Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Aber das entspricht in keiner Weise der Realität.

(Zurufe von der CDU)

Sie knüpfen damit an die unsachliche Auseinandersetzung um die Ausweisung der FFH-Flächen an. Da das damals streckenweise gut verfangen hat, wird das gleiche Rezept jetzt wieder versucht. Über die Sache wird nicht diskutiert - hin und wieder äußern Sie sich auch positiv zu Umweltfragen -, sondern es wird nur Panik in Bezug auf die möglichen Auswirkungen der Unterschutzstellung bestimmter Gebiete gemacht.

(Zurufe von der CDU)

Vor diesem Hintergrund stelle ich einmal fest: Die einen schützen die Vögel. Aber wen schützt die CDU-Fraktion?

(Frau Pruin [CDU]: Wer schützt Sie? Nicht einmal Ihre eigene Basis! - Weitere Zurufe von der CDU)

Wenn Sie sich das sachlich anschauen würden, dann käme man wieder auf den Teppich zurück. Vogelschutzrichtlinien gibt es seit 1979. Seit 1983 haben die Vogelschutzgebiete die gleiche Größe, aber die Zahl der gefährdeten Arten ist seitdem

leider ganz erheblich gestiegen. Ich nenne Ihnen nur ein einziges Beispiel: Der Rote Milan, Vogel des Jahres 2000, wird fast als nationales deutsches Naturerbe bezeichnet. 60 % des Weltbestandes dieser Vogelart leben in Deutschland und sind durch Veränderungen in der Landwirtschaft, durch veränderte Produktionsformen akut gefährdet. Die Unterschutzstellung von Gebieten, in denen sich der Rote Milan wieder entwickeln kann, ist dringend notwendig. - Das ist nur ein Beispiel für die Notwendigkeit neuer Vogelschutzgebiete.

(Unruhe bei der CDU)

Zusammen mit den FFH-Flächen und der Entwicklung des Netzes Natura 2000 - an die Diskussion erinnern Sie sich sicherlich - liegt die Überprüfung der bisherigen Vogelschutzgebiete und die Erweiterung doch auf der Hand. Von daher sollte man sich sachlich damit auseinander setzen und nicht erst 1.000 Vorurteile schüren, um sich anschließend als Vertreter der Entrechteten darzustellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gnadenlos wird z. B. die Festlegung übertrieben, dass, wenn man denn Gebiete ausweist, das Verschlechterungsverbot in Zukunft nicht einmal zulassen würde, eine kleine Garage oder ein Klohäuschen anzubauen. Bei Herrn Behr kam das deutlich so herüber. Genauso kommt mir diese Kampagne, wenn jetzt immer mit den Argumenten der Banken gearbeitet wird, als bestelltes Szenario vor. Vonseiten bestimmter Banken - man muss dann immer nur die Parteimitgliedschaften überprüfen

(Möllring [CDU]: Seit wann sind Banken in einer Partei?)

wird an die Landwirte geschrieben „Sie müssen mit 50 % Wertverlust in den entsprechenden Gebieten rechnen“, und anschließend wird sich dann besorgt geäußert.

(Frau Pruin [CDU]: Fragen Sie doch die Bauern! Ist doch passiert! - Oestmann [CDU]: Ist ja nicht auszu- halten, was Sie da reden! - Ontijd [CDU]: Bleiben Sie bei der Sache! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Ich werde jetzt erst einmal versuchen, weiter zu reden, auch wenn fünf Leute dazwischenreden.

Ich wäre als Landwirt auch verunsichert, wenn ich mit solchen Beleihungsgrenzen rechnen müsste.

(Frau Pruin [CDU]: Schön!)

Aber leider haben wir gerade gehört: Das trifft nicht zu.

(Frau Pruin [CDU]: Leider?)

Wir sind der Meinung, dass vonseiten der Landesregierung in diesen Auseinandersetzungen deutlicher zum Ausdruck gebracht werden muss, dass das nicht der Fall ist. Sollte es Punkte geben, an denen ein Verschlechterungsverbot verhindert, dass die Existenz und Weiterentwicklung eines Betriebes gesichert ist, dann muss man auch eine Zusage machen und sagen: Hier werden wir aus den europäischen Töpfen den entsprechenden Ausgleich zahlen. Zu der Zusage sollte man sich vonseiten der Landesregierung aufraffen. Dann hat man nämlich die Diskussion um den richtigen Punkt und nicht um solche Pappkameraden, wie sie immer von der CDU aufgebaut werden.

Ich will auch noch einen Satz zur Landesregierung sagen; das kann ich als Opposition natürlich gar nicht unterlassen. Das war jetzt ein sehr schöner Vortrag von Herrn Jüttner, und ich teile seine Auffassung auch in vielen Punkten, aber es ist nicht so, dass man daran nicht noch einige Kritik üben könnte.

(Beckmann [SPD]: Nicht muss!)

Die Ausweisung der Vogelschutzgebiete ist vom Umfang her am unteren Ende dessen, was von der EU-Kommission erwartet wird.

