Protokoll der Sitzung vom 23.02.2001

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Busemann?

Aber gerne. Ich meine, er wird dabei lernen.

Herr Minister, haben Sie - gemäß Ihrer Presseerklärung vom März 2000 - das Vorhaben, eine Strecke von Groningen bis Hamburg zu bauen, konkret und mit Unterlagen versehen dem Bund vorgeschlagen?

Herr Busemann, ich werde das gleich in meiner Rede aufgreifen. Wenn Sie aber nicht nur eine, sondern auch die anderen Meldungen über die Aktivitäten der Niedersächsischen Landesregierung gelesen hätten,

(Rolfes [CDU]: Lohnt sich gar nicht!)

dann wüssten Sie, dass wir uns formell zusammen mit vier anderen Ländern an dem Verfahren des Bundes beteiligt haben und dabei exakt die von Ihnen genannte Strecke vorgeschlagen haben. Ich werde im Weiteren darauf zurückkommen. Insofern war Ihre Frage schon wichtig, weil Sie jetzt etwas gelernt haben, und das soll man keinem verweigern. Das tue ich auch bei Ihnen nicht.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von De- cker [CDU])

Das, was Herr Busemann eben an Unkenntnis deutlich machte, kommt in dem gesamten CDU-Antrag zum Tragen. Besser wäre es, wir würden uns gemeinsam hinsetzen und die Kraft, die man braucht, um ein solches Projekt durchzusetzen, im Sinne des Transrapid und im Sinne einer Anwendungsstrecke in Niedersachsen bündeln.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns deshalb in aller Ruhe gemeinsam ein paar Realitäten betrachten. Vielleicht kommen wir dann auch zu etwas mehr Gemeinsamkeit, als es in Ihrem Beitrag, Herr Busemann, deutlich geworden ist.

(Zuruf von Busemann [CDU])

Erstens. Sie wollen die Landesregierung und die Bundesregierung auffordern, der Strecke Hamburg - Berlin Vorrang einzuräumen. Herr Busemann, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich kann nur sagen: Vogel Strauß lässt grüßen. Nehmen Sie den Kopf aus dem Sand. Die Strecke Hamburg - Berlin ist im Moment gescheitert.

(Möllring [CDU]: An wem denn? - Rolfes [CDU]: Was sagt eigentlich Schröder dazu?)

Die Strecke Hamburg - Berlin hat nur dann eine Chance, wenn wir die Strecke Amsterdam - Hamburg hinbekommen. Dann werden die anderen Strecken wie reife Früchte vom Baum fallen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von De- cker [CDU])

Es war doch nicht die Bundesregierung oder die Landesregierung, die diese Strecke scheitern ließ.

(Zuruf von Rolfes [CDU])

Es waren die Unternehmen und die Deutsche Bundesbahn, die zunächst Interesse an dieser Strecke hatten und hinterher ihr Interesse eingestellt haben.

Die Niedersächsische Landesregierung hat die Strecke Amsterdam - Groningen zur Kenntnis genommen und aus dieser holländischen Strecke den Schluss gezogen, dass es wirtschaftlich und technologisch sinnvoll ist, diese Strecke bis Hamburg zu verlängern. Dafür haben wir das getan, was ich eben Herrn Busemann gesagt habe: Wir haben bei der Bundesregierung einen Antrag auf die Erstellung einer Machbarkeitsstudie eingereicht. Wir sind dort noch nicht zum Zuge gekommen, weil unsere Strecke nur im Zusammenhang mit den Holländern Sinn macht. Ich habe schriftlich die Aussage des ehemaligen Bundesverkehrsminister vorliegen, dass die Prüfung unserer Strecke sofort wieder aufgenommen wird, sobald die holländische Entscheidung positiv ausgefallen sein wird.

Herr Busemann stellte mir vorhin die Frage: Wann wird das sein? - Ich bin für das Verfahren in Holland nicht zuständig und schon gar nicht für das zuständig, was das holländische Parlament macht.

(Busemann [CDU]: Aber Sie sind für das Verfahren in Niedersachsen zu- ständig! - Rolfes [CDU]: Wofür sind Sie denn zuständig?)

Aber nach den Informationen, die wir von unseren holländischen Partnerinnen und Partnern haben, wollen sie bis Ende März entschieden haben. Ob das so kommt, werden wir sehen.

(Zuruf von Möllring [CDU])

Ich gehe fest davon aus, dass dieser Termin eingehalten wird. Wird er eingehalten, dann liegt die Aufgabe vor uns, uns mit der Machbarkeitsstudie durchzusetzen. Wird die Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben – wovon ich ausgehe -, dann werden, wie ich hoffe, die sehr positiven Zahlen einer Vorstudie, die die Deutsche Bahn AG für alle fünf betroffenen Länder angefertigt hat, weiteres Gewicht bekommen. Dann besteht eine große Chance, dass der Transrapid in der Tat nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch in Niedersachsen fahren wird – nämlich von Amsterdam über Groningen und Oldenburg bis Bremen und Hamburg. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Bu- semann [CDU])

Vielen Dank. – Herr Kollege Wulff, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch ein paar Bemerkungen machen, die das Haus vielleicht zusammenführen. Wir wollen uns nicht damit abfinden, dass eine Technik, die vom Niedersachsen Kemper aus Quakenbrück in den 20er-Jahren erfunden wurde, die hier in den 70er-Jahren erforscht und erprobt wurde und nun anwendungsreif und planfestgestellt ist für eine Strecke, nämlich von Berlin nach Hamburg, was in Deutschland viel heißt, nicht gebaut wird. Ein solches Signal würde nämlich bedeuten, dass wir in Deutschland etwas diffamieren, das in China, Holland und anderswo realisiert wird.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Signal – hier diffamieren, anderswo realisieren – wollen wir nicht. Wir werben bei jungen Leuten für Chemie, Physik, Mathematik bzw. für Naturwissenschaften. Wir haben unseren Wohlstand den Ingenieuren zu verdanken, denen, die das Exportwachstum Deutschlands begründet haben.

