Über die Wege einer wirklich guten Sozialpolitik können wir streiten, nicht aber über das Ziel z. B.
beim Kampf gegen Kinder- und Menschenhandel, bei Maßnahmen gegen die wachsende Gewalt von Männern gegenüber Frauen - ein Bereich, der nicht beim Justizminister, sondern bei der Sozialministerin angesiedelt ist -, bei einer für alle akzeptablen Gesundheits-, Renten- und Familienpolitik oder bei der wichtigen Integration und Hilfen für Menschen mit Behinderungen. Hier sollten wir in erster Linie das Ziel im Auge haben und an die Menschen denken.
Mit unseren Anträgen „Verbesserung der Heimaufsicht“, „Pauschalierung der Sozialhilfe“, „Betreuung von Pflegebedürftigen“, „Weiterführung der sozialen Schuldnerberatung“ oder „Krankenhäuser in Gefahr“ sowie mit Anträgen und Großen Anfragen über die Situation von Menschen mit einer Behinderung und über die Pflegesituation in Niedersachsen
haben wir Sie auf die sozialen Missstände und Bedürfnisse der Schwachen in unserer Gesellschaft aufmerksam gemacht.
Denken Sie noch an die unglückliche Diskussion zu der Frage, ob aus Kostengründen Menschen mit Behinderungen in Pflegeheime abgeschoben werden sollen?
In einigen Punkten sind Sie uns ja gefolgt; das will ich anerkennen. Ich sagte ja schon: Sie haben durchaus gute Sozialpolitiker in Ihren Reihen. In anderen Bereichen werden wir weiterhin an Ihr - so weit es überhaupt noch vorhanden ist - soziales Gewissen appellieren.
Liebe Kollegen von der SPD, die aufgrund der demografischen Entwicklung immer notwendiger werdende Altenpflege nehmen Sie zu wenig zur Kenntnis. 13 von 67 Schulen mussten die Beschulung für das neue Ausbildungsjahr bereits vollständig aussetzen. Für die 1.154 Ausbildungsplätze wurden nur 636 Ausbildungsverträge abgeschlossen. Weitere 264 junge Männer und Frauen erlernen im Rahmen einer Umschulung den Beruf des Altenpflegers bzw. der Altenpflegerin. Damit sind nur 78 % aller Schulplätze besetzt. Die Altenpfle
Meine Damen und Herren, wir alle stehen in der Verantwortung, das Vertrauen, das uns die Menschen in Teilen noch entgegenbringen, nicht zu verspielen. Vertrauen gewinnt man aber nicht, wenn man, wie Sie, Jahr für Jahr eine unverständliche Hü-und-hott-Politik praktiziert. Erst kürzen Sie im Haushalt, z. B. bei der Schuldnerberatung - dadurch werden die Betroffenen massiv verunsichert -, dann nehmen Sie nach etlichen Diskussionen einen Teil der angedrohten Kürzungen zurück, und jetzt erwarten Sie noch Dankbarkeit von den Betroffenen. So geht das nicht! Das ist ein Spiel mit den Empfindungen der Menschen und eine Missachtung ihrer Würde.
Wir brauchen endlich eine Sozialpolitik mit verlässlichen Rahmendaten und Vertrauen schaffenden Maßnahmen.
Meine Damen und Herren, unser Ziel muss es sein, möglichst vielen Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängern durch Beratung und Unterstützung Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.
Für viele Sozialhilfeempfänger ist der Bezug von Sozialhilfe nicht nur eine finanzielle Angelegenheit. Für viele ist es - das dürfen wir nicht vergessen - eine menschliche Tragödie. Das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber das sollte nicht, wie geplant, nur in wenigen ausgesuchten Städten und Kreisen umgesetzt werden, sondern es sollte möglichst schnell flächendeckend umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich etwas zu den Arbeitsplätzen für Behinderte sagen. Ihr Behindertenbeauftragter, Herr Finke, hat in seinem letzten Bericht darauf hingewiesen, dass das Land Niedersachsen die Beschäftigungsquote für Behinderte selbst nicht erfüllt. Das ist peinlich. Aber noch peinlicher ist es doch, dass Sie jetzt mit dem Finger auf andere zeigen.
Am 6. November hat Ihre Nicht-mehr-Staatssekretärin Witte in einer Presseerklärung versprochen, mindestens 4.500 Menschen mit Behinderungen sollten in Niedersachsen in den nächsten zwei Jahren einen neuen Arbeitsplatz finden, und von anderen gefordert, ihre Quote zu erfüllen. Das ist gut, aber wir erwarten, dass das Land seine Quote zuerst erfüllt.
