Spaß und Freude müssen unsere jungen Menschen aber auch haben können. Alljährliche Jugendfestivals im Niedersachsenstadion, das wären unvergessliche Erlebnisse. Auch hierzu werde ich Anstöße geben.
Gewalt gegen andere und Fremdenfeindlichkeit haben zumeist ihre Wurzeln in der Kindheitsgeschichte junger Menschen. Wer Gewalt gegen andere ausübt, hat zumeist selbst Gewalt erfahren müssen. Vor diesem Hintergrund sehe ich neben den bereits genannten Aktivitäten zwei weitere Schwerpunkte für das nächste Jahr.
Mit dem Interventionsprogramm für hochgradig delinquente oder deviante Kinder sollen verschiedene Konzepte zum Tragen kommen. Es geht
darum, dass die Landesregierung dazu beiträgt, dass im Rahmen von Modellförderung Erfolg versprechendste Lösungswege für die Inobhutnahme und die Hilfen zur Erziehung vor Ort gefunden werden. Und in der Tat: Mit der Förderung der geschlossenen Unterbringung werde ich mich jedenfalls nicht politisch profilieren wollen.
Darüber hinaus werde ich zur Erkennung und Bewältigung von Kindesvernachlässigung im Säuglings- und Kleinkindalter eine Informationskampagne auf den Weg bringen. Nicht nur die Diskussion um die Babyklappe verweist auf politischen Handlungsbedarf auch bei uns zugunsten der jüngsten und schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft, die sich nicht alleine helfen können und deshalb unserer Unterstützung bedürfen.
Meine Damen und Herren, Kinder brauchen Wurzeln, um sich gut entwickeln zu können. Sie brauchen aber auch Flügel. Und um flügge werden zu können, bedarf es der Integration in Ausbildung und Arbeit. Deshalb bleiben die großen Kernprogramme der Jugendsozialarbeit für besondere Zielgruppen junger Menschen in vollem Umfang erhalten und können mit Unterstützung von EUMitteln sogar ausgebaut werden.
Die wirksamste Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist nach meiner festen Überzeugung eine der zentralsten politischen Aufgaben und im Übrigen auch das beste Programm zur Verhütung von Jugendkriminalität.
Als letzte Priorität im Jugendbereich möchte ich die Bedeutung besonderer Präventions- und Integrationsprogramme nennen. Im Haushaltsplanentwurf 2001 sind spezielle Mittel für die Integration nach Deutschland zugewanderter Jugendlicher eingestellt. Darüber bin ich froh; denn wir alle wissen von den spezifischen Problemen, die diese jungen Menschen haben und machen.
Wir werden darüber hinaus in Niedersachsen Bundesmodellprogramme nutzen wie das „Interkulturelle Netzwerk der Jugendsozialarbeit im Sozialraum, das speziell zur Integration von jungen Migrantinnen und Migranten entworfen worden ist, und das Bundesmodellprogramm „Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten“. Ich werde meine Möglichkeiten nutzen,
um auf Bundes- und Europaebene finanzielle Ressourcen für die Jugendpolitik nach Niedersachsen zu holen.
Meine Damen und Herren, im Haushaltsplanentwurf 2001 sind 6 Millionen DM für familienpolitische Leistungen ausgewiesen - es ist schon angesprochen worden: gemeint ist die Förderung von Familienbildungsstätten und Verbänden, von Beratungsstellen und Familienerholung - sowie weitere 155 Millionen DM für Unterhaltsvorschussleistungen allein Erziehender.
Familienpolitik findet auf Bundes- , Landes- und kommunaler Ebene statt. Das Manko ist: Es fehlt ganz offensichtlich an einer Zusammenschau der familienpolitischen Leistungen in Niedersachsen. Es ist also eine familienpolitische Programmatik zu entwickeln, die, anknüpfend an gesellschaftliche Entwicklungen, konkrete Maßnahmen benennt. Ich werde dies umgehend in Angriff nehmen und gemeinsam mit den vielfältigen Akteuren im Land ein offensives ganzheitliches Familienpolitikkonzept entwickeln, in Anlehnung an das ganzheitliche Mittelstandskonzept, das mir vom Weg und von den Ergebnissen sehr zielführend erscheint.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Moderne Familienpolitik dreht das Rad der Geschichte nicht zurück, sondern nach vorne. Es geht mir also nicht um die Funktionalisierung von Familie als Gebärstätte, es geht nicht um die Überfrachtung von Familie als Hort der Glückseligkeit, und es geht erst recht nicht um die geschlechterspezifische Rollenzuweisung.
Familien sind Lebensgemeinschaften mit Kindern. Praktischer Anknüpfungspunkt für meine Politik ist die Tatsache, dass der Wunsch nach Familie und Kindern bei jungen Menschen nach wie vor hoch im Kurs steht, aber die derzeitigen Strukturen der Gesellschaft, der Arbeitswelt, eine letztlich immer noch unzureichend darauf ausgerichtete soziale Struktur und auch die mangelnde Beteiligung von Männern an der Familien- und Erziehungsarbeit die Realisierung dieser Wünsche erschweren.
