Protokoll der Sitzung vom 14.03.2001

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt kommt der Kollege Beckmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überschrift macht schon deutlich, worum es Herrn Möllring geht - ich hoffe, es geht nur Herrn Möllring darum, und die CDU-Fraktion steht nicht voll hinter dem, was er hier ausgeführt hat -: Landesregierung lässt Bauwirtschaft im Stich.

(Möllring [CDU]: Es geht um Ar- beitsplätze! - Decker [CDU]: Arbeit! Arbeit! Arbeit!)

- Genau, es geht um Arbeitsplätze. Deswegen würde ich gern in aller Ernsthaftigkeit mit Ihnen über die Möglichkeiten der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze bzw. des Erhalts von Arbeitsplätzen diskutieren, als dass Sie die Chance nutzen, auf Kosten der Betroffenen die Landesregierung anzugehen. Das ist nämlich das, was Sie gemacht haben. Inhaltlich haben Sie nichts rübergebracht.

(Deckert [CDU]: Sie sind auch dafür verantwortlich! - Möllring [CDU]: Die Zahlen geben das doch her!)

- Die Zahlen geben das gerade nicht her.

(Möllring [CDU]: Sie können doch nicht sagen, Sie regieren, haben aber keine Verantwortung!)

- Herr Möllring, wenn Sie nur ein bisschen zugehört hätten, welche Fakten Frau Ministerin eben vorgetragen hat, hätten Sie eigentlich wissen müssen, dass Sie mit Ihren Vorwürfen völlig falsch liegen. Das Land Niedersachsen hat in den letzten Jahren mehr getan als andere. Das ist in vielen Ausführungen deutlich geworden, die wir in der letzten Zeit auf Veranstaltungen gehört haben, auf denen die Bauwirtschaft ihre Probleme dargestellt hat - und sie hat in vielen Bereichen wirklich gravierende Probleme. Deshalb müssen wir uns mit den tatsächlichen Fakten auseinander setzen. Es reicht nicht, das Schlagwort in den Raum zu stellen, das liegt automatisch an der Landesregierung.

(Möllring [CDU]: Das habe ich nicht gesagt!)

Für Sie mag das ausreichen, sich in dieser Form damit zu beschäftigen. Für die Betroffenen reicht das auf keinen Fall aus.

Ich denke, dass Ihnen, Herr Möllring, das Schreiben von Herrn Aller an Herrn Dr. Freise vom Verband der Bauwirtschaft bekannt ist - wenn nicht, werde ich Ihnen das gerne geben -, in dem haarklein an einzelnen Zahlen die Fakten deutlich geworden sind, was die Landesregierung gerade in diesem Bereich macht, dass die Investitionen steigen, dass in diesem Bereich mehr Geld aufgewendet wird und dass das Land das, was es in diesem Bereich leisten kann, auch in hervorragender Weise getan hat.

Lassen Sie mich auf eine Veranstaltung hinweisen, die vor wenigen Tagen in Hannover stattgefunden hat, eine Veranstaltung der Landesbausparkasse. Diese Veranstaltung war so gut besucht wie noch niemals zuvor in ihrer Geschichte. Dort hat man sich mit genau diesen Themen beschäftigt; zwei hochkarätige Referenten haben dort vorgetragen. Ich nehme an, dass Sie auch eine Einladung bekommen und auch wahrgenommen haben, was dort vorgetragen worden ist. Wenn mindestens einer von Ihnen da gewesen wäre, hätte er Sie davor gewarnt, eine solche Aktuelle Stunde zu beantragen.

Der Vorstandsvorsitzende der LBK, Herr Brauer, hat - der Innenminister war dabei - die niedersächsische Landesregierung herausgehoben und besonders dafür gelobt, wie engagiert sie mit ihren Programmen zur Städtebauförderung, zur Dorferneuerung usw. der Baukonjunktur entgegengesteuert hat. Bei diesem Vortrag ist sehr deutlich geworden, dass die Baukonjunktur immer Wellen und Täler aufweist; einige reden in diesem Zusammenhang auch von Schweinezyklen.

(Decker [CDU]: Mehr Täler als Wel- len!)

In Niedersachsen ist das genau umgekehrt. Wenn Sie sich wirklich einmal mit den Zahlen und Fakten beschäftigen würden, wäre es gut.

(Decker [CDU]: Das haben wir Gott sei Dank getan!)

Niedersachsen lag in den Jahren 1999 und 2000 im Eigenheimbau an der Spitze in Deutschland: vor Bayern und Baden-Württemberg.

(Decker [CDU]: Da haben Sie wohl die Tabelle umgedreht!)

- Ich kann Ihnen nur empfehlen, das nächste Mal dahin zu gehen und sich das anzuhören. Das sind keine Zahlen von mir. Das sind Zahlen vom PestelInstitut. Diese Zahlen können Sie anzweifeln – das können Sie gern tun -, aber dann müssen Sie sich mit dem Pestel-Institut auseinander setzen und sagen, es seien falsche Zahlen und Fakten geliefert worden. Ich referiere hier nur, was dort am Montag deutlich gemacht worden ist.

