Protokoll der Sitzung vom 21.02.2001

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Ich hätte gerne die Reaktion der Opposition gesehen, wenn diese Landesregierung die Chance, das INI in Hannover ansiedeln zu können, tatenlos hätte verstreichen lassen. Das Geschrei, das übrigens zu Recht von Ihnen gekommen wäre, hätte ich gerne gehört. Sie können doch bei bestimmten Punkten nicht immer so tun, als seien Sie der Lokführer, während Sie immer einen anderen vorweg schicken, der die Schienen abreißt. Das funktioniert nicht, meine Damen und Herren!

(Frau Harms [GRÜNE]: Wir reden über Hirnchirurgie und nicht über Nahverkehr!)

Wir haben es hierbei, was die Finanzierung betrifft, mit einem ganz normalen Bürgschaftsfall zu tun. Das ist wiederholt in den Ausschussberatungen deutlich gemacht worden. Mehrere Institutionen haben die Plausibilität geprüft. Die drei beteiligten Banken, die im Übrigen gleichzeitig Gesellschafter sind, haben natürlich die Frage geprüft, ob die Chancen des INI, sich so zu platzieren, wie man sich das vorgestellt hat, gegeben sind. Es hat außerdem Machbarkeitsstudien gegeben. Vor diesem Hintergrund können Sie doch nicht den Eindruck erwecken, als sei hier relativ leichtfertig eine Bürgschaft vergeben worden.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Betreiber- gesellschaft!)

Es hat Chancen und auch Risiken gegeben.

(Eveslage [CDU]: Was sagen die Gutachten dazu?)

Wenn Sie, was Ihre bisherige Position angeht, ehrlich sind, dann müssen Sie sagen: Wir wollen diese Chancen zukünftig gemeinsam für Niedersachsen nutzen, und wir werden gemeinsam versuchen, die Frage der Risiken zu regeln. Damit ist Thomas Oppermann auf dem richtigen Weg. Es gibt nämlich überhaupt keine andere Möglichkeit, als das so zu handhaben, wie er dies gegenwärtig macht.

Einige Debattenbeiträge und auch öffentliche Äußerungen finde ich wirklich unanständig. So wird z. B. das Nordstadtkrankenhaus mit in die Debatte einbezogen, wohl wissend, dass dieses Krankenhaus Vertragsbetten im Krankenhausplan hat, die nicht ohne Weiteres weggekürzt werden können.

(Frau Pawelski [CDU]: Das hat doch Herr Schmalstieg gemacht! Er hat doch Solidarität angeboten!)

Das Krankenhaus hat einen Rechtsanspruch auf diese Betten. Hier wird also gezielt versucht, Unruhe und Angst sowohl bei den Patienten als auch bei den Krankenhausträgern zu schüren.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Pawelski?

Nein! Wir diskutieren laufend im Ausschuss darüber. Sie kennt den Sachstand genauso gut wie ich.

(Frau Pawelski [CDU]: Ich wollte Ih- nen nur sagen, dass Herr Schmalstieg ein Solidarangebot gemacht hat!)

- Es gibt ja auch eine Position Ihres Oberbürgermeisterkandidaten dagegen.

(Frau Pawelski [CDU]: Wenn er klug ist!)

Insofern ist klar, welches Niveau die Debatte mittlerweile erreicht hat. Es geht darum, Kommunalpolitik zu machen, Wahlkampf zu machen und sich entsprechend zu positionieren. Das ist völlig klar.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

Es gibt eine Aussage von Herrn Wulff gegenüber der „Nordwest-Zeitung“. Ich zitiere aus der Ausgabe vom 10. Februar: Wulff erklärte, die Union schließe die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht länger aus. Die Bürgschaft des Landes sei ohne Beteiligung des Landtages gewährt worden. - Auch das ist falsch. Der zuständige Haushaltsausschuss hat sich, wenn ich das richtig weiß, viermal mit der Frage der Gewährung einer Bürgschaft beschäftigt.

(Eveslage [CDU]: Aber doch nicht zugestimmt!)

