Protokoll der Sitzung vom 12.10.2000

Ich weise noch auf den 26. Tagungsabschnitt vom 15. bis zum 17. November 2000 - wie gewohnt von Mittwoch bis Freitag - hin. Der Präsident wird den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn und die Tagesordnung der Sitzungen bestimmen.

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Heimfahrt. Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 13.22 Uhr.

Anlagen zum Stenografischen Bericht

noch:

Tagesordnungspunkt 29:

Mündliche Anfragen - Drs. 14/1907

Anlage 1

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 6 der Abg. Frau Vockert (CDU)

Einführung eines Schulfaches Wirtschaft

Vor dem Hintergrund einer entsprechenden Initiative der ausbildenden Wirtschaft wird bundesweit die Einführung eines Schulfaches Wirtschaft diskutiert. Einigkeit besteht darüber, dass Grundlagen wirtschaftlicher Zusammenhänge für ein erfolgreiches Berufsleben unverzichtbar sind und dem entsprechend in den Schulen vermittelt werden müssen. Unterschiedlich diskutiert wird, ob ein eigenständiges Schulfach Wirtschaft eingeführt werden soll oder die Vermittlung einer ökonomischen Grundbildung durch Wirtschaftslehre in den Unterrichtsinhalten bestehender Fächer festgeschrieben wird.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche konkreten Unterrichtsinhalte und Unterrichtseinheiten zur Vermittlung einer ökonomischen Grundbildung und grundlegender wirtschaftlicher Zusammenhänge sind in den Rahmenrichtlinien der einzelnen allgemein bildenden Schulformen in welchen Jahrgangsstufen mit welchem zeitlichen Umfang vorgesehen?

2. Welche dieser konkreten Unterrichtsinhalte und Unterrichtseinheiten sind verbindlich, welche fakultativ?

3. Wann sind die entsprechenden Rahmenrichtlinienkommissionen jeweils eingesetzt worden, zu welchem Zeitpunkt sind die einschlägigen Rahmenrichtlinien jeweils in Kraft gesetzt worden?

Das niedersächsische Schulgesetz sieht im § 2 zum Bildungsauftrag der Schule u. a. vor, dass Schülerinnen und Schüler fähig werden sollen, ökonomische und ökologische Zusammenhänge zu erfassen sowie sich im Berufsleben zu behaupten und das soziale Leben verantwortlich mit zu gestalten.

In einer durch ökonomische Zusammenhänge geprägten Gesellschaft müssen Schülerinnen und Schüler fähig werden, sich an wirtschaftlichen Sachverhalten zu orientieren. Als zukünftige Be

rufstätige oder bereits als Konsumenten während der Schulzeit ist für sie das Begreifen der wirtschaftlichen Zusammenhänge notwendig. Um künftig ihre Umwelt mit gestalten zu können, ist es für sie wichtig, wirtschaftliche Verhältnisse in ihrer Gesamtheit nicht isoliert von den Folgen wirtschaftlichen Handelns von Firmen und Staat auf die natürliche Ressourcen zu betrachten.

Die Auseinandersetzung mit dem Lebensbereich Wirtschaft erfolgt in den allgemein bildenden Schulen sowohl in den hierfür vorgesehenen Fächern Arbeit/Wirtschaft und Wirtschaftslehre als auch in verwandten Fächern wie z. B. Politik, Erdkunde oder Geschichte sowie in außerschulischen oder fachübergreifenden Schulveranstaltungen (z. B. Schülerbetriebspraktika, Betriebserkun- dungen und -besichtigungen, Projektunterricht im Rahmen der Kooperation zwischen Schule und Betrieb, berufswahlvorbereitender Unterricht, Berufsinformationsveranstaltungen etc.).

Während in der Hauptschule, Realschule und der Gesamtschule das Fach Wirtschaft Pflichtfach des Fachbereichs Arbeit/Wirtschaft-Technik ist, kann am Gymnasium das Fach Wirtschaftslehre als Wahlfach gewählt werden, wenn es an der Schule als Abiturprüfungsfach angeboten wird. Dies ist zurzeit an 20 Gymnasien des Landes der Fall. In den Schulformen des allgemein bildenden Schulwesens werden zusätzlich ökonomische Grundkenntnisse in den genannten verwandten Fächern vermittelt.

Darüber hinaus spielt der Themenbereich Wirtschaft im berufsbildenden Schulwesen neben den entsprechenden dualen Ausbildungsberufen eine herausragende Rolle in der Fachrichtung Wirtschaft der Berufsfachschule, der Fachoberschule, der Berufsoberschule, der Fachschule und des Fachgymnasiums.