(Inselmann [SPD]: Ha, ha!)

Wie kommt es denn wohl, dass die ornithologisch profilierten Verbände wie der NABU oder die Niedersächsische Ornithologische Vereinigung 104 Lebensräume seltener Vogelarten für schützenswert halten, die Landesregierung aber nur 55 Vogelschutzgebiete ausweisen will? - Ich will Ihnen ein Beispiel im Bereich Weser-Ems geben: An der Ems wurden bedeutende Lebensräume seltener Wiesenvögel - Uferschnepfe, großer Brachvogel und Wiesenweye - einfach schlicht vergessen. Die gehören aufgenommen, da muss ein Vogelschutzgebiet hin.

(Glocke der Präsidentin)

Dahin gehend ist bis zur Entscheidung des Kabinetts im Frühjahr 2001 dringend eine Erweiterung erforderlich, und das auch aus einem anderen Grund. Wenn Sie nämlich mehr ausweisen, wie bei den FFH-Flächen, und erst einmal erklären, dass die Flächen für ein Vogelschutzgebiet oder ein FFH-Gebiet infrage kommen, dann ist die Abwägung hinterher sehr viel eher möglich; Sie können eher Flächen wieder herausnehmen, wenn es Konflikte gibt. Sie müssen es dann nicht tun.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme damit zum Schluss. Ich meine, dass man bei dem Verfahren, das bisher durchgeführt wird, schon feststellen kann: Man hat aus der Diskussion um die FFH-Gebiete gelernt. Die konfliktbeladenen Diskussionen sind entschärft worden. Aber wenn man sich auf dem Weg noch ein Stück weiter bewegen und die Konsequenzen deutlicher darlegen würde - Punkt für Punkt am Einzelfall, und sei es in einem Planspiel -, dann würde man die Akzeptanz und die Sicherheit bei den betroffenen Landwirten deutlich erhöhen. Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Kollege Inselmann, bitte schön!

(Rolfes [CDU]: Der hat keine Rede- zeit mehr! - Unruhe - Glocke der Prä- sidentin)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man das Thema einmal auf den eigentlichen Antrag der CDU-Fraktion zurückführt, dann fordert die CDU-Fraktion hier heute zwei Dinge. Nach dem, was ich in den Reden gehört habe, fordern Sie eine Menge mehr.

Sie haben aber nur zwei Dinge in Ihrem Antrag stehen. Das eine ist eine einfache Fristverlängerung, und das andere ist, dass Sie die Grundeigentümer beteiligen wollen. Mehr haben Sie heute in Ihrem Antrag mit langer Begründung nicht gefordert. Nachdem ich mir die Rede von Herrn Behr oder die von Frau Pruin angehört habe, kann ich sagen: Sie haben eine Menge mehr gefordert. Dann schreiben Sie doch in Ihren Antrag hinein, was Sie konkret wollen. Das ist nämlich genau das Problem, das wir mit Ihnen vor Ort haben.

(Frau Pruin [CDU]: Das ist doch gar nicht wahr! Wir haben nur darauf hin- gewiesen, was ihr wollt!)

- Hören Sie doch erst einmal zu, was ich zu sagen habe. Dann können Sie sich aufregen.

Das ist doch genau das Verfahren, das wir vor Ort erleben, dass Sie als CDU vor Ort in der Tat Ängste schüren. Sie stellen vor Ort Fragen, aber Sie geben keine Antworten, und die geben wir. Das ist der Unterschied. So geht man verantwortlich mit den Betroffenen um.

(Beifall bei der SPD - Oh! bei der CDU)

Ich stelle fest, meine Damen und Herren, dass das Problem ist, dass Sie sich in dieser Frage nicht festlegen, weil Sie genau wissen - -

(Frau Pruin [CDU] meldet sich zu Wort)

- Frau Pruin, ich habe wenig Redezeit. Lassen Sie es. Wir können das nachher auf dem Gang klären.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Die deutsche Öffentlichkeit will eine Antwort, nicht Frau Pruin auf dem Gang!)

Herr Kollege Inselmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Pruin?

Frau Präsidentin, ich würde darum bitten, dass ich das fortführen kann. - Frau Pruin hat ein Problem: Sie stellt sich im Landtag hier hin und kämpft für die Inseln und für die Landwirte,

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Frau Pruin [CDU]: Bravo!)

und auf dem Flur knutscht sie mit Herrn Wesemüller vom WWF, meine Damen und Herren. Das ist die Realität.

(Heiterkeit bei der SPD - Unruhe)

Frau Pruin, ich bin ja gar nicht eifersüchtig, aber dann klären Sie einmal Ihre Position ab, und seien Sie einmal ehrlich in dieser Frage.

(Frau Pruin [CDU]: Nun stellen Sie doch die nächste Behauptung auf! Das ist doch eine unerhörte Frechheit! - Weitere Zurufe von der CDU und der SPD - Unruhe - Glocke der Präsiden- tin)

Meine Damen und Herren, ich sehe es schon: Ich habe Recht. Oder wollen Sie das bestreiten, Frau Pruin? Das war so.