Protokoll der Sitzung vom 15.12.2000

Herr Kollege Möhrmann, Sie sollten zur Geschäftsordnung, nicht zur Sache reden!

Herr Präsident, ich gebe mir Mühe. - Die Fraktion der SPD lehnt die Aufnahme in die Tagesordnung ab.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Pothmer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Grünen unterstützt den Wunsch der CDU - -

(Lachen bei der SPD - Unruhe)

Meine Damen und Herren, lassen Sie bitte Frau Kollegin Pothmer ausreden.

Wir unterstützen den Wunsch der CDU-Fraktion, heute über diese Fragen zu debattieren; denn auch uns würde interessieren, was Herr Scharping und Herr Gabriel gestern Abend besprochen haben.

Außerdem unterstützen wir den Antrag der CDUFraktion allein schon deswegen, weil der Antrag, den die CDU-Fraktion hier vorgelegt hat, aus unserer Sicht inhaltlich in keiner Weise zustimmungsfähig ist. Wir meinen, dass es notwendig ist, das hier in einer Debatte deutlich zu machen, bevor hier ohne Debatte darüber abgestimmt wird. - Ich danke Ihnen.

(Adam [SPD]: Es liegt doch ein An- trag vor! - Weitere Zurufe von der SPD - Unruhe)

Meine Damen und Herren, die drei Fraktionen haben zur Geschäftsordnung Stellung genommen. Jetzt hat sich noch der Kollege Althusmann zur Geschäftsordnung gemeldet - also nicht zur Sache, sondern zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, es ist beschämend, wie Ihre Fraktion, Herr Plaue, mit der Tatsache umgeht, dass wir- -

(Zustimmung von Möllring [CDU] - Unruhe bei der SPD - Das Redner- mikrofon wird abgestellt)

Herr Kollege Althusmann, es geht nicht, dass Sie zur Sache reden.

(Zurufe von der SPD - Gegenruf von Busemann [CDU]: Sind wir hier bei Schalke in der Südkurve? – Weiterer Gegenruf von Eveslage [CDU]: Was sollen diese Pöbeleien?)

Herr Kollege Althusmann, gibt es etwas, das Sie über das hinaus, was der Kollege Schünemann schon gesagt hat, mitteilen wollen?

(Zuruf von Adam [SPD] - Gegenruf von Frau Harms [GRÜNE]: Das ist hier nicht die Klickmühle, Herr Adam! - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Anhaltende Unruhe)

Bitte reden Sie zur Geschäftsordnung!

Ja, ich rede zur Geschäftsordnung. - Herr Möhrmann, ich appelliere an die Vernunft der Sozialdemokraten in diesem Lande, diesen Antrag heute so im Plenum zu behandeln, wie wir es 1995 auch gemacht haben, als wir im Landesparlament gemeinsam einen Antrag gegen die Truppenreduzierung beschlossen haben - damals auch als überproportional bezeichnet -, und ich meine, dass gerade vor Weihnachten 100.000 Menschen - -

(Beckmann [SPD]: Wir haben aber damals öffentlich beraten!)

Herr Kollege Althusmann, ich muss Ihnen das Wort entziehen, weil das kein Beitrag zur Geschäftsordnung ist.

(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Was hat denn Herr Möhr- mann gemacht? - Eveslage [CDU]: Was hat Herr Möhrmann gemacht?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle drei Fraktionen haben Stellung genommen.

(Eveslage [CDU]: Man kann doch mehrmals sprechen! - Möllring [CDU]: Reine Parteipolitik, die da ab- gezogen wird!)

In § 66 der Geschäftsordnung steht:

„Der Landtag kann, sofern nicht andere Vorschriften entgegenstehen, auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten oder auf Antrag einer Fraktion oder von mindestens zehn Mitgliedern des Landtages beschließen, dass Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung stehen, beraten werden, es sei denn, dass eine Fraktion oder zehn Mitglieder des Landtags widersprechen.“

(Zuruf von der SPD: Das tun wir!)

Die Fraktion der SPD hat sich gegen die Anträge des Kollegen Schünemann und der Fraktion der CDU ausgesprochen, und zwar gegen beide Anträge, sowohl gegen den, dass unterrichtet werden möge, als auch dagegen, dass hier ein Entschließungsantrag behandelt und anschließend sofort darüber abgestimmt wird. Damit sind diese Anträge abgelehnt, und wir kommen damit zur Tagesordnung.

