Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

(Beifall bei der SPD)

Sie vermischen Halbwahrheiten und rühren dort einen Brei zurecht. Sie vermischen die Tatsache, dass ein Staatssekretär im Wirtschaftsministerium beschuldigt wird, mit der Tatsache, dass ein anderer Staatssekretär einen Vermerk weitergeleitet hat, der offiziell bereits auf dem Weg war und dadurch nur wenige Stunden früher beim Minister gelandet ist, nicht aber bei dem Beschuldigten. Das, meine Damen und Herren, ist die Methode Wulff.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Diese Methode Wulff ist nicht neu. Sie zieht sich wie eine Spur durch die Debatte hier im Niedersächsischen Landtag, Herr Kollege, seitdem Sie Oppositionsführer sind. Nach der verlorenen Wahl im Jahr 1998 haben Sie als stellvertretender Bundesvorsitzender behauptet, der VW-Konzern

habe eine Anzeige zugunsten Schröders geschaltet. Wann, Herr Kollege Wulff, haben Sie sich dafür bei Herrn Piëch eigentlich jemals entschuldigt?

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Oder etwa, Herr Kollege Wulff, die Angelegenheit in Richtung Preussag-Vorstand, die Vorwürfe in Richtung NORD/LB, in deren Zusammenhang Sie gesagt haben, dass mit der Platzierung der Preussag-Aktien etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sei.

(Zuruf von der SPD: Salzgitter!)

Herr Kollege Wulff, der Vorstandsvorsitzende der NORD/LB, Herr Bodin, hat Sie schriftlich zurechtgewiesen. Wo bleibt eigentlich ihre Entschuldigung, Herr Kollege Wulff?

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Nein, Herr Kollege Wulff, Ihnen fehlt da offensichtlich die Größe. Ganz eindeutig.

(Beifall bei der SPD)

Wie anders ist es denn sonst zu erklären, das Sie, als der Präsident des Niedersächsischen Landtages den kompletten Vorstand der Preussag zu einem Gespräch eingeladen und zu diesem Gespräch auch die Fraktionsvorsitzenden hinzugebeten hatte, um im Vorfeld des von Ihnen erhobenen Vorwurfs Kontakte miteinander zu pflegen, nicht den Schneid besessen haben, dorthin zu gehen, um mit den Leuten zu reden und das Klima zu pflegen?

(Beifall bei der SPD)

Diese „Methode Wulff“, die Sie hier praktizieren, wird zum Glück auch in Ihren eigenen Reihen scharf beäugt.

Herr Kollege Plaue, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte sie nicht, weil die Zeit nicht ausreicht, Herr Präsident. - Diese „Methode Wulff“ wird zum Glück auch in Ihren eigenen Reihen scharf beäugt.

(Zuruf von der CDU: Zur Sache!)

Sie wird, Herr Kollege Wulff, auch deshalb scharf beäugt, weil Sie auch heute wieder nicht in der Lage gewesen sind, die massiven Vorwürfe in Richtung Strafvereitelung im Amt, die Sie erhoben haben, auch nur ansatzweise zu belegen. Sie betreiben politischen Rufmord!

(Beifall bei der SPD)

Wozu, Herr Kollege Wulff - das passt ja in Ihr Bild hinein -, eigentlich Ministeranklage, Anklage gegen Gabriel, weil angeblich die Personalpolitik der Regierung Gabriel nicht in Ordnung ist?

(Möllring [CDU]: Ist sie ja auch nicht!)

Herr Kollege Wulff, wenn Sie in dieser Frage schon dem Landesrechnungshof nicht glauben - wir werden darüber ja nachher noch diskutieren -, wenn Sie das vielleicht anzweifeln, dann empfehle ich Ihnen, den Landesrechnungshof auch einmal Ihre eigene Personalpolitik in Ihrer Fraktion beäugen zu lassen; denn Sie haben einen Angestellten mit 57 Jahren und mit mehr als 900 000 DM auf Staatskosten in den Ruhestand geschickt. Die Nachfolgeregelung musste von Ihren eigenen Fraktionsvorstandsmitgliedern beim GBD hinterfragt werden. Im Ergebnis ist Ihre Entscheidung für rechtswidrig erklärt worden. Das, meine Damen und Herren, müssen Sie erklären.

(Beifall bei der SPD - Eveslage [CDU]: Total daneben!)

Es geht Ihnen nicht mehr um die Sache, sondern es geht Ihnen nur noch um hemmungslose Angriffe auf Personen. Das passiert hier, das passiert auch in Berlin. Der stellvertretende Parteivorsitzende Wulff, der sich hier von den unschönen - um nicht zu sagen: menschenverachtenden - Attacken des Herrn Meyer distanziert, macht hier in Niedersachsen dasselbe. Deshalb ist Ihre Distanzierung davon scheinheilig, Herr Wulff.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Busemann hat das Wort. Bitte schön!

(Meinhold [SPD]: Nicht schon wie- der!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht noch drei Anmerkungen. - Erstens, Frau Ministerin, in Ihre Richtung: Ein höchst offizieller Presseabend ist schon etwas anderes als Hintergrundgespräche, die Sie so angedeutet haben. Sie können sich darauf verlassen, dass die von uns vorgetragenen Sachverhalte vernünftig recherchiert worden sind. Das betrifft auch andere Komplexe wie z. B. NORD/LB, Selenz oder Frenzel. Herr Plaue, Sie können sich darauf verlassen, dass das, was wir hier verlautbaren, schon stimmt.

(Plaue [SPD]: Sie sollten einmal den GBD einschalten, Herr Kollege! Da- mit haben Sie doch Erfahrung!)

Herr Plaue, Sie haben eben angemahnt, dass hier zur Sache gesprochen werden soll. Deshalb möchte ich jetzt ein bisschen ernst werden. Sie haben wieder fein darüber hinweg geredet. Ich bin auch etwas entsetzt darüber, mit wie wenig Rechtsbewusstsein und Rechtsverständnis Sie an die Dinge herangehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte mich zweitens unserem Herrn Justizminister zuwenden; denn auch er wendet mir gerade seinen Blick zu. Nehmen wir doch einmal den hypothetischen Fall, dass gegen ein Regierungsmitglied, einen Minister, einen Staatssekretär, oder gegen einen hohen Ministerialbeamten hier in Niedersachsen ermittelt wird. Selbstverständlich muss der Justizminister Bescheid wissen. Selbstverständlich muss auch der Herr Ministerpräsident Bescheid wissen. Wer aber bitte noch? - Herr Dr. Pfeiffer, ist in Niedersachsen sichergestellt, dass andere Stellen, andere interessierte Ministerien, andere Dienststellen nichts davon erfahren? Ist das hier sichergestellt, oder gilt das, was vorhin schon gesagt worden ist, als völlig normaler Vorgang, sozusagen wie eine Massendrucksache? Jeder, der hier ein bisschen Interesse hat, kriegt Bescheid. Ist das hier so gang und gäbe? - Ich möchte vom Herrn Justizminister wissen, ob das sichergestellt ist.

(Zurufe von Plaue [SPD])

Drittens möchte ich jetzt auch noch den Ministerpräsidenten ansprechen und an sein Kurzzeitgedächtnis appellieren, meine Damen und Herren. War es nicht so - diesem ganzen Umstand verdankt er ja so ein bisschen auch sein Amt -, dass wir hier

vor noch nicht einmal einem Jahr in einem Untersuchungsausschuss rund um Herrn Glogowski debattiert haben? Ist Herrn Glogowski nicht auch ein Abteilungsleiter seines Hauses zum Verhängnis geworden, der eigenmächtig herumwurstelte, der sich an Akten heranmachte, diese bunkerte, obwohl sie höchst vertraulich waren, und an diesen Akten herumschnippelte? Haben Sie schon alles vergessen, was damals vom Herrn Ministerpräsidenten über saubere Politik, Transparenz und all diese Dinge verkündet worden ist? Alles schon vergessen? Gilt das nicht mehr, oder war das damals alles nur für die Galerie gesprochen?

(Beifall bei der CDU)

Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn man nur für die Galerie spricht und nur mit einem Kurzzeitgedächtnis ausgestattet ist, dann wird es schwierig. Wenn man in diesen Dingen nicht die notwendigen Konsequenzen zieht, dann holt einen das alles wieder ein.

Wie der Zufall es so will: Gestern stand in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ die Überschrift „Kampfansage an Gabriel“. Die alten Kameraden klopfen wieder an. Zum Beispiel Herr Wehrmeyer. Dann gab es in diesem Artikel auch noch einen schönen Passus, der da heißt - ich zitiere, Herr Präsident -:

"Spätestens im Mai könnte Wehrmeyer verlangen, wieder als Abteilungsleiter in der Landesregierung zu arbeiten. In den Ministerien löst diese Perspektive keine Freude aus. Gegen ihn läuft auch noch ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts, er habe Akten manipuliert."

Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war der untaugliche Versuch, von dem eigentlichen Kern der Angelegenheit abzulenken.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Ich finde, es ist schon etwas anderes, ob man eine schriftliche Pressemitteilung zu den Vorwürfen macht. Sie müssten dann, wenn Sie diese Vorwürfe selber ernst nehmen, direkt Anzeige erstatten. Das sind ja Straftatbestände. Ich würde schon ganz gerne noch einmal genau hören, was Sie da gesagt haben. Die Journalisten können uns das leider nicht weitergeben. Sonst würden wir uns gerne an dieser Stelle wehren.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das waren alles Berichte!)

- Sie wissen doch selber, dass da alles im Konjunktiv geschrieben ist, dass man nichts festmachen kann. Und eben haben Sie es doch auch wieder nicht festgemacht.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Wir sollen doch nicht vorverurteilen!)

Sie haben hier doch nichts offen zugegeben von dem, was Sie als Straftatbestände vorwerfen.

Ich will noch einmal deutlich sagen, worum es geht. Es geht nicht um den Weitergabevorgang des Wirtschaftsministers an seinen Staatssekretär. Den untersucht der Untersuchungsausschuss. Um den Vorgang geht es nicht. Es geht vielmehr um den Weitergabevorgang von der Staatskanzlei zum Wirtschaftsminister.