Familienpolitik betrifft viele politische Handlungsfelder. Es geht um die wirtschaftliche und rechtliche Situation von Familien, es geht um familiengerechtes Wohnen und ein förderliches Umfeld, es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um Unterstützung bei der Erziehung, um Familien mit besonderem Förderungsbedarf und anderes mehr. Deshalb wird es auch vielfältiger Aktivitäten bedürfen. Einige möchte ich nennen, z. B. die Entwicklung von Wettbewerben für neue Ideen zur familienfreundlichen Arbeitsorganisation von Betrieben, Kampagnen wie „Mehr Zeit für Kinder“, insbesondere für die Zielgruppe der Väter, eine niedersächsische FamilyCard für materielle Vergünstigungen, eine zentrale Hotline für Familieninformationen aller Art in Niedersachsen, einen Wettbewerb „Familienfreundliche Ferien in Niedersachsen“ und vieles andere mehr. Eines ist klar: Familienpolitik ist kein Relikt vergangener Zeiten, sondern nötiger denn je.
Meine Damen und Herren, frauenpolitisch ist viel erreicht worden. Diese Erfolge will ich verstetigen, und ich will den weiteren Abbau von Diskriminierungen befördern. Frauenpolitik - das ist hier vielfach gesagt worden - ist Querschnittspolitik. Deshalb müssen politische Entscheidungen grundsätzlich überprüft und muss mit dem Ziel der Chancengleichheit Einfluss genommen werden. Diesen in Niedersachsen bereits praktizierten Ansatz werde ich nachdrücklich fortsetzen. Ich werde umgehend mit den Frauenverbänden und den kommunalen Frauenbeauftragten das Gespräch aufnehmen - auch mit meinen männlichen Kollegen im Kabinett - und gemeinsam Schwerpunkte setzen.
Die Rahmenbedingungen auf dem niedersächsischen Arbeitsmarkt sind so gut wie schon lange nicht mehr. Die Arbeitslosenzahlen sinken, neue Arbeitsplätze werden geschaffen. Diese Chance muss genutzt werden, um die Arbeitslosigkeit weiter kräftig zu senken und insbesondere junge Menschen und Frauen, behinderte Menschen, Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger in den Arbeitsmarkt zu integrieren bzw. ihren Eintritt in die Arbeitslosigkeit präventiv zu verhindern.
Einwerbung von EU-Mitteln insgesamt 175 Millionen DM für die aktive Arbeitsmarktpolitik und damit gute und auch noch erweiterte Handlungsmöglichkeiten. Diese müssen nun von allen Akteuren genutzt werden. Ziele sind dabei die noch stärkere Orientierung aller Programme und Projekte auf den regulären Arbeitsmarkt und die verstärkte Verzahnung von Arbeitsmarktpolitik mit Wirtschafts- und Strukturpolitik. Wirtschaftliche Existenzsicherung für alle bleibt die politische Kernaufgabe.
Menschen mit Behinderungen und in besonderen Lebenslagen bekommen in Niedersachsen die Unterstützung, die sie brauchen: zum Leben, zum Arbeiten, zur Therapie. Auch im kommenden Haushaltsjahr werden wir deshalb aufgrund des weiteren Bedarfs differenzierte, auch neue Betreuungsangebote schaffen. Das heißt, dass auch in Zeiten knapper Kassen die Landesregierung - ich hoffe, mit Ihrer Zustimmung - die erforderlichen Mittel im Umfang von 2,4 Milliarden DM aufbringt und so für die Bürgerinnen und Bürger ein verlässlicher Partner bleibt.
Wichtige Reformen wie das „Quotale System“ - andere sind in den vorangegangenen Reden genannt worden - sind bereits auf den Weg gebracht.
In der Sozialpolitik ist die Aktivierung von Eigenverantwortung das zentrale Ziel. Ich werde deshalb mit den Sozialpartnern und den Wohlfahrtsverbänden, mit den Initiativen und den Freiwilligenorganisationen einen Dialog „Arbeit und Soziales“ initiieren. Ich möchte, dass wir den strukturellen Wandel und die erforderliche Weiterentwicklung von Leitlinien niedersächsischer Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gemeinsam miteinander bewältigen.
Der Gesundheitsbereich ist seit Jahren unter Dampf. Ziel- und Interessenkonflikte prallen aufeinander. Kostendämpfung, mehr Wirtschaftlichkeit, medizinische Entwicklung und optimale medizinische Versorgung, Verteilungskonflikte innerhalb der Ärzteschaft und vieles andere mehr bestimmen die Landschaft. Intelligente Steuerungssysteme sind gefragt. Mein gesundheitspolitisches Ziel im Bereich der Krankenhausplanung ist es, die niedersächsische Krankenhauslandschaft mit den gegebenen investiven Mitteln für die Änderungen ab 2003 fit zu machen und die präventive Grundversorgung in einigen Bereichen sicherzustellen, die - ich sage einmal - noch nicht zum
Kanon der Krankenkassenleistungen gehören. Deshalb freue ich mich, dass mit dem Haushaltsplanentwurf 2001 die letzte Lücke im flächendeckenden Netz an Suchtberatungsstellen geschlossen werden kann. Ich werde darüber hinaus im nächsten Jahr beginnen, einen Schwerpunkt in der Gesundheitspolitik für Kinder zu setzen.
