Protokoll der Sitzung vom 15.03.2001

Es ist einfach ein Hohn, zu erklären, Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen hätten größere Staatskanzleien. Meine Damen und Herren, wenn wir deren Verschuldung, deren Beschäftigungssituation und deren Erfolge hätten, dann könnten wir auch über solche Staatskanzleien reden. Wenn ich ein Unternehmen habe, das Schwierigkeiten aufweist, dann wird das Unternehmen nicht dadurch erfolgreich, dass ich mir das große Auto dessen anschaffe, der ein erfolgreiches Unternehmen hat. Das ist die Unlogik in Ihren Plänen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Beckmann [SPD]: Wie klein muss dann Ihr Auto sein? - Frau Seeler [SPD]: Herr Wulff fährt einen Mini!)

Wir haben an dem Freitag, als wir unter acht Augen Ihre Pläne vorgetragen bekommen haben, eine faire Prüfung zugesagt. Zwei, drei Tage später hat Ihr Staatskanzleichef Schneider die gesamten niedersächsischen Journalisten über Neubaupläne von 70 Millionen DM informiert und Pläne in die Öffentlichkeit gegeben, ohne abzuwarten, wie sich die Fraktionen innerhalb der nächsten Tage zu einer solchen Planung einer neuen Staatskanzlei stellen würden. Wenn auf kritische Fragen wie „Muss die Staatskanzlei so groß sein? Gibt es auch Alternativen für die Staatskanzlei?“ die Sache beleidigt hingeschmissen wird, dann kann ich dazu nur sagen:

(Plaue [SPD]: Sie haben nicht gefragt, sondern Sie haben Antworten gege- ben, Herr Kollege! Sie haben Nein gesagt!)

Wem es in der Küche zu heiß ist, der sollte nicht gerade Koch werden, sondern der kann auch als Barkeeper nach Amerika gehen, Herr Plaue.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Sie haben doch keinen Schneid, Herr Kollege!)

Sie haben als Abgeordneter Gabriel und Abgeordneter Oppermann in diesem Niedersächsischen Landtag gefordert, der Staat müsse bei der Verwaltungsreform oben bei sich selbst anfangen. Sie haben formuliert: ins eigene Fleisch schneiden. Stattdessen setzen Sie hier Speck an. Ich zitiere deshalb am Ende meiner Ausführungen aus dem Papier der beiden Abgeordneten Gabriel und Oppermann unter der Überschrift „Von der administrativen zur politischen Verwaltungsreform oder schlichter: Von der Notwendigkeit, ins eigene Fleisch zu schneiden“. Dort heißt es:

„Kein Zweifel, wir werden an Kürzungen bestehender Programme und auch an der Aufgabe ursprünglich gewollter Reformprojekte nicht vorbeikommen. Vorher müssen wir aber alle vorhandenen finanziellen Ressourcen in dem von uns verwalteten und zum Teil geschaffenen Regierungs- und Verwaltungsapparat auf den Prüfstand stellen. Gelingt dies nicht, werden es bald andere für uns tun.“

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Mientus [SPD]: Sie nicht! Bilden Sie sich das gar nicht ein!)

Sie werden es erleben: Ich werde Ihnen das einlösen, was wir vor den Wahlen gesagt haben.

(Mühe [SPD]: Das haben Sie schon öfter versucht! - Beckmann [SPD]: Sie können hier behaupten, was Sie wollen - Sie haben nie die Chance, das umzusetzen!)

Darin unterscheiden wir uns gnadenlos von Ihrer Politik, vor der Wahl immer das Gegenteil dessen zu erzählen, was Sie nach der Wahl machen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Zum Schluss heißt es in dem Papier von Herrn Gabriel und Herrn Oppermann:

„Also, so weh es auch tut: Mehr ins eigene Fleisch schneiden.“

Das ist Ihr gnadenloser Vertrauensverlust in diesem Lande.

(Lachen bei der SPD)

Die Menschen merken das aber.

(Plaue [SPD]: 15 %, Herr Kollege Wulff! 15 %! Da steht Mister 15 %!)

Wer das verkündet, bevor er in der Verantwortung ist, und dann nach der Übernahme der Verantwortung das Gegenteil tut - nicht weniger Minister, sondern mehr, nicht weniger Verwaltung, sondern mehr -, der wird von den Leuten gnadenlos eingeholt. Denn arrogantes Auftreten, Herr Plaue, hat noch nie zum Erfolg geführt.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE] - Plaue [SPD]: Da haben Sie Recht! Da stimme ich Ihnen sehr zu!)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist der Kollege Möhrmann.

(Möllring [CDU]: Plaue soll noch einmal kommen! Wir wollen Plaue hören! - Zurufe von der CDU: Plaue! Plaue! Plaue! - Unruhe - Glocke der Präsidentin )

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fand - -

(Adam [SPD] zur CDU: Wir wollen Möllring hören! Wir wollen mal, dass herumgepöbelt wird! - Anhaltende Unruhe)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Möhrmann hat um das Wort gebeten und bekommt es jetzt auch. Ich bitte, das zu respektieren.