- Wenn Sie da nicht zuhören, kann ich doch nichts dafür. - Der Sozialausschuss hat sich dreimal mit dem Thema beschäftigt. Das heißt, die zuständigen Gremien des Parlaments sind fristgerecht und zeitnah mit diesem Thema befasst worden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Insofern habe ich eine Bitte an Herrn Wulff, der sich immer relativ kregel und umfassend, aber mit wenig Sachverstand zu diesem Thema äußert. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn Sie sich vorher umfassend von Ihrem Apparat unterrichten ließen.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat diese Debatte nicht beantragt.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Das stimmt! - Weitere Zurufe)

Wer ein Interesse daran hat, das INI wirklich zukunftssicher zu machen und damit den Standort Hannover und Niedersachsen im Bereich der Hightech-Medizin zu stärken, der darf solche Debatten, wie Sie sie führen, nicht ernsthaft führen. Ich sage Ihnen ganz offen: Ihr Oberbürgermeisterkandidat Stroetmann wird sich für diese Vorgehensweise bedanken; Herbert Schmalstieg auch, allerdings im positiven Sinne.

Ich fordere Sie auf, hier endlich eine Sachdebatte darüber zu führen, wie die Zukunft des INI gesichert werden kann, aber nicht das INI und den Standort Hannover kaputt zu reden.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Zu dem selben Punkt spricht jetzt der Abgeordnete Möllring.

(Zurufe von der SPD: Unnötig!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schwarz, das INI hat durch teure Technik und die hotelähnliche De-LuxeAusstattung mit Marmorböden, Parkettböden und Einzelsuiten einen Standard, den die Solidargemeinschaft nicht leisten kann und will.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Seit wann ist die CDU gegen Luxus?)

In Niedersachsens anderen Kliniken herrscht zugleich ein Investitionsstau von über 2 Milliarden DM. Das sind Äußerungen von Ihnen gegenüber der „Neuen Presse“ vor wenigen Tagen.

(Beifall bei der CDU)

Auf der anderen Seite halten Sie jetzt hier eine solche Rede.

Ich möchte nun einmal kurz darstellen, wie damals eine Bürgschaft über immerhin 70 Millionen DM binnen einer Woche bearbeitet worden ist. Am 13. August 1998 schreibt das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur zu diesem Projekt, dass 140 Millionen DM verbaut werden sollen. Die Hausbanken trügen davon 36 Millionen DM, und 104 MillionenDM sollten zu 80 % rückverbürgt werden. Dann kommen die kritischen Anmerkungen: Der bestehende Dienstvertrag mit Herrn Samii lässt eine weitere Tätigkeit bis zu seinem Ausscheiden aus dem Landesdienst mit seinem 65. Lebensjahr im Jahr 2002 nicht zu. Hier besteht Regelungsbedarf, der als Risiko für das INI zu werten ist. Vermutlich wird jedoch ein erheblicher Teil zumindest der Privatpatienten aus der MHH abgezogen, um im INI behandelt zu werden. Entsprechende Unwirtschaftlichkeiten in den Abteilungen der Neurochirurgie und Neuroradiologie sind zu befürchten. Für genauere Zahlenangaben müssten Machbarkeitsstudien erstellt werden.

(Eveslage [CDU]: Hört, hört!)

Herr Groth hat ausgeführt, dass kein Überangebot geschaffen werden solle. Das MWK schreibt hierzu am gleichen Tag: In der Abteilung für Neurochirurgie der MHH wurden 1997 insgesamt 2 200 Patienten behandelt. Das INI plant, 3 000 Patienten zu behandeln mit einem Pflegesatz von 1 350 DM für Kassenpatienten und 1 600 DM für Privatpatienten. - Das Angebot in Hannover sollte also auf das Zweieinhalbfache angehoben werden. - Weder ist Forschungspersonal besonders ausgewiesen, noch sind in den Bauplänen - ich weiß nicht, ob Ihnen das bekannt ist - Forschungsflächen zu erkennen. - Insgesamt kommt das Wissenschaftsministerium völlig zu Recht zu dem Ergebnis, dass erst einmal Modellrechnungen angestellt werden müssen, bevor man der Frage einer Bürgschaft näher tritt. Das war am 13. August 1998.

Am 20. August - sieben Tage später - schreibt nicht ein Mitarbeiter, sondern dieses Mal der Minister selber:

„Nach ausführlicher Erörterung am Rande der Kabinettssitzung am 18. 8. 1998 stimme ich der Vergabe einer Landesbürgschaft von 70 Millionen DM zu.“

Schröder hat Sie sich zur Brust genommen, und dann haben Sie zugestimmt. So, Herr Minister, gehen Sie mit dem Geld dieses Landes um.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Das Wort hat nun der Kollege Golibrzuch.

