Protokoll der Sitzung vom 11.10.2000

in Sachen Forschung und Entwicklung aufgelistet und auch gerade noch einmal vorgetragen worden ist, muss man feststellen, dass zum Teil Sachen gefordert werden, die gar nicht in der Kompetenz der Landesregierung liegen, sondern die von den Hochschulen in Eigenregie zu gestalten sind: z. B. die Sicherung der Ausbildungskapazitäten und Studiengänge in der Biotechnologie. Auch die Ausbildung von Nachwuchskräften obliegt eigentlich eher der entsprechenden Industrie als der Landesregierung. Außerdem sind unternehmensbezogene Forderungen aufgeführt, die eigentlich immer gelten. Natürlich muss man die Studienbedingungen für alle verbessern, und natürlich muss man - um auf den zweiten Punkt zu kommen - die Situation für Gründer verbessern, insbesondere die Fördermaßnahmen und die Kapitalbeschaffung. Aber darüber diskutieren wir auch in anderen Zusammenhängen. Das ist kein spezielles Problem von Biotechnologieunternehmen.

Das sind also zum Teil eher unüberlegte, allgemeine Forderungen. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen - das ist bei Frau Goede gerade auch schon angeklungen -: Wenn Sie unter dem einen Spiegelstrich fordern, dass die Gesellschaft für Biotechnologische Forschung in Braunschweig weiterentwickelt werden soll, bekommen Sie zur Antwort: Das tun wir doch schon.

Ihr Forderungskatalog unter den Buchstaben b und c zu der Gründung von Unternehmen und zu den Netzwerkstrukturen wirkt wie ein Wunschzettel. Er ist zum Teil deutlich zu hoch gegriffen. Der Staat ist nun wirklich nicht für alles zuständig, sondern nur dafür, die Rahmenbedingungen zu schaffen. Er soll nicht jedes Detail regeln. Das erwartet man von der Wirtschaft selbst, die sich dann ja auch entwickeln soll.

Ich hätte mir vorgestellt, dass man, wenn man bei der Landesregierung ein Defizit feststellt, mit dem Antrag ein Konzept einfordert, dass man die Eckpunkte festsetzt und dann sagt: Nun entwickelt mal schön! Aber ich schreibe doch nicht jedes Detail auf und lasse mir dann im Zweifelsfall sagen „Das tun wir doch schon!“

Wir sind ja immer willens, der Landesregierung auf den Zahn zu fühlen und ihre Schwächen anzuprangern. Aber, Frau Mundlos, hier haben Sie nicht unbedingt die größte Schwachstelle erwischt. Sie konnten bereits dem Vortrag der Kollegin Goede entnehmen - ich kann Ihnen prophezeien, dass der Herr Wirtschaftsminister das gleich noch

ausführlicher darstellen und Ihnen entgegenhalten wird -, dass das Geld geflossen ist. Wir kennen die Summen, wir haben die Unternehmen gefördert. Es gibt 50 Start-ups, die sich auch noch am Markt halten, und das seit fünf Jahren.

Wir haben investiert. Wir haben in den letzten Jahren mehr als 50 Milliarden DM investiert. Wir werden die Netzwerke sowie die BioRegioNWN und die BioRegioN zusammenlegen. Das sage ich nicht, weil ich hellsehen kann, sondern weil ich mir die Presseerklärungen der letzten Jahre angeschaut habe: Da stehen diese Informationen drin. Insofern war es vielleicht nicht so klug, sich gerade diese Punkte vorzunehmen.

Ich möchte am Schluss noch einen Problempunkt aufgreifen, um den Sie sich elegant gedrückt haben. Der Punkt, der hier eigentlich den meisten Sprengstoff enthält, taucht bei Ihnen nur en passant auf. Die Gentechnik ist eine Unterdisziplin der Biotechnologie, und Sie behandeln das nur unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz.

Die Gentechnik ist eine Risikotechnologie. Das können wir nicht einfach nur unter Wachstumsgesichtspunkten sehen, sondern wir müssen das schon differenziert sehen und auch unter ethischen Gesichtspunkten betrachten. Es gibt die grüne Gentechnik, es gibt die rote Gentechnik. Niedersachsen steht ja mehr mit den Unternehmen der grünen Gentechnik in den Schlagzeilen; ich erinnere nur an unsere gestrige Aktuelle Stunde zur KWS.

