Um die Gesprächsbereitschaft der Landesregierung zu unterstreichen, verweist der Antrag auf die Möglichkeit, Sendemasten künftig wieder baugenehmigungspflichtig zu machen. Wir würden es allerdings - daraus mache ich kein Hehl - gerne dereguliert lassen. Aber bisweilen braucht man Druckmittel. Ein amerikanischer Präsident hat mal gesagt: "Speak softly and carry a big stick."
Die SPD-Fraktion ist guter Hoffnung, dass die Landesregierung eine Vereinbarung mit den Netzbetreibern herbeiführen wird, die sämtliche strittigen Aspekte regelt, damit die Segnungen des Mobilfunks bei möglichst vielen Menschen Freude aufkommen lassen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Harden, Ihre Rede war noch weicher als der Antrag. Den wollte ich eigentlich gerade loben.
Allein in Hannover gibt es heute schon, verteilt auf das Stadtgebiet, etwa 250 Sendeanlagen der Mobilfunkbetreiber. Mit der jetzt anstehenden Einführung von UMTS-Sendefrequenzen wird ein erneuter erheblicher Ausbau zu verzeichnen sein, nach unseren Erkenntnissen und dem, was uns Fachleute gesagt haben, entgegen Ihren Zahlen deutlich mehr. Deswegen bestehen schon aller Orten Nutzungskonflikte und Unruhe. Ich finde es gut, dass Sie die Unruhe aufnehmen wollen. Wir wollen noch ein bisschen konkreter werden.
Wir glauben nämlich, die Investoren, die die unvorstellbare Summe von fast 100 Milliarden DM allein in die Lizenzen zum Ausbau dieser Netze bereits investiert haben, stehen unter enormem Zeitdruck, ihre Investitionen in die Rentabilität zu führen. Sie bestehen erwartungsgemäß - das haben Sie auch in Ihrer Anhörung gesagt - rigoros auf
Vertrauensschutz hinsichtlich der genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen als Grundlage für Ihre Vorinvestitionen.
Ich glaube, das können wir nicht weiter so laufen lassen. Da haben wir schon einige Bedenken, weil die Erkenntnisse auch langsam zunehmen. Dies lässt wenig Entgegenkommen und Verständnis gegenüber den in Ihrem Antrag geforderten freiwilligen Vereinbarungen erwarten und auch wenig Verständnis für die anstehende Verschärfung der Strahlungsgrenzwerte in der 26. BImSch-Verordnung.
Ebenso wenig Verständnis werden sie dann wohl auch für planungsrechtliche Einschränkungen für die Standortwahl von Sendeanlagen empfinden, die aber nötig ist - ich komme gleich konkret darauf -, oder für zusätzliche Vorsorgemaßnahmen für den Gesundheitsschutz bei Produktion, Vermarktung und Vertrieb von Mobiltelefonen.
Genau deshalb ist der vorliegende SPD-Antrag auch leider zunächst nur gut gemeint, aber noch nicht ausreichend konkret, weil er an diese drei Themen nicht heran will. Appelle und freiwillige Vereinbarungen allein werden nicht fruchten, wenn nicht zugleich auch konkrete administrative Schritte gegangen werden.
Erstens. Wir müssen im Sinne der Gesundheitsvorsorge sensible Standorte an Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäusern und Sportstätten für Sendeanlagen ausschließen und in den Ballungsräumen eine dort mögliche selektive Ausrichtung der Sendeantennen planungsrechtlich vorgeben. Da kann man nämlich in den Ballungsräumen tatsächlich, anders als das beim Leuchtturm, als das auf dem freien Land passiert, sagen: Wenn ihr dort eure Antenne aufstellt, dann aber nicht auf die direkt daneben stehende Schule, nicht direkt auf den Kindergarten abstrahlen. Das ist von den Betreibern so einstellbar und schadet auch nicht der Netzabdeckung.
