Protokoll der Sitzung vom 15.11.2000

Aufgabenfelder, die für bezahlbare Arbeitsplätze verstärkt in Betracht kommen, sind u. a. große Sportvereine mit über 1.000 Mitgliedern, Geschäftsstellen der Sportbünde und Fachverbände, Gesundheitssport in präventiven und rehabilitativen Bereichen sowie Tätigkeiten in der Jugendsozialarbeit, in der Sportkommunikation und im Sportmarketing. Hier ist die Landesregierung mit dem Landessportbund intensiv im Gespräch.

Die Schaffung eines Ausbildungsberufes Fitnesskaufmann bzw. -kauffrau nach dem Berufsbildungsgesetz nimmt bereits auf Bundesebene Formen an. Es ist sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis es auch in Niedersachsen so weit ist.

Wir hatten auch über Modelle und Einzelprojekte gesprochen. Mit der Auswertung dieser ist bereits begonnen worden, z. B. in Braunschweig und Hannover. Ich gehe davon aus, dass wir zu gegebener Zeit im Ausschuss für Jugend und Sport von der Landesregierung ausreichend über das Endergebnis informiert werden.

Wichtig ist auch, dass die Sportorganisationen die Informationen über Arbeitsmarktinstrumente der EU, des Bundes und des Landes über das Landessportbund-Organ „Sport und Mehr“ erhalten sollen. Ohne Aufklärung läuft eben nichts. Die vorgesehenen Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen werden durch Akademieveranstaltungen des Landessportbundes durchgeführt. Die erste hat bereits stattgefunden. Unter www.lsb

niedersachsen.de kann man sich über das Projekt des Landessportbundes „Geschäftsstelle 2005“ informieren.

Es ist alles auf den Weg gebracht. Der Landessportbund hat auch in der letzten Ausgabe seiner Zeitung ausführlich darüber berichtet. Alle Sportvereine müssten informiert sein.

Eine Verzahnung mit arbeitsmarktpolitischen Förderinstrumenten des Landes wird zurzeit noch geprüft. Wie weit diese genutzt werden können, hängt auch von den Gegebenheiten auf Kreisebene

ab. Hier müssen die Gespräche mit den zuständigen Arbeitsämtern geführt werden.

Wir hatten die Landesregierung u. a. aufgefordert, bei kommunalen Spitzenverbänden und dem Landessportbund gemeinsame Modelle und Projekte anzuregen, bei denen Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger in Sportvereinen qualifiziert und beschäftigt werden können. Bisher gibt es in einigen Kommunen in Zusammenarbeit mit Sportvereinen Qualifizierungsprojekte mit Sozialhilfeempfängern, in denen im Rahmen gemeinnütziger Arbeit deren Arbeitsbereitschaft gestärkt wird. Hier könnten die Gespräche intensiviert werden. Ich denke z. B. an das Modell „Arbeit statt Sozialhilfe“, das in Brandenburg läuft. Wir würden es begrüßen, wenn das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales hierzu weitere Anregungen geben könnte.

Auch sollte von der Landesregierung zusammen mit dem Landessportbund und der Arbeitsverwaltung geprüft werden, ob regionale Projekte unter Inanspruchnahme von Vergabe-ABM z. B. zur Sanierung von Vereinssportstätten verwirklicht werden könnten. Hierbei ist man noch zu keinem Ergebnis gekommen. Arbeitsförderung und Vergabe-AMB sind sensible Instrumente, insbesondere wenn sie den gewerblichen Bereich betreffen. Wichtig ist hierbei, dass arbeitsmarktgeförderte Projekte nicht zu einer unlauteren Konkurrenz für die gewerbliche Wirtschaft werden dürfen. Vielleicht ergibt es sich dann auch im Zusammenhang mit dem 100-Millionen-Projekt zur Sanierung von Sportstätten, dass Lösungsmöglichkeiten im gemeinsamen Gespräch gefunden werden.

Abschließend möchte ich aber noch einmal darauf hinweisen, dass es nicht Ziel der Beschäftigungsoffensive im Sport sein kann, Arbeitsplätze aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren. Ziel muss es sein, in erster Linie die Infrastruktur und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass bezahlbare Arbeitsplätze entstehen. Dazu muss vor allem auch die Bereitschaft geweckt werden, entsprechende Vereinsbeiträge oder angemessene Kosten für in Anspruch genommene Dienstleistungen im Sport zu zahlen. Der Weg des Landessportbundes, z. B. zur Finanzierung des Projekts „Geschäftsstelle 2005“ die Beiträge anzuheben, ist unter diesem Gesichtspunkt notwendig.

Ich wies eingangs auf die Wachstumsbranche hin. Nutzen wir den Arbeitsmarkt Sport innerhalb und außerhalb der Sportorganisationen. Zwar ist in den

Sportvereinen und Sportverbänden der Anteil bezahlter Tätigkeiten noch relativ gering, aber es lässt sich ein deutlicher Anstieg registrieren. Die entscheidenden Wachstumspotentiale befinden sich auf der Ebene der Vereine, weniger auf der der Verbände.

