Protokoll der Sitzung vom 23.02.2001

(Zustimmung bei der CDU)

Deswegen - ich sage das nicht ohne Grund - darf man nicht immer nur ins Ausland gucken oder gucken, was Bayern oder vielleicht NordrheinWestfalen macht, sondern wir müssen auch sehen, dass wir unsere Teststrecke weiter entwickeln und dass die vertraglichen und finanziellen Grundlagen dort über das nächste Jahr hinaus gesichert bleiben, Frau Ministerin. Das heißt, es besteht akuter Verhandlungsbedarf, zum Beispiel nach Berlin zu fahren und zu fragen: Leute, wie haltet ihr es mit der Teststrecke? Geht es weiter? Entwickeln wir sie auch zeitgerecht weiter? - Denn eines ist, glaube ich, klar: Die jetzige Strecke, gut 30 km lang, reicht nicht ganz aus. Man wird wohl sagen müssen: Wir erweitern sie auf 40 km. Wir erneuern sie insgesamt sowohl technisch als auch materialmäßig. Wir bereichern sie durch einen Bahnhof. Wir machen praktizierten Anwendungsbetrieb. - Wenn das gelungen ist, kann man das ja durchaus mit einer Strecke Amsterdam – Berlin usw. verknüpfen.

Ich glaube, das sind vernünftige Überlegungen. Aber wir müssen von unserer Landesregierung wissen, ob sie tatsächlich dazu steht und ob sie bereit ist, dafür etwas zu tun.

Ich kann nur sagen: Die Technik des Transrapid ist in Niedersachsen erfunden worden. Sie ist entwickelt worden. Für alles, was danach folgt, muss Niedersachsen, meine ich, immer an der Spitze der Bewegung stehen. Darum bitten wir ganz herzlich auch Sie, Frau Ministerin Knorre. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Wendhausen hat jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mich verwundert schon, dass nicht die Wirtschaftler zu diesem Thema reden, sondern Herr Busemann. Ich

hätte mir schon gewünscht, dass sich auch die Wirtschaftler dazu äußern. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass ich für Wirtschaft und Europa zuständig bin und deshalb auch zu diesem Thema kurz etwas sagen möchte.

(Möllring [CDU]: Aber deshalb sind Sie doch noch kein Fachmann!)

Zwischen den beiden großen Parteien in diesem Landtag ist, glaube ich, unumstritten: Der Transrapid muss fahren, weil dieses Verkehrsmittel für Niedersachsen und für die Welt wichtig und zukunftsträchtig ist.

(Möllring [CDU]: Und warum habt ihr die Strecke Hamburg – Berlin ka- putt gemacht?)

Dass wir heute konkret über Strecken für den Transrapid reden können, haben wir der Landesregierung, besonders Herrn Minister Senff, zu verdanken,

(Lachen bei der CDU)

der bereits Kontakte mit Den Haag geknüpft hat. Die Verhandlungen lassen hoffen, dass unsere niederländischen Partner mit ins Boot kommen. Zur Realisierung dieses Projektes ist es wichtig, dem Transrapid eine europäische Dimension zu geben, um auch ausländischen Investoren die Gelegenheit zu geben, sich an diesem Verkehrssystem zu beteiligen. Vielleicht haben wir ja schon im Frühjahr die Gewissheit, dass eine Strecke von Amsterdam nach Hamburg realisiert werden kann. Die beste Voraussetzung dafür bietet der Deal mit China.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Wer hat dir denn das aufgeschrieben?)

- Ich habe das selber geschrieben. - Eine bessere Referenzstrecke für die Fähigkeiten des Transrapid kann es gar nicht geben. Wenn dieses Verkehrsmittel in Shanghai, einer der aufstrebendsten Regionen dieser Erde, die Voraussetzungen für einen konkreten Einsatz erfüllt, haben wir in Niedersachsen die Möglichkeit, dieses System auch auf der Strecke von Amsterdam nach Hamburg einzuführen. Man kann dann natürlich auch darüber nachdenken, diese Strecke in die EU-Osterweiterungsgebiete weiterzuführen, wenn sich das System in Shanghai wirklich bewährt.

