Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

Meine Damen und Herren, der arme Helmut Kohl ist um seine Enkelgeneration in Ihrer Partei nun wahrlich nicht zu beneiden!

(Beifall bei der SPD - Heineking [CDU]: Nun kommen Sie doch end- lich einmal zur Landespolitik!)

- Darüber habe ich die ganze Zeit geredet. Wahrscheinlich waren Sie noch draußen!

(Heineking [CDU]: Das ist Vergan- genheitspolitik!)

Dass Helmut Kohl vor lauter Frust straffällig geworden ist, kann ich verstehen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Wenn auch für die CDU-Sozialpolitik der Satz gilt, der im gesamten Haushaltsbereich für die CDU gilt, dann kann ich Ihnen nur sagen: Wer die SPDFraktion in der Sozialpolitik matt setzen will, darf sich nicht selbst pausenlos in Schach zu stellen.

(Zurufe von der CDU)

Gehen Sie davon aus, dass wir in Fragen sozialer Gerechtigkeit in diesem Lande dafür sorgen werden, dass es keine soziale Schieflage gibt. Ihre Nachhilfe in Sozialpolitik brauchen wir nicht. Das haben Sie auch heute wieder bewiesen.

(Beifall bei der SPD - Klare [CDU]: Darf ich fragen, wer die Kreide be- zahlt hat, die Sie gefressen haben?)

Das Wort hat die Frau Kollegin Schliepack.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte der neuen Frauenministerin gratulieren und ihr für ihre neue Aufgabe viel Erfolg wünschen. Ich glaube, dass viele Frauen in Niedersachsen von Ihnen erwarten, dass nun endlich im gesellschaftlichen Leben und im Erwerbsleben auf Gleichstellung hingewirkt wird und dass

wir nicht noch einmal ein Jahrtausend warten müssen. Das ist jetzt das Gebot der Stunde.

Als Frau Merk, die sich heute leider nicht an der Debatte beteiligt, obwohl sie versprochen hatte, sich weiterhin dafür zu interessieren,

(Zuruf von Groth [SPD])

- Frau Merk ist die Fachministerin gewesen, Herr Ausschussvorsitzender - am 5. Oktober im Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen ihren Haushalt eingebracht hatte, wusste niemand von uns, dass sie zwei Monate später von ihrem eigenen Ministerpräsidenten kalt geschasst würde. Ich finde, sie hat es verdient, dass wir uns heute dafür bedanken, dass sie sich in Bezug auf diesen Haushalt maßgeblich dafür eingesetzt hat, dass die Ansätze frauenpolitischer Haushaltstitel gleich geblieben sind und nur an wenigen Stellen Kürzungen hingenommen werden müssen. Ich jedenfalls finde, dass wir ihr und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in dem Hause danken sollten. Schade, dass sie nicht dabei ist.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Wir werden es ihr ausrichten!)

Vielleicht sind die Schwerpunkte der Frauen- und Familienpolitik auch deshalb im Wesentlichen so wie in den Vorjahren geblieben. Neue Akzente gibt es in diesem Haushalt leider nicht. Familienpolitik wird in Niedersachsen seit Jahren nur mit spitzen Fingern betrieben.

(Frau Bührmann [SPD]: Das ist doch falsch, Frau Schliepack, das wissen Sie!)

Nur mit Mühe unterstützt das Land die Familienbildungsstätten und die Familienverbände. Wir kennen doch das alte Spiel: Die Landesregierung kürzt, und die Fraktion stellt den alten Ansatz wieder her und lässt sich dafür feiern. Frau Pothmer hat das eben auch schon gesagt.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke auch an die Förderung des Landesfrauenrates. Hier wäre eigentlich einmal eine Erhöhung der Landeszuschüsse fällig. Es ist mir ein Rätsel, wie der Landesfrauenrat das Kunststück fertig bringt, seit Jahren mit gleich bleibenden Landeszuschüssen seine Aufgaben zu erfüllen, obwohl er mittlerweile 53 Frauenverbände vertritt. Das ist nur engagierten und starken Frauen zuzutrauen. Die können das.