Wir haben jetzt einen entsprechenden Abschwung in diesem Bereich.

(Möllring [CDU]: Also haben wir doch einen Abschwung!)

Das hat eine ganze Reihe von Ursachen.

(Glocke des Präsidenten)

- Herr Präsident, ich bitte um Verständnis, wenn ich etwas länger rede. Es scheint mir wirklich notwendig zu sein, die Damen und Herren der CDU in dieser Frage aufzuklären,

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD)

damit sie das Parlament nicht mehr mit solch unsinnigen Dingen belästigen. Ich bitte also um etwas Verständnis, damit ich das deutlich machen kann.

Wir haben im Wohnungsbau gerade jetzt wieder eine Abschwungphase, die mehrere Ursachen hat. Eine dieser Ursachen sind die hohen Baulandpreise. Wir müssen uns gerade in den Kommunen mit der Frage auseinander setzen, warum die Kommunen beim Aufschwung in der Baukonjunktur die Gelegenheit genutzt haben, die Baulandpreise nach oben zu bringen.

(Eveslage [CDU]: Da gibt es noch an- dere Fakten! Ausgleichs- und Ersatz- flächen!)

- Da gibt es auch andere Fakten; das weiß ich. Wir müssen uns darüber unterhalten, ob es Sinn macht, Ausgleichsmaßnahmen unmittelbar im Baugebiet durchzuführen.

(Zurufe von der CDU)

Aber die Hauptursache sind die immens gestiegenen Baulandpreise, und das wirkt sich gegenläufig aus.

Wenn Sie diese Fakten, die dort von Wissenschaftlern deutlich gemacht worden sind, zur Kenntnis nehmen und sich damit auseinander setzen würden,

(Glocke des Präsidenten)

dann würden Sie nicht versuchen, aus einer solchen Situation, in der Menschen um ihren Arbeitsplatz bangen, für sich und Ihre Partei Honig aus Zaunpfählen zu saugen. Das wird nicht funktionieren.

(Beifall bei der SPD)

Dazu hat sich gleich Herr Decker zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Beckmann, die derzeitige Situation in der Bauwirtschaft hat viele, viele Gründe.

(Beckmann [SPD]: Sie haben gesagt, die Landesregierung sei schuld!)

Wir haben in vielen Bereichen rechtzeitig gewarnt. Wir haben im letzten Jahr einen Antrag gestellt mit dem Ziel, die Wohnungsbauförderung zu verstetigen und dafür zu sorgen, dass wir nicht von einem Schweinezyklus in den nächsten geraten. Die unklare Situation bezüglich der Einbeziehung des Wohneigentums in die Rentenreform wird am Wohnungsmarkt insgesamt auch eine Rolle spielen.

(Möllring [CDU]: Ja, genau!)

Die Städtebauförderung ist seit Jahren unzureichend ausgestattet, obwohl wir wissen: In diesem Bereich haben wir die größten Effekte, was Wirtschaftskraft und Wirtschaftsleistung angeht.

(Zuruf von Beckmann [SPD])

- Es kommt nicht darauf an, wie viele Firmen ich neu hineinnehme, sondern darauf an, wie viel Geld darin ist. – Wir haben die Möglichkeiten der Privatfinanzierung und des Leasings unzureichend genutzt. Da sind sicherlich noch Ressourcen vor

handen. Wir müssen wieder darangehen, die Schwarzarbeit stärker und besser zu bekämpfen, als das bisher gemacht worden ist. Dazu sind mehrere Anläufe unternommen worden. Bisher war das aber von der Landesregierung, Herr Beckmann, nachweislich nur unzureichend koordiniert. Jetzt haben die Gemeinden und Landkreise selbst damit angefangen, weil sie sich nicht mehr zu helfen wissen.

Die Frage der Baulandpreise ist wohl nicht entscheidend,

(Beckmann [SPD]: Doch! Das ist der entscheidende Faktor!)

sondern die entscheidende Frage in diesem Bereich jedenfalls ist, ob wir als Land nach wie vor bereit sind, den Einfamilienhausbau zu fördern. Das ist der einzige Bereich, in dem Investitionen brachliegen. Im Mehrgeschosswohnungsbau ist das nicht der Fall; da gibt es zurzeit keinen Investitionsbedarf. Dafür stellen Sie Mittel zur Verfügung, und für den Einfamilienhausbau ist nichts drin.

Ihr Antrag zum Vergaberecht, den wir in diesem Tagungsabschnitt noch behandeln werden, ist nur weiße Salbe.

(Schurreit [SPD]: Nein, nein!)

Das bringt keinen einzigen neuen Auftrag. Frau Ministerin, Sie mögen sich noch so sehr darum bemühen, in Niedersachsen faire Wettbewerbsbedingungen zu erreichen – was die Bauwirtschaft zuvörderst braucht, ist Geld für Investitionen; denn nur das bringt Aufträge. Da hilft die Frage, wie wir die 2,50 DM, die noch zu vergeben sind, in unserem Land ganz gerecht verteilen, nicht weiter.