Protokoll der Sitzung vom 15.03.2001

Für die SPD-Fraktion redet der Kollege Schumacher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Gesunde Ernährung gezielt fördern“ – und nicht „Erziehung“, Herr Klare, wie Sie es gesagt haben – „Mehr Milch in die Schule“ lautet die Überschrift Ihres Antrages.

Ich meine, wir sollten die gesunde Ernährung wirklich ernst nehmen. Wir müssen dazu aber andere Schritte machen als die, die Sie hier angeführt haben. Dann ist es mit dieser Subventionierung von 5 Pf. nicht getan. Wir reden im Zusammenhang mit BSE und dergleichen mehr über bessere Ernährung, gesundere Ernährung. Sie haben vorhin geschildert, dass die Situation in den

Elternhäusern völlig anders ist als vielleicht noch früher; dass die Eltern die Kinder damit abspeisen, dass sie ihnen Geld in die Hand drücken, damit sich die Kinder Süßigkeiten dafür kaufen, zu McDonalds gehen oder dergleichen mehr. Insofern sind mehr Ernährungsberatung, mehr Aufklärung wichtig, vielleicht auch, was die Milchwirtschaft anbelangt, eine zeitnahe Werbung. Ich meine, das Problem ist nicht durch Subventionierung zu lösen. Die 5 Pf., von denen ich vorhin gesprochen habe, sind nicht das entscheidende Problem. Oftmals ist gerade bei der Elternschaft nicht der Preis das Problem, sondern es geht um die Frage, wie die Frischmilch verpackt ist, und die Eltern bestehen auf Frischmilch. Ist sie in der Glasflasche oder im Tetrapack? Dann bestehen die Eltern aus ökologischen Gründen auf der Milchflasche. Und dann haben wir das zweite Problem, nämlich dass in den Schulen erstens Frischmilch nur zu 10 % und zu 90 % als Kakao oder Erdbeer- oder sonstige Milchmixgetränke getrunken wird. Zweitens ist die Milchwirtschaft durch die Zentralisierung der Molkereien gar nicht in der Lage, das Problem logistisch zu lösen. Heute Morgen haben wir vom Kollegen Schlüterbusch gehört, dass manche Schulen gar nicht mehr mit Milch beliefert werden können, weil Molkereien nicht in der Lage sind, die kleinen Packungen herzustellen. Also haben wir ein Problem in der Logistik der Milchwirtschaft, die eigentlich an den Bedürfnissen der Schulmilch vorbei produziert, wenn man so will.

(Zustimmung von Stolze [SPD])

Ich meine, wir sollten über die anderen Schwerpunkte, die von mir genannt worden sind, im Ausschuss beraten. Herr Klare, ich habe schon vorhin den Zwischenruf getätigt, Ihre Forderungen seien schon etwas preiswerter. Im Schulbereich sind es 3 000 Lehrer, und jetzt sind Sie nur mit 1 Million DM dabei.

(Klare [CDU]: Das kommt noch!)

Ich meine, dass wir die 1 Million DM nicht haben. Der Markt muss das regulieren. Da Sie diesen Antrag aus populistischen Gründen gestellt haben,

(Oh! bei der CDU)

hoffe ich, dass Sie, wenn die Cola-Dose teurer wird, nicht dazu übergehen, zu fordern, dass wir auch die subventionieren sollen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Grünen spricht der Kollege Klein.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor drei Monaten hätte ich diesen Antrag wahrscheinlich noch ganz okay gefunden und gesagt: Man muss darüber reden, woher das Geld kommen soll, aber im Prinzip stimmt die Richtung. - Ich will auch heute nicht sagen, dass er schlecht ist. Aber irgendwie habe ich schon das Gefühl, er ist ein Vor-BSE-Antrag, der im Grunde genommen die Bedürfnisse, die wir heute haben, nicht mehr berücksichtigt, und der etwas zu kurz greift.

Ich will jetzt keinen fertigen Standpunkt vertreten. Wir sind ja noch weitgehend unter uns. Erlauben Sie mir einfach einmal, ein bisschen laut zu denken. Ich meine eben nicht, dass der Milchkonsum in der Schule heute entscheidend davon abhängt, ob die tägliche Portion 5 Pf. mehr oder weniger kostet. Ich frage mich aber durchaus, ob es nicht auch in der Schule falsch ist, Milch dauerhaft weit unter ihrem Wert abzugeben.