Die SPD-Fraktion hält es für wichtig, Schritt für Schritt vorzugehen - das habe ich eben aufge

zeigt -, um dieses Projekt nicht durch Phantastereien zu gefährden - obwohl auch Träumen erlaubt sein muss. Wenn ich mir z. B. vorstelle, der Transrapid würde auf der Y-Trasse fahren, dann wäre eine ganze Region von emotionsgeladenen Diskussionen befreit.

(Oestmann [CDU]: Ganz so einfach ist es nicht, mein Lieber!)

Aber zurück zur Realität. Ich freue mich auf die Gespräche im Ausschuss. Ich bin davon überzeugt, dass wir zu einem gemeinsamen Antrag für die Realisierung des Transrapid auch in Niedersachsen kommen werden.

(Beifall bei der SPD - Biel [SPD]: Herr Busemann, wir sind uns aber ei- nig, die gesamte CDU steht nicht hinter dem Transrapid!)

Vielen Dank. - Herr Kollege Wenzel, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, haben wir die Transrapid-Pressemitteilung unseres Europaministers bisher nicht kommentiert. Ich sage ganz ehrlich, ich habe sie nicht richtig ernst genommen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Da sind Sie nicht der Einzige!)

Auch heute zeigt sich wieder, dass in dieser Frage eigentlich das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr zuständig ist, wobei ich die Hoffnung habe, dass der Name hier Programm wird, nämlich dass Verkehr und Wirtschaftlichkeit auch im betriebswirtschaftlichen Sinne unter einen Hut gebracht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Versuch, die Reibungskräfte zu überwinden, ist ein interessanter technologischer Ansatz. Damit haben sich schon Generationen von Menschen beschäftigt. Leider ist es bisher nicht gelungen, das Perpetuum mobile auf die Schiene oder auf die Straße zu setzen, das sich ohne Energieaufwand bewegt. Trotzdem ist es richtig, hier zu forschen. Ich sage ganz deutlich: Das ist ein interessanter Ansatz. Diese Forschung ist in der Vergangenheit mit Milliardensubventio

nen unterstützt worden. Aber jede Investition, die von staatlicher Seite getätigt wird, und auch jede Forschungsanstrengung, die hier getätigt wird, muss irgendwann einmal an den Punkt gelangen, an dem man sagt: Jetzt muss sich das Ganze auch volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich rechnen.

Die Bundesregierung hat die Strecke Hamburg - Berlin geprüft, und es hat sich herausgestellt, dass dieses Projekt betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll zu betreiben wäre. Ich sage auch ganz deutlich: Das Vertrauen in diese Technologie wurde insbesondere von dem Industriekonsortium beschädigt, das dieses Projekt vorangetrieben hat. Denken Sie einmal daran, was die Telekommunikationskonzerne, die sich um die UMTS-Lizenzen beworben haben, an Milliardenbeträgen eingesetzt haben, um diese Technologie voranzubringen. Das haben die doch nur deshalb gemacht, weil sie an diese Technologie glauben und weil sie glauben, dass man damit am Ende Geld verdienen und etwas produzieren kann, das Menschen dann auch kaufen und nutzen.

Ganz anders beim Transrapid von Hamburg nach Berlin: Dabei hat das Transrapid-Konsortium offensichtlich überhaupt keinen Glauben an die Substanz seines Produktes gehabt. Wie anders wäre es denn sonst zu erklären, dass man versucht hat, jedes Risiko auf den Staat abzuwälzen, und versucht hat, das, was sich nicht auf den Staat abwälzen ließ, der Deutsche Bahn AG aufzudrücken? - Meine Damen und Herren, das hat Misstrauen geschaffen und schafft natürlich bis heute Misstrauen.

Jetzt werden zwei Trassen geprüft, eine in NRW und eine in Bayern. Wenn es Lösungen gibt, die betriebswirtschaftlich und verkehrspolitisch sinnvoll sind und den Fahrgästen einen Gewinn bringen, dann sollte man das auch machen. Aber diese Kriterien würde ich doch bitteschön schon anlegen. Deswegen lautet mein Wunsch an Frau Ministerin Knorre auch: Lassen Sie Wirtschaftlichkeit und Verkehr hierbei zusammenarbeiten,

(Schurreit [SPD]: Es kann gar nicht anders gehen! Das ist Vorbedingung!)

und setzen Sie nicht nur sozusagen Projekte in die Welt, hinsichtlich der Sie sich erst hinterher Gedanken darüber machen, wer sie dann dauerhaft finanzieren soll.

