Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kommission hat sehr wohl Arbeit geleistet, und das in 18 Sitzungen. In der erwähnten Sitzung am 20. Juni verwies auf Einzelheiten bereits der Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Arbeit erbrachte Ergebnisse auf der Grundlage erarbeiteter Daten. Dabei muss auch erwähnt werden, dass parallel zur FAGKommission auch ein FAG-Facharbeitskreis, gebildet von kommunalen Praktikern, zu diesem Thema arbeitete.
Wir wissen durch die Arbeit der FAGKommission, dass die in das Finanzausgleichsgesetz eingezogene Einwohnergrenze von 100.000 bezüglich der Realsteuerhebesätze sehr wohl Sinn macht. Falls man sie streicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, erhalten die großen kreisfreien Städte rund 230 Millionen DM mehr. Das ginge eindeutig zulasten der Landkreise und vor allem zulasten der kreisangehörigen Kommunen.
Wir wissen durch die Arbeit der Kommission des Weiteren, dass das derzeitige System der Berücksichtigung der Sozialhilfebelastungen bei den Kommunen seine Berechtigung hat. Zumindest ist es nicht gelungen, ein besseres System zu finden, obwohl alle Beteiligten in beiden Arbeitsgruppen dies wünschten.
Wir wissen durch die Arbeit der Kommission weiter, dass zentralörtliche Funktionen bei der Verteilung von Finanzausgleichsmitteln nicht als Faktor berücksichtigt werden können. Der Grund liegt schlicht in der Tatsache, dass sich eventuelle Belastungen zentralörtlicher Funktionen nicht als messbar herausgestellt haben.
Wir wissen durch die Arbeit der Kommission schließlich auch, dass die Absenkung der Interessensquote von 25 % auf 10 % eine Verlagerung von 160 Millionen DM zulasten insbesondere der finanzschwächeren Kommunen bedeuten würde. Ich hatte darauf bereits bei der Verabschiedung des derzeit geltenden Finanzausgleichsgesetzes hingewiesen. Heilbar wäre das nur durch eine Aufstockung der Schlüsselzuweisungen - Finanzmittel, die uns allerdings nicht zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, die Antwort auf die vom Landtag aufgeworfene Frage, ob die Ausgleichswirkung des Finanzausgleichsgesetzes durch Faktoren verbessert werden kann, die die Bevölkerungsdichte berücksichtigen, bleibt streitig. In der Kommission wie im Gesprächskreis gab es dazu sehr unterschiedliche Ansichten. Die kommunalen Praktiker der Städte halten einen Flächenansatz für nicht erforderlich. Sie verweisen auf die entsprechende Untersuchung des Landesamtes für Statistik.
Die Vertreter der Kreise und der kreisangehörigen Kommunen sehen das anders. Kernpunkt Ihrer Argumentation ist der Ansatz, dass Mehraufwendungen der Städte z. B. im Bereich der Jugendhilfe durch die so genannte Einwohnerveredelung im Ballungsraumansatz greifen. Nachgewiesene Mehrkosten in der Fläche z. B. in Bezug auf die Schülerbeförderung und die Kreisstraßen aber fänden keine Berücksichtigung. Das könne nur über einen Flächenansatz geschehen, wie ihn auch das Bückeburger Gericht fordere. - Ich meine,
Meine Damen und Herren, ich möchte nun zu dem Punkt kommen, der letztlich alle Diskussionen überlagerte, nämlich zur Auslegung der Entscheidung des Staatsgerichtshofs. Hier sind die Unterschiede in der Bewertung so massiv, dass sie nicht überbrückbar waren und sind. Die kommunalen Spitzenverbände vertreten die Ansicht, dass die Finanzzuweisungen des Landes an die Kommunen zur Gewährleistung ihrer finanziellen Mindestausstattung unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes zu gewähren sind. Die vom Staatsgerichtshof postulierte Verteilungssymmetrie greife erst danach. Dem steht die auch von uns geteilte Meinung gegenüber, dass das Land verpflichtet ist, den Kommunen die erforderlichen Finanzmittel im Rahmen seiner eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit zu gewähren.
Unbestreitbar ist andererseits - das ist auch Ergebnis der Arbeit der Kommission -, dass unsere Kommunen im Untersuchungszeitraum 1995 bis 1997 ein durchschnittliches Defizit in ihren Haushalten von rd. 1,3 Milliarden DM aufwiesen, bei gleichzeitigem Landesdefizit von 2,3 Milliarden DM. Beide, meine Damen und Herren, können also nicht draufpacken.
