Protokoll der Sitzung vom 15.12.2000

Meine Damen und Herren, ich habe im Übrigen Verständnis dafür - damit das zwischen Sigmar Gabriel und mir klar ist -, dass er sich gegen gewisse politische Vorwürfe wehrt. Das ist sein gutes Recht, sogar seine Pflicht. Nach unserer Geschäftsordnung hat er jederzeit die Möglichkeit, eine Regierungserklärung abzugeben. Er sollte es sich jedoch gut überlegen, in die Schlusserklärungen der Fraktionsvorsitzenden über den Haushaltsplanentwurf einzugreifen, denn das tangiert im Kern das Haushaltsrecht des Parlamentes.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Das ist lächerlich! - Weitere Zurufe der SPD)

Es ist keine juristische Frage, sondern eine Frage des Stils, dieses zu achten. Darauf kommt es hierbei an.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung: Ich habe in diesem Hause, wie Sie wissen, schon viele Haushaltsdebatten mitverfolgt. Ich möchte nun etwas zu den ständigen Vorwürfen, die ich in den vergangenen Tagen gehört habe, also dass es utopisch und nicht finanzierbar sei, was die Opposition vorschlage – hier kann ich die Grünen aus

nahmsweise mit einbeziehen, Frau Kollegin Harms -, sagen.

(Zuruf von der SPD: Das ist so!)

- Ja, das ist zigmal gesagt worden. – Meine Damen und Herren, es gab ja auch Einlassungen von der SPD zu den Haushaltsplanentwürfen, als sie noch in der Opposition war. Ich möchte Ihnen jetzt einmal berichten, wie - -

(Zuruf von der SPD)

- Ja, ich möchte es Ihnen einmal sagen. – Der damalige Sprecher der SPD hat im Rahmen einer Haushaltsdebatte gesagt: „Wenn wir so etwas sagen,“ – es wurden einige Millionen Mark mehr an Ausgaben gefordert – „dann heißt es gleich bei Herrn Gansäuer:“ - ich bin ein besonderes Paradebeispiel – „Wie wollen Sie das denn finanzieren?“ Der Kollege hat dann gesagt: „Ich finde, das ist eine Verkehrung der Logik der Sache. Wenn man eine Aufgabe wirklich will, dann kann man die Mittel dafür auch beschaffen.“ So einfach ist das, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Das war ein bedeutender Debattenbeitrag der SPD zu der Zeit, als wir regiert haben. Ich muss sagen: Er ist heute Präsident. Persönlich nehme ich ihm das nicht übel.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ich möchte hinzufügen: Ich habe auch Reden gehalten, die ich heute nicht mehr vorgehalten bekommen möchte. Das ist auch wahr. Machen Sie es sich aber in der Regierungsverantwortung nicht so leicht. Ich glaube – auch abgesehen von unterschiedlichen Parteibüchern -, Sie tun sich keinen Gefallen damit, wenn Sie den Ministerpräsidenten so weiter machen lassen, auch im Verhältnis zum Parlament, wie er es heute demonstriert hat.

(Starker Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Für die Kollegin Harms gibt es eine zusätzliche Redezeit von bis zu sieben Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat in seiner überraschenden

Einlassung an dieser Stelle behauptet, dass die Opposition einen großen Teil ihrer Debattenzeit in dieser Haushaltsauseinandersetzung dazu verwendet habe, Mitglieder des Kabinetts persönlich zu diffamieren.

(Zurufe von der SPD: Stimmt!)

Wenn ich jetzt einmal überblicke, was wir hier in den vergangenen Tagen gemacht haben, dann finde ich, dass es sehr schwer ist, diesen Vorwurf aufrecht zu erhalten. Möglicherweise hätte sich der Ministerpräsident zu den langwierigen Haushaltsberatungen, die wir hier Einzelplan für Einzelplan vollzogen haben, mehr einlassen müssen. Meine Fraktion - ich glaube, auch die CDU - kann mit diesem Vorwurf überhaupt nichts anfangen.