(Zustimmung von Frau Pawelski [CDU])

Das darf aber meines Erachtens nicht dazu führen, dass ihre Landesmittel überhaupt nicht mehr erhöht werden.

Gewalt gegen Frauen und Männer – das heißt Frauenhäuser, Mädchenhäuser, Gewaltberatungsstellen, Notrufeinrichtungen, Beratungsstellen gegen den sexuellen Missbrauch an Frauen und Mädchen. Das ist im Prinzip der alte Ansatz.

Ich möchte mich aber ganz herzlich bei einer besonderen Stelle bedanken, die in diesem Jahr während der EXPO eine exzellente Arbeit geleistet hat, nämlich der Beratungsstelle KOBRA, die in Zusammenarbeit mit Justiz, Polizei und Ausländerbehörden Prostituierte beraten hat und sie ermuntert hat, aus diesem bösen Geschäft auszusteigen. Ich meine, dass wir diese Frauen weiterhin unterstützen sollten.

Die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen werden im Haushaltsjahr 2001 wohl wegen der neuen Richtlinien in Schwierigkeiten kommen, denn die 80 DM pro Beratungsfall reichen hinten und vorne nicht aus, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Ehe- und Familienberatungsstellen von diesen Zuschüssen ausgegrenzt werden.

(Frau Bührmann [SPD]: Es gibt aber einen anderen Fördertopf!)

Eine Beratung nach § 218 für in Not geratene Frauen kann es nicht geben, wenn man nicht gleichzeitig Familien- und Beziehungsprobleme mit lösen kann. Daraus zieht sich das Land aber leider zurück.

In Bezug auf die Aufzählung der frauenpolitischen Schwerpunkte gibt es eigentlich nichts Neues zu berichten. Vielleicht ist die Landesregierung damit zufrieden. Wir geben uns damit nicht zufrieden. Ich finde, dass das Thema der Zukunft die Gewaltprävention sein muss,

(Zustimmung bei der CDU)

die grundsätzlich Vorrang vor der Bekämpfung von Gewalttätern haben muss. Deswegen haben wir auch unsere Anträge zum Menschenhandel gestellt. Jetzt haben auch die Grünen erneut einen Antrag hierzu eingebracht. Ich finde, dass wir in Anlehnung an das Wegweisungsgesetz, das jetzt im Bund verabschiedet worden ist, ein eigenes

Landesgesetz schaffen müssen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Wir müssen eine Strategie zur Bekämpfung der Gewalt in den Familien entwickeln. Ich weiß nicht, ob Sie, meine Damen und Herren, überhaupt wissen, was Frauen in gewalttätigen Familien erleiden und erdulden, und ob Sie wissen, welche lebenslangen Schäden bei den Kindern in gewalttätigen Familien hervorgerufen werden. Wissen Sie eigentlich, dass diese Kinder dann, wenn sie nicht psychisch zugrunde gehen, diese Gewalt weitergeben und wir uns insoweit in einem Teufelskreis bewegen? Ich stimme Frau Pothmer ausdrücklich zu, dass das hannoversche Interventionsprojekt auch für die anderen Städte gefordert werden muss.

Ein besonderer Schwerpunkt ist aber Gender Mainstreaming. Und jetzt wird es interessant. Gender Mainstreaming als Zauberwort für Frauenpolitik ist sehr attraktiv. Aber was ist passiert? - In einer Kabinettssitzung im Jahre 1998 hat man sich unter dem Tagesordnungspunkt "Auflösung des Frauenministeriums" darauf verständigt, das Gender Mainstreaming in allen Häusern zu einem Schwerpunktthema zu machen. Hierzu wurden von Frau Merk auch Erfolgsmeldungen veröffentlicht. Aber sie ist der Meinung, dass dieses Thema in den letzten zwei Jahren auch in den Fortbildungsveranstaltungen gut angesprochen worden ist. Wir haben allerdings eine andere Erfahrung machen müssen. In den Haushaltsberatungen im Frauenausschuss wurde festgestellt, dass sich die Ministerialbeamten überhaupt nicht danach gerichtet haben. Sie waren überhaupt nicht vorbereitet. Wir mussten uns sogar vertagen, weil sie ihre Schulaufgaben nicht gemacht hatten. Ich meine, dass diese Arbeit im eigenen Hause ernst genommen werden muss.