Zweitens. Niedersachsen muss über eine Bundesratsinitiative die Hersteller dazu bringen, eine Kennzeichnung der jeweiligen Strahlenbelastung auf die Handys anzubringen. Es spricht überhaupt nichts dagegen. Bevor die Zigarettenhersteller in Amerika zugegeben haben, dass Zigaretten Krebs erzeugen, waren sie schon bereit, den Teergehalt und Nikotingehalt auf die Packungen zu drucken.
Ich meine, die Hersteller von Handys sollten auch bereit sein, die Strahlenbelastung auf das Handy zu
schreiben, und zwar aus folgendem Grund. Eine Vereinbarung, gesetzlich vorgegeben, wirkt nur dann als Marktinstrument, wenn alle Handys diesen Aufdruck tragen und ich auch mit meinen Kindern oder für mich selber entscheiden kann, neben der Laufzeit des Akkus oder der Schönheit des Gerätes auch über die Strahlenbelastung eine Kaufentscheidung zu treffen. Dadurch wird natürlich ein positiver Wettbewerb in Richtung wenig strahlende Handys ausgelöst.
Schließlich und endlich - da sind wir einer Meinung – meine ich dann auch, man sollte den Beipackzettel mit den Warnhinweisen für Kinder und Jugendliche gesetzlich vorschreiben. Das muss klar sein. Für Erwachsene, die viel telefonieren, ist das Handy schon ein Problem. Aber für Kinder und Jugendliche, die noch im Wachstum sind, sind diese elektromagnetischen Strahlen tatsächlich ganz besonders problematisch. Gerade die Ausbreitung bei Kindern und Jugendlichen ist durch die offensichtliche Werbung mit Callya-Paketen für diese Käufergruppe massiv. Aber da ist bei Ihnen nur von einer freiwilligen Vereinbarung die Rede. Ich meine, da sollten wir dann doch bitteschön den Beipackzettel richtig fest vorschreiben. Dann haben alle die gleichen Bedingungen. Dann weiß die Oma auch, wenn sie solch ein Handy kauft, was sie den Kindern mit auf den Weg geben muss, wenn sie das verschenkt.
Wir Grüne haben schon im vorigen Jahr ein Konzept mit diesen Forderungen an den Bundesumweltminister geschickt und eine erste positive Reaktion aus Berlin erhalten. Schon in einem Monat werden die Gespräche mit der Industrie dort beginnen und wird auch die Arbeit für das Umsetzen einer Verschärfung der Strahlenrichtlinie aufgenommen. Aber, wie das immer so ist, wenn aus Niedersachsen und aus anderen Ländern entsprechend offensichtlich der Druck von unten gemacht wird, geht das dann schneller und besser und reibungsloser. Deswegen wäre ich froh, wenn wir im Laufe der Beratungen diese konkreten Punkte noch in den SPD-Antrag einbringen würden. Dann können wir dem nämlich auch zustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema UMTS lässt uns letztendlich nicht los, auch wenn es heute, wesentlich weiter gefasst, um Mobilfunkanlagen geht. Aber trotzdem muss man sagen, dass man die Lizenzgebühren auch vonseiten der Landesregierung sehr gerne eingestrichen hat
und sie sich dafür auch landauf, landab feiern lässt: Für das Projekt gibt es Geld. Für die Forschung und für Berufsschulen werden Mittel bereitgestellt. Aber über die Konsequenzen und Auswirkungen macht man sich keine Gedanken.
Jetzt stehen die Kommunen wieder vor der Frage, welche steuerlichen Verluste sie haben - so ist es ja auch bei UMTS -, weil die Betriebe ihre Verluste abschreiben können. Sie überlegen, wie sie es bei den entsprechenden Einrichtungen für Mobilfunk auch so handhaben können.
Man muss sagen, der Handy-Boom geht ungebrochen weiter. Weihnachten hat mit Sicherheit so manches Handy noch mit unter dem Weihnachtsbaum gelegen, und zwar mit Sicherheit nicht nur für Erwachsene.