Meine Damen und Herren, das Ziel ist klar. Sicherheit im Wandel, Verlässlichkeit zwischen den Partnern der Jugend- und Sozialpolitik, Klarheit im Denken bei komplexen Konfliktlagen, notwendige Neuerungen und vielfältige Ideen - das ist meine Devise für die nächsten Jahre. Ich freue mich auf die Arbeit. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit. Ich habe den Eindruck, dass bei allen Fraktionen große inhaltliche Übereinstimmung in der Jugendund Sozialpolitik vorhanden ist. Deswegen lade ich auch diejenigen, die gestern meiner Wahl nicht zugestimmt haben, herzlich dazu ein, mit mir gemeinsam daran zu arbeiten. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, erwartungsgemäß liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe damit die Beratung.
Fortsetzung zweite Beratung Haushalt 2001 - Debatte über ausgewählte Haushaltsschwerpunkte (einschl. einzubringender Änderungsanträge) unter Einbeziehung des betroffenen Ressortministers (Kultus)
Herr Kollege Fasold, das würden Sie mir nie verzeihen. Ich weiß, dass Sie nur meinetwegen gekommen sind. Dann sollen Sie auch in den Genuss einiger Ausführungen kommen.
Meine Damen und Herren, bei beschränkter Redezeit ist es in der Tat ein Problem, Schulpolitik richtig zu entfalten, zu entwickeln. Aber so soll es in der Haushaltsdebatte sein; also will ich mich einfach mit einigen Schwerpunktbereichen befassen und die Haushaltslage im Bereich Schule unter drei Aspekten beleuchten.
Das eine ist der große, anspruchsvolle Bereich der Bildungsoffensive. Es ist fast genau ein Jahr her, als der damalige neue Ministerpräsident die Bildungsoffensive ausgelobt und verkündet hat, was nun alles passieren solle und wie wichtig das sei.
- Ja, ja. - Einige Monate später gab es dann bei Ihnen einen Parteitag. Da war das schon alles schwieriger. Er hat aber trotzdem noch einmal gesagt, Bildung sei wichtig, es müsse etwas gemacht werden und damit würden Wahlen entschieden. Da mögen Sie Recht haben. Aber man muss auch einmal überprüfen, was in dem Bereich eigentlich stattfindet. Das eine ist der Anspruch, und das andere ist die Wirklichkeit. Das eine ist die Kraftmeierei, und das andere ist vielleicht ein laues Lüftchen, das durch das Land weht und wobei nichts herumkommt. Ich möchte einige Aspekte ansprechen.
2.000 zusätzliche Lehrerstellen wurden seinerzeit in Zeitungsanzeigen verkündet. Was ist Fakt? Zum letzten Schuljahresbeginn wurden in der Tat 500 zusätzliche Stellen geschaffen. Weitere 500 Stellen sind zum Schuljahresbeginn 2002 angekündigt. Warten wir das einmal ab. Dies kann aber das Anwachsen des Schülerberges nicht andeutungsweise auffangen. Wir fallen sogar noch hinter den Status quo aus den Jahren 1999 und 2000 zurück. – So viel zu dem Bereich.
Ich komme nun zum nächsten Haushaltsposten, den berufsbildenden Schulen. Hier wurde ja gesagt, dass mehr Geld dafür eingestellt würde. Formal haben Sie sogar Recht. Wenn man aber
berücksichtigt, dass Sie 1996 in diesem Bereich eine Kürzung vorgenommen haben, dann holen Sie jetzt nur das wieder herein, was Sie seit 1996 eingespart haben. In diesem Bereich haben wir also plus/minus Null.
Zum Thema Verlässliche Grundschule hatte der damals kraftvolle Fraktionsvorsitzende Gabriel gesagt: Wenn wir das überall machen, bedeutet das 2.000 Vollzeitlehrerstellen. Das heißt 180 Millionen DM. - So weit, so gut. Wenn wir nun einmal unterstellen, dass im Jahre 2001 etwa zwei Drittel der Grundschulen Verlässliche Grundschulen sind, und zwar auch entsprechend mit Lehrkräften ausgestattet, dann müssten ja irgendwo im Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2001, wie wir errechnet haben, 115 Millionen DM stehen. Faktisch finden wir aber nur 30 Millionen DM wieder. Das heißt also: Dieser Bedarf an Lehrkräften wird aus dem Gesamtsystem beigesteuert, und zwar natürlich zulasten der anderen Schulformen und Schulstandorte. Auch da findet keine großartige Bildungsoffensive statt.