(Zustimmung von Möhrmann [SPD])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 15: Dringliche Anfragen

Die Fraktion der CDU hat ihre Anfrage zurückgezogen, sodass noch eine Dringliche Anfrage vorliegt:

b) Nach dem Atommüllskandal in Geesthacht: Lagern auch in Niedersachsen illegale Fässer? - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2089

Das Wort hat Frau Kollegin Harms.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 7. Dezember 2000 wurde bekannt, dass in der Landessammelstelle für schwachradioaktive Abfälle in Geesthacht in einem Teil der Behälter nicht zulässige radioaktive Abfälle und in einem Fall sogar hochradioaktiver Abfall eingelagert worden sind. Diese Abfälle wurden vor etwa 20 Jahren in Niedersachsen bei der Firma Amersham Buchler - heute AEA Technology GmbH, AEAT - in Braunschweig konditioniert. Korrodierte Fässer sind im GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht geöffnet und in neue Behälter umgepackt worden. Dabei wurde festgestellt, dass hochradioaktiver Abfall durch Bleiplatten abgeschirmt wurde, sodass die Strahlung von außen nicht messbar war.

Solche Praktiken sind eindeutig gesetzwidrig. Die Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein hat entsprechend Strafanzeige gegen unbekannt gestellt. Die Funde in Schleswig-Holstein lassen befürchten, dass dies nicht die letzten falsch deklarierten Atommüllfässer in der Bundesrepublik waren und dass auch im niedersächsischen Lager Leese, das von der Firma AEAT betrieben wird, Fässer mit Abfällen lagern, bei denen Deklaration und Inhalt nicht übereinstimmen.

Wir fragen dazu die Landesregierung:

1. Welche Ergebnisse haben die ernsthaften Prüfungen, die Minister Jüttner laut „HAZ“ vom 8. Dezember 2000 veranlasst hat, ergeben?

2. Sind die 1.485 von der Landessammelstelle Steyerberg nach Leese umgelagerten Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen in einer

Weise überprüft worden, die ausschließen lässt, dass Inhalt und Deklaration nicht übereinstimmen?

3. Warum ist das laut Landtagsbeschluss bis zum 31. März 2000 vorzulegende umfassende Konzept für die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle in Niedersachsen dem Parlament von der Landesregierung immer noch nicht vorgelegt worden?

Die Antwort gibt der Umweltminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt gute Gründe, warum wir uns heute hier im Landtag mit diesem Thema befassen: Die in Rede stehenden Fässer im schleswig-holsteinischen Geesthacht stammen aus Niedersachsen. Außerdem haben wir es hier mit einer Materie zu tun, die jeden leichtfertigen Umgang damit verbietet.

Zunächst zum Hintergrund: Die Landessammelstelle Geesthacht-Tesperhude wurde im Jahre 1964/65 eingerichtet. Dies geschah auf dem Gelände der Gesellschaft zur Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt GmbH - GKSS - als gemeinsame Zwischensammelstelle für radioaktive Abfälle aus den Bereichen Medizin, Forschung und Gewerbe der Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie der GKSS selbst. Zunächst war es Aufgabe der Landessammelstelle, die radioaktiven Abfälle vor einer Ablieferung an das Versuchsendlager Asse zu sammeln und entsprechend dessen Annahmebedingungen abzugeben. Nach Beendigung des Einlagerungsbetriebes in der Asse im Jahre 1978 wurden die an die Landessammelstelle abgelieferten Abfälle in Geesthacht gelagert.

Aus Niedersachsen sind seit Anfang der 80er-Jahre mit wenigen Ausnahmen keine Abfälle mehr nach Geesthacht verbracht worden, da die anfallenden Abfälle in die Landessammelstelle Steyerberg eingelagert werden konnten.

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Schleswig-Holstein hat das Niedersächsische Umweltministerium per Fax am 5. Dezember dieses Jahres von „festgestellten Unregelmäßigkeiten bei angelieferten Abfallgebinden" und vorgenommenen „Sicherstellungsmaßnahmen an den eingelagerten Abfallgebinden“, die aus Niedersachsen angeliefert worden waren,

unterrichtet und für den 6. Dezember 2000 einen Ortstermin anberaumt.

Bei dieser Besprechung haben Beamte der zuständigen niedersächsischen Behörden - des Gewerbeaufsichtsamtes Braunschweig, des NLÖ und des MU - teilgenommen. Hierbei wurden Fotos einzelner, im so genannten heißen Labor geöffneter Abfallfässer gezeigt und durchgeführte Maßnahmen erläutert. Im Laufe des gestrigen Tages sind uns Fotos von der bisherigen Umpackaktion übermittelt worden. Messprotokolle und nachvollziehbare Unterlagen waren nicht dabei.