(Schirmbeck [CDU]: Richtig!)

Sinnvoll mag es einmal für kurze Zeit im Sinne einer Marketingkampagne sein, Lockvogelangebote oder wie man das nennt zu machen. Aber unser Ziel in der Agrarwende ist es doch, dass wir den Menschen klarmachen möchten, dass Lebensmittel nicht nur einen Preis, sondern vor allen Dingen auch einen Wert haben. Wir wollen, dass die Verbraucher ihre Kaufentscheidung künftig nach dem Motto „Klasse statt Masse“ treffen und dass sie dann auch bereit sind, dafür mehr Geld auszugeben - sicherlich nicht 45 % ihres Einkommens, wie das 1950 der Fall war, aber doch deutlich mehr als die 12 % bis 15 %, die je nach Rechnungsweise heute dafür ausgegeben werden. Ich frage mich: Ist es dann nicht logisch, wenn wir damit im Sinne von Einüben und Lernen also auch bereits in der Schule anfangen?

Ich denke auch daran, dass es Ziel dieser Agrarwende ist, den Biobereich in den nächsten zehn Jahren auf 20 % zu bringen. In der dritten Säule unseres Agrarwendekonzepts, in dem Aktionsprogramm Biolandbau, gibt es einen Punkt, der lautet: Wir wollen biologisch erzeugte Produkte vor allen Dingen und zuerst - auch im Sinne eines guten Beispiels - in öffentlichen Einrichtungen, in Kantinen und ähnlichen Einrichtungen unterbringen.

Von daher würde ich diesen Antrag auch gerne in die Richtung weiterspinnen wollen, dass ich sage: Wenn wir den Kindern wirklich etwas Gutes tun wollen, dann sollten wir doch gleich über ein solches Konzept nachdenken, das dann auch vom Land initiiert werden sollte, also: Biomilch in die Schulen.

(Zustimmung von Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE] - Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Mit Honig!)

Ich möchte durchaus noch weiter ausholen. Im Ernährungsbericht 2000 - was den Honig angeht, Frau Kollegin - steht, unsere Kinder essen zu viel Fett, zu viel gesättigte Fettsäuren, zu wenig gesunde Kohlehydrate - dabei können wir dann den Honig unterbringen -, sie sind in der Regel übergewichtig und haben bereits erhöhte Cholesterinwerte. Dann stellt sich für mich eben schon die Frage: Brauchen wir nicht vor allen Dingen in der Schule - im Grunde genommen schon im Kindergarten - einen Ernährungsunterricht, der auch weit über das hinausgeht, was jetzt lediglich im Bereich Ökotrophologie verkündet und gelehrt wird, sondern der auch darüber informiert, woher diese Lebensmittel kommen und wie sie erzeugt werden? Ich nenne das Stichwort „lila Kuh“ oder die Tatsache, dass kaum noch ein Stadtkind weiß, wie Rosenkohl eigentlich wächst und woher der kommt.

Wir haben heute durchaus die Situation, die fast sprichwörtlich ist, dass Grundschulkinder, wenn sie aus der Schule kommen, über das Thema Umweltschutz weitaus besser Bescheid wissen als ihre Eltern. Mein Ziel wäre es, und ich fände es lohnenswert, wenn wir das auch in punkto Ernährung erreichen könnten. Hierbei kann das Land - dabei ist ein bisschen mehr die Kultusministerin, immer in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsminister, gefragt - wohl etwas tun. Ich meine, hierbei kann das Land einiges erreichen. Wir sollten das Ziel haben, dabei ein neues Preisbewusstsein zu schaffen, das sich am Wert der Lebensmittel orientiert. Die Qualität sollte in Zukunft das Schnäppchen ausmachen. - Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung nimmt der Landwirtschaftsminister zu dem Antrag Stellung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich dachte, der Kakao sei für mich gedacht gewesen. Dann hätte ich ihn jetzt gerne getrunken, rein demonstrativ, Herr Kollege Klare.

(Klare [CDU]: Ich weiß ja, dass du immer Milch trinkst!)

Meine Damen und Herren, gesunde Ernährung gezielt fördern, mehr Milch in die Schulen - wer steht nicht dahinter, wer wollte das nicht befürworten? Das tun wir alle wohl gemeinsam.