Bei den Fachgymnasien besitzt das Fach Betriebsund Volkswirtschaftslehre bzw. Wirtschaftslehre sogar in allen existierenden Fachrichtungen einen hohen Stellenwert und ist in jedem Fall Prüfungsfach. Dieser Stellenwert wird bei den derzeit laufenden Planungen zu den organisatorischen und inhaltlichen Veränderungen im Fachgymnasium nicht nur beibehalten, sondern über eine stärkere Orientierung an beruflichen Strukturen und an der betrieblichen Praxis ausgebaut.

Welche hohe Bedeutung dem Lebensbereich Wirtschaft im niedersächsischen Schulwesen zukommt,

wird auch durch eine 1999 durchgeführte Studie der Bertelsmann-Stiftung, der Heinz-NixdorfStiftung sowie der Ludwig-Ehrhardt-Stiftung bestätigt, die eine umfassende Analyse der Lehrpläne für Gymnasien aller Länder enthält, und für das Land Niedersachsen zu folgendem Ergebnis kommt:

„In dem Feld, in dem ökonomische Bildung als fester Bestandteil der Allgemeinbildung angesehen werden kann, befinden sich nicht wenige Länder. Diese messen wirtschaftlichen Themen nicht nur in der Mittelstufe hohes Gewicht zu, sondern ermöglichen in der Oberstufe auch die Wahl eines Faches Wirtschaft. Darüber hinaus haben sie, so dieses Fach nicht zum Pflichtkanon gehört, in den sozialwissenschaftlichen Fächern einen Anteil für ökonomische Bildung reserviert. Vergleichbar sind Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. In diesen Ländern besteht in der Oberstufe ein eigenständige Fach Wirtschaftslehre. In der Mittelstufe kommen ebenfalls ökonomische Inhalte vor. Darüber hinaus reservieren auch die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer der ökonomischen Bildung in der Oberstufe ein Halbjahr und mehr.“ (Ber- telsmann-Stiftung u.a. (Hrsg.): „Wirtschaft in der Schule“, Gütersloh 1999, S. 141 f).

Das heißt: Selbst in der Schulform, in der Wirtschaft kein Pflichtfach ist, sind wir im Ländervergleich an der Spitze.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich für die Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2: Die fachbezogenen Unterrichtsinhalte und –einheiten zur Vermittlung einer ökonomischen Grundbildung sowie grundlegender wirtschaftlicher Zusammenhänge sind in den Rahmenrichtlinien festgelegt und verteilen sich auf die Schulformen und Schuljahrgänge wie folgt:

• In der Orientierungsstufe werden im Fach Welt- und Umweltkunde unterrichtet: Menschen orientieren sich, Menschen versorgen sich, Menschen gestalten ihre Lebensbedingungen, Menschen verschiedener Kulturkreise leben zusammen, Menschen wachsen in eine Gesellschaft hinein. Die Inhalte sind auf die Schuljahrgänge 5 und 6 verteilt.

• In der Hauptschule und Realschule gibt es in den Fächern Arbeit/Wirtschaft-Technik und Geschichtlich-soziale Weltkunde folgende Themen: Arbeiten und Wirtschaften, Verbraucherinnen und Verbraucher im Wirtschaftsge

schehen, der regionale Wirtschaftsraum, Entscheidung für einen Startberuf, Markt- und Wirtschaftsgeschehen, Wirtschaftliches und Soziales Handeln im Betrieb, Soziale Marktwirtschaft und die Europäische Union; Leben, um zu arbeiten? – Industrialisierung, Drohender Verkehrsinfarkt – ein Leben ohne Auto?, Arbeit-Freizeit-Muße. Die Inhalte sind auf die Schuljahrgänge 7 bis 10 zu verteilen.

• Für die Kooperative und Integrierte Gesamtschule gelten vergleichbare Regelungen.

• Im Gymnasium werden folgende Themen behandelt: Arbeit und Konsum mit Schwerpunkt Ökonomie und Umwelt, Information und Kommunikation mit Schwerpunkt technologischer Wandel, Deutschland in Europa mit Schwerpunkt Strukturwandel in altindustrialisierten Räumen, Standortfaktoren im Wandel in neuen Industrieregionen, Industrialisierung und die Soziale Frage. Diese Inhalte verteilen sich auf die Fächer Politik, Erdkunde und Geschichte und sind in den Schuljahrgängen 9 und 10 zu behandeln.