In Niedersachsen hat es in den vergangenen Jahren - wenn man ein bisschen die Historie verfolgt hat, sogar schon 1993 - bereits entsprechende Untersuchungen und Hinweise darauf gegeben, dass in diesem Bereich eine Strahlenbelastung vorliegen könnte. Damals gab es noch die Umweltministerin Frau Griefahn. Ich habe sie nicht selber erleben dürfen oder müssen - das kann man sehen, wie man will.
Die einzelnen Studien, die vorliegen - das ist schon vielfach gesagt worden; das wird auch in Bayern gesagt; das klang heute Morgen bei den Dringlichen Anfragen mit an -, müssen noch gesichtet werden. Ich bin etwas stutzig geworden. Ich frage mich: Wie lange lässt sich diese Landesregierung eigentlich noch Zeit, festzustellen, wo Handlungsbedarf auftritt? Sie sagt: Wir warten ab, bis man uns auf die Füße tritt.
Das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter das ist ein Bundesamt - geht in den einzelnen Studien schon so weit, dass es versucht, Aussagen zu machen. Bei der Vergleichbarkeit oder Anwendbarkeit vor Ort hapert es aber anscheinend noch ein bisschen. Vor allen Dingen sind die Studien je nach Interessenlage unterschiedlich ausgerichtet.
Nicht nur in Wolfsburg gibt es Probleme. Auch Herr Collmann in Westoverledingen hat ja vor Ort dieses Problem, wie in der Presse zu lesen ist. Er fordert dabei - so steht es hier - die „Unterstützung des Landes Niedersachsen für Forschungsvorhaben zu Gesundheitsgefahren". Ich befürchte, das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales bekommt noch mehr Gelegenheit, entsprechende Studien sichten zu müssen, wenn Sie mit Ihrer Forderung Recht haben. Vielleicht sollte man erst einmal das in Augenschein nehmen, was wirklich vorhanden ist.
Vor Ort wird von einer CDU-Fraktion der Gesundheitscheck für die Anwohner gefordert. Die Kommunen stehen ohne jede Handlungsmöglichkeit da und sind hilflos. Hier ist anzusetzen.
Die Landesregierung hat bislang nichts gemacht. Ich habe einmal in das Landes-Raumordnungsprogramm hineingeguckt. Deshalb habe ich heute Morgen diese Frage gestellt. Darin ist schon 1994 festgehalten worden, dass Menschen, Natur und Kulturgüter vor schädlichen Einwirkungen durch Luftverunreinigung, Lärm und Strahlung zu schützen sind. Da fragt man sich: Warum macht die Landesregierung nichts, wenn sie das sogar in ein Gesetz hineinschreibt, nämlich in die Grundsätze?
Die haben nämlich das, was Sie hier in diesem Antrag fordern, 1991 schon längst mit den Firmen vereinbart. Darauf komme ich etwas später zurück.
- Gut, wenn Sie es unbedingt hören wollen, dann kann ich es Ihnen jetzt erzählen. Dort gibt es nämlich einen so genannten Mobilfunkpakt Bayern.
- Das kennen Sie? Dann haben Sie anscheinend davon abgeschrieben. Dann haben Sie im Internet nachgeguckt. Das ist aber schon 1991 eingeführt worden. Jetzt haben wir das Jahr 2001. Sie sind zehn Jahre später auch noch auf den Trichter gekommen! Herzlichen Glückwunsch!
Nichtsdestotrotz, dieser Mobilfunkpakt scheint von Erfolg gesegnet zu sein. Denn 1999 ist er endgültig auch mit den Vertretern der Mobilfunkfirmen unterzeichnet worden mit der Maßgabe, dass möglichst versucht werden sollte, einen Sendemast mehrfach zu belegen. Mittlerweile scheinen 95 % der neu errichteten Masten mehrfach belegt zu sein. Das bewirkt natürlich eine entsprechende Entlastung für das Landschaftsbild. Das sollten wir auch einmal im Ausschuss mit beleuchten, wie es mit dem Orts- und Landschaftsbild aussieht. Nicht nur die Strahlenbelastung ist dabei entscheidend.