(McAllister [CDU]: Stimmen Sie un- serem Antrag doch einfach zu!)

Deshalb setzen wir uns auch weiterhin auf der deutschen und natürlich auch auf der europäischen Ebene dafür ein, dass die Schulmilch weiterhin verbilligt wird. Ich bedaure, dass es trotz der intensiven Bemühungen des Bundes und der Länder, die es hierbei gemeinsam gegeben hat, nicht gelungen ist, die Kürzung der EU-Schulmilchbeihilfe zu verhindern. Jedenfalls ist der Beihilfesatz der EU gesichert geblieben. Die Kommission hatte ja vorgehabt, gänzlich aus der Schulmilchbeihilfe auszusteigen. Das ist verhindert worden. Ich meine, es ist ganz richtig, dass wir hierbei noch Unterstützung haben.

Der Bund hat für eine Kofinanzierung der ausfallenden Mittel der EU keine Mittel zur Verfügung gestellt. Auch das Land Niedersachsen wäre damit überfordert, jetzt aus dem Landeshaushalt 1 Million DM in diese Aufgabe hineinzuschießen. Es ist erforderlich, den Höchstabgabepreis um 5 Pf. je Einheit - das ist relativ bescheiden; Herr Schumacher hat darauf hingewiesen - zu erhöhen. Die Landesregierung geht aber davon aus, dass die Milchwirtschaft den damit eingeräumten Preisspielraum, den sie nun einmal hat, wahrscheinlich nicht ausnutzen wird, sondern ihrerseits auch einen Beitrag dazu leisten wird, den Schülern ein gesundes und preiswertes Schulmilchfrühstück zu ermöglichen.

Aber eine Preisanhebung, wenn sie denn stattfinden sollte, von 25 Pf. pro Woche sollte auch kein Hindernis sein, Schulmilch zu kaufen. Das sollte nicht zu einem spürbaren Rückgang beim Verkauf von Schulmilch führen, sondern das sollte den Kindern und Eltern ein preiswertes, gutes, gesun

des und nahrhaftes Milchfrühstück schon wert sein.

Der bedauerliche Rückgang des Schulmilchverbrauchs ist im Übrigen nach unserer Einschätzung weniger auf den Preis zurückzuführen als auf ganz andere Ursachen. Es gibt eine Untersuchung, die in einem zentral-regionalen Kooperationsprojekt in einem Landkreis von der Niedersächsischen Landesvereinigung für Milch gemeinsam mit den dortigen Molkereien durchgeführt worden ist. Dort ist über einen bestimmten Zeitraum hinweg sozusagen die gesamte Produktpalette in Kindergärten und in den einzelnen Schulformen angeboten worden. Es wurden Ernährungsberaterinnen eingesetzt, die Lehrer und Eltern informiert haben. Gleichzeitig sind Landfrauen als Milchbotschafterinnen tätig gewesen und haben die Elterninitiativen für die Milchversorgung zu gewinnen versucht. Es konnte zwar an einzelnen Schulen ein geringer Anstieg der Milchnachfrage festgestellt werden, aber insgesamt ist das Ergebnis so, dass das Interesse von Schülern und Lehrern im Sekundarbereich absolut nachlässt, nicht vorhanden ist oder nur in einem sehr geringen Umfang vorhanden ist. Die Erfahrung zeigt auch, dass die Schulmilchnachfrage in Grundschulen und in Kindergärten - dort, wo es sehr aktive Mütter und Initiativen gibt und wo auch die Kindergärtnerinnen mitarbeiten und sich an der Verteilung, Ausgabe und Rücknahme beteiligen - vorhanden ist, dass aber in dem Moment, zu dem es dort personelle Wechsel gibt, das Ganze wieder in sich zusammenbricht oder drastisch zurückgeführt wird.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat, ebenfalls im Auftrag der Landesvereinigung für Milch, eine Untersuchung durchgeführt und festgestellt, dass es auf Dauer wenig hilft, den Schülerinnen und Schülern damit zu kommen, dass sie etwas Gesundes für sich tun, sondern dass es im Wesentlichen darauf ankommt, sozusagen das Image von Schulmilch anders darzustellen, als es bisweilen der Fall gewesen ist. Man hat ja versucht, der Milch ein cooles Image zu verleihen. Das hat auch dazu geführt, dass eine gewisse Nachfragesteigerung festzustellen gewesen ist. Aber auch das hat noch nicht den Durchbruch gebracht.