Es wäre dabei auch einmal darauf hinzuweisen, dass die grüne Gentechnik nicht unbedingt ein prosperierender Wirtschaftszweig ist. Die Verbraucherakzeptanz ist - aus gutem Grund nicht gerade hoch, und die Kennzeichnungspflicht führt dazu, dass sie eher sinkt. Man sollte sich also - ohne jetzt die ethische Diskussion führen zu wollen - nicht auf die nicht prosperierenden Bereiche beziehen, sondern man sollte sich auf die rote Gentechnik beziehen und die Entwicklung da fördern; denn das wird, ob man es will oder nicht, der Wachstumszweig der Gentechnik und der Biotechnologie überhaupt sein. Das, was sich im Gesundheitsbereich abspielt, gestaltet den Markt des nächsten Jahrhunderts. Da sollte man die Entwicklung ansiedeln, da sollte man das Profil ausbilden und fördern. Das hielte ich für richtig, und das sollten wir von der Landesregierung einfordern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Fischer, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst zu der erfreulichen Seite dieser Debatte kommen. Wir können feststellen, dass über die wirtschaftliche Bedeutung der Biotechnologie und über ihre regionale Bedeutung für das Wachstum in Niedersachsen in diesem Hause große Einigkeit besteht. Das freut mich sehr, aber das wundert mich auch nicht, denn wie Frau Steiner schon richtig sagte, sind das Dinge, die schon seit langem bekannt sind und über die auch schon viel diskutiert worden ist.

Ich darf mir allerdings eine Bemerkung erlauben, Frau Steiner. Wenn die Weiterentwicklung der Biotechnologie in Deutschland über viele Jahre gebremst wurde, dann war eine Ursache dafür auch der hinhaltende Widerstand, den die Grünen hier geleistet haben. Erfreulicherweise hat Deutschland in Europa inzwischen aber wieder eine Spitzenposition erreicht.

Meine Damen und Herren, nun aber zu diesem Antrag. Verehrte Kollegin Mundlos, was Sie hier in Form eines Antrags vorgelegt haben, ist eine ordentliche Fleißarbeit.

(Frau Mundlos [CDU]: Ihre Arroganz ist wirklich unerträglich!)

Sie haben akribisch sämtliche Themenbereiche aufgelistet, mit denen die Landesregierung die Biotechnologie in den letzten Jahren bereits erfolgreich unterstützt hat. Ich habe den Eindruck, dass Ihnen Neues zu diesem Thema nicht eingefallen ist.

(Beifall bei der SPD)

Das erstaunt natürlich auch nicht. Schließlich genießt die Förderung der Biotechnologie in Niedersachsen schon seit langem allerhöchste Priorität. Dies gilt nicht nur für mein Ressort, sondern auch der Kollege Oppermann hat z. B. durch die Neueinrichtung von technologischen Forschungsschwerpunkten an den Universitäten und durch die Einrichtung von neuen Lehrgängen an den Universitäten die Forschungskompetenz der niedersächsi

schen Hochschulen in diesem Schlüsselbereich nachhaltig gestärkt.

Wir können also jetzt erfreulicherweise feststellen: Die Biotechnologie verdankt ihre rasche Entwicklung hier in Niedersachsen dem gezielten Ausbau der Forschungsinfrastruktur, dem gezielten Einsatz von Wirtschafts- und Technologiefördermitteln, einer aktiven Unternehmerschaft und der Einbindung in aktive Netzwerke.

Herr Minister, die Kollegin Mundlos möchte Ihnen eine Frage stellen. Wollen Sie das zulassen?

Sehr gerne, Kollegin Mundlos.

Herr Minister, wie erklären Sie dann, dass ein Mitarbeiter des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Frage, ob es in Niedersachsen insofern einen Forschungsschwerpunkt gibt, mit Nein geantwortet hat und auf die Nachfrage „Auch nicht in der Biotechnologie?“ ebenfalls Nein gesagt hat?

Ich kenne diese Äußerungen nicht. Ich halte sie auch für falsch. Wir haben in diesem Bereich eindeutige Schwerpunkte.

(Beifall bei der SPD)

Ich werde Ihnen das ein wenig begründen. Die Ansiedlung von neuen Biotechnologieunternehmen in Niedersachsen ist in den letzten Jahren fleißig vorangeschritten. Ich könnte Ihnen hierzu viele Namen nennen. Die Ansiedlung von neuen Unternehmen gehört ebenso dazu wie auch die Förderung von Technologie- und Gründerzentren. Sie haben Braunschweig genannt. Ich verweise ausdrücklich auf Braunschweig. Aber auch in Hannover und in Göttingen ist dies geschehen. Ich will ausdrücklich auch auf die von Ihnen genannte Gesellschaft für biotechnologische Forschung hinweisen, die in den vergangenen Jahren mit intensiver Landesförderung ein BioTechnologieGründerzentrum geworden ist, bei dem es in den letzten Jahren 15 Ausgründungen mit rund 150 Arbeitsplätzen gegeben hat. Wir haben in der

jetzigen Entwicklung dem BioTech-Park in Braunschweig im Zusammenhang mit dieser biotechnologischen Gesellschaft eine Förderung aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe in Höhe von über 11 Millionen DM in Aussicht gestellt. Wir sind auch im Bereich Hannover, in dem so genannten Medical Park in der Nachbarschaft der Medizinischen Hochschule, dabei, weitere Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen.