Meine Damen und Herren, die Strecke Niederlande - Hamburg ist eine Strecke, die meines Erachtens die erforderlichen Nachfragepotentiale nicht aufweist. Deswegen glaube ich nicht, dass das machbar ist. Schauen Sie sich einmal die Diskussion über die Strecke Leer - Groningen an. Dort fährt heutzutage drei Mal am Tag ein Zug. Jetzt wird sie hoffentlich endlich ausgebaut werden. Wir hätten uns schon in der Vergangenheit gewünscht, dass man diese Verbindung zu unseren Nachbarn in den Niederlanden so ausbaut, dass dort im Takt 20 Mal am Tag ein Zug herüberfährt. Aber das war bisher nicht möglich. Jetzt wollen Sie etwas auf die Schiene setzen, das wesentlich besser und schneller ist und wesentlich häufiger fährt. Ich habe so meine Zweifel.

Meine Priorität liegt hierbei auf einer guten InterRegio- oder InterRegioExpress-Verbindung über Rheine und Osnabrück in die Niederlande Richtung Amsterdam, auf einer schönen, schnellen ICE-Verbindung. Das wäre etwas, was den Menschen in der Region nützen und auch insgesamt die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Bereichen im Nordwesten des Landes voranbringen würde. Ich meine, das wäre der richtige Ansatz.

Ansonsten meine ich: Warten wir die Ergebnisse aus Bayern und Nordrhein-Westfalen ab, und dann kann man sich das noch einmal anschauen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Minister Senff, Sie haben das Wort.

(Busemann [CDU]: Haben Sie wieder einen Brief an die Königin dabei?)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, ich muss sagen: Alle Achtung, tolle sportliche Leistung! Mit diesem Antrag versuchen Sie Folgendes: Sie versuchen mit einer großen Kraftanstrengung auf einen Zug - allerdings auf den letzten Waggon - aufzuspringen,

(Oestmann [CDU]: Das Muster ken- nen wir, das können Sie sich sparen!)

der mit 400 km/h längst durch die Gegend rast.

(Busemann [CDU]: Bei Ihnen ist das eine leichte Übung!)

Das heißt, das Thema Transrapid ist doch nicht so neu, wie Sie es hier mit Ihrem Antrag darstellen wollen.

(Frau Körtner [CDU]: Das ist ja wirk- lich peinlich! - Weitere Zurufe von der CDU)

Also: Alle Achtung vor Ihrer sportlichen Leistung! Zu der intellektuellen Leistung Ihres Antrages möchte ich mich jetzt äußern.

(Rolfes [CDU]: Stellungnahme des Landesrechnungshofs!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich hat es innerhalb der SPD-Landtagsfraktionen im vergangenen Jahrzehnt eine Menge an Diskussionen über Sinn und Widersinn des Transrapid gegeben. Ich finde das auch völlig in Ordnung, weil eine solche Technologie natürlich in der Debatte stehen und dazu eine politische Meinungsbildung herbeigeführt werden muss. Das Ergebnis dieser Meinungsbildung ist allerdings eindeutig und lässt an Klarheit überhaupt nichts zu wünschen übrig: Die SPD-Landtagsfraktion und diese Landesregierung stehen ohne Wenn und Aber erstens zur Technologie des Transrapid und zweitens dazu, den Versuch zu unternehmen, in Niedersachsen eine Anwendungsstrecke zu bauen. Ob uns das gelingen wird, werden wir sowohl im weiteren Verfahren als auch in der weiteren Debatte über Ihren Antrag sehen.

Ich war immer davon überzeugt, und zwar nicht erst seit wenigen Monaten, dass sich diese Technologie durchsetzen wird. Herr Wenzel, wir sind dabei weiter, als Sie es in Ihrem Beitrag suggerieren wollten. Wir sind viel weiter. Die Forschungsergebnisse über den Transrapid liegen vor. Da muss nicht mehr geforscht werden.

(Wenzel [GRÜNE]: Das habe ich gar nicht gesagt!)

Wir haben eine Teststrecke, die nachweist, dass der technologische und forschungsmäßige Teil im Wesentlichen erledigt ist, wenn wir die Frage der Weiterentwicklung im Moment einmal ausblenden. Dass die notwendig ist, ist keine Frage.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Busemann?