Protokoll der Sitzung vom 16.05.2001

(Beifall bei der CDU)

Herr Innenminister - bei allem Respekt dafür, dass Sie nun in unserem Sinne aktiv geworden sind, was ja nicht jeden Tag vorkommt -,

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Aber immer öfter!)

man kann nicht erklären, dass dieser Antrag für erledigt zu erklären ist. Kein Parlament kann es sich gefallen lassen, Dinge für erledigt erklären zu müssen, die überhaupt nicht erledigt sind.

(Beifall bei der CDU)

Diese Dinge hier sind nicht erledigt.

Deswegen gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder man steht zu dem, was man bisher erklärt hat, und stimmt dem Antrag zu, oder man steht, Herr Kollege Bachmann, nicht mehr zu dem, was man bisher erklärt hat, und lehnt den Antrag dann ab; aber für erledigt zu erklären, das geht nicht. Das ist genauso wie sonst im Parlament. Es reicht doch nicht aus, Herr Kollege Bachmann, wenn ich erkläre, die SPD-Fraktion sei erledigt. Sie sind ja nicht erledigt von der Erklärung, dass sie erledigt sind,

(Zurufe von der SPD)

sondern man ist nur erledigt, wenn man wirklich erledigt ist. Aber hier ist nichts erledigt, und deswegen können wir dem nicht zustimmen. - Danke.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Evers-Meyer hat sich jetzt zu Wort gemeldet. Sie spricht zu dem Antrag der CDUFraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, das Ganze wieder ein bisschen herunterzuziehen.

(Beifall bei der SPD)

Gewollt ist mit dem Gesetzesantrag die Beschleunigung von Asylverfahren.

Da innerhalb einer Familie für die einzelnen Familienmitglieder Asylanträge häufig bewusst sukzessiv gestellt werden, hat das bei positiven Entscheidungen zur Folge, dass Kinder, für die nicht unverzüglich ein Asylantrag gestellt worden ist, keinen Anspruch mehr auf Familienasyl nach § 26 des Asylverfahrensgesetzes haben. Bei einer negativen Entscheidung wird durch die erstmalige Asylantragsstellung für ein minderjähriges Kind meist kurz vor der Abschiebung erreicht, dass zumindest dieses Kind mit einer Betreuungsperson im Bundesgebiet bleiben kann - ich kann das hier nur ganz verkürzt darstellen -, wobei aber auf Grund des öffentlichen Drucks erfahrungsgemäß der Aufenthalt aller Familienmitglieder geduldet wird. Auf diese Weise werden alle Bemühungen, Asylverfahren beschleunigt zu bearbeiten und im Falle einer

negativen Entscheidung den Aufenthalt kurzfristig zu beenden, unterlaufen. Bei großen Familien sind schon Aufenthaltszeiten von bis zu zehn Jahren und darüber hinaus vorgekommen. Nach einer so langen Aufenthaltsdauer ist angesichts der bereits erfolgten Integration der Kinder eine Aufenthaltsbeendigung nicht mehr zu vertreten. - Wir alle sind uns wohl einig, dass dieser Zustand unbefriedigend ist.

Daher hat die Landesregierung im Bundesrat eine Gesetzesinitiative zur Beschleunigung der Asylverfahren eingebracht, in dem für minderjährig und für ledig eingereiste Kinder unter 16 Jahren sowie für im Bundesgebiet geborene Kinder von Ausländern, die ein Asylverfahren betreiben oder sich nach Abschluss eines solchen Verfahrens noch ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufhalten, die Fiktion der Asylantragsstellung eingeführt wird.

Die CDU, Herr Biallas, hat mit ihrem Entschließungsantrag versucht, auf einen bereits fahrenden Zug aufzuspringen.

(Biallas [CDU]: Als wir den Antrag gestellt haben, war der Zug überhaupt noch nicht zusammengestellt!)