Darüber hinaus haben wir eine Reihe von Kooperationsvorhaben zwischen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen in Gang gebracht. Ich will an dieser Stelle nur ein Beispiel nennen, nämlich das Projekt der Medizinischen Hochschule Hannover mit der damaligen Firma Boehringer. Heute ist daraus eine gemeinsame Firmengründung mit dem Namen Cytonet geworden, die mit guten Wachstumschancen auf dem Markt der Stammzelltherapie arbeitet.

Niedersächsische Unternehmer und Wissenschaftler haben – Frau Goede hat das schon genannt – bundesweit sehr erfolgreich gearbeitet und haben Auszeichnungen und Preise bekommen, was für die Stärke der niedersächsischen Biotechnologie spricht.

Herr Minister, Frau Kollegin Mundlos möchte Ihnen noch eine Frage stellen. Wollen Sie noch eine weitere Frage zulassen?

Wenn sie denn meint, noch eine Frage stellen zu müssen, bitte sehr.

Bitte sehr, Frau Mundlos!

Herr Minister, Sie haben 11 Millionen DM für das Gründerzentrum in Braunschweig angesprochen. Wann kann denn die Stadt darüber verfügen und anfangen, mit den Geldern zu arbeiten?

Wenn sie die Planungen abgeschlossen hat, wenn sie die eigenen Mittel dafür zur Verfügung hat und

die entsprechenden Beschlüsse gefasst hat, stehen die Mittel zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch auf mehr als 50 Existenzgründungen mit über 400 neuen Arbeitsplätzen hinweisen, die in jüngster Zeit erfolgt sind. Seit 1998 – das ist von Ihnen angesprochen worden – konnten über 24 Millionen DM Projektfördermittel des Bundes für niedersächsische Projekte eingeworben werden. Wir selber haben vom Land aus 23 Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit 37 Millionen DM gefördert.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns diese Bilanz einmal im Bundesvergleich betrachten, dann stellen wir fest, dass wir ganz vorn im Wettbewerb der Biotechnologieregionen in Deutschland stehen. Die von uns auf Nachhaltigkeit angelegten Aktivitäten haben dazu beigetragen, dass wir die strukturellen Nachteile, von denen schon gesprochen wurde und die wir zweifellos haben, weil wir keine Großunternehmen und auch keine großen Forschungseinrichtungen hier im Lande haben, dadurch kompensieren können, dass wir durch die Bündelung von Netzwerken die Wachstumschancen gerade für kleine und mittlere Unternehmen ausschöpfen.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch den Kollegen Bartels erwähnen, der im Bereich der Landwirtschaft mit Aktivitäten auf diesem Gebiet tätig ist.

Wir können also feststellen, dass sich Niedersachsen vor dem Hintergrund dieser Entwicklung als Innovationsschwerpunkt der Biotechnologie hervorgetan hat.

Aber, meine Damen und Herren, wir wollen uns nicht mit dem Erreichten zufrieden geben. Um noch schlagkräftiger zu werden – das ist schon erwähnt worden -, werden die beiden regionalen Netzwerke BioRegioN und BioRegioNWN ab 2001 mit der Fachkoordinierungsstelle für Biotechnologie, die, wie schon gesagt wurde, seit 1991 besteht, in Hannover zusammengelegt. Damit wird sichergestellt, was auch bisher schon der Fall ist, Frau Mundlos, dass nämlich all die verschiedenen Aktivitäten koordiniert werden und nicht nebeneinander herlaufen. Daher auch der Name. Dadurch werden auch die Strukturen transparenter. Was Sie hier fordern, haben Sie, so vermute ich,

einer Presseerklärung meines Hauses entnommen, die am 8. September herausgegeben wurde

(Frau Mundlos [CDU]: Nein!)

und in der genau das steht, was Sie in Ihrem Antrag vom 21. September fordern. Sie haben also schlicht bei uns abgekupfert.

(Frau Mundlos [CDU]: Dagegen ver- wahre ich mich!)

Wir freuen uns, dass Sie offensichtlich akzeptieren, was wir hier machen. Aber ich sage das noch einmal: Das ist nicht besonders hilfreich, weil es nicht besonders innovativ und nicht besonders neu ist.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Vor dem Hintergrund der geschilderten Fakten erscheinen mir die Forderungen in Ihrem Antrag ziemlich überflüssig. Die Förderung der Biotechnologie genießt in Niedersachsen seit langem höchste Priorität. Das soll auch so bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Dinkla. Bitte!

Herr Minister Fischer, solche Reden wie eben darf man nur halten, wenn die Opposition keine Gelegenheit mehr hat zu antworten. Ich fand es schon ein starkes Stück, wie Sie die Biotechnologie hier hochjubeln, während Niedersachsen im Vergleich mit anderen Bundesländern wahrlich nicht auf dem Siegertreppchen steht. Dies gehört einfach zur Wahrheit.