Jetzt sind schon sechs Sekunden von meiner kostbaren Redezeit weg. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich fand es interessant, dass es hier einen Antrag gibt, der von den Grünen eingebracht wurde.

(Eveslage [CDU]: Das machen die öfter!)

Ich fand es interessant, welches Herzblut Herr Wulff sozusagen in diesen Antrag hineingeheimnist hat. Das war ja kein gemeinsamer Antrag, Herr Wulff. Aber wenn Ihnen so wichtig wäre, was Sie hier alles gesagt haben, dann hätte ich drei Dinge erwartet, nämlich erstens, dass Sie bei den Haushaltsberatungen einlösen, was Sie konkret meinen. Ich erlebe in Sachen Verwaltungsreform von Ihnen in der Regel genau das Gegenteil.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Wenn Sie es wirklich so ernst meinen, Herr Wulff, dann hätte ich eigentlich gedacht, dass Sie einen entsprechenden Antrag vorlegen.

Drittens. Herr Wulff, ich weiß nicht, ob Sie der glaubwürdige Zeuge dafür sind, dass etwas breit angelegt wird und mit viel Vertrauen in einer Fraktion beredet wird. Ich kann mich da an Veröffentlichungen erinnern, in denen das nicht gerade deutlich geworden ist.

(Möllring [CDU]: Da müssten Sie mich mal fragen!)

Es scheint also so zu sein, dass ein solcher Job, wie Sie ihn haben und wie ihn auch Ministerpräsidenten haben, übrigens nicht nur in Niedersachsen, dazu führt, dass es manche Dinge gibt, die wohl doch etwas anders sind, als sich das Klein Fritzchen so vorstellt. Ich habe den Eindruck, Herr Wulff, dass Sie völlig vergessen, welche Rolle Sie in der eigenen Fraktion dabei spielen.

(Beifall bei der SPD – Beckmann [SPD]: Wenn er eine spielt!)

Überlegen Sie das bitte noch einmal. Ich weiß ja nicht, ob es üblich ist, dass man sich Gutachten beim Gesetzgebungs- und Beratungsdienst bestellen muss, um nachzuweisen, dass da ein Alleingang stattgefunden hat.

(Möllring [CDU]: Quatsch!)

Von daher, meine Damen und Herren, kann ich Herrn Wulff an dem Punkt und gerade die Fraktion nicht so ernst nehmen.

Nun zu der Frage, die Sie auch angesprochen haben - das will ich dann auch gleich am Anfang sagen –: neue Staatskanzlei.

(Möllring [CDU]: Ja, sagen Sie ein- mal was dazu!)

Was war denn am Samstag hier in diesem Plenarsaal? Wie haben Sie sich denn hier geäußert? Auf die erste Kritik daran, dass es 70 Millionen DM kosten würde, haben Sie gekniffen, haben sich dahinter versteckt und gesagt: Na ja, das will ja die Landesregierung; wir wollen das gar nicht.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das ist das, was für mich zumindest klar ist. Das ist nicht staatsmännisch, das ist nicht staatstragend, sondern das ist ganz einfach Feigheit vor dem Wähler. So ist das.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Hagenah, ich habe nicht ganz verstanden, was Sie wollten. Es gab zumindest in Ihrer Rede einen logischen Bruch. Am Anfang haben Sie die OneMan-Show apostrophiert, haben gesagt, das sei nicht richtig. Zwischendurch haben Sie dann irgendwie genau das Gegenteil gesagt. Sie sollten einmal überlegen, was Sie wollen. In Ihrem Antrag ist mir auch nicht ganz klar, was Sie wollen. Wollen Sie, dass dieses Land in Sachen Europa kompetenter, auch personell, bei den europäischen Gremien vertreten wird?

(Möllring [CDU]: Aber deshalb soll es jetzt doch weg, damit Kompetenz kommen kann!)

Will dieser Landtag das, was er immer wieder gefordert hat, dass Europapolitik für Niedersachsen ein größeres Gewicht bekommt?

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Wenn er das will, meine Damen und Herren, dann muss das – so ist nun einmal Politik angelegt – auch personell deutlich gemacht werden. Wenn Sie keine One-Man-Show wollen, Herr Hagenah, dann brauchen Sie dafür einen Minister. Sie können keinen Abteilungsleiter nach Brüssel schicken.

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Zu- ruf von Hagenah [GRÜNE])

Von daher, meine Damen und Herren, glaube ich, haben wir das auf das zurückgeführt, was es nämlich ist: Es geht um den Versuch, eine Kritik des Landesrechnungshofs in einen parteipolitischen Vorteil umzumünzen.