Um aber wirkliche und spürbare Veränderungen erzielen zu können, bedarf es der Veränderung der Philosophien und Ideologien in den Köpfen der Verantwortungsträger.

Wünschen wir dem Landessportbund bei der Umsetzung seiner „Geschäftsstelle 2005“ eine hohe Akzeptanz am Samstag bei den Sportvereinen und damit auch eine schnelle Verwirklichung dieses Vorhabens. Dann haben wir schon viel erreicht. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat Frau Janssen-Kucz das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie schon erwartet und auch gesagt, hat es zu dem Antrag „Beschäftigungsoffensive Sport in Niedersachsen“ kaum größere Differenzen gegeben.

Es ist im Sportbereich dringend notwendig, neue Aufgabenfelder zu erschließen und damit insbesondere die stärkere Professionalisierung zur Unterstützung der Ehrenamtlichkeit voranzutreiben. Das hatten wir uns gemeinsam auf die Fahne geschrieben. Ich meine, das ist auch so weit, wie es mit einem Entschließungsantrag machbar ist, gelungen. Wenn wir nämlich in unseren Reden die Ehrenamtlichkeit im Sportbereich loben und sie immer wieder hervorheben, ist es auch notwendig, sie von unserer, der politischen, Seite zu unterstützen. Sonntagsreden reichen dafür nicht aus. Dazu gehört eindeutig eine stärkere Professionalisierung.

Ob es damit im Sinne dieses Entschließungsantrags gelingt, im Sportbereich die Arbeitsmarktchancen zu erweitern, halte ich vorerst für fragwürdig. Aber ich meine, es ist einen Versuch wert.

Die vorgesehenen Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen zum Thema Sport und Beschäftigung sollte man mit allen Beteiligten dafür nutzen, Modelle und Projekte zu erarbeiten, in denen Langzeitarbeitslose in Sportvereinen qualifiziert

und beschäftigt werden. Dafür muss aber die Zusammenarbeit mit den Kommunen und der Arbeitsverwaltung forciert werden.

Modellprojekte brauchen aber Zeit, bis sie konzeptionell ausgereift sind und die Zusammenarbeit von mehreren Beteiligten auf den Weg gebracht wird. Ich warne an dieser Stelle eindringlich davor, die Beschäftigungsoffensive Sport in Niedersachsen zu hoch zu hängen

(Pörtner [CDU]: Hat niemand ge- macht!)

und Erwartungen daran zu knüpfen, die vorerst nicht zu erfüllen sind. Ich bin auch dankbar dafür, dass dies keiner von meinen Vorrednern gemacht hat. Das wäre ein falsches Signal, das wir von dieser Stelle aussenden würden.

Die Beschäftigungsoffensive Sport wird einen langen Atem benötigen. Sie wird immer wieder anhalten bzw. innehalten müssen, um die einzelnen Schritte zu reflektieren und auch auszuwerten. Nur so kann es gelingen, mit den gewonnenen Erfahrungen in positivem Sinne produktiv umzugehen. Ich meine, das ist einen Versuch wert. Das haben wir gemeinsam auf den Weg gebracht und müssen es auch weiterhin gemeinsam unterstützen. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung von Frau Vockert [CDU])

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung in der Drucksache 1944.

Wer dieser Beschlussempfehlung des Ausschusses für Jugend und Sport zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenstimmen! Stimmenhaltungen? - Ich stelle fest, dass der Beschlussempfehlung einstimmig zugestimmt worden ist.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7: Zweite Beratung: So genannte rot-grüne Ökosteuer aufheben - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1677 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 14/1949

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen, sodass wir gleich in die Beratung einsteigen können. Das Wort dazu hat der Kollege Dinkla.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Ökosteuer hat ja hohe Priorität bei allen Diskussionen im Lande, und ich will versuchen, hier einige wesentliche Kernpunkte der politischen Auseinandersetzung noch einmal zu gewichten und zu bewerten.

Es bleibt dabei, dass Rot-Grün, insbesondere auch die SPD, mit unglaublicher Beharrlichkeit nach wie vor bestimmte Behauptungen in den Raum stellt, z. B. die Behauptung, die Ökosteuer sei „wettbewerbsneutral“. Hierzu will ich meine erste Bemerkung vom Stapel lassen,

(Beckmann [SPD]: „Vom Stapel las- sen“ ist genau richtig!)

weil ich das für eine fundamentale Fehleinschätzung halte. Zurzeit gibt es Diskussionen mit verschiedenen Branchen in Niedersachsen; beispielhaft seien natürlich auch der Bereich Güterverkehr und das Verkehrsgewerbe insgesamt erwähnt, weil das Thema hier nämlich eine Brisanz erreicht hat, die die Existenz vieler Betriebe gefährdet. Dies muss man politisch auch klar erkennen: Wer dieses Ziel, die Ökosteuer jetzt unverändert beizubehalten und dann stufenweise immer weiter draufzusatteln, verfolgt, der wird Unternehmen in Niedersachsen vernichten und tausende von Arbeitsplätzen aus Niedersachsen vertreiben. Das ist mit die Folge der Ökosteuer, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Beckmann [SPD]: Glaubst du das eigentlich wirklich?)

