ehlen [CDU]: Das machen die jeden Tag auf jeder Versammlung!)

Wo ist Ihr Widerstand gegen die Patentierung von Leben, die die Landwirte in Zukunft zu Lizenznehmern der großen Agrarmultis machen wird? Abschließend gefragt, meine Damen und Herren: Wo sind denn Ihre Warnungen vor der grünen Gentechnik, die für die Landwirtschaft ja nichts anderes als eine Rationalisierungstechnik ist,

(Oestmann [CDU]: Darin unterschei- den wir uns eben!)

die über kurz oder lang dazu führen wird, dass das Fleisch eben nicht mehr im Stall, sondern im Labor erzeugt werden wird?

Meine Damen und Herren, an diesen Punkten entscheidet sich der Erhalt der niedersächsischen Landwirtschaft, und in diesen Punkten sägen Sie an der Existenz vieler Betriebe, die Ihnen angeblich so am Herzen liegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat nunmehr der Landwirtschaftsminister Bartels.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon interessant, wenn man sich noch einmal die Rede des Kollegen Ehlen vergegenwärtigt. Er hat relativ wenig zu seinem Ausgangsantrag gesagt,

(Ehlen [CDU]: Herr Minister, ich ha- be Sie gelobt! Das mache ich nie wie- der!)

sondern hat hier eine Reihe von Punkten angeführt, die mit dem Ausgangsantrag überhaupt nichts zu tun haben. Warum, Herr Ehlen, haben Sie das gemacht? - Sie haben es natürlich deshalb gemacht, weil Sie festgestellt haben, dass Ihr Antrag völlig überflüssig war.

(Zustimmung von Plaue [SPD] - Oestmann [CDU]: Das behaupten Sie jedes Mal! - Unruhe - Glocke des Prä- sidenten)

Vielleicht darf ich daran erinnern, meine Damen und Herren, dass wir uns, als Ihr Antrag hier eingebracht wurde, in der Situation befunden haben, dass ich genau die Punkte, die Sie hier vorgetragen haben, bereits im zuständigen Ausschuss des Bundesrates eingereicht und schon einen Beschluss des Agrarausschusses auf meinem Konto hatte.

(Ehlen [CDU]: Haben Sie ja gut ge- macht!)

Heute stellen wir nun am Ende der Beratung fest, dass genau die Punkte, die ich hier vorgetragen habe und die unsere agrarpolitische Position darstellen, auch auf Punkt und Komma umgesetzt worden sind, aber ohne Ihre Hilfe. Da bitte ich Sie, zur Kenntnis zu nehmen - auch darüber gehen Sie ja ganz locker hinweg -, dass die CDU im Vermittlungsausschuss nicht einen einzigen Antrag zu diesem Thema gestellt hat. Das heißt, Sie haben hier eine Luftnummer gemacht und nichts folgen lassen. Das ist doch das Peinliche an der Situation.

(Oestmann [CDU]: Wer sich hier peinlich verhält, Herr Minister, das ist noch offen!)

Deshalb wäre es natürlich gut gewesen, wenn Sie heute hier gesagt hätten: Der Antrag ist erledigt, wir reden nicht mehr darüber. Aber Sie wollten es noch einmal hören, also sagen wir es Ihnen natürlich auch.

Meine Damen und Herren, die Sonderansparabschreibungen für die Land- und Forstwirtschaft sind erhalten geblieben. Der Freibetrag bei der Aufgabe von Betrieben ist von 60.000 DM auf 100.000 DM erhöht worden. Die Wiedereinführung des halben Steuersatzes bei der Aufgabe oder Veräußerung landwirtschaftlicher Betriebe ist durchgesetzt worden. Besonders begrüße ich auch, dass die Hürden für eine Zusammenarbeit in Kooperation durch die teilweise Wiedereinführung des Mitunternehmererlasses abgebaut werden konnten. Das alles sind Punkte, die wir gewollt haben.

Ich erinnere noch an den Abgeordneten Kethorn, der hier gefragt hat: Bartels, bist du denn überhaupt in der Lage, das in Bonn durchzusetzen? Ja, Sie sehen es: Wir waren dazu in der Lage. Der Kollege Funke in Berlin und ich haben das gemeinsam geschafft. Dafür sollten Sie hier sagen: Herzlichen Dank dafür.

(Ehlen [CDU]: Habe ich doch ge- sagt!)