Ich erinnere mich auch, dass ich in diesem Jahr aus dem Frauenministerium zwei Einladungen zu Ausstellungseröffnungen erhalten habe, die nur an „den sehr geehrten Herrn Abgeordneten“ gerichtet waren.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde, dass das so peinlich ist, dass es als Posse zu bezeichnen ist. Ich will Ihnen diese Einladungen nachher gern überreichen, um Ihnen zu verdeutlichen, dass Ihr eigenes Pressereferat unfähig ist, festzustellen, dass es auch weibliche Abgeordnete gibt.

Ich meine, dass wir dem Gender Mainstreaming und dem Anliegen der Frauengleichstellung nicht

gerecht werden, indem wir eine zusätzliche zweite Staatssekretärsstelle fordern. Ich will Ihnen, Herr Witte - Sie sitzen ja da hinten -, dazu Folgendes sagen: Wir von der CDU wollen aus Herrn Witte keine Frau Witte machen. Wenn es nicht gelingt, dieses Thema Gender Mainstreaming im Kopf eines Staatssekretärs zu verankern und ihn aufzufordern, dies umzusetzen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr, wenn wir das nicht einmal in dem zuständigen Ministerium schaffen. Ich biete unsere Zusammenarbeit an und bin der Meinung, dass wir noch viel zu tun haben. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Aus Herrn Witte Frau Witte zu machen, finde ich auch nicht gut. Wir sind nämlich beide Laatzener. Ich finde, dass er als Mann so bleiben sollte, wie er ist.

Meine Damen und Herren, Frau Hemme hat jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorweggestellt eine kurze Ehrenrettung meines Kollegen Kalle Mühe. Ich hörte bei seinem Beitrag das Gegrummel und die Frage, wo die Frauen seien. Herr Mühe ist zwar nicht für das Politikfeld Frauen zuständig. Ansonsten aber könnte er dazu fachlich fundiert Stellung nehmen.

(Widerspruch bei der CDU - Zuruf von Mühe [SPD])

Meine Damen und Herren, in den Haushaltsberatungen löst das Wort „Einsparungen“ bzw. „Kürzungen“, das der Finanzminister in die Debatte einbringt, bei den Betroffenen meistens große Bedenken und Ängste aus. Wir können aber sagen, dass der vorgelegte Haushalt diese Ängste beseitigen kann.

(Widerspruch bei der CDU)

Ich möchte kurz zu einigen ausgewählten Bereichen Stellung nehmen. Wir geben weiterhin für 41 Frauenhäuser 4,3 Millionen DM aus, für 30 Notrufe und Gewaltberatungsstellen 1,2 Millionen DM,

(Möllring [CDU]: Was geben die Kommunen dazu?)

für die drei Mädchenhäuser in Osnabrück, Oldenburg und Hannover 450.000 DM plus 20.000 DM aus Toto/Lotto-Mitteln. Das heißt, dass der Ansatz gehalten wird. Es ist schade, dass er nicht erhöht wird. Aber wir konnten diese Haushaltsansätze immerhin so halten wie in der Vergangenheit.

Heute ist schon deutlich zum Ausdruck gekommen, dass die Mittel gegen Gewalt an Frauen und Mädchen nur Reparaturmaßnahmen sind. Wir zeigen mit unserem Antrag zur Erhöhung der Finanzmittel für die KOBRA - ich möchte den kompletten Namen an dieser Stelle einmal aussprechen: das ist die Koordinierungs- und Beratungsstelle für Opfer von Frauenhandel - -