Doch die Vorbereitungen der Landesregierung für den Gesetzentwurf auf Bundesebene waren längst angelaufen, als Sie Ihren Antrag, der mit der Gesetzesinitiative der Landesregierung übrigens inhaltlich in vollem Umfang übereinstimmt, einbrachten. Während unserer Beratungen hier im Innenausschuss hatte das Land Niedersachsen bereits die entsprechende Bundesratsinitiative gestartet.

(Biallas [CDU]: Nein, die hatten ver- gessen, das auf die Tagesordnung zu setzen! Das steht im Protokoll, Frau Kollegin! Das gibt sogar der Innen- minister zu!)

- Bereits am 20. Oktober letzten Jahres, Herr Biallas, ist der Bundesrat dem niedersächsischem Vorschlag gefolgt.

(Zuruf von Biallas [CDU])

- Im Bundestag schmort überhaupt nichts. Ende Mai steht genau dieses Thema auf der Tagesordnung.

(Zuruf von Biallas [CDU])

Aus diesem Grunde, allein aus diesem Grunde, hat der federführende Ausschuss den CDU-Antrag für erledigt erklärt - übrigens genau wie die Ausländerkommission; es ist also nicht so, wie Sie behaupten -, und zwar mit den Stimmen der Fraktion der SPD und bei Stimmenthaltung der Fraktion der Grünen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Sie haben dann erklärt - ich rede jetzt über Ihre verfahrenstechnischen Fehler -, Sie wollten erst einmal über die Bundesratsergebnisse unterrichtet werden.

(Zurufe von der CDU)

Das war aber überhaupt nicht Inhalt Ihres Antrags. In Ihrem Antrag wurde eine entsprechende Initiative gefordert, und die war bereits während der Antragsberatung ergriffen worden.

Ihrem Antrag ist also inhaltlich in vollem Umfang entsprochen worden. Ihr Anliegen hat sich aber leider während der Beratungszeit bereits erledigt.

(Beifall bei der SPD - Biallas [CDU]: Nein!)

Somit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für innere Verwaltung die einzig richtige parlamentarische Beschlussmöglichkeit.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie es denn so hätten haben wollen, wie Sie es eben gesagt haben, warum haben Sie dann keinen Änderungsantrag gestellt?

(Biallas [CDU]: Wir haben doch un- seren Antrag eingebracht!)

Das wäre das richtige Verfahren gewesen. Ich verstehe das also nicht.

Um einen versöhnlichen Abschluss zu finden, möchte ich es nicht versäumen, noch zu sagen, dass der Antrag im federführenden Ausschuss für innere Verwaltung sachlich und ausführlich, und zwar unter Berücksichtigung der schwierigen verfassungsrechtlichen Problematik, erörtert worden ist. Vor diesem Hintergrund wäre es wirklich wünschenswert, Herr Biallas, wenn sich, da nun ein dem Antrag entsprechendes Ergebnis vorliegt, eine polemische bzw. unseriöse Debatte

(Zuruf von Biallas [CDU])

nicht allein an der Tatsache entzündete, dass der Antrag für erledigt erklärt werden soll. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Zuru- fe von der CDU)

Frau Stokar von Neuforn, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann ganz gut nachvollziehen, dass die CDU nicht einsehen will, dass ihr Antrag hier für erledigt erklärt werden soll, ist doch die Länge der Asylverfahren für sie bundesweit das letzte verbliebene Thema in dieser Auseinandersetzung,

(Lachen bei der CDU)

weil, was ich durchaus begrüße, im Zuge der gesamten Einwanderungsdebatte allmählich, Stück für Stück auch bei der CDU die Einsicht wächst, dass auf eine Grundgesetzänderung verzichtet werden sollte und dass sich dies einfach nicht mehr als populistisches Wahlkampfthema eignet,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

dass die Behandlung dieses Themas unserem Land insgesamt schadet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Biallas, Sie kommen mir wirklich vor wie der letzte Oasenhund,

(Beifall bei den GRÜNEN - Unruhe bei der CDU)