Wenn man allerdings sieht, dass wir jetzt im Jahre 2001 hier im Landtag darüber beraten, dass man mit den Mobilfunkfirmen in Gespräche eintreten solle, dann muss man sich auch fragen: Welche Haltung haben die Ministerien? Wenn man dann hört, dass das Umweltministerium oder das Wirtschaftsministerium zuständig seien, dann frage ich mich: Warum ist Städtebau nicht dabei? Wir sind der federführende Ausschuss. Offensichtlich scheinen sich die Städtebau-Vertreter in den Ministerien überhaupt nicht dafür zu interessieren. Oder heißt es nur "Es könnte mal zusätzliche Arbeit kommen" oder "Lassen wir die Arbeit lieber bei den Kommunen"? Ich meine, hier ist wirklich Handlungsbedarf bei den Ministerien gegeben.
Von daher sagen wir: Das ist sehr wohl zu prüfen. Solange keine klare Regelung durch die novellierte Fassung der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung vorliegt - die ist ja in Arbeit -, ist zu prüfen, ob nicht ein Genehmigungsvorbehalt bei den Sendeanlagen unter 10 m eingeführt wird. Nach der Niedersächsischen Bauordnung ist bislang keine Genehmigung erforderlich. Das müsste man aber überprüfen, weil die Kommunen sonst keine Möglichkeit haben, da steuernd einzugreifen. Man könnte auch sagen: Die Genehmigungen für Mobilfunkmasten werden nur unter Vorbehalt erteilt. Wenn dann entsprechende Erkenntnisse vorliegen, die auch belegbar sind, und ein Standort dann nicht zu halten ist, muss der Abriss auf Kosten des
Man müsste dabei auch einmal prüfen, welche städtebaulichen Auswirkungen die zu regelnden Abstandsempfehlungen - die werden ja hier von Ihnen eingefordert - nachher vor Ort haben. Heißt das, dass nur noch Sendeanlagen im Außenbereich errichtet werden können? - Dieses Thema hatten wir schon hinlänglich bei den Windkraftanlagen.
Wir haben heute Morgen gehört, das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales muss noch studieren und sichten. Dann muss man auch fragen: Wie viel Zeit soll noch ins Land gehen? Niedersachsen ist groß. Da haben wir viel Zeit. Aber ich glaube, das verkennt man hierbei ein bisschen.
Ich sehe sehr wohl das Erfordernis, dass hier vielleicht eine Sofortempfehlung zu Mobilfunkanlagen insbesondere in der Nähe von sensiblen Nutzungen ausgesprochen werden sollte - gerade was Krankenhäuser, Kindergärten, Altenwohnheime oder Schulen angeht -, bis die Wirkung hinreichend geklärt ist. Das hieße auch, dass das Ministerium entsprechend mehr Druck bekommt und nicht ewig die Studien von einem Schreibtisch zum nächsten packt.
Nun zu dem, was noch in diesem Antrag steht. Die städtebaulichen Sachen sind deutlich geworden. Die Nummern 8 und 9 kommen uns ein bisschen wie ein Gemischtwarenladen vor nach dem Motto "Das muss man noch draufsatteln". Da geht es zum einen um Gespräche über freiwillige Werbeverbote. Da gehen Sie mit uns konform, wenn man sagt, man sollte verstärkt Zugang zum Internet finden. Was findet man im Internet? - Auch HandyWerbung. Dann frage ich Sie aber: Wie wollen Sie bewerkstelligen, dass die Kinder das gefälligst nicht anzugucken haben? Das ist schon schwierig.