(Frau Pawelski [CDU]: So ist es!)

Wenn so etwas in die Welt geht, dass man hier etwas erfindet und erforscht, das man aber anderswo anwendet, dann setzt man auch für die junge Generation die falschen Signale.

(Starker Beifall bei der CDU)

Wir nehmen das nun nicht mehr hin, dass zwar hier eine Technologie entwickelt, erforscht, erprobt und planfestgestellt wurde, aber erst von Ihnen die Strecke Hamburg – Hannover kaputtgemacht wurde, dann die Strecke Hannover – Berlin und dass nunmehr die Strecke Berlin – Hamburg kaputtgemacht wird.

(Frau Rühl [CDU]: Genau!)

Denn diese Strecke war planfestgestellt, hätte gebaut werden können - 6 Milliarden DM waren vorgesehen -, und Sie haben in Berlin auf Druck der Grünen auf diese Strecke verzichtet. Das ist die schlichte Wahrheit, und so muss man auch miteinander umgehen.

(Starker Beifall bei der CDU)

Ich finde es beachtlich, was die grüne Landtagsfraktion eben gesagt hat. Das hört sich ja schon ganz anders an.

(Zuruf von Klein [GRÜNE])

Herr Trittin ist zwar nie dort gewesen, hat aber immer von einem „lärmenden Tiefflieger“ gesprochen, obwohl der Transrapid leiser als der ICE ist. Die Grünen haben bis vor kurzem von einem „Schrotthaufen auf Stelzen“ gesprochen. Dabei handelt es sich um eine Technologie, die unfallfrei ist. Es ist faktisch ausgeschlossen, dass es zu Unfällen kommt, weil es wegen der Magnetkräfte keinen Begegnungsverkehr geben kann.

Die Transrapidtechnik ist übrigens ökologisch außerordentlich hervorgetreten,

(Frau Steiner [GRÜNE]: Bloß nicht im Flächenverbrauch! – Oh! bei der CDU)

- Wissen Sie, wenn Sie den Elbe-Seiten-Kanal für den umweltfreundlichen Güterverkehr auf dem Wasser bauen, dann ertrinken die Wildschweine, die den alten Pfad einhalten wollen, während sie beim Transrapid unter den Stelzen durchlaufen können. Insofern ist das vom Flächenverbrauch her sehr viel einfacher.

(Beifall bei der CDU – Frau Pawelski [CDU]: So ist es!)

Frau Kollegin Steiner, wir haben das Gutachten des Ökologen Ernst Ulrich von Weizsäcker – zurzeit sozialdemokratisches Mitglied des Deutschen Bundestags – gelesen, der mit dem Öko-Institut in Wuppertal gesagt hat: Der Transrapid ist auch ökologisch vernünftig – nicht nur ökonomisch.

Wir wollen, dass der Transrapid von Hamburg nach Berlin gebaut wird und von Hamburg nach Groningen bis zur holländischen Grenze geplant und dann in Holland realisiert wird. Dann gibt es nämlich eine nordeuropäische Ost-West-Trasse, die eine wirkliche Alternative zum umweltunfreundlichen Luftverkehr darstellt.

(Wendhausen [SPD]: Darin sind wir uns ja einig!)

Dann kann man von Amsterdam nach Berlin mit dem Transrapid umweltfreundlich fahren, statt wie zurzeit zwar von Münster bzw. Osnabrück fünfmal am Tag mit dem Flugzeug nach Amsterdam gelangen zu können, aber nur dreimal am Tag mit einem durchgehenden Zug. Das ist nämlich gegenwärtig die Situation in Nordeuropa.

(Beifall bei der CDU)

Nun wird so viel Nebel ausgebreitet. Herr Senff, der gar nicht zuständig ist, hält ständig schöne Reden, die in der Konsequenz bedeuten: Wenn die Holländer etwas tun, tun wir auch etwas; wenn die Holländer nichts tun, tun wir auch nichts. – Ich muss ehrlich sagen: Sich in eine solche Abhängigkeit von den europäischen Nachbarn zu begeben, weil man die eigene Untätigkeit überdecken will, das machen wir nicht mit. Das können Sie auch nicht von uns erwarten.

(Beifall bei der CDU)

Das ist eine Landesregierung des Stillstands, die wie ein Trümmerhaufen dasteht, in der sich Frau Knorre als zuständige Ministerin nicht äußern darf, und die es nicht schafft, eine Maßnahme, die im Bundeshaushalt aufgeführt ist, in Niedersachsen zu realisieren.