• In der gymnasialen Oberstufe verteilen sich die Inhalte in den Fächern Politik, Erdkunde und Geschichte. Die Themen sind grundsätzlich auf ein Schulhalbjahr ausgerichtet. Es sind: Arbeit und Strukturwandel oder Politik und Wirtschaft in Europa, Modernisierungsprozesse in Gesellschaften, Räumliche Disparitäten in Ostdeutschland, Europa mit Schwerpunkt europäische Industrie. Im Abiturprüfungsfach Wirtschaftslehre sind in vier Kurshalbjahren folgende Inhalte verbindlich zu behandeln: Arbeitswelt, Geld und Währung, Markt, Wirtschaftspolitik.

• Im Fachgymnasium Wirtschaft werden die o.g. Inhalte detaillierter und tiefer gehend bearbeitet. Die zu behandelnden Themen sind: Wirtschaftspolitik, Geld und Konjunktur, Produktionsprozesse, Absatzprozesse, Beschaffungsprozesse, betriebliche Investition und Finanzierung und Rechnungswesen mit besonderer Schwerpunktsetzung im Bereich Kosten- und Leistungsrechnung und Controlling.

Zu 3: Das In-Kraft-Treten der Rahmenrichtlinien für die jeweiligen Fächer an den Schulen des allgemein bildenden Schulwesens ist dem Erlass vom 01.10.2000 (SVBl. 10/2000, S. 443) zu entnehmen, den ich zu Protokoll gebe. Für die Erarbeitung

einer Rahmenrichtlinie benötigen die eingesetzten Fachkommissionen im Regelfall zwei bis drei Jahre.

Anlage 2

Antwort

des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Frage 7 der Abg. Ehlern (CDU)

Abwälzung der Entsorgungskosten von BSE-Risikomaterial auf niedersächsische Rinderhalter ist Wettbewerbsverzerrung

Nach der Entscheidung der EU-Kommission über die Entsorgung des so genannten BSERisikomaterials bei Rindern werden ab 1. Oktober 2000 laut Auskunft des Niedersächsischen Landwirtschaftsministers 230 DM Entsorgungskosten für jedes verendete Tier anfallen. Das Landwirtschaftsministerium plant, diese Kosten vollständig den Rinderhaltern aufzuerlegen. Eine solche Abwälzung dieser Entsorgungskosten auf die Landwirte bedeutet für Niedersachsen als Agrarland Nummer eins mit einem Anteil von 20 % an der Rinderhaltung eine besonders schwer wiegende zusätzliche Belastung. Für fast alle anderen Bundesländer ist es selbstverständlich, sich bzw. die Kommungen an den Kosten zu beteiligen. Die Landesregierung trägt damit erneut dazu bei, den Wettbewerb zulasten der niedersächsischen Landwirtschaft zu verzerren.

Ich frage die Landesregierung:

1. Warum weigert sie sich, wie z. B. die Länder Bayern, Thüringen, Hessen, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern zumindest einen Anteil der Entsorgungskosten zu übernehmen?

2. Wie bewertet sie den Vorwurf der Landwirtschaft, dass niedersächsische Rinderhalter wegen der Übernahme anteiliger Kosten in den meisten anderen Bundesländern im Wettbewerb massiv benachteiligt werden?

3. Was gedenkt sie konkret zu tun, um den niedersächsischen Rinderhaltern in dieser Situation zu helfen?

Bevor ich die drei Fragen des Abgeordneten Ehlen beantworte, möchte ich auf die von dem Abgeordneten im Vorspann gemachten allgemeinen Aussagen eingehen und einige Sätze zu der von der EUKommission getroffenen sogenannten SRMEntscheidung - SRM steht für Spezifiziertes Risikomaterial - sagen.

Die von der EU-Kommission nunmehr auch für Deutschland durchgesetzte Beurteilung bestimmter Organe von Rindern, Schafen und Ziegen als spezifiziertes Risikomaterial führt durch die dafür vorgeschriebene Sonderentsorgung für die betroffenen Tierhalter in Deutschland zu zusätzlichen finanziellen Belastungen, die wegen unterschiedlicher Kostenregelungen in den Bundesländern zu Wettbewerbsverzerrungen führen werden.

Die Tierhalter werden schon seit Jahren sehr unterschiedlich mit den Kosten für die Beseitigung von Tierkörpern belastet. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen tragen die Kreise und kreisfreien Städte die Kosten der Beseitigung von Tierkörpern in voller Höhe, der Tierhalter wird weder direkt noch indirekt über die Tierseuchenkasse an den Kosten beteiligt. In den vier Bundesländern Bayern, Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden die Kosten zwischen den Tierhaltern, den Kommunen und dem Land aufgeteilt. In Hessen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein müssen die Tierhalter die Kosten der Beseitigung über ihre Beiträge zu den Tierseuchenkassen finanzieren.