Bund und Länder bemühen sich gemeinsam, die gesamte Palette des Schulmilchangebotes um z. B. Fruchtjoghurt und Früchtequark zu erweitern. Leider hat die EU-Kommission diese Erweiterung noch nicht akzeptiert. Das Kultusministerium, das Umweltministerium und wir arbeiten gemeinsam

daran, den so genannten Müsli-Erlass zeitgerecht zu gestalten und die Frage der Glasflasche einer neuen ökologischen Bewertung zu unterziehen.

Meine Damen und Herren, wir sind also sehr aktiv, tun das, was notwendig ist, und unterstützen das, um die Schulmilch in der Schule zu halten und um sie auch für die jungen Leute attraktiv zu lassen. Aber es muss schon ein Strauß von Maßnahmen dahinter stehen. Auch die Aktivitäten der Eltern und Erzieherinnen müssen mit dahinter stehen, um einen verstärkten Verbrauch zu erreichen.

Dass die entsprechende Erziehung in den Schulen und auch der rechtzeitige Hinweis auf die Bedeutung des Lebensmittels Milch – wie Herr Klein das bereits gesagt hat – von Bedeutung sind, um den Kunden ihren Wert noch einmal deutlich zu machen, ist, wie ich meine, eine sehr wichtige Aufgabe. Das gilt nicht nur für die Milch, sondern für alle Nahrungsmittelprodukte, die in der Landwirtschaft erzeugt werden. – Danke sehr.

(Klare [CDU]: Vielleicht lässt die Präsidentin für Sie mal ein bisschen übrig!)

Die Präsidentin wird den Kakao selbstverständlich mit dem Landwirtschaftsminister teilen, obwohl auch vorhin schon der Europa-Minister Appetit bekundet hat.

(Klare [CDU]: Dann muss die Kul- tusministerin auch noch einen Schluck haben!)

Wir können die Beratung schließen, weil mir keine weiteren Wortmeldungen vorliegen.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Der Antrag soll zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen, den Kultusausschuss und den Ausschuss für Sozialund Gesundheitswesen überwiesen werden. Wenn Sie dem zustimmen wollen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. – Danke. Das reicht.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung: Spitzensportstandort Niedersachsen gezielt fördern - Talentfindung und Talentförderung in Zusammenarbeit von Schule und Verein - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2292

Der Antrag wird durch den Kollegen Pörtner eingebracht.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Olympischen Spiele von Sydney sowohl der nicht behinderten als auch der behinderten Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren für die beiden deutschen Mannschaften nicht gerade mit herausragenden sportlichen Erfolgen verbunden. Nicht nur vereinzelt war deshalb in deutschen Printmedien von „Enttäuschung“ oder auch von „Misserfolg“ die Rede.

Dies kann auch tendenziell auf die OlympiaTeilnehmerinnen und -Teilnehmer aus unserem Bundesland übertragen werden. Denn mit nur einer Silbermedaille im Surfen der Frauen und mit jeweils einer Bronzemedaille in einer Frauenschwimmstaffel und der Frauenfußballnationalmannschaft wurde eines der schlechtesten Ergebnisse seit den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki eingefahren.

Mit 22 von 436 Olympiateilnehmern stellte Niedersachsen zudem nur 5 % der Mannschaft, obwohl in Niedersachsen ungefähr 9 % der gesamtdeutschen Bevölkerung leben.

Ein Blick auf die Intensität der Sportförderung in Niedersachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern macht darüber hinaus deutlich, dass auf diesem Gebiet in Niedersachsen doch noch einiges im Argen liegt.

Bei der Leistungssportförderung insbesondere im Bereich der so wichtigen Trainerfinanzierung nimmt Niedersachsen eindeutig – um einen Begriff aus der Sportsprache zu verwenden – einen Abstiegsplatz ein. So weist Baden-Württemberg z. B. 21 Millionen DM für das Leistungssportbudget aus sowie weitere 9 Millionen DM für die Trainerfinanzierung.

Die neuen Bundesländer Sachsen und Brandenburg – hinsichtlich der Einwohnerzahl nicht unerheblich