- Herr Kollege Beckmann, Sie fangen schon wieder mit Ihren Zwischenrufen an. Ich habe schon mehrfach überlegt, wie es eigentlich kommt, dass Sie bei der Vorstandswahl der Fraktion so schlecht abgeschnitten haben. Das muss an Ihren niveaulosen Zwischenrufen gelegen haben.

(Beifall bei der CDU - Möhrmann [SPD]: Deshalb bist du bei euch im Vorstand! - Knebel [SPD]: Dass Sie so gehässig sind, hätte ich nicht ge- dacht! - Adam [SPD]: Wünschen Sie, dass ich nicht nach vorne komme! - Weitere Zurufe von der SPD - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Ich freue mich, dass es hier so lebhaft zugeht. Das ist ja wunderbar!

Hinter die Behauptung, dass die Ökosteuer dem Umweltschutz dient, ist das nächste große Fragezeichen zu setzen. Meine Damen und Herren, wohl alle sind sich darüber einig, dass das mit Sicherheit nicht der Fall ist. Diesem Anspruch wird die so genannte Ökosteuer in keinem Punkt gerecht. Im Übrigen bin ich mir der Unterstützung anderer politischer Persönlichkeiten durchaus bewusst. Sogar der jetzige Bundeskanzler hat im März 1996 im „Spiegel“ gesagt: „Zwei Mark für den Liter Sprit bringen zwar mehr Geld in die Kasse, aber die ökologische Lenkungswirkung ist gleich null.“ Dann hat er noch etwas gesagt, nämlich: „Das kann ich aus sozialen Gründen nicht akzeptieren.“

(Zustimmung von Möllring [CDU])

Meine Damen und Herren, die jetzige Lösung, die von der Bundesregierung angepeilt wird, das Instrument der Entfernungspauschale zu nutzen, um bestimmte Dinge damit abzufedern, hat allenfalls einen Placebo-Effekt, aber löst nicht das Kernproblem, das im Lande besteht. Wir wissen doch, dass insbesondere Niedersachsen ein riesiges Flächenland ist. Wir haben unwahrscheinlich viele Pendler - man sagt: mehr als eine Million - im Lande. Dass man jetzt anfängt, völlig unabhängig davon zu handeln, dass viele im Lande überhaupt nicht die Chance haben, den ÖPNV zu nutzen, weil sie auf den Pkw angewiesen sind, ist keine gute Alternative, um die Probleme damit abzufedern.

Außerdem darf der Punkt nicht unerwähnt bleiben, dass viele Klagen im Hinblick auf die Ökosteuer anhängig sind. Die Ökosteuer ist - dies ist nach wie vor klärungsbedürftig - rechtlich fragwürdig. Es gibt eine Reihe von Klagen. Ich bin schon gespannt, wie die Ergebnisse sein werden. Man liest derzeit in den Zeitungen, dass die Verbände nach wie vor immer wieder neue Klagen einbringen, die auch von anderen Verbänden unterstützt werden; der Bund der Steuerzahler sei bei der Gelegenheit erwähnt.

(Beckmann [SPD]: Ausgerechnet der!)

Meine Damen und Herren, die Ökosteuer ist ungerecht! Daran führt überhaupt kein Weg vorbei. Ich habe das vorhin am Beispiel der Speditionen deutlich gemacht. Hinzu kommt noch, dass es kaltblütig und kaltschnäuzig ist, wie die Bundesregierung die summierten Einnahmen aus diesem ganzen Komplex still und heimlich einkassiert. Außerdem muss mir einmal einer erklären, weshalb man beispielsweise zusätzlich zur Ökosteuer auch noch die Mehrwertsteuer erhebt. Wer das schlüssig erklären kann, der kann ja nach mir ans Mikrofon gehen.

(Möhrmann [SPD]: Darüber habt ihr bei der Mineralölsteuer nie nachge- dacht! - Beckmann [SPD]: Ihr habt überhaupt noch nie nachgedacht!)

Es ist so, dass in den nächsten Jahren bis zum Jahr 2003, Herr Möhrmann, eine Mehreinnahme von insgesamt ca. 69 Milliarden DM eingehen wird. Sie wissen auch - das ist auch die politische Ansage, die immer von Herrn Eichel und anderen in den Raum gestellt worden ist -, dass das alles bis auf die letzte Mark in die Rentenversicherung fließt. Das ist, wenn man so will, ein Stück „Ökobetrug“.

(Zustimmung von Eveslage [CDU])

Im Laufe der nächsten Jahre wird es eindeutig nicht so sein. Wenn es denn so wäre, dann könnte man darüber nachdenken, ob dieser Zusammenhang in sich überhaupt logisch ist. Ich persönlich habe große Zweifel daran. Man spricht ja übrigens nicht einmal mehr von einer Absenkung der Beiträge.