Ich möchte einmal an Folgendes erinnern, meine Damen und Herren: Nicht einen Tag in der Geschichte der christdemokratischen Sozialpolitik unter Hermann Schnipkoweit hat das Sozialministerium, wie es bei Ihnen der Fall ist, seine Pflichtquote unterschritten. Nicht einen Tag! Die Quote wurde dort erfüllt.
Frau Ministerin, ich bitte Sie ganz herzlich, den Behinderten nicht nur vollmundige Versprechungen zu machen. Sorgen Sie dafür, dass sie wirklich einen Arbeitsplatz bekommen! Machen Sie dort einen Neuanfang!
Es war schon schlimm genug, dass die SPD in der Vergangenheit mit falschen Wahlversprechungen auf Stimmenfang gegangen ist. Sollten Sie das jetzt auch bei den Behinderten fortsetzen, wäre das an Zynismus nicht zu überbieten.
Meine Damen und Herren, große Sorgen machen wir uns über die rasante Ausbreitung der AidsEpidemie. Angesichts des explosionsartigen Anstiegs der Zahl der Neuinfizierten gerade in Osteuropa, also vor unserer Haustür, warne ich davor, beim Schutz vor Aids sorglos und nachlässig zu werden. Bei der Aufklärung und Prävention dürfen wir die Mark nicht zweimal umdrehen.
Frau Ministerin, ich würde mich freuen, wenn Sie uns auf diesem Weg begleiteten. Wir wollen zusammen aus dem Land Niedersachsen wieder ein soziales Land machen. Sie können einen Neuanfang machen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen für das Sozialressort in Niedersachsen folgen einem immer wiederkehrenden Ritual. Das beginnt damit, dass die SPDLandesregierung zunächst einmal unter Beweis stellt, dass sie sich in der Lage sieht, auch im Sozialressort eisern zu sparen, tiefe Einschnitte zu machen. Ich erinnere nur daran, dass sie den Ansatz für die Schuldnerberatung wieder einmal - so muss man sagen - auf null gesetzt hat, dass sie nicht davor zurückgeschreckt ist, die ohnehin geringen Haushaltsansätze im Selbsthilfegruppenbereich, bei den sozialen Brennpunkten weiter zu reduzieren. Die Kürzung bei den sozialen Brennpunkten finde ich übrigens deswegen so bemerkenswert, weil der Ministerpräsident in der Debatte, als es um den Kampf gegen Rechts ging, ausdrücklich gesagt hat, es sei dringend notwendig, sich um die zu kümmern, die an den sozialen Rand gedrängt worden seien. Insoweit, finde ich, ist das einfach nicht kompatibel mit dem, was uns der Ministerpräsident in diesem Bereich versprochen hat.
Kürzungen bei den Familienbildungsstätten, in der Aids-Hilfe - ich könnte diese Liste weiterführen, aber die Fraktion der Grünen hat ja immer so wenig Redezeit.
Die SPD-Landtagsfraktion mit ihren guten Sozialpolitikern korrigiert diese Haushaltsansätze dann wieder etwas nach oben - etwas! - und lässt sich dann dafür feiern.
Ein Teil der Einsparungen wird zurückgenommen, und das wird dann als gute, eigenständige Sozialpolitik verkauft.
bar dafür, dass Sie das gemacht haben, dass Sie diese Frontalangriffe zurückzuweisen versucht haben.
Aber letztlich haben Sie nicht mehr gemacht, als einen Teil der Attacken der Landesregierung auf die sozialen Eckpfeiler der Versorgung in Niedersachsen abzuwehren. Gestaltungswillen in der Sozialpolitik in Zeiten von knappen Kassen, in Zeiten grundlegender Veränderungen haben Sie damit allerdings überhaupt noch nicht bewiesen.
Sie beschränken sich darauf, den Status quo zu retten, und zwar - so muss man sagen - Jahr um Jahr auf immer niedrigerem Niveau, zumindest was die freiwilligen Leistungen angeht. Wenn man nicht wirklich Projekte hat, die man durchsetzen will, wenn man nicht wirklich weiß, wohin man in der Sozialpolitik will, dann wird man sich gegenüber dem Finanzminister auch nicht durchsetzen, meine Damen und Herren.