Dass sich Frau Trauernicht anders entschieden hat, was die Abwicklung ihres Wechsels von Hamburg nach Niedersachsen angeht, sehe ich etwas anders als der Kollege Gansäuer. Ich halte das für eine großartige Entscheidung, eine ungewöhnliche Entscheidung, eine Entscheidung, für die man in der Bundesrepublik kaum andere Beispiele finden kann. Es ist nämlich nicht üblich, dass man an dieser Stelle Verzicht übt. Dass allerdings dieses Vorgehen so belastet ist, liegt nicht an Frau Trauernicht, sondern an dem Ministerpräsidenten bzw. seines Management in der Staatskanzlei.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Auch dafür, dass es des öffentlichen Drucks, der öffentlichen Meinung bedurft hat, um dieses Management auf Trab zu bringen, Herr Gabriel, sollten Sie nicht die Opposition, sondern nach innen kritisieren. Die Verantwortung für das gesamte Debakel des Kabinettsumbaus tragen Sie und nicht die Opposition.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch eines sagen. Wir haben uns natürlich gewundert vor dem Hintergrund, dass es jetzt zu spät ist, dass Sie hier noch einmal so ausführlich über das reden, was man alles im Falle Trauernicht hätte tun können und müssen und wird tun müssen. Das hat uns auch deshalb gewundert, weil vorher der Kollege Plaue für die SPDFraktion die Redezeit hatte. Er fühlte sich überhaupt nicht gemüßigt, dazu etwas zu sagen.

(Plaue [SPD]: Sie haben nicht zuge- hört! - Fischer [CDU]: Er konnte das nicht wissen, der Deal lief erst wäh- rend seiner Redezeit! – Weitere Zuru- fe von der SPD)

Sie hatten ausdrücklich gesagt, Herr Plaue habe an dieser Stelle alles gesagt, was notwendig gewesen sei. Aber offensichtlich meinen Sie es nie ernst, wenn Sie so etwas über den Kollegen Plaue sagen. Sie können sich eben an keiner Stelle zurückhalten. Ich hoffe, Herr Ministerpräsident, dass Sie über Weihnachten Zeit haben, so wie ich, ein paar ruhige Tage mit Freunden zu verbringen. Ich glaube, das wird Ihnen gut tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Auch für den Kollegen Plaue gibt es zusätzliche Redezeit.

(Beifall bei und Zurufe von der CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist die Rollenverteilung, die die CDU hier organisiert.

(Lachen bei der CDU)

Der Kollege Wulff redet mehr als 15 Minuten lang über alles Mögliche, nur nicht über das, über was wir reden sollen, und dann schickt er den Kollegen Gansäuer hierher, um das so genannte parlamentarische Gewissen darzustellen. Diese Rollenverteilung akzeptieren wir nicht und lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Gansäuer, wenn Sie hier über den Kern des Haushaltsrechts philosophieren und sich darüber beklagen, dass der Ministerpräsident in dieses Recht eingegriffen hätte, dann richten Sie doch bitte auch die Kritik an Ihren NochFraktionsvorsitzenden, der 15 Minuten lang nichts über niedersächsische Probleme, nichts über den Haushalt gesagt hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine Missachtung des Haushaltsrechts!

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Da es in diesen 15 Minuten im Wesentlichen nichts anderes gab als ziemlich miese Angriffe unterhalb der Gürtellinie, kann ich den Ministerpräsidenten verstehen, dass auch er sich schützend vor seine Kabinettsmitglieder stellt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU: Aufhören! - Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Gansäuer, Sie wissen ja, dass auch ich mich ehrenamtlich im sozialen Bereich engagiere. Deshalb habe ich das, was Sie vorgestern in Richtung Frau Trauernicht gesagt haben, als eine bedrückende Entgleisung empfunden.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU: Oh!)

Sie haben sinngemäß gesagt: Wie wollen Sie sich eigentlich nach allem, was geschehen ist, noch vor die Seniorinnen und Senioren stellen und über soziale Gerechtigkeit reden?

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Gansäuer, wie wollen Sie sich eigentlich vor meine Seniorinnen und Senioren stellen und über soziale Gerechtigkeit reden bei der Altersversorgung, die Sie und ich bekommen werden?

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Eveslage [CDU]: Jetzt muss der Mi- nisterpräsident noch einmal reden! – Weitere Zurufe von der CDU)

Glauben Sie ja nicht, dass wir Ihnen das durchgehen lassen. Sie führen hier eine Debatte, die nicht auf eine Person begrenzt ist, sondern uns alle betreffen wird. Ich wünsche Ihnen in Zukunft sehr viel Vergnügen dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Zurufe von der CDU)

Ich habe Frau Trauernicht ausdrücklich nicht zugeraten, das zu machen, was sie, wie ich finde, in ehrenwerter Weise getan hat. Sie hat dafür meinen Respekt. Ich sage ihr auch im Namen meiner Fraktion herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie können gern das Spielchen weitermachen, Herr Kollege Wulff, nach

der Melodie “Wer ist eigentlich der Fraktionsvorsitzende, Herr Gabriel oder ich?“ Das prallt an mir ab.

(Lachen bei der CDU - Frau Harms [GRÜNE]: Das sieht man!)