Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Der Gesamtaufwand an pharmakologisch wirksamen Substanzen - jetzt zur Studie - ist in dieser Studie ermittelt worden. Wir haben die Zahlen dazu geliefert. Die Zahlen, die dort zugrunde gelegt worden sind, stammen von der Bezirksregierung. Das sind im Übrigen belastbare Zahlen.

Herr Minister, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Die anderen Zahlen, die genannt werden, sind Zahlen, die die Untersucher sozusagen geschätzt haben. Wir haben aus dieser Studie abgeleitet - das hat das UBA uns auch mit aufgegeben -, dass es aktuellen Forschungsbedarf gibt. Das UBA hat einen eigenständigen Forschungsauftrag an verschiedene wissenschaftliche Institutionen auf den Weg gebracht, um die ökotoxikologische Wirkung

der Substanzen zu untersuchen. Das ist bisher überhaupt nicht geschehen, sondern man hat nur quantifiziert. Deshalb brauchen wir eine entsprechende Bewertung. Das Land Niedersachsen hat eine eigene Untersuchung im Rahmen einer bundesweiten Untersuchung vor, nämlich an neun unterschiedlichen Standorten unter unterschiedlichen Bedingungen auch das ökotoxikologische Verhalten von Schweinegülle, von Rindergülle auf Ackerland, auf Grünland zu untersuchen.

Herr Minister, Sie haben die Zeit erheblich überzogen. Wir waren schon sehr großzügig. Machen Sie bitte Schluss!

Ich komme zum Schluss. - Ich bedanke mich, dass Sie so geduldig zugehört haben.

Sie können sich auch noch einmal melden.

Ich werde mich dann auch noch einmal melden.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat jetzt der Kollege Stolze.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich eine ganz zentrale Aussage machen: Antibiotika - egal in welcher Form - haben im Futter und in der Mast nichts zu suchen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Problem an dieser Stelle ist sicherlich immer die Betrachtungsweise. Da muss ich dem Minister ausdrücklich Recht geben und ihn unterstützen. Rückstände im Fleisch gibt es nicht. Das sind verhältnismäßig wenig Fälle, und denen wird ja auch nachgegangen. Das ist aber nicht das Problem, über das wir diskutieren, auch nicht, ob legal

oder illegal. Das Problem ist, dass wir die Antibiotika über die Ausscheidungen der Tiere in den Boden bekommen und über den Boden und die Pflanzen wieder zurück in die Nahrungskette. Das ist hier meiner Meinung nach der wesentlich größere Problemfaktor.

Das liegt ganz eindeutig an den Haltungsformen. Herr Oestmann, Sie gucken gerade so. Ich kann mich entsinnen, dass Sie mich bei meiner letzten Rede doch ziemlich massiv angegangen sind, weil ich gesagt habe: Wir brauchen den Ausstieg aus der Güllewirtschaft. Nur dann kriegen wir dieses Problem Antibiotika in den Griff. Nichts anderes ist möglich.

(Oestmann [CDU]: Wolkenkuckucks- heim! - Zuruf von Ehlen [CDU])

Ich kann Ihnen sagen, wenn Ihnen das auch heute noch nicht passt: Wir werden uns in zehn Jahren darüber unterhalten. Heute sind die modernen Stallbauten auf Stroh für 1 000 DM pro Platz zu erstellen, und im konventionellen Bereich kosten sie auch zwischen 500 DM und 1 000 DM. Dann müssen Sie aber mindestens 1 000 bis 1 200 Mastschweine in diese Ställe bringen.

Bei der Schweinemast gibt es aber nicht nur das Problem der Antibiotika. Wir haben zusätzlich die Nitratbelastung des Grundwassers, die gerade in diesem besagten Raum ein großes Problem ist. Wir unterhalten uns nur über die Schweinemast. Wir müssen uns auch über die Hähnchen unterhalten, wir müssen uns über Puten unterhalten. Wir bauen neue Ställe in dieser Region mit all den zusätzlichen Belastungen und sagen im Grunde: man weiter so.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt möchte ich ein Szenario entwickeln. Ich will aber hoffen, dass es nicht so weit kommt. Was passiert, wenn wir eines Tages eine Situation erreichen, wie sie sich jetzt im Falle des BSE-Skandals entwickelt? Wenn die Menschen krank werden und wir ihnen mit Antibiotika nicht mehr helfen können, da die Resistenz so weit fortgeschritten ist, dass viele Menschen sterben müssen, weil wir bei der Fütterung übertrieben haben, dann können wir in der Politik wieder eines machen: Wir können ein Sofortprogramm mit 10 Millionen DM auflegen, um die Einkommen der Bauern zu sichern, weil wir dann 5 Millionen Schweine töten müssen, weil niemand mehr Schweinefleisch kauft. - Das ist doch die Situation.

Meine Kinder sagen mir: Vater, was willst du eigentlich in Hannover, wenn man das heute weiß und man nicht generell etwas dagegen unternimmt? - Mit aller Konsequenz muss das heute verhindert werden!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist meiner Ansicht nach der einzige Weg, um dem Gesundheitsschutz und dem Verbraucherschutz Vorrang zu geben. Kein anderer Weg führt zu diesem Ergebnis.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Kethorn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ob gestern in der Diskussion um BSE oder heute bei dem Thema, das die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt hat, für uns gilt generell: Verbraucherschutz steht für uns ganz oben an!

(Beifall bei der CDU)

Herr Klein, Sie haben für Ihre Aktuelle Stunde das Thema „Antibiotika-Doping in der Massentierhaltung“ gewählt. Ich glaube, es ist unerheblich, ob Antibiotika in vielen Betrieben mit kleineren Beständen oder in wenigen Ställen mit größeren Beständen eingesetzt werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, Sie meinen generell die Verwendung. Der Verbraucher wird am Ende nicht differenzieren, woher das Schweineschnitzel kommt, ob aus einem Betrieb mit größeren Beständen oder mit kleineren Beständen. Egal, ob es dort den Einsatz von Antibiotika gibt oder nicht gibt, wir sind generell gegen den Einsatz von Antibiotika als Futterzusatzstoffe.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich will aber auch deutlich machen, dass wir hier unterscheiden. Zu

therapeutischen Zwecken wollen wir nach wie vor den Einsatz von Antibiotika. Das ist auch gar nicht gemeint. Allein aus Tierschutzgründen - das haben wir im Ausschuss auch des Öfteren besprochen, Herr Klein - müssen wir dort den Einsatz erlauben. Aber den prophylaktischen Einsatz von Antibiotika im Futter wollen wir nicht. Wir wollen einen vorsorgenden Verbraucherschutz. Daher lehnen wir den prophylaktischen Einsatz ab.

Meine Damen und Herren, wenn wir über Verbraucherschutz sprechen, können wir zu Recht feststellen und müssen wir hier auch öffentlich sagen: Wir haben in Deutschland ein sehr strenges Futtermittelgesetz. Wir haben in Deutschland ein sehr, sehr strenges Lebensmittelrecht. Wir haben in Deutschland strenge Auflagen im Umwelt- und im Tierschutzbereich. Sie sind weltweit anerkannt und heben sich vorbildlich und beispielhaft von Gesetzen und Verordnungen in anderen Ländern ab. Also: Die Verbraucher haben gute Voraussetzungen, qualitativ hochwertige landwirtschaftliche Produkte zu erhalten. Die Masse der Produkte in Deutschland ist einfach klasse. Dies will ich hier an dieser Stelle einmal feststellen.

(Beifall bei der CDU)

Dennoch, meine Damen und Herren, stellen wir Missbrauch fest. Wir stellen fest, dass bestehende Gesetze und Verordnungen umgangen werden. Daher stellen sich schon die Fragen: Warum gibt es ein Defizit in der Umsetzung der Verordnungen, in der Umsetzung der Gesetze? Funktionieren die Kontrollen nicht? Gibt es überhaupt genügend Kontrollen? Wenn Herr Ministerpräsident Gabriel in seiner gestrigen Regierungserklärung gesagt hat, es seien 85 zusätzliche Stellen für die Lebensmittelkontrolle eingesetzt worden, dann fragen wir uns natürlich sehr kritisch: Was machen die zusätzlichen Personen, wenn es hier und da trotzdem Missbrauch gibt, wenn Gesetze und Verordnungen trotzdem umgangen werden? Meine Damen und Herren, hier sind Politik und Verwaltung eindeutig gefordert. Diejenigen, die Missbrauch betreiben, diejenigen, die Gesetze und Verordnungen zum Nachteil des Verbraucherschutzes umgehen, müssen die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist ein Trauerspiel, und es darf auch nicht sein, dass einige wenige Panscher einen ganzen Berufsstand in Verruf bringen,

(Beifall bei der CDU)

das Vertrauen der Verbraucher nachhaltig zerstören und damit auch einen gigantischen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten. Diese müssen die Sanktionen des Gesetzes merklich zu spüren bekommen. Dies ist Aufgabe der Landesregierung und der Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir wollen ein Verbot von antibiotischen Zusatzstoffen in Futtermitteln, und zwar ein europaweites Verbot;

(Glocke des Präsidenten)

denn wir wollen einen wirksamen Verbraucherschutz, der nur zu erreichen ist, wenn wir dieses Verbot auch europaweit durchsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Es darf keine Hintertür geben mit dem Ergebnis, dass über die Grenzen aus Drittländern Fleisch oder Produkte importiert werden, die genau mit diesen Methoden, also durch den Einsatz antibiotischer Stoffe, hergestellt werden. Hier ist die rotgrüne Bundesregierung gefordert, gleiche Bedingungen zu schaffen. Hier sind die Landesregierung und die Bundesregierung gefordert, dafür zu sorgen, dass bestehende Gesetze und Verordnungen entsprechend eingehalten werden. Auch die EUKommission mit der Kommissarin Schreyer, Herr Klein, ist hier gefordert, ein EU-weites Verbot zu schaffen und für dessen Einhaltung zu sorgen und entsprechende Kontrollen an den Außengrenzen einzurichten. Hier hat die Kommissarin eine elementare, eine wichtige Aufgabe, die sie bislang jedenfalls in dem Umfang nicht wahrgenommen hat, wie auch Sie das hier immer wieder fordern.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir wollen den wirksamen Schutz der Verbraucher, und wir wollen, dass unsere Landwirtschaft wettbewerbsfähige Perspektiven auch im Nachhinein erhält. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zur Orientierung der Fraktionen möchte ich mitteilen, welche Redezeiten noch zur Verfügung stehen: für die SPD noch

sieben Minuten und 56 Sekunden, für die CDU noch eine Minute und 19 Sekunden und für Bündnis 90/Die Grünen noch zwölf Minuten und eine Sekunde.