Hier muss unabhängig von zu erwartenden Gerichtsentscheidungen zu der Frage der Finanzausstattung der Kommunen der Hebel angesetzt werden. Es ist von uns zu prüfen, welche Aufgaben wir reduzieren, um auch den Kommunen Entlastung zu verschaffen. Nach den Erfahrungen mit dem Kindertagesstättengesetz ist uns allerdings klar, dass das so leicht nicht werden dürfte. Aber vielleicht überdenken ja einige der im Falle Kindertagesstättengesetz auf der anderen Seite handelnden Akteure ihr damaliges Handeln und kommen künftig zu konstruktiveren Verhaltensweisen.
Erstens. Die Arbeit der FAG-Kommission war sehr sinnvoll. Die Kommission erarbeitete und bewertete eine Reihe von Daten und Fakten, die für eine sachgerechte Beurteilung des Fragenkomplexes Finanzausgleich von großer Bedeutung sind, genau wie für dessen Weiterentwicklung.
Zweitens. Die eventuell gehegte Erwartung, dass der kommunale Finanzausgleich durch die Arbeit der Kommission aufgestockt werden müsste, war falsch.
Drittens. Wir bedauern sehr, dass, wie von den kommunalen Spitzenverbänden festgestellt, das Verhältnis zwischen Kommunen und Land durch die Arbeit der Kommission nicht befriedet wurde.
Viertens. Wir erwarten, dass die Inhalte der Arbeit der FAG-Kommission sowie die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände in die Prüfung zukünftiger Änderungs- und Anpassungserfordernisse des kommunalen Finanzausgleichs einbezogen werden.
Fünftens. Wir erwarten, dass die Landesregierung die Kostenentwicklung bei den Kommunen im Bereich des übertragenen Wirkungskreises weiterhin aufmerksam beobachtet und die Regelungen für die Erstattung an den Bedarf anpasst. - Ich danke Ihnen.
Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Kollegen Wulff das Wort, zugleich auch zur Einbringung des Antrages der Fraktion unter Punkt 9.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute auf der Tagesordnung ein Thema mit einer ganz ungewöhnlichen Situation in unserem Land, die es, jedenfalls so weit ich mich erinnern kann, nie jemals zuvor gegeben hat: seit 1992 keinen verfassungsmäßigen Finanzausgleich, zweimal eine rechtskräftige Verurteilung der Landesregierung und der Mehrheit des Landtages durch den Staatsgerichtshof, das höchste Gericht unseres Landes,
Verfassungsbruch, rechtskräftige Verurteilung wegen fortgesetzten, vorsätzlichen, willentlichen Verfassungsbruchs im Zusammenhang mit den Finanzbeziehungen des Landes zu seinen Kommunen.
das sind Randgeplänkel. Entscheidend ist, dass alle kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens ausgestiegen sind und gesagt haben: Mit dieser Landesregierung nicht mehr; die Verhältnisse sind zerrüttet, und das Tischtuch ist zerrissen.
Sie haben nun den großartigen Vorgang, dass der Präsident des Niedersächsischen und des Deutschen Landkreistages, Herr Axel Endlein, in Ihrer Fraktion hoch angesehenes Mitglied ist. Herr Endlein ist gerade erst in den Plenarsaal gekommen. Das sagt mir auch, dass manchmal Bilder mehr als Worte zeigen und dass er von seiner eigenen Fraktion nichts mehr zu erwarten hat, was diese Themen betrifft.
Vielleicht könnten Sie mal die Reden und die Einlassungen von Herrn Endlein in Ihrer Fraktion auf Substanz, Inhalt und Berechtigung prüfen. Es kann doch nicht richtig sein, dass Herr Endlein mit seinen Gemeinden in Niedersachsen Sie mehrfach verklagt, mehrfach vor dem Staatsgerichtshof gewinnt und Sie dennoch sagen: Wir machen, was wir wollen, wie wir lustig sind und richten uns nicht nach den Entscheidungen des höchsten Gerichts des Landes.
Das ist empörend. Deshalb gibt es auch jetzt wieder hier in Niedersachsen mehr Klagen als in jedem anderen Bundesland in Deutschland gegen die Landesregierung.
Wir haben hier vor 20 Monaten den Beschluss gefasst, durch Einrichtung der Kommission die Situation unserer Kommunen zu verbessern, zu ändern und den Grundsätzen des Staatsgerichtshofes Rechnung zu tragen. 20 Monate später stellen wir fest: Nichts ist passiert, nichts ist erreicht, außer der Tatsache, dass in Niedersachsen die Sozialdemokratie ihre Raubzüge durch kommunale Kassen fortsetzt.
Sie sollten sich an den Kolleginnen und Kollegen der schleswig-holsteinischen SPD-Landtagsfraktion ein Beispiel nehmen. Die haben mit der Forderung nach einem SPD-Sonderparteitag in Schleswig-Holstein die Landesregierung gezwungen, von solcher Art Eingriff in einem bestimmten Umfang Abstand zu nehmen. Vielleicht könnten Ihre Kommunalpolitikerinnen und -politiker auch mal auf die Idee kommen, auf einem Sonderparteitag die Lage unserer Kommunen zu besprechen.
In allen wesentlichen Eckpunkten sind Sie nicht übereingekommen, in allen wesentlichen Punkten der kommunalen Spitzenverbände sind Sie seitens der Landesregierung auseinander. Die Ausschussempfehlung, die Sie beschließen wollen, ist eine einzige Unglaublichkeit. Dort wird wortreich aufgezählt, worüber man geredet hat. Es wurde eben schon gesagt, es waren 18 Sitzungen. Ob sie eine Sitzung machen oder 18 oder 20, spielt doch gar keine Rolle. Es kommt doch darauf an, was hinterher dabei herauskommt. Nicht die Worte zählen, sondern die Taten.
Da listen Sie auf, dass Sie 18 Sitzungen gemacht haben; dass Sie da alles Mögliche besprochen haben. Da, wo es konkret wird, formulieren Sie lediglich: "Die Inhalte der Arbeit dieser Kommission, die Forderung der kommunalen Spitzenverbände und deren Stellungnahmen sollten in die Prüfung einbezogen werden." Eine schwammigere und schwächere Formulierung kann man sich gar nicht denken. Im Übrigen - so heißt es dann am Ende Ihrer Entschließung - "sollte die Kostenentwicklung bei den Kommunen aufmerksam beobachtet und bei Bedarf die Erstattungsregelung angepasst werden." Die Leute werden ja wirklich auf den Arm genommen.
Was müssen die Kommunen dabei denken! Sie haben beispielsweise inzwischen Kassenkredite in Höhe von 3 Milliarden DM. Das ist auch wieder bundesweit ein einzigartiger Vorgang. Bedenken wurden nicht aufgenommen. Wir halten das nicht für hinnehmbar, auch unter dem Gesichtspunkt des Verfassungsverständnisses der Rechtsstaatlichkeit.
Ich habe nicht ganz begriffen, wie es eben der Kollege in der Debatte zuvor über die Ökosteuer geschafft hat, die Ökosteuer mit schwarzen Kassen in Verbindung zu bringen. Jeder hier weiß, dass ich die Frage des Law and order, von Recht und Ge
setz, von Recht und Ordnung außerordentlich hoch stelle. Hier sehe ich schon einen Zusammenhang. Die Frage eines ständigen Verfassungsbruchs im Umgang des Landes mit seinen Kommunen so mal eben mit einer Handbewegung durch eine Abstimmung ad acta zu legen, das ist eine Zermürbung unseres Rechtsverständnisses in Niedersachsen, nämlich dass Richter und Gesetze von Regierungen zu achten seien.
Es gibt vollmundige Erklärungen, jetzt sei die Fläche dran, jetzt nun sei nicht mehr die Konzentration auf die Ballungsräume, auf Hannover und die EXPO, wichtig, jetzt müssten die Regionen des Landes an Gewicht zunehmen. Dann müssten Sie doch beim kommunalen Finanzausgleich die Fläche stärken. Die großen Landkreise stehen vor der Frage, wie sie die Schülerbeförderung sicherstellen, wie sie auch in kleinen Gemeinden bei veränderter Bevölkerungsstruktur die Versorgung mit Grundfunktionen sicherstellen.
Stattdessen haben Sie den Flächenansatz verweigert, stattdessen bluten Sie gerade die Fläche aus, die nicht über die entsprechenden Finanzmittel verfügen darf.