Herr Schwarz, Sie haben mehrfach die Frage der Bürgschaftsgewährung angesprochen und sind darauf eingegangen, wie das 1998 gewesen sei. Sie haben auch nach der Ausschusssitzung, die wir vorhin hatten, wahrheitswidrig erneut behauptet, dass der Landtag umfassend beteiligt worden sei. Was stattgefunden hat, war eine erzwungene Beteiligung des Landtages. Das hat die Landesregierung nicht freiwillig getan, sondern auf unseren Antrag hin hat sie Stellung nehmen müssen. Der Landtagsausschuss hat in Abweichung von dem üblichen Verfahren keine Abstimmung über die Bürgschaft herbeigeführt, was er eigentlich hätte tun müssen. Das Ganze hat sich nämlich hart am Rande der Legalität bewegt, da es sich um eine Risikobürgschaft gehandelt hat.

Es ist eine Bürgschaft gewährt worden für ein Institut, das am 21. Juli in Betrieb genommen worden ist, wobei bereits am 19. Oktober durch Kontaktaufnahme zur NORD/LB auf die drohende Illiquidität dieser Einrichtung hingewiesen worden ist. So etwas hat es noch nie gegeben. Es ist ein Skandal, wie hier geprüft worden ist. Eine Beteiligung des Landtages hat an dieser Stelle nicht stattgefunden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Dass das Ganze von vorne bis hinten ein krummes Ding gewesen ist, können Sie schon daraus ersehen, dass im Landeskreditausschuss, der sich üblicherweise mit solchen Bürgschaften zu befassen hat, der Gesellschaftervertrag der INI GmbH nur auszugsweise vorgelegen hat. Es ist völlig unüblich, dass der Landeskreditausschuss nur das Landeskabinett beteiligt und dort um politische Rückendeckung bittet. Normalerweise geht ein solcher Vorgang automatisch in den Haushaltsausschuss. Das hat es hier nicht gegeben, sondern - das wissen Sie doch selbst - im Landeskabinett wurde strittig darüber diskutiert, und dann wurde aufgrund des Einflusses, der rhetorischen Fähig

keiten - oder was auch immer - von Herrn Samii und den Mitgliedern des Beirates diese Bürgschaft gegen den erbitterten Widerstand des Sozialministeriums und trotz der vielen Fragen des Finanzministeriums durchgesetzt.

Sie haben sich - das hat Brigitte Pothmer mehrfach erwähnt - eine Einrichtung aufschwatzen lassen, bei der es sich um eine reine Versorgungseinrichtung handelt. Es gibt die behauptete Einmaligkeit der medizinischen Qualität dieser Einrichtung nicht. Gammaknives. - das wird der Presse gegenüber als großartig verkauft - gibt es für Kassenpatienten in Lübeck, in München und auch andernorts in Deutschland. Das brauchen wir nicht noch einmal - und dann auch nur für Privatpatienten - extra im INI. Die stereotaktische Neurochirurgie wird auch schon an der MHH angeboten. Das ist überhaupt nichts Neues. Weil das alles nichts Neues ist, kommen keine zusätzlichen Patienten nach Hannover, weil es nämlich diese Einmaligkeit des Standortes nicht gibt, und es werden auch die Berufungen, die über die MHH stattfinden müssen, nicht wahrgenommen. Professor Valavanis bleibt in Zürich. Er wird allenfalls im Rahmen von Nebentätigkeit hier lehren. Eine Berufung aus den USA hat sich zerschlagen. Eine Berufung aus Frankreich wird an Lizenzproblemen scheitern. Es wird hier in absehbarer Zeit keine weiteren Berufungen geben. Das ist auch das Ergebnis der Ausschussberatung am heutigen Morgen gewesen.

Mit anderen Worten: Sie haben sich hier wirklich etwas aufschwatzen lassen in der Hoffnung - so ist es damals auch verkauft worden -, Sie könnten sich im Glanz dieser Einrichtung sonnen, Sie könnten sich gemeinsam mit prominenten Privatpatienten ablichten lassen. Sie haben gedacht, dass Sie damit einen politischen Erfolg einkaufen könnten